Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Kapitalersatz vorliegt, wenn ein Gesellschafter an die GmbH Wirtschaftsgüter vermietet.

2. Ist die Gebrauchsüberlassung kapitalersetzend, so verstößt die GmbH gegen Grundsätze der Kapitalerhaltung, wenn sie an den Gesellschafter den Mietzins aus Mitteln zahlt, die zur Deckung des Stammkapitals erforderlich sind.

 

Orientierungssatz

Das Unvermögen einer Gesellschaft, die Investitionskosten für ein bestimmtes Wirtschaftsgut aus eigener Kraft aufbringen oder beschaffen zu können, reicht in Fällen der Gebrauchsüberlassung allein nicht aus, um eine Krisenfinanzierung und die Umqualifizierung der Gesellschafterleistung in haftendes Kapital annehmen zu können. Es muß hinzukommen, daß anstelle des Gesellschafters kein außenstehender Dritter zur Überlassung des Gebrauchs bereit gewesen wäre.

 

Tatbestand

Die Klägerin und ihre Schwester waren an der P. B. GmbH & Co. KG mit Kommanditeinlagen in Höhe von je 47.500 DM und auch am Stammkapital (20.000 DM) von deren Komplementär GmbH je zur Hälfte beteiligt; zugleich waren sie Geschäftsführerinnen dieser Gesellschaft. Die Kommanditgesellschaft hatte von der Klägerin aufgrund Mietvertrages vom 1. Januar 1968 Geschäftsräume und aufgrund Mietvertrages vom 1. Januar 1983 ein Lagergrundstück gemietet. Der zuletzt geschuldete monatliche Mietzins betrug für die Geschäftsräume 1.800 DM und für das Lagergrundstück 9.120 DM. Das Mietverhältnis über die Geschäftsräume lief auf unbestimmte Zeit, das über das Lagergrundstück hatte eine Laufzeit bis mindestens 31. Dezember 1990, konnte jedoch bei Verzug mit mehr als einer Monatsmiete und bei Konkurs des Mieters fristlos gekündigt werden. Am 5. Dezember 1984 wurde über das Vermögen der Kommanditgesellschaft das Konkursverfahren eröffnet; der Beklagte ist Konkursverwalter.

Die Klägerin klagt den Mietzins für die Monate November und Dezember 1984 in Höhe von insgesamt 21.840 DM ein und verlangt die Zahlung eines Steuererstattungsbetrages, den das Finanzamt auf ein Konto der Kommanditgesellschaft überwiesen hat. Der Beklagte macht mit der Widerklage die Rückzahlung des Mietzinses für die Monate August bis Oktober 1984 in Höhe von insgesamt 32.760 DM geltend. Das Landgericht hat die Widerklage insgesamt und die Klage insoweit abgewiesen, als sie die Steuererstattung betraf; im übrigen hat es der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag weiter, die Klage insgesamt abzuweisen und der Widerklage stattzugeben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

1. a) Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben, weil der Beklagte Wirtschaftsgüter der Kommanditgesellschaft verwertet hat, die dem Vermieterpfandrecht der Klägerin unterlägen hätten, so daß nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 KO die Klägerin wegen der Mietforderungen für November und Dezember 1984 habe verlangen können, daraus abgesondert befriedigt zu werden. Da das Berufungsgericht nicht von einer Ersatzabsonderung entsprechend § 46 KO, sondern von einer Masseschuld nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO ausgeht, muß dem – unausgesprochen – die Feststellung zugrunde liegen, daß sich die Erlöse der vom Konkursverwalter eingezogenen Forderungen aus den Verkäufen nicht mehr unterscheidbar in der Masse befinden. Nach Meinung des Berufungsgerichts hindern die Grundsätze über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen die Klägerin nicht, den Anspruch auf den Zins und die vom Beklagten vereitelte abgesonderte Befriedigung aus den Wirtschaftsgütern, an denen die Klägerin ein Vermieterpfandrecht gehabt habe, geltend zu machen; § 172a HGB i.V.m. § 32a GmbHG sei nicht entsprechend anwendbar, weil die mietweise Gebrauchsüberlassung keine Rechtshandlung sei, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entspreche. Mit derselben Begründung hat das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen. Diese Beurteilung greift die Revision mit Erfolg an.

b) Bei Beantwortung der Frage, ob die Gebrauchsüberlassung der Darlehensgewährung i.S. des § 32a Abs. 3 GmbHG wirtschaftlich entspricht, ist auf den Zweck dieser Vorschrift abzustellen; dieser entspricht im wesentlichen dem Zweck, von dem sich der Senat bei seiner Rechtsprechung leiten läßt, mit der er Gesellschafterleistungen in die Rückzahlungssperre der §§ 30, 31 GmbHG einbezieht. Nach der Rechtsprechung des Senats soll durch die Umqualifizierung von Gesellschafterleistungen in haftendes Kapital nicht nur verhindert werden, daß sich der Gesellschafter im Falle eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs vorrangig vor oder konkurrierend mit den Gläubigern aus dem noch vorhandenen Gesellschaftsvermögen befriedigt; um auszuschließen, daß eine Krise der Gesellschaft durch Gesellschafterleistungen verschleppt und das verbliebene Vermögen zu Lasten der Gläubiger weiter verringert wird, soll zugleich gewährleistet werden, daß der Gesellschafter nur haftendes Eigenkapital einsetzt, wenn er der GmbH den Fortbestand in der Krise ermöglicht und auf diese Weise bei Außenstehenden den Eindruck einer mit genügend Kapital ausgestatteten und deshalb lebensfähigen Gesellschaft hervorruft; wählt der Gesellschafter anstelle von haftendem Eigenkapital eine andere Finanzierungsart, tritt die Bindung kraft Gesetzes ein. Muß der Gesellschafter erkennen, daß die Gesellschaft in Zukunft ohne seine Hilfe nicht mehr lebensfähig ist, hat er ihr entweder seine weitere Unterstützung zu versagen und dadurch die Liquidation herbeizuführen, oder er hat, wenn er sich zur Fortsetzung seiner Hilfe entschließt, diese auf eigene Gefahr der Gesellschaft zu belassen, bis ihr Stammkapital wieder auf andere Weise gedeckt ist (vgl. BGHZ 75, 334, 337; 76, 326, 335; 81, 252, 257; 90, 381, 388f.).

Die verbreitetste Art, wie Gesellschafter die GmbH in der Krise – auf Risiko der Gläubiger anstatt auf eigenes – am Leben zu erhalten suchen, ist die Hergabe von Darlehen. Da die Darlehenssumme in das Eigentum der Gesellschaft übergeht oder für diese im bargeldlosen Zahlungsverkehr auf Bankkonten frei verfügbar ist, verkörpert sie für die Gesellschaft einen Wert, den diese in der Regel für die verschiedensten Zwecke nach Belieben einsetzen kann. Der Umstand, daß die Darlehenssumme oder die mit ihr beschafften Wirtschaftsgüter als Eigentum der Gesellschaft deren Aktivvermögen vermehren, wird von Stimmen in der Literatur als so wesentlich angesehen, daß sie Darlehenshingabe und Gebrauchsüberlassung, die diese Änderung der dinglichen Rechtslage nicht kennt, für wirtschaftlich nicht vergleichbar halten (Übersicht bei G. Hueck, ZGR 1989, 216, 222). Diese Annahme wäre, soweit es um die Vergleichbarkeit der beiden Finanzierungsformen und damit um die Tatbestandsvoraussetzung geht, nur gerechtfertigt, wenn die Fortsetzung der sanierungsreifen, kapitalbedürftigen Gesellschaft in der Krise durch andere Gesellschafterleistungen als solche, die ins Eigentum der Gesellschaft übergehen, nicht möglich wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Auch eine Gebrauchsüberlassung kann es der konkursreifen oder ohne Unterstützung des Gesellschafters nicht mehr lebensfähigen Gesellschaft ermöglichen, ihren Geschäftsbetrieb fortzusetzen. Zwar beseitigt die Gebrauchsüberlassung nicht eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit der GmbH; sie ermöglicht der GmbH aber den Fortbestand in einer Zeit, während der ein außenstehender Dritter ihr weder die Nutzung des Wirtschaftsguts noch einen Kredit zu dessen Ankauf zur Verfügung stellen würde. In einem solchen Falle verhindert der Gesellschafter durch Gebrauchsüberlassung des benötigten Wirtschaftsguts die anderenfalls nicht abzuwendende Liquidation der Gesellschaft ebenso wirkungsvoll, wie wenn er dieser durch die darlehensweise Überlassung der erforderlichen Zahlungsmittel ermöglicht hätte, die Investition selbst durchzuführen. Von der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit von Darlehen und Gebrauchsüberlassung i.S. des § 32a Abs. 3 GmbHG ist somit auszugehen. Die unterschiedliche dingliche Zuordnung bei Darlehen und Gebrauchsüberlassung führt zu Problemen erst bei deren Rechtsfolgen. An ihnen kann jedoch, wenn die wirtschaftliche Vergleichbarkeit zu bejahen ist, die Anwendung der Vorschriften über Gesellschafterdarlehen nicht scheitern; bietet die gesetzliche Regelung für die Gebrauchsüberlassung keine angemessene Lösung, ist sie deren Besonderheiten durch Rechtsfortbildung anzupassen (ebenso Ulmer, ZIP 1984, 1163, 1172).

Gegen diesen Befund spricht nicht die Entstehungsgeschichte des § 32a Abs. 3 GmbHG. Die Generalklausel dieser Bestimmung ist auf Vorschlag des Rechtsausschusses an die Stelle einer umfangreichen kasuistischen Regelung des Regierungsentwurfs getreten, die ausschließlich Versuchen begegnen sollte, die Vorschriften über Gesellschafter-Darlehen zu umgehen. Hieraus läßt sich nicht entnehmen, daß andere Gesellschafterleistungen, insbesondere solche, deren dingliche Zuordnung sich nicht ändert, von vornherein nicht als Kapitalersatz in Betracht kommen sollten; denn von solchen Leistungen war in den langwierigen Gesetzberatungen nie die Rede (vgl. Knobbe-Keuk, BB 1984, 1, 2). Der vom Gesetzgeber mit den Vorschriften der GmbH-Novelle verfolgte Zweck, den Schutz der Gesellschaftsgläubiger zu verbessern, erfordert vielmehr die Einbeziehung aller Leistungen, durch die der Gesellschafter die Gesellschaft instand setzt, zu Beginn einer finanziellen Krise der sonst unabwendbaren Liquidation zu entgehen. Die Frage, in welcher Weise und mit welchem Wert die Gesellschafterleistung in Eigenkapital umzuqualifizieren ist, stellt sich erst, wenn die wirtschaftliche Vergleichbarkeit von Darlehen und Gebrauchsüberlassung feststeht und die übrigen – nachfolgend erörterten – Voraussetzungen einer Krisenfinanzierung erfüllt sind.

2. a) Der Zeitpunkt, ab dem Gesellschafterleistungen wie Eigenkapital behandelt werden oder – wie es im § 32a Abs. 1 GmbHG heißt – in dem ein Gesellschafter als ordentlicher Kaufmann der GmbH Eigenkapital zugeführt hätte, weil sie anderenfalls nicht mehr lebensfähig war, ist nach der Rechtsprechung des Senats stets erreicht, wenn die Gesellschaft überschuldet ist (vgl. BGHZ 31, 258, 269; 67, 171, 178; Sen.Urt. v. 19. November 1984 – II ZR 84/84, WM 1985, 115; v. 14. November 1988 – II ZR 115/88, WM 1989, 60, 62). Wird kein Konkursantrag gestellt, vielmehr die Gesellschaft mit Leistungen fortgesetzt, die ihr der Gesellschafter während dieser Zeit zur Verfügung stellt, so ist das nur um den Preis möglich, daß diese Leistungen in Kapitalersatz umqualifiziert werden.

b) Im vorliegenden Falle waren die Kommanditgesellschaft und deren Komplementär-GmbH am 31. Dezember 1983 überschuldet. Unerheblich ist, daß die Klägerin die Mietverträge mit der Kommanditgesellschaft nicht erst an diesem Tage, sondern schon am 1. Januar 1968 und 1. Januar 1983 geschlossen hat. Denn die Grundsätze über Kapitalersatz greifen auch dann ein, wenn der Gesellschafter eine Finanzierungsleistung, die er zu einem Zeitpunkt erbracht hat, als die Gesellschaft noch gesund war, dieser bei einem späteren Eintritt der Krise beläßt, obwohl er rechtlich in der Lage ist, sie zurückzufordern. Rechtlich möglich war der Klägerin die Kündigung hinsichtlich der Büroräume. Dieses Mietverhältnis war am 1. Januar 1968 auf unbestimmte Zeit begründet worden und der Mietzins nach Monaten bemessen, so daß die Klägerin nur die gesetzliche Kündigungsfrist des § 565 Abs. 1 Nr. 3 BGB i.V.m. § 564 Abs. 2 BGB einzuhalten hatte. Die Klägerin hätte das Mietverhältnis bis zum 3. Januar 1984 zum Ablauf des Monats März 1984 kündigen können.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es unerheblich, daß sie am 31. Dezember 1983 von der Überschuldung der Gesellschaften keine Kenntnis hatte. Der Senat hat es für die Umqualifizierung einer bis dahin neutralen Leistung in haftendes Kapital ausreichen lassen, daß der Gesellschafter hätte erkennen müssen, daß die Leistung inzwischen als Kapitalgrundlage für die Gesellschaft unentbehrlich war (vgl. BGHZ 75, 334, 339; 81, 252, 257; Sen.Urt. v. 19. November 1984 – II ZR 84/84, WM 1985, 115; v. 6. Mai 1985 – II ZR 132/84, WM 1985, 1028, 1029; v. 19. November 1988 – II ZR 255/87, WM 1988, 1525, 1531; v. 14. November 1988 – II ZR 115/88, WM 1989, 60, 61). Diese Erkenntnismöglichkeit ist bei einem Gesellschafter, der – wie die Klägerin – zugleich Geschäftsführer ist, ohne weiteres vorauszusetzen.

Das Berufungsgericht ist zu Unrecht der Meinung, daß der Klägerin die Kündigung nicht habe zugemutet werden können, weil sie in dem Falle der Gesellschaft so viel Eigenkapital hätte zur Verfügung stellen müssen, wie nötig gewesen wäre, um anderweitig Geschäftsräume anzumieten. Das Berufungsgericht hat in diesem Punkt die Grundsätze kapitalersetzender Leistungen mißverstanden. Diese machen dem Gesellschafter die Kündigung des Mietverhältnisses nicht zur Pflicht. Der Gesellschafter ist frei in seiner Entscheidung, ob er der Gesellschaft hilft oder ihr zu Beginn der Krise seine Hilfe mit der Folge versagt, daß ein Konkursverfahren über ihr Vermögen eröffnet oder sie sonstwie liquidiert wird. Entschließt sich der Gesellschafter zur Fortsetzung seiner Hilfe, so muß er allerdings hinnehmen, daß seine Leistung solange wie Eigenkapital behandelt wird, bis das Stammkapital der Gesellschaft auf andere Weise gedeckt ist. Ob es sich bei dieser Leistung um den Gebrauch des eigenen Grundbesitzes des Gesellschafters handelt oder ob dieser der Gesellschaft darlehensweise das Geld zur Anmietung anderer Räume zur Verfügung stellt, ist gleichgültig.

c) Etwas anderes gilt hinsichtlich der Vermietung des Lagergrundstücks. Dieses Mietverhältnis war am 1. Januar 1983 für die Zeit bis zum Ablauf des Jahres 1990 fest begründet worden und laut Vertrag nur im Falle des Konkurses der Gesellschaft, des Verzuges mit mehr als einer Monatsmiete sowie unzumutbarer Vertragsverletzungen fristlos kündbar. Hiernach hätte die Klägerin frühestens am 4. Dezember 1984 kündigen können, als außer der Novembermiete die spätestens am 3. Dezember 1984 fällige Dezembermiete nicht gezahlt worden war. Ob die Aufzählung der Kündigungsgründe abschließend ist, kann dahinstehen. Eine drohende Umqualifizierung der Gebrauchsüberlassung in haftendes Kapital ist jedenfalls nicht geeignet, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben; denn sie ist Folge der Kündigungsmöglichkeit, setzt also voraus, daß das Nutzungsverhältnis aus irgendeinem anderen Grunde gekündigt werden konnte. Anders als der Darlehensgeber und der Bürge muß der Gesellschafter als Vermieter und Inhaber eines Herausgabeanspruchs nicht befürchten, daß sich sein Anspruch infolge Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft nicht mehr wird realisieren lassen, so daß er daraus keinen Kündigungsgrund herleiten kann.

d) Hatte die Klägerin bei Eintritt der Überschuldung am 31. Dezember 1983 keine Möglichkeit, das Mietverhältnis aus wichtigem Grunde zu kündigen, so kommt es auf die wirtschaftliche Situation der Kommanditgesellschaft am 1. Januar 1983 an, als das Mietverhältnis begründet wurde. Daß die Kommanditgesellschaft schon zu diesem Zeitpunkt überschuldet gewesen sei, hat der Beklagte zwar behauptet, nicht jedoch anhand von Zahlen näher dargelegt.

Allerdings ist der Eintritt der Überschuldung nicht der einzige Zeitpunkt, in dem ein Gesellschafter als ordentlicher Kaufmann Eigenkapital zugeführt hätte. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dieser Zeitpunkt in Fällen der Darlehensgewährung dann erreicht, wenn die Gesellschaft das Darlehen, das ihr der Gesellschafter gewährte, wegen schlechter Vermögenslage von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen nicht erhalten hätte und ohne die Gesellschafterleistung deshalb hätte liquidiert werden müssen (vgl. BGHZ 81, 252, 255; Sen.Urt. v. 25. November 1985 – II ZR 93/85, WM 1986, 447, 448; v. 9. Oktober 1986 – II ZR 58/86, WM 1986, 1554, 1555; v. 14. November 1988 – II ZR 115/88, WM 1989, 60, 61). Der Gesichtspunkt der Kreditunwürdigkeit ist auch bei der Gebrauchsüberlassung nicht ohne Bedeutung. Allerdings ist nicht darauf abzustellen, ob die Gesellschaft noch allgemein kreditwürdig war, als ihr das Wirtschaftsgut zum Gebrauch überlassen wurde (so wohl von Gerkan, GmbHR 1986, 218, 222). Vielmehr kommt es darauf an, ob die Gesellschaft, wenn sie schon nicht selbst über ausreichende Zahlungsmittel verfügte, wenigstens ohne Hilfe ihrer Gesellschafter auf dem Kapitalmarkt einen Kredit hätte beschaffen können, der es ihr ermöglicht hätte, das benötigte Wirtschaftsgut selbst zu kaufen, ohne daß ihre sonstigen Zahlungsverpflichtungen darunter litten. Ist eine Gesellschaft zu einer solchen Investition finanziell in der Lage, kann regelmäßig nicht angenommen werden, der Gesellschafter habe durch die Gebrauchsüberlassung eine Gesellschaft am Leben erhalten, die ohne sie liquidationsreif war.

Zur Kreditunwürdigkeit der Kommanditgesellschaft am 31. Dezember 1982 hat das Berufungsgericht lediglich ausgeführt, daß der Beklagte zwar eine dahingehende Behauptung aufgestellt, als Beleg dafür aber keine Tatsachen vorgetragen habe. Das Berufungsgericht hat sich nicht mit dem Vortrag der Klägerin auseinandergesetzt, wonach sie einen Betriebsmittelkredit, den die D. Bank der Kommanditgesellschaft gewährte, auf ihrem Grundstück mit einer Grundschuld in Höhe von 300.000 DM abgesichert hatte (GA 31, 42, 228). Hieraus könnte sich ergeben, daß die Kommanditgesellschaft auch die nicht unbeträchtlichen Mittel, die sie für den Kauf des Grundstücks, für den Bau der Lagerhalle und für die Schaffung der Infrastruktur (GA 24) benötigt hätte, von dritter Seite nicht erhalten hätte, ohne daß die Gesellschafter Sicherheiten stellten oder selbst mit Darlehen aushalfen.

Das Unvermögen einer Gesellschaft, die Investitionskosten für ein bestimmtes Wirtschaftsgut aus eigener Kraft aufbringen oder beschaffen zu können, reicht aber in Fällen der Gebrauchsüberlassung allein nicht aus, um eine Krisenfinanzierung und die Umqualifizierung der Gesellschafterleistung in haftendes Kapital annehmen zu können. Es muß hinzukommen, daß anstelle des Gesellschafters kein außenstehender Dritter zur Überlassung des Gebrauchs bereit gewesen wäre. Bei Standardwirtschaftsgütern, die generell für eine Vielzahl von Verwendern in Betracht kommen und nicht auf die Nutzung durch nur ein Unternehmen beschränkt sind, reicht dem Überlassenden das Eigentum an den Gegenständen und das daraus folgende Aussonderungsrecht zum Schutze seiner Interessen normalerweise aus; er wird die Gegenstände selbst einer kreditunwürdigen Gesellschaft vermieten, wenn diese ihm bei Vertragsschluß liquide genug zu sein scheint, für eine bestimmte Nutzungsperiode zahlen und eventuelle Schäden an den überlassenden Sachen ausgleichen zu können; denn er kann den Gegenstand jederzeit anderweitig vermieten, falls die Gesellschaft wider Erwarten illiquide wird. Die Anforderungen, die ein Vermieter an die Bonität des Mieters stellt, werden aber um so höher, je schwieriger eine anderweitige Verwendung des betreffenden Gutes oder dessen Anpassung an die Bedürfnisse eines anderen Nutzers ist. Sind die Betriebsanlagen eines Grundstücks den besonderen Bedürfnissen eines Mieters angepaßt worden, wird sich das Grundstück anderweitig nicht oder nur nach kostspieligem Umbau oder einer Beseitigung der Anlagen vermieten lassen. Zur Errichtung und Vermietung derartiger Anlagen ist ein Grundstückseigentümer regelmäßig nur bereit, wenn die Bonität des Mieters so ist, daß er erwarten kann, im Laufe einer hinreichend langen Mietzeit die Kosten für Bau und späterem Umbau der Anlagen über den Mietzins wieder hereinzubekommen. Für die Frage nach dem Beginn der Krise ist somit entscheidend darauf abzustellen, ob der Gesellschafter der Gesellschaft einen Anlagegegenstand zu einem Zeitpunkt zur Nutzung überläßt, als dies ein vernünftig handelnder Dritter, der sich an den üblichen Bonitätskriterien des betreffenden Marktes orientiert, nicht mehr getan und die Gesellschaft von dritter Seite kein Investitionsdarlehen mehr erhalten hätte, mit dem sie den betreffenden Gegenstand selbst hätte erwerben und bezahlen können (ähnlich Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 12. Aufl., §§ 32a/b, Rdn. 72f.; Fabrizius, Die Überlassung von Anlagevermögen an die GmbH durch Gesellschafter, 1988, S. 109).

Ein entsprechender Sachverhalt könnte hier vorliegen. Der Beklagte hat behauptet, Ausstattung und Einrichtung des Hallengeländes seien auf die Bedürfnisse der Kommanditgesellschaft zugeschnitten gewesen (GA 141). Die Klägerin hat vorgetragen, die Kommanditgesellschaft habe von dritter Seite kein Grundstück anmieten können, weil sie keines gefunden habe, das deren Bedürfnissen entsprach. Auch die Tatsache, daß das Mietverhältnis eine Mindestdauer von acht Jahren hatte, könnte ein Indiz dafür sein, daß die Klägerin bestrebt war, über den Mietzins die Investitionskosten während der festgelegten langen Nutzungsdauer von der Kommanditgesellschaft wieder hereinzubekommen, weil das Grundstück anderweitig nicht vermietet werden konnte.

Damit die Parteien Gelegenheit erhalten, ihren Vortrag unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zu ergänzen, und das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen treffen kann, wird die Sache zurückverwiesen, soweit es um die Miete für das Lagergrundstück geht.

3. Keine weiteren Feststellungen, so daß der Senat abschließend entscheiden kann, sind hinsichtlich des Mietzinses für die Büroräume erforderlich, den die Klägerin für die Monate November und Dezember 1984 fordert und der Beklagte erstattet haben will, soweit er für die Monate August bis Oktober 1984 gezahlt worden ist.

a) Welche Rechtsfolge eingreift, wenn davon auszugehen ist, daß die Gebrauchsüberlassung einem Darlehen i.S. von § 32 a Abs. 3 GmbHG wirtschaftlich entspricht, ist im Schrifttum insbesondere deshalb umstritten, weil bei der Gebrauchsüberlassung – anders als beim Darlehen – das Eigentum an der zum Gebrauch überlassenen Sache beim Gesellschafter verbleibt. Vertreten wird, die dingliche Zuordnung in der Weise zu durchbrechen, daß im Falle des Zusammenbruchs der Gesellschaft dem Gesellschafter der Anspruch auf Aussonderung versagt und dem Konkursverwalter ein Verwertungsrecht gegeben wird (vgl. Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 31, 52; Braun, ZIP 1983, 1175, 1181; Schulze-Osterloh, ZGR 1983, 123, 142; Wiedemann, ZIP 1986, 1293, 1300); andere wollen die Substanz der genutzten Sache in der Weise einbeziehen, daß sie der Gesellschaft einen Wertersatzanspruch in Höhe des Substanzwerts und dem Gesellschafter das Recht zuerkennen, sich durch Preisgabe der Sache an die Gesellschaft von dieser Wertersatzpflicht zu befreien (vgl. Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG 12. Aufl. §§ 32a/b Rdnr. 75; v. Gerkan, GmbHR 1986, 218, 233; Bäcker, ZIP 1989, 681, 691). Ferner wird vertreten, die dingliche Zuordnung unangetastet zu lassen und – ähnlich wie bei der Sacheinlage quoad usum zur Aufbringung des Stammkapitals (vgl. hierzu Hueck, ZGR 1989, 216, 231 m.w.N.) – den Nutzungswert des vom Gesellschafter überlassenen Gegenstandes zu erfassen (vgl. Ulmer, ZIP 1984, 1163, 1173; ders. in Hachenburg, GmbHG 7. II Aufl. §§ 32a, 32b Rdnr. 99; Hueck, ZGR 1989, 216, 237ff.; ders. in Baumbach/Hueck, GmbHG 15. Aufl. § 32a Rdnr. 32; Brandes, ZGR 1989, 244ff.) oder – soweit die Einlagefähigkeit von Nutzungsrechten verneint wird – wenigstens die laufenden Nutzungen einzubeziehen (Knobbe-Keuk, BB 1, 4; auch insoweit ablehnend Scholz/K. Schmidt, GmbHG 7. Aufl. §§ 32a, 32b Rdnr. 92). Es bedarf im vorliegenden Falle keiner Auseinandersetzung mit der Frage, welcher Rechtsfolge der Vorzug zu geben ist; denn den Parteien geht es um den Substanzwert des genutzten Grundstücks ebensowenig wie um den Wert dieser Nutzung; sie streiten ausschließlich um den Mietzins.

b) Den Anspruch auf den Mietzins für die Monate November und Dezember 1984 kann die Klägerin im Konkurse der Kommanditgesellschaft nicht geltend machen. Denn solange eine Gesellschafterleistung haftendes Eigenkapital ersetzt, haben auch die vereinbarungsgemäß dafür geschuldeten Zinsen der Gesellschaft zu verbleiben, sofern sie nicht aus freiem, das Stammkapital übersteigendem Vermögen gezahlt werden können (vgl. BGHZ 67, 171, 179; 75, 334, 339; 76, 326, 334). Gleichwohl gezahlte Zinsen sind entweder gemäß §§ 37 Abs. 1, 32a KO oder nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen entsprechend § 31 GmbHG zurückzugewähren.

c) Das Berufungsgericht ist zu Unrecht der Meinung, § 32a Abs. 1 GmbHG stehe der Durchsetzung des Anspruchs auf den Mietzins deshalb nicht im Wege, weil das auf einen unzulässigen Eingriff in den Hypothekenhaftungsverband des § 1123 BGB hinausliefe. Das Berufungsgericht verkennt, daß der Umfang des Haftungsverbandes davon abhängt, wie das Grundstück genutzt wird. Wie der Eigentümer das Grundstück durch Dritte unentgeltlich nutzen lassen kann, kann er es der Gesellschaft auch als Kapitalersatz mit der Folge vermieten, daß er seinen Anspruch auf den Mietzins nicht durchsetzen kann, solange das auf Kosten des Stammkapitals geschehen müßte. Auf Mietzinsforderungen, die nicht entstehen oder nicht durchsetzbar sind, kann auch der Hypothekengläubiger nicht zugreifen.

d) Im vorliegenden Falle hat die Überschuldung der Kommanditgesellschaft und ihrer Komplementär-GmbH ab 31. Dezember 1983 bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens angedauert, so daß während dieses Zeitraums die Mietzinsforderung dem entsprechend geltenden Auszahlungsverbot des § 30 GmbHG unterlag. Ab Konkurseröffnung war der Klägerin die Geltendmachung des Anspruchs auf den Mietzins gemäß §§ 172a HGB, 32a Abs. 1 GmbHG versagt; die Klägerin hat infolgedessen hinsichtlich dieser Forderungen auch kein Vermieterpfandrecht erlangt, das sie zu einer abgesonderten Befriedigung berechtigen könnte (vgl. BGHZ 75, 334, 339; 81, 252, 262).

Die Klage auf Zahlung des Mietzinses für die Büroräume in Höhe von insgesamt 3.600 DM (November und Dezember 1984) ist mithin abzuweisen. Die Auszahlungen an die Klägerin für die Monate August bis Oktober 1984 in Höhe von insgesamt 5.400 DM hat der Beklagte zwar nicht rechtzeitig angefochten. Der Anspruch des Beklagten auf Erstattung dieses Betrages ist aber nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zum Kapitalersatz, die neben den Vorschriften der GmbH-Novelle von 1980 auch auf Leistungen des Gesellschafters aus der Zeit nach dem 1. Januar 1981 anzuwenden sind (vgl. BGHZ 90, 370, 376), entsprechend § 31 GmbHG begründet; diese Bestimmung greift entsprechend ein, wenn in einer GmbH & Co. KG Auszahlungen aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft zu Lasten des Stammkapitals der Komplementär GmbH gehen oder – wie hier – die Vermögen beider Gesellschaften überschuldet sind (vgl. BGHZ 60, 324, 328ff.; 67, 171, 179; 69, 274, 279; 76, 326, 329f.; 95, 188, 191ff.; Sen.Urt. v. 25. November 1985 – II ZR 93/85, WM 1986, 447, 448f.). Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 291, 288 BGB begründet.

4. Ob das Urteil erster Instanz weitergehend abzuändern ist, entscheidet das Berufungsgericht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 649102

BGHZ, 55

NJW 1990, 516

ZIP 1989, 1542

GmbHR 1990, 118

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