Entscheidungsstichwort (Thema)

Kapitalerhöhung mit Sacheinlage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Kapitalerhöhung durch Sacheinlagen ist – bei angemessener Bewertung von Leistung und Gegenleistung – zulässig, wenn die Gesellschaft nach vernünftigen kaufmännischen Überlegungen ein dringendes Interesse am Erwerb des Gegenstandes hat und zu erwarten ist, der damit angestrebte Nutzen werde den verhältnismäßigen Beteiligungsverlust und Stimmrechtsverlust der vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre aufwiegen.

2. Für das Fehlen dieser Voraussetzungen ist ein Aktionär, der den Kapitalerhöhungsbeschluß anficht, grundsätzlich beweispflichtig; jedoch muß die Gesellschaft die für den Beschluß maßgebenden Gründe im einzelnen darlegen.

3. AktG § 255 Abs 2 ist auf Kapitalerhöhungen mit Sacheinlagen entsprechend anzuwenden.

4. Zur Bewertung der beiderseitigen Leistungen bei einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlage.

 

Normenkette

AktG 1965 §§ 183, 255, 243, 186

 

Tatbestand

Der Kläger ist Aktionär der beklagten Aktiengesellschaft, die bis zum Juli 1972 den Namen „S. Aktiengesellschaft” (im folgenden: SAG) führte und eine Holdinggesellschaft war. Er ficht Beschlüsse an, die in der Hauptversammlung der SAG am 13. Juli 1972 zu Punkt 4 und 5 der Tagesordnung mit mehr als 3/4 des vertretenen Grundkapitals gefaßt worden sind und gegen die er Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat. Durch sie wurden unter Ausschluß des Bezugsrechts der Aktionäre das Grundkapital der SAG von 125 Mio DM um 107.112.500 auf 232.112.500 DM erhöht und der Vorstand zu einer weiteren Erhöhung um 17.887.500 auf 250 Mio DM ermächtigt. Zur Übernahme der neuen Aktien wurden nur die W. AG und deren Tochtergesellschaft, die B.-K. AG, zugelassen, die als Sacheinlage ihre insgesamt 50%ige Beteiligung an der K. und S. AG (im folgenden: K + S alt) einzubringen hatten; die anderen 50% hielt die Beklagte, die heute die Firma der nicht mehr bestehenden K. und S. AG weiterführt. Die W. AG erhielt für die von ihr eingebrachten K + S alt-Aktien im Nennbetrag von 85.690.000 DM neue Aktien der SAG im Nennbetrag von 107.112.500 DM, also im Verhältnis 4:5.

Im Anschluß an die entsprechenden Handelsregistereintragungen wurde das Vermögen der K + S alt nach § 15 Abs 1 UmwG auf die Beklagte übertragen. Die B.-K. AG schied als Aktionär der K + S alt mit einer Beteiligung von nom 14.310.000 DM aus. Sie brachte ihre gesetzliche Abfindung als Sacheinlage in die Beklagte ein und erhielt dafür aus dem am 13. Juli 1972 genehmigten Kapital neue Aktien im Nennbetrag von 17.887.500 DM, also ebenfalls im Verhältnis 4:5.

Die W. AG, die vor den Kapitalerhöhungen 43,4% der SAG-Aktien hielt, hatte in einem vor und in der Hauptversammlung vom 13. Juli 1972 bekannt gegebenen Schreiben für die Geschäftsjahre 1972 und 1976 auf die nicht in ihrer oder der B.-K. AG Besitz befindlichen Aktien eine Dividende von 5% garantiert. Seit dem Erwerb der neuen Aktien sind sie und die B.-K. AG mit 71,7% an der Beklagten beteiligt.

Die Beklagte hat die angefochtenen Beschlüsse damit begründet, daß ihre Existenz, mindestens aber ihre Liquidität ernstlich bedroht gewesen sei, was der Kläger bestritten hat. Infolge von Abschreibungen und Rückstellungen, die im wesentlichen ihre ausländischen Beteiligungen betrafen, hatte sich für 1971 ein Jahresfehlbetrag von rd 82 Mio DM ergeben, der im Jahresabschluß zum 31. Dezember 1971 nach Auflösung einer freien Rücklage von 36 Mio DM zu einem Verlustausweis von rd 46 Mio DM führte. Im Hinblick auf die daraufhin geplante Sanierung in Gestalt einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen wurde im Einvernehmen mit der W. AG eine Bewertungskommission eingesetzt, die sich aus je zwei Vertretern der SAG und der K + S alt zusammensetzte und unter Beteiligung der beiderseitigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die Unternehmenswerte beider Gesellschaften ermitteln sollte. In einem Bericht vom 16. Juni 1972 stellte die Kommission den Unternehmenswert für die K + S alt mit 313.041.000 DM und für die SAG mit 154.343.000 DM fest, so daß sich, auf das Grundkapital der beiden Gesellschaften (200 und 125 Mio DM) bezogen, ein Wertverhältnis von 7,89 K + S alt-Aktien zu 10 SAG-Aktien errechnete. Daraus ergab sich das bei der Kapitalerhöhung zugrunde gelegte Umtauschverhältnis von 4:5. Die beteiligten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bestätigten unter dem 23. Juni 1972 schriftlich, daß die von der Kommission angewandten Bewertungsgrundsätze betriebswirtschaftlich anerkannten Regeln entsprächen und eingehalten worden seien, und daß die Wertrelation 7,89:10 angemessen sei.

Der Kläger hat die Richtigkeit der Bewertungen und insbesondere auch die Notwendigkeit der hohen Abschreibungen und Rückstellungen im Jahresabschluß der SAG bestritten und behauptet, die W. AG habe sich mit Hilfe der angefochtenen Beschlüsse eine hohe Mehrheit verschaffen wollen. Hierdurch und durch die gezielte Unterbewertung der SAG seien ihr ungerechtfertigte Sondervorteile zugeflossen. Der Ausschluß des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre sei nicht notwendig gewesen; die Beklagte hätte auch auf andere Weise der Lage Herr werden können. Der Kläger hatte beantragt, die genannten Hauptversammlungsbeschlüsse für nichtig zu erklären.

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen (vgl die Urteilsabdr in AG 1975, 163 und 1976, 298). Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Anfechtungsklage weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Soweit der Kläger die Anfechtung der Kapitalerhöhungsbeschlüsse vom 13. Juli 1972 gemäß § 243 Abs 1, § 255 Abs 1 AktG darauf stützt, daß diese mit einem Ausschluß des Bezugsrechts verbundenen Beschlüsse unabhängig von der Bewertung der darin vorgesehenen Sacheinlagen und den besonderen Voraussetzungen des § 243 Abs 2 AktG gesetzwidrig seien, kommt es zunächst darauf an, ob ein Bezugsrechtsausschluß neben den – hier unstreitig erfüllten – förmlichen Voraussetzungen noch bestimmten sachlichen Anforderungen genügen muß. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß dies der Fall sei. Dem ist zuzustimmen.

1. Nach § 186 Abs 1 AktG hat bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen jeder Aktionär grundsätzlich Anspruch darauf, einen seiner bisherigen Beteiligung entsprechenden Anteil an dem erhöhten Kapital zu denselben Bedingungen wie die anderen Aktionäre erwerben zu können. Dieses Recht kann die Hauptversammlung nach § 186 Abs 3 AktG im Kapitalerhöhungsbeschluß allerdings ganz oder teilweise beschränken. Jedoch ist diese Vorschrift, die dem Wortlaut nach eine solche Entscheidung nicht ausdrücklich an besondere materielle Voraussetzungen knüpft, sondern lediglich eine qualifizierte Mehrheit fordert, entgegen einer vor allem in der älteren Rechtsprechung und Literatur, zum Teil aber auch noch heute vertretenen Meinung (vgl v Godin/Wilhelmi, AktG, 4. Aufl, § 168 Anm 8; weitere Nachw bei Füchsel, BB 1972, 1533ff) nicht so zu verstehen, daß der Ausschluß im freien Ermessen der Mehrheit liege und allenfalls durch die guten Sitten begrenzt sei. So hat der Senat in seinem Urteil BGHZ 33, 175, 186 bei einer nach §§ 169ff AktG 1937 (= § 102ff AktG 1965) dem Vorstand übertragenen Ausgabe neuer Aktien deren Zuteilung an einzelne Aktionäre unter Ausschluß der anderen daran gebunden, daß diese Maßnahme „sachlich berechtigt ist und damit nicht den Charakter der Willkür trägt”, und hierunter den Fall gerechnet, daß sie das sachgerechte Mittel zur Rettung der Gesellschaft und zur Erhaltung des Kapitals der kleinen Aktionäre sei. Damit ist bereits der Maßstab angedeutet, an dem jeder Bezugsrechtsausschluß zu messen ist: Da eine Erhöhung des Grundkapitals von der Sache her notwendigerweise auf den Zweck der Gesellschaft und damit auf deren Interessen bezogen ist, muß auch ein mit ihr verbundener Bezugsrechtsausschluß im Gesellschaftsinteresse seine Rechtfertigung finden (Zöllner in Kölner Komm z AktG § 243 Anm 178ff, 196; Schilling in Großkomm AktG, 3. Aufl, § 255 Anm 2; Füchsel aaO S 1536).

Bei dieser Rechtfertigung ist besonders in Betracht zu ziehen, daß für einen Aktionär der Entzug des Vorrechts, Kapital in „seinem” Unternehmen investieren zu können, im allgemeinen einen schweren Eingriff in seine Mitgliedschaft bedeutet; sie muß sich daher darauf erstrecken, daß das mit der Kapitalerhöhung verfolgte Ziel auf dem normalen gesetzlichen Weg, dh mit einem Bezugsrecht für alle Aktionäre, nicht erreichbar ist (Wiedemann in Großkomm AktG, 3. Aufl, § 186 Anm 2a, c, 12b; Lutter in Kölner Komm z AktG § 186 Anm 49, 50). Der Ausschluß dieses Rechts führt stets dazu, daß der Anteil der betroffenen Aktionäre am Gesellschaftsvermögen mit dem entsprechenden Gewinnanteil und Liquidationsanteil mindestens relativ absinkt; zugleich verschieben sich die Stimmrechtsquoten, und zwar entweder zu Lasten aller Aktionäre, wenn nur Außenstehende bezugsberechtigt sind, oder bereits im Verhältnis der bisherigen Aktionäre untereinander, wenn sich – wie im vorliegenden Fall – das Bezugsrecht auf einen oder einen Teil von ihnen beschränkt. Das kann sich unter Umständen als Verlust einer Sperrminorität oder sogar von Minderheitsrechten, wie sie zB in § 93 Abs 4 Satz 3, § 142 Abs 2, § 147 Abs 1 oder § 309 Abs 3 AktG bestimmt sind, auswirken. Auf der anderen Seite kann die Gesellschaft bei Zuteilung der neuen Aktien an einen Großaktionär – wie hier die W. AG – von diesem abhängig werden oder eine schon bestehende Abhängigkeit sich noch verstärken. Das kann wiederum für die nicht bezugsberechtigten Aktionäre einen Kursverlust zur Folge haben. Aber auch sonst erleiden die vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre häufig insofern einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil, als der innere Wert ihrer Beteiligung, je nach den Ausgabebedingungen für die neuen Aktien, verwässert wird, ohne daß sie hierfür in Gestalt des Bezugsrechts einen unmittelbaren Ausgleich erhalten.

Diese Gesichtspunkte machen es notwendig, für jeden Bezugsrechtsausschluß eine besondere sachliche Begründung zu fordern, an die umso strengere Anforderungen zu stellen sind, je schwerer der Eingriff in die mitgliedschaftsrechtliche und vermögensrechtliche Stellung der ausgeschlossenen Aktionäre wiegt. Insofern liegt es hier anders als bei der Einführung eines Höchststimmrechts nach § 134 Abs 1 Satz 2 AktG, bei der schon der Gesetzgeber die notwendige Abwägung zwischen den Belangen etwa betroffener Aktionäre und dem Interesse der Gesellschaft an einer Abwehr gefährlicher Machteinflüsse von innen oder außen vorweggenommen und diesem den Vorrang eingeräumt hat (vgl Urt d Sen v 19.12.77 – II ZR 136/76, NJW 1978, 540). Demgegenüber hängt es bei einem Bezugsrechtsausschluß, der im Unterschied zur Stimmrechtsbeschränkung die Machtverhältnisse in der Gesellschaft gerade zu Lasten einer Minderheit wesentlich verändern und vor allem auch beträchtliche Vermögensnachteile für die betroffenen Aktionäre zur Folge haben kann, entscheidend von den jeweiligen tatsächlichen Umständen ab, ob der damit verbundene Eingriff in die Rechtsstellung der ausgeschlossenen Aktionäre im Interesse der Gesellschaft in Kauf zu nehmen ist.

2. Der Senat kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Ausschluß des Bezugsrechts bei einer Kapitalerhöhung nur zulässig ist, wenn er aus der Sicht im Zeitpunkt der Beschlußfassung auch bei gebührender Berücksichtigung der Folgen für die ausgeschlossenen Aktionäre durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist. Die Prüfung, ob diese (ungeschriebene) sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung erfüllt ist, schließt die im neueren Schrifttum geforderte Abwägung der Interessen und der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck ein (vgl Lutter aaO § 186 Anm 50; Wiedemann aaO § 186 Anm 2, 12b; Zöllner aaO § 243 Anm 200, 201; Füchsel aaO S 1538f).

Welche Gründe hiernach für einen Bezugsrechtsausschluß in Frage kommen und welches Gewicht ihnen gegenüber dem Bezugsinteresse aller Aktionäre jeweils beizumessen ist, braucht im Rahmen der vorliegenden Entscheidung nicht allgemein erörtert zu werden. Hier geht es um eine Kapitalerhöhung durch Sacheinlage, die nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts zwangsläufig nur unter Beschränkung auf denjenigen möglich ist, der die Sachlage erbringen kann, und bei der infolgedessen ein Verstoß gegen den Grundsatz gleichmäßiger Behandlung aller Gesellschafter insoweit von vornherein ausscheidet. Es handelt sich dabei um einen besonders typischen, in § 183 AktG ausdrücklich geregelten Fall des Bezugsrechtsausschlusses, der – unter der Voraussetzung angemessener Bewertung – jedenfalls dann nicht zu beanstanden ist, wenn die Gesellschaft nach vernünftigen kaufmännischen Überlegungen ein dringendes Interesse am Erwerb des Gegenstandes hat und zu erwarten ist, der damit angestrebte und allen Aktionären zugutekommende Nutzen werde den verhältnismäßigen Beteiligungsverlust und Stimmrechtsverlust der vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre aufwiegen (Schilling aaO § 255 Anm 3; Lutter aaO § 186 Anm 51 unter Hinweis auf § 192 Abs 2 Nr 2 AktG; Füchsel aaO S 1538).

3. Einen solchen Sachverhalt hat das Berufungsgericht rechtlich fehlerfrei festgestellt. Danach befand sich die SAG zu der fraglichen Zeit in einer kritischen finanziellen Lage, die den Erwerb der W.-Beteiligung an der K + S alt gegen Ausgabe junger Aktien nahelegte. So hatten die Rückschläge, die bei einem Projekt am Großen Salzsee im Staate Utah (USA) vor allem durch die Überflutung der Verdunstungsbecken infolge ungewöhnlich starker Regenfälle im dritten Quartal 1971 eingetreten waren und die Fortführung des auf Jahre hinaus unrentablen Betriebes überhaupt in Frage gestellt hatten, Abschreibungen und Rückstellungen in Höhe von insgesamt 68,9 Mio DM, zum Teil auf Verlangen der Wirtschaftsprüfer, veranlaßt. Weitere, ebenfalls von den Wirtschaftsprüfern geforderte Abschreibungen in Höhe von 23,5 Mio DM waren durch zu erwartende Verluste bei einer kanadischen Gesellschaft bedingt. Hinzu kamen die Abschreibungen auf die afrikanischen Beteiligungen, die ebenfalls für die nächsten Jahre keine Erträge erwarten ließen, mit zusammen 3,8 Mio DM.

Nach den ins einzelne gehenden schlüssigen und unwiderlegten Darlegungen der Beklagten, so stellt das Berufungsgericht weiter fest, habe sie sich damals nicht nur in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, sondern sogar in einer Liquiditätskrise befunden. Für 1972 habe sie, um voraussichtliche Ausgaben decken und möglicherweise fällig werdende Bürgschaften erfüllen zu können, flüssige Mittel in Höhe von über 50 Mio DM benötigt, die kurzfristig nicht zu beschaffen gewesen seien. Selbst wenn sie durch die Veräußerung ihrer letzten, zum Teil der Sicherung von Pensionszusagen dienenden Reserven, nämlich der Wertpapiere und der nicht betriebsnotwendigen Grundstücke, in kurzer Zeit über 25 bis 28 Mio DM hätte verfügen können, hätten ihr noch mindestens 25 Mio DM gefehlt. Einen so hohen Geldbedarf hätte sie weder durch die Beleihung oder Veräußerung von Beteiligungen noch durch Kreditaufnahme bei ihren Beteiligungsgesellschaften, denen sie bereits 20 Mio DM geschuldet habe, noch schließlich durch Bankkredite befriedigen können, für die es nach der Veräußerung von Grundstücken und Wertpapieren an Sicherheiten gefehlt hätte; eine Kreditaufnahme mit dem Ziel, Verluste auszugleichen, ohne die Rentabilität des Eigenkapitals zu erhöhen, wäre zudem nicht sinnvoll gewesen und hätte für die Zukunft die ohnehin schlechte Ertragslage und Liquiditätslage der Beklagten noch mehr belastet.

Hiernach könne nicht zweifelhaft sein, daß die angefochtene Kapitalerhöhung gegen Übernahme der W.-Beteiligung an der K + S alt im Gesellschaftsinteresse gelegen habe, weil sie geeignet gewesen sei, die Liquiditätskrise der Beklagten zu bannen. Eine andere, für die Aktionäre weniger einschneidende Lösung sei ernstlich nicht in Frage gekommen.

4. Nach diesen Feststellungen ist – von der noch zu erörternden Frage des Umtauschverhältnisses abgesehen – ein gesetzwidriger Eingriff in die Rechte der vom Bezug der neuen Aktien ausgeschlossenen Gesellschafter nicht erkennbar. Das bezweifelt die Revision zu Unrecht.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der einen Hauptversammlungsbeschluß anfechtende Gesellschafter hier wie auch sonst einen behaupteten sachlich-rechtlichen Mangel als Klagegrundlage zu beweisen hat, daß es aber angesichts der Schwierigkeit, als Aktionär einen solchen Beweis zu führen, sowie der Tatsache, daß die Gesellschaft über alle zur Klärung erforderlichen Unterlagen und Informationen verfügt, deren Sache ist, die für die angefochtene Entscheidung maßgebenden Gründe im einzelnen darzulegen, die der Anfechtungskläger dann gegebenenfalls zu widerlegen hat (Füchsel aaO S 1537; Lutter aaO § 186 Anm 68; aM wohl Wiedemann aaO § 186 Anm 3e, 4a, jeweils aE; differenzierend auch Zöllner aaO § 243 Anm 107). Der von der Revision angeführte Gesichtspunkt des Minderheitenschutzes, so beachtlich er im Rahmen der hier gebotenen Interessenabwägung sein mag, rechtfertigt es nicht, einem sonst ordnungsmäßig zustandegekommenen Kapitalerhöhungsbeschluß auf Kosten der Rechtssicherheit und des ebenfalls schutzwürdigen Vertrauens der Aktionärsmehrheit, des Rechtsverkehrs und der Öffentlichkeit in den Bestand gerade solcher Beschlüsse die Wirksamkeit schon dann abzusprechen, wenn sich ein vom Kläger behaupteter materieller Mangel zwar nicht völlig ausschließen, aber auch nicht beweisen läßt.

Nicht zu folgen ist auch der Ansicht der Revision, mit Rücksicht auf den Stimmrechtszuwachs eines allein bezugsberechtigten Aktionärs müsse die Gesellschaft die sachlichen Voraussetzungen für den Ausschluß der anderen Aktionäre jedenfalls dann einwandfrei beweisen, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluß nicht nach § 243 Abs 2 Satz 2 AktG eine angemessene Entschädigung dieser Aktionäre vorsehe. Die Absätze 1 und 2 des § 243 AktG enthalten verschiedene Anfechtungsgründe, die nicht unmittelbar zusammenhängen und auch im Falle einer Kapitalerhöhung unter Ausschluß des Bezugsrechts nicht miteinander vermengt werden dürfen. Zwar kann ein Bezugsrechtsausschluß, der sich mit dem Gesellschaftsinteresse nicht ausreichend begründen läßt und darum nach § 243 Abs 1 AktG anfechtbar ist, zugleich den Anfechtungstatbestand des § 243 Abs 2 AktG erfüllen, wenn dessen besondere objektive und subjektive Merkmale hinzukommen. Das hat aber nichts mit den getrennt zu prüfenden Anforderungen zu tun, die an eine Anfechtungsklage nach § 243 Abs 1 AktG zu stellen sind.

Entgegen der Auffassung der Revision kann die volle Beweislast für die Berechtigung des Bezugsrechtsausschlusses endlich auch nicht deshalb der Beklagten aufgebürdet werden, weil in dem von ihr vorgelegten Bericht der Bewertungskommission aus Geheimhaltungsgründen die Ertragswerte und alle damit zusammenhängenden Zahlen ausgelassen waren und diese Zahlen, wie die Revision meint, Aufschluß über den Finanzbedarf der Beklagten geben konnten. Das Interesse einer Gesellschaft, über solche Daten zu schweigen, weil deren Bekanntgabe dem Unternehmen schaden könnte, ist vom Gesetz als schutzwürdig anerkannt (§ 131 Abs 3 AktG) und grundsätzlich auch im Anfechtungsprozeß zu beachten. Es wäre jedoch möglich gewesen, den Bericht der Bewertungskommission durch einen zur Verschwiegenheit verpflichteten gerichtlichen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Das ist unterblieben, weil der Kläger auf die vom Landgericht bereits angeordnete Einholung des Gutachtens verzichtet hat. Im Verlauf der Berufungsinstanz hat dann die Beklagte auf eine gerichtliche Auflage hin weitere Aufklärungen gegeben (Schrifts v 23.4.76). Schließlich hat das Berufungsgericht über einige vom Kläger besonders beanstandete Punkte im Kommissionsbericht den Wirtschaftsprüfer E., der an der Überprüfung des Berichts durch die Deutsche Industrie-Treuhandgesellschaft mbH beteiligt gewesen war und sich unter anderem über die Verhältnisse am Großen Salzsee an Ort und Stelle unterrichtet hatte, noch einmal als sachverständigen Zeugen vernommen, nachdem die Beklagte ihn von seiner Schweigepflicht entbunden hatte. Damit waren, wie auch der Kläger eingeräumt hat (Schrifts v 17.5.76) wesentliche Einzelheiten offengelegt. Unter diesen Umständen kann von einer Beweisvereitelung durch die Beklagte, die zur Umkehr der Beweislast hätte führen müssen, keine Rede sein.

b) Unbegründet ist ferner die Revisionsrüge, das Berufungsgericht habe an die Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses unter den vorliegenden Umständen zu geringe Anforderungen gestellt, indem es lediglich auf das Interesse der Beklagten am Erwerb der K + S alt-Aktien und nicht darauf abgehoben habe, ob dieser Erwerb für den Bestand der Gesellschaft erforderlich gewesen sei. Eine Kapitalerhöhung mit Sacheinlage, wie sie hier zu beurteilen ist, braucht sich nicht bei rückblickender Betrachtung als eine zur Erhaltung der Gesellschaft unbedingt gebotene, allein mögliche und darum absolut richtige Maßnahme zu erweisen. Abgesehen davon, daß sich eine solche Feststellung mit völliger Sicherheit kaum jemals treffen läßt, kann es auch nicht die Aufgabe der Gerichte sein, die eigene wirtschaftliche Beurteilung nachträglich an die Stelle einer in freier unternehmerischer Verantwortung beschlossenen, sachlich abgewogenen Entscheidung zu setzen. Es muß vielmehr genügen, daß die an der Entscheidung beteiligten Organe nach dem tatsächlichen Bild, wie es sich zur Zeit der Beschlußfassung darbot, aufgrund sorgfältiger, von gesellschaftsfremden Erwägungen freier Abwägung davon ausgehen durften, die Kapitalerhöhung durch Sacheinlagen sei zum Besten der Gesellschaft und damit letztlich aller Aktionäre. Dazu brauchte das Berufungsgericht nicht festzustellen, daß die Beklagte ohne den Erwerb der Beteiligung an K + S alt wirtschaftlich zusammengebrochen wäre.

c) Ebensowenig bedurfte es weiterer Feststellungen über die Aussichten der Beklagten, zur Überwindung ihrer wirtschaftlichen Krise Bankkredite zu erhalten. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, durfte und mußte die Beklagte von den theoretisch in Frage kommenden Sanierungsmöglichkeiten den sichersten, mit den geringsten Risiken verbundenen Ausweg aus ihren finanziellen Schwierigkeiten wählen; das war, wie festgestellt, aus damaliger Sicht die Kapitalerhöhung unter Übernahme der von W. gehaltenen Beteiligung an K + S alt. Eine Kreditaufnahme, die, wenn sie überhaupt möglich gewesen wäre, keinen ertragsfördernden Investitionen, sondern nur der Verlustdeckung gedient und überdies das Verhältnis zwischen Fremdmitteln und noch verbliebenem Eigenkapital weiter zu Lasten des letzteren verschlechtert hätte, wäre mit den Grundsätzen kaufmännischer Vernunft und Vorsicht kaum vereinbar gewesen. Schon deshalb konnte das Berufungsgericht davon absehen, zur Kreditwürdigkeit der Beklagten den vom Kläger benannten Zeugen zu hören, zumal der Beweisantrag keine konkreten Tatsachen betraf, über die der Zeuge aus eigener Wahrnehmung hätte aussagen können. Zhnlich verhält es sich mit der unter Zeugenbeweis gestellten Behauptung des Klägers, die Beklagte hätte die bei dem Projekt am Großen Salzsee eingegangenen Verpflichtungen im Ernstfall auch erfüllen können; sie besagt nichts über die Opfer, die dies gekostet hätte, und damit auch nichts gegen die kaufmännische Richtigkeit der mit der Klage angegriffenen Entscheidung.

d) Kurz vor Abschluß der Berufungsinstanz hat der Kläger seinen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens wieder aufgegriffen, ihn diesmal aber auf einige Fragen zum Teil allgemeiner Art beschränkt, und zwar auf den Unternehmenswert der Chemischen Fabrik K. GmbH (CFK) in K., einer Tochtergesellschaft der Beklagten, die Methodik der Unternehmensbewertung überhaupt, den Kapitalisierungszinsfuß bei der Ermittlung von Ertragswerten, die Bewertung des steuerlichen Verlustvortrags der SAG und den Ansatz von Steuern auf stille Reserven. Soweit sich dieses Beweiserbieten auf das Wertverhältnis von SAG-Aktien zu den eingebrachten Aktien der K + S alt bezogen hat, wird darauf noch näher einzugehen sein. Schon jetzt ist zu vermerken, daß die Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte in Ermangelung eigener Sachkunde den angebotenen Sachverständigenbeweis erheben oder sogar von Amts wegen ein Gutachten einholen müssen, unbegründet ist.

Von der Zuziehung eines Sachverständigen kann das Gericht nach seinem pflichtmäßigen Ermessen absehen, wenn es sich die nötige Sachkunde entweder selbst zutrauen darf oder auf andere Weise verschaffen kann. Das war hier ersichtlich der Fall. Dem Berufungsgericht lag zunächst der Geschäftsbericht der SAG mit dem Jahresabschluß zum 31. Dezember 1971 sowie der Bericht der Bewertungskommission vom 16. Juni 1972 vor, der von je zwei Vertretern der Beklagten und der K + S alt erstattet und von den beiderseitigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften überprüft worden war. Dazu kamen die Aussagen der in den beiden Tatsacheninstanzen eingehend vernommenen sachkundigen Zeugen; darunter befanden sich drei von den mit der Bewertung befaßten Wirtschaftsprüfern sowie ehemalige und heutige Vorstandsmitglieder und Aufsichtsratsmitglieder der beteiligten Gesellschaften. Ferner hatten beide Parteien betriebswirtschaftliche Privatgutachten vorgelegt, die das Berufungsgericht in seine Gesamtwürdigung einbeziehen konnte und durfte. Schließlich hat das Berufungsgericht, wie die Urteilsgründe erkennen lassen, auch selbst Fachliteratur herangezogen und ausgewertet. Seine eingehende sachgemäße Stellungnahme insbesondere zu den vom Kläger vorgetragenen Bedenken lassen keinen Zweifel daran aufkommen, daß es auf dieser breiten Grundlage auch ohne Zuziehung eines gerichtlichen Sachverständigen imstande gewesen ist, sich über die zu beurteilenden Sachfragen ein klares Bild zu machen, die gegensätzlichen Standpunkte nach ihrem Überzeugungsgehalt abzuwägen und sich für die besten Argumente zu entscheiden. Der gerügte Verstoß gegen §§ 286, 144 ZPO liegt daher nicht vor.

e) Die Revision erhebt noch zahlreiche weitere Verfahrensrügen, die sich teils auf unerhebliches oder durch den Verlauf des Rechtsstreits überholtes Vorbringen des Klägers beziehen, teils auf unzulässige Weise die tatrichterliche Würdigung durch die eigene zu ersetzen suchen und nach § 565a ZPO im einzelnen keiner Erörterung bedürfen.

II. Nach besonderer Vorschrift des § 255 Abs 2 AktG kann die Anfechtung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses mit Bezugsrechtsausschluß auch darauf gestützt werden, daß die neuen Aktien zu einem unangemessen niedrigen Betrag (oder Mindestbetrag) ausgegeben werden sollen. Diese Vorschrift ist in das Gesetz eingefügt worden, weil die allgemeinen Anfechtungsgründe nach § 243 AktG zum Schutz der Minderheit nicht ausreichend erschienen (Begr zu § 255, abgedr bei Kropff, AktG, 1965, S 342). Sie ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, auf Kapitalerhöhungen mit Sacheinlage entsprechend anzuwenden, weil hier die vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre in gleicher Weise wie bei einer Bareinlage gegen eine Verwässerung ihrer Beteiligungen geschützt sein müssen und § 243 Abs 2 AktG diesen Schutz schon wegen der dort aufgestellten subjektiven Voraussetzungen nicht in genügendem Maße bietet. Dabei tritt an die Stelle des „Ausgabebetrages” der Wert der Sacheinlage; ist dieser im Verhältnis zum Wert der dafür auszugebenden neuen Aktien unangemessen niedrig, so ist der Anfechtungstatbestand des § 255 Abs 2 AktG erfüllt (Zöllner aaO § 255 Anm 6, 7; aM Schilling aaO § 255 Anm 3, 5, 6: Anfechtung nur nach § 243 Abs 2 AktG).

Das Berufungsgericht verneint jedoch die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür, weil sich nicht feststellen lasse, daß die neuen Aktien zu einem unangemessen niedrigen Gegenwert an die W.-Gruppe ausgegeben worden seien, insbesondere das zugrunde gelegte Wertverhältnis von vier Aktien der K + S alt zu fünf SAG-Aktien nicht stimme. Auch diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.

1. Die Frage, welche Gegenleistung für die bei einer Kapitalerhöhung ausgegebenen neuen Aktien angemessen ist, bestimmt sich hier wie auch in anderen Fällen, in denen der Begriff der Angemessenheit im Zusammenhang mit einer etwaigen vermögensmäßigen Benachteiligung von Aktionären eine Rolle spielt (wie etwa nach § 305 Abs 3, § 320 Abs 5 AktG oder nach § 12 UmwG, vgl dazu Urt d Sen v 30.3.67 – II ZR 141/64, LM UmwG Nr 2 = WM 1967, 479), grundsätzlich nicht nach Börsenkursen, sondern nach dem „wirklichen”, unter Einschluß stiller Reserven und des inneren Geschäftswerts zu ermittelnden Wert. Ist, wie im vorliegenden Fall, eine Beteiligung gegen junge Aktien einzubringen, so hängt demnach die Anfechtbarkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses nach § 255 Abs 2 AktG davon ab, ob diese Beteiligung mit einem höheren oder die dafür ausgegebenen Aktien mit einem geringeren als ihrem wahren Wert angesetzt worden sind. Inwieweit hierbei auch das subjektive Interesse des Sacheinlegers am Erwerb der jungen Aktien oder andererseits ein besonderes Interesse der Gesellschaft an gerade dieser Einlage oder gerade diesem Einleger mit zu berücksichtigen sind (vgl dazu Zöllner aaO § 255 Anm 9, 10 mwN), kann auf sich beruhen. Daß sich W. auf nachdrückliches Verlangen der Beklagten mit einem für diese günstigeren Umtauschverhältnis zufrieden gegeben hätte, als es objektiver Bewertung entsprach, ist nicht festgestellt.

Bedenken bestehen allerdings gegen die Erwägung des Berufungsgericht, ein Entgegenkommen der Beklagten bei der Bewertung der einzubringenden K + S alt-Beteiligung wäre „durchaus angezeigt gewesen”, weil sie infolge ihrer kritischen finanziellen Lage ein außerordentlich großes Interesse an der Einlage gehabt habe. Versteht man diese Ausführungen mit der Revision dahin, daß ein Großaktionär eine Zwangslage der Gesellschaft solle ausnützen können, um eine für ihn möglichst günstige, über dem objektiv angemessenen Betrag liegende Bewertung seiner Einlage auszuhandeln und mit Hilfe seines Stimmrechts auch in der Hauptversammlung durchzusetzen, so könnte dies in der Tat auf die unzulässige Verschaffung von Sondervorteilen zum Schaden der Gesellschaft und der anderen Aktionäre hinauslaufen, die, wenn nicht schon nach § 255 Abs 2, so jedenfalls nach § 243 Abs 2 AktG anfechtbar wäre. Auf jener Erwägung beruht das Berufungsurteil aber nicht, da es unabhängig hiervon zu dem Ergebnis gekommen ist, eine unangemessene Bewertung lasse sich nicht feststellen.

2. Bei der Ermittlung der Unternehmenswerte sowohl der SAG als auch der K + S alt sowie ihrer Beteiligungsgesellschaften hat die Bewertungskommission einheitlich folgende Methoden und Maßstäbe angewandt: Die Werte wurden auf der Basis von Substanzwerten, Ertragswerten oder Liquidationswerten wie folgt ermittelt: Der Liquidationswert bildete grundsätzlich die Untergrenze. Lag der Ertragswert über dem Liquidationswert, jedoch unter dem Substanzwert, so wurde der Unternehmenswert nach dem Ertragswert bestimmt. War er größer als der Substanzwert, so wurde dieser in die Bewertung einbezogen. Nicht betriebsnotwendige Vermögensteile wurden mit ihren Liquidationswerten angesetzt. Die Substanzwerte, Ertragswerte und Liquidationswerte wurden um Steuerbelastungen gekürzt.

Daß diese Grundsätze betriebswirtschaftlich fehlerhaft oder falsch angewandt worden seien, hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht. Hiergegen ist aus Rechtsgründen nichts einzuwenden.

a) Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich hierbei nicht um Rechtsfragen, die das Berufungsgericht unabhängig von den vorliegenden fachlichen Zußerungen von sich aus hätte vorentscheiden müssen. Eine allgemein anerkannte oder rechtlich vorgeschriebene Methode für die Bewertung von Handelsunternehmen gibt es nicht. Vielmehr unterliegt es dem pflichtgemäßen Urteil der mit der Bewertung befaßten Fachleute, unter den in der Betriebswirtschaftslehre und der betriebswirtschaftlichen Praxis vertretenen Verfahren das im Einzelfall geeignet erscheinende auszuwählen. Das von ihnen gefundene Ergebnis hat dann der Tatrichter frei zu würdigen (Urt d Sen v 28.4.77 – II ZR 208/75, WM 1977, 781 zu I; BGH, Urt v 17.1.73 – IV ZR 142/70, LM BGB § 2311 Nr 10 = WM 1973, 306).

b) Eine solche sachgemäße Würdigung hat das Berufungsgericht vorgenommen. Dabei hat es zutreffend ausgeführt und im einzelnen belegt, daß die Methode der Bewertungskommission betriebswirtschaftlichen Grundsätzen keinesfalls widerspricht. Nach einer in der Betriebswirtschaftslehre bislang vorherrschenden Auffassung ist der Unternehmenswert in der Regel durch eine Verbindung von Substanzwert und Ertragswert zu ermitteln, wobei teils der eine, teils der andere Faktor zum Ausgangspunkt genommen oder als der gewichtigere betrachtet wird (Urt d BGH v 17.1.73 aaO; BGHZ 68, 163, 165). Diese Art der Bewertung hat im Prinzip auch in der steuerlichen Gesetzgebung und Gesetzgebungspraxis Eingang gefunden (vgl dazu Moxter, DB 1976, 1585ff).

Die Auffassung der Revision, eine Ermittlung des Unternehmenswertes auf der Grundlage des Ertragswerts sei im Gegensatz zur Substanzwertmethode eine Schätzung „ins Blaue”, die sogar im Rahmen des § 287 ZPO unzulässig sei, findet in Rechtsprechung und Fachschrifttum keine Stütze. Ungeachtet aller nicht zu verkennenden Schwierigkeiten, den Zukunftsertrag eines Unternehmens einigermaßen zuverlässig zu bestimmen, und bei allen Meinungsverschiedenheiten über das hierbei im einzelnen anzuwendende Verfahren besteht gerade auch heute jedenfalls darüber Einigkeit, daß der Ertragswert bei der Bewertung lebender Betriebe eine mehr oder weniger wichtige, wenn nicht die entscheidende Rolle spielt, weil sich Käufer und Verkäufer mit ihren Preisvorstellungen wesentlich an dem zu erwartenden Nutzen auszurichten pflegen (vgl Viel/Bredt/Renard, Die Bewertung von Unternehmungen und Unternehmungsanteilen, 5. Aufl, S 25ff; Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 12. Aufl, S 523ff, 535; Entw einer UEC-Empfehlung Nr 11, WPg 1977, 679ff, 681; Dörner, WPg 1977, 657ff, 660 und WPHandb 1977, 1131ff, 1154ff, 1225; jeweils mwN).

Zu Unrecht meint die Revision, einen durch Lehre und Praxis nicht belegbaren, vom Berufungsgericht rechtsfehlerhaft hingenommenen Bruch in der von der Bewertungskommission gewählten Methode darin sehen zu können, daß sie dort, wo der Ertragswert über dem Substanzwert lag, diesen mitberücksichtigt hat, während sie es im umgekehrten Fall allein auf den Ertragswert abgestellt hat. Beides wird in der Betriebswirtschaftslehre vertreten und einleuchtend unter anderem damit begründet, daß ein Interessent im allgemeinen nicht mehr als den Preis zu zahlen bereit ist, den die Errichtung einer gleich leistungsfähigen Anlage kosten würde, aber auch keinen Preis zahlen will, bei dem sich das investierte Kapital nicht genügend verzinst, die Substanz also außer Verhältnis zu dem mit ihr zu erzielenden Nutzen steht (Viel/Bredt/Renard aaO S 27f, 35, 38f; vgl auch Urt d BGH v 17.1.73 aaO: Der Substanzwert muß „bei Ertragslosigkeit des Unternehmens nach Maßgabe des negativen Ertrages berichtigt werden”).

c) Bei der Ermittlung der Ertragswerte hat die Bewertungskommission den nachhaltig erzielbaren Zukunftsertrag bei allen bewerteten Unternehmen einheitlich mit einem Zinsfuß von 9% kapitalisiert. Dabei hat sie einen landesüblichen Zinsfuß (Basiszins) von 8% zugrunde gelegt, für das allgemeine Unternehmensrisiko die Hälfte des Basiszinsfußes – 4% – hinzugerechnet und sodann wieder 3% als Geldentwertungsrate abgezogen, wozu die sachverständigen Zeugen Dr B. und E. nähere Erläuterungen gegeben haben. Hierzu stellt das Berufungsgericht unter Hinweis auf betriebswirtschaftliche Veröffentlichungen fest, solche Zuschläge und Abschläge seien in der Praxis der Unternehmensbewertung üblich und in der von der Bewertungskommission angenommenen Höhe „zumindest vertretbar”. Diese zurückhaltende Beurteilung wirft allerdings die von der Revision in anderem Zusammenhang angeschnittene Frage auf, ob das Berufungsgericht damit seiner Aufgabe, den Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht erschöpfend zu würdigen und so zu einem bestimmten, als richtig befundenen Ergebnis zu gelangen, voll gerecht geworden ist. Grundsätzlich darf sich der Tatrichter bei umstrittenen, für die Entscheidung erheblichen Fachfragen nicht mit der Feststellung begnügen, daß die eine oder andere Auffassung möglich oder vertretbar sei, sondern er muß sich, notfalls mit Hilfe eines Sachverständigen, auch zu solchen Fragen eine bestimmte eigene Überzeugung zu bilden suchen.

Hier mußte das Berufungsgericht aber den schon erwähnten Umstand berücksichtigen, daß es ein absolut richtiges oder einhellig anerkanntes Verfahren für die Unternehmensbewertung nicht gibt, daß es hierbei wesentlich auf Schätzungen ankommt und sich infolgedessen weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit eines, wie hier, von einer Gruppe von Fachleuten übereinstimmend angewandten und immerhin mit Sachgründen belegten Bewertungsfaktors eindeutig beweisen läßt. Unter diesen Umständen hat sich das Berufungsgericht damit, daß es den vom Kläger behaupteten Bewertungsfehler für nicht feststellbar erachtet hat, noch im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessensspielraums gehalten (vgl speziell zum Risikozuschlag auch das Urt d BGH v 9.5.68 – IX ZR 190/66, LM BEG 1956, § 56 Nr 57 = WM 1968, 894, 897).

d) Dasselbe gilt für die Bewertung des Steuervorteils, der aufgrund des hohen Verlustvortrags zu erwarten war. Die Bewertungskommission (Bericht S 43) hat diesen Vorteil bei der Bewertung der SAG insoweit aktiviert, als er voraussichtlich von der SAG selbst hätte ausgenutzt werden können, wenn sie allein weitergeführt worden wäre, und zwar mit einem Betrag von 12 Mio DM. Gegenüber dem Vorbringen des Klägers, dieser Betrag sei zu niedrig gegriffen, stützt sich das Berufungsgericht auf die von ihm als glaubwürdig angesehene Aussage des sachverständigen Zeugen E. im zweiten Rechtszug, der unter Hinweis auf eine unter Wirtschaftsprüfern geführte Diskussion bekundet hat, ein Verlustabzug werde in der Praxis überhaupt nicht oder nur gering bewertet, weil es zu unsicher sei, inwieweit der Erwerber künftig Gewinne erzielen werde, die er mit dem steuerlichen Verlustabzug verrechnen könne. Hieraus hat das Berufungsgericht rechtlich fehlerfrei den Schluß gezogen, daß der Ansatz eines noch über 12 Mio DM liegenden Aktivpostens für den Verlustvortrag betriebswirtschaftlich nicht geboten war.

Dem kann die Revision nicht mit Erfolg den Vortrag des Klägers entgegenhalten, tatsächlich habe die Beklagte den gesamten steuerlichen Verlustvortrag in knapp zwei Jahren (oder in drei Jahren, vgl das Berichtigungsschreiben des Zeugen E. v 24.5.76) tilgen können. Abgesehen davon, daß diese Tilgung nach der Einbringung der K + S alt-Beteiligung durch W. eingetreten ist, steht nicht fest, daß diese Entwicklung schon im Zeitpunkt der Bewertung mit genügend hoher Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war.

e) Ein weiterer, von der Revision aufgegriffener Streitpunkt betrifft die Frage des Abzugs von Ertragssteuern auf die bei der Bewertung aufgedeckten stillen Reserven. Nach dem Bewertungsbericht (S 7,8) wurden bei den Substanzwerten des betriebsnotwendigen Vermögens und bei den für nicht betriebsnotwendige Gegenstände eingesetzten Liquidationswerten in unterschiedlicher Höhe Ertragssteuern auf die als aufgelöst unterstellten stillen Reserven (dh auf den Unterschied zwischen Zeitwert oder Liquidationswert und Steuerbilanzwert) abgesetzt. Das Berufungsgericht stellt dazu unter Auswertung der von beiden Seiten beigebrachten Gutachten fest, der Steuerabzug habe sich, abgesehen von den nicht betriebsnotwendigen Vermögensteilen, auf die sich die Kritik des Klägers und des von ihm beauftragten Gutachters nicht beziehe, praktisch nur bei der W.P. GmbH & Co KG ausgewirkt, falle insoweit aber mit 30% der auf 760.000 DM veranschlagten Beteiligung der Beklagten nicht ins Gewicht. Auch diese Ausführungen lassen weder eine rechtlich fehlerhafte Würdigung des vorgetragenen Sachverhalts und der Privatgutachten noch sonst einen Verfahrensverstoß oder eine Verletzung anerkannter betriebswirtschaftlicher Grundsätze erkennen.

f) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die durch Bezugnahme auf fachliche Zußerungen belegte und von der Frage, ob sich der Kläger in diesem Punkt widersprochen hat, unabhängige Feststellungen des Berufungsgerichts, es sei heute selbstverständlich, die Körperschaftssteuer vor der Kapitalisierung des Gewinns abzusetzen, weil als Nutzen der Anteilseigner nur der um die Körperschaftssteuer gekürzte Gewinn anzusehen sei. Ob und wie sich die politisch umstrittenen Pläne für eine Reform der Körperschaftssteuer verwirklichen würden, war im Jahre 1972 noch nicht abzusehen. Ihre Berücksichtigung war daher nicht geboten oder sogar unzulässig.

Die Höhe des Steuerabzugs, den die Bewertungskommission einheitlich für alle nach dem Ertrag bewerteten Unternehmen mit 40% angesetzt hat (Bericht S 8), hält das Berufungsgericht aus dem von der Beklagten angegebenen Grunde nicht für fehlsam, weil in Zukunft der gleiche Ertrag nur durch einen immer höheren Kapitaleinsatz erreicht werden könne. Auch das ist eine rechtlich nicht angreifbare Erwägung im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens.

g) Zu den sonst noch im Hinblick auf die Unternehmensbewertung erhobenen und ebenfalls unbegründeten Verfahrensrügen kann wiederum auf § 565a ZPO verwiesen werden.

3. Da hiernach aufgrund unangreifbarer tatrichterlicher Würdigung davon auszugehen ist, daß sich eine unangemessene Bewertung der SAG-Aktien im Verhältnis zu den Aktien der K + S alt zugunsten von W. nicht feststellen läßt, kommt es auf die von der Revision bekämpfte zusätzliche Erwägung des Berufungsgerichts, der wirtschaftliche Wert der den freien SAG-Aktionären gegebenen Dividendengarantie müßte, wenn überhaupt eine Fehlbewertung zu verzeichnen wäre, mit in Rechnung gestellt werden, nicht mehr an.

III. Damit scheidet nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts schließlich auch der Anfechtungstatbestand des § 243 Abs 2 AktG aus. Denn wie auch der Begriff des Sondervorteils im Sinne dieser Vorschrift zu umschreiben sein mag, ein solcher entfällt jedenfalls schon in objektiver Hinsicht, wenn ein Aktionär aufgrund eines gesetzmäßigen Kapitalerhöhungsbeschlusses eine angemessene bewertete Sacheinlage erbringt (insofern im Ergebnis übereinstimmend Schilling aaO § 243 Anm 21, § 255 Anm 3 und Zöllner aaO § 243 Anm 218, 219). Allein dadurch, daß sein Stimmanteil im Verhältnis zu dem der übrigen Gesellschafter wächst, erlangt der bezugsberechtigte Aktionär noch keinen Sondervorteil zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre. Die gegenteilige Auffassung liefe darauf hinaus, daß bei Kapitalerhöhungen mit Sacheinlagen einzelner Aktionäre an die nicht bezugsberechtigten Aktionäre stets ein Ausgleich nach § 243 Abs 2 Satz 2 AktG zu zahlen wäre, selbst wenn die Sachleistung der Gesellschaft und damit allen Aktionären nützt und ihr Wert dem der dafür ausgegebenen Aktien entspricht. Damit würde in die Vorschriften der §§ 183, 186 Abs 3 AktG ein weiteres Wirksamkeitserfordernis hineingetragen, das Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen, auch wo die Gesellschaft ein dringendes Interesse an ihnen hat, in einem mit dem Zweck dieser Vorschriften nicht mehr zu vereinbarenden Maße erschweren oder überhaupt unmöglich machen könnte.

 

Fundstellen

BGHZ, 40

NJW 1978, 1316

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