Leitsatz (amtlich)

Zur Frage,

  1. der Haftung aus Handeln im Namen einer GmbH vor deren Errichtung,
  2. der Zustimmung zur Schuldübernahme aus einem Rechtsgeschäft, das vor Errichtung einer GmbH in deren Namen getätigt worden ist, durch den Vertragspartner.
 

Normenkette

GmbHG § 11 Abs. 2; BGB §§ 414-415

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG

LG Itzehoe

 

Tatbestand

Im November 1992 verhandelten der Beklagte und sein Sohn im Namen einer „G. Gü. GmbH” mit der Klägerin über den Kauf einer Zuschneidemaschine zum Preis von 517.500,– DM. Ende Januar 1993 lieferte und montierte die Klägerin die Maschine. Der Klägerin war nicht bekannt, daß die Gesellschaft nicht existierte. Diese wurde vom Beklagten und seinem Sohn erst durch notariell beurkundeten Vertrag vom 18. Juni 1993 unter der Firma „G. GmbH” gegründet; sie wurde am 17. Dezember 1993 in das Handelsregister eingetragen.

Auf den zum Teil in Raten zahlbaren Kaufpreis für die Zuschneidemaschine wurden in der Zeit von Februar bis November 1993 insgesamt 231.000,– DM bezahlt. Im Mai 1993 war zwischen den Parteien Streit darüber entstanden, ob ein Teilbetrag von 217.500,– DM (150.000,– DM zzgl. 15 % Mwst. von dem Gesamtkaufpreis von 450.000,– DM = 67.500,– DM) bereits bei der Meldung der Versandbereitschaft durch die Klägerin fällig geworden war oder erst bei Auszahlung der vom Beklagten beantragten öffentlichen Fördermittel fällig werden sollte.

Im März 1994 beantragte die Klägerin den Erlaß eines Mahnbescheids gegen die GmbH, nahm diesen Antrag jedoch zurück, als sie feststellte, daß die GmbH erst im Juni 1993 gegründet worden war. Über das Vermögen der Gesellschaft ist inzwischen das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden.

Die Klägerin nimmt den Beklagten als denjenigen, der zur Zeit des Vertragsschlusses entweder allein oder – so ihr Vortrag – gemeinsam mit seinem Sohn Inhaber des im Aufbau befindlichen Bekleidungswerkes war, aus dem Kaufvertrag in Anspruch.

Das Landgericht hat der im Urkundenprozeß erhobenen, auf Zahlung des Restkaufpreises nebst Zinsen und Ersatz des Verzögerungsschadens sowie auf Zahlung mitgelieferter Markierungsnadeln gerichteten Klage in Höhe von 300.970,16 DM (266.289,35 DM + 34.680,81 DM) stattgegeben und sie in Höhe von 20.177,25 DM (321.147,41 DM abzüglich 300.970,16 DM) (weiterer Verzögerungsschaden) als im Urkundsprozeß unstatthaft abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil im Umfang der vom Beklagten eingelegten Berufung, nämlich bis auf den die Markierungsnadeln betreffenden Ausspruch, aufgehoben und die Klage unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Klägerin abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter, mit denen sie – nach Rücknahme und anderweitiger Veräußerung der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Zuschneidemaschine – Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages gemäß § 326 Abs. 1 BGB in Höhe von 58.106,38 DM (315.606,38 DM abzüglich 257.000,– DM) und Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache in Höhe von 257.500,– DM begehrt hat.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt – außer in Bezug auf einen geringfügigen Teil der erhobenen Nebenforderung – zur beantragten Verurteilung des Beklagten.

I.

Das Berufungsgericht läßt dahingestellt, ob der Abschluß des Kaufvertrages an einer mangelnden Einigung über den Zeitpunkt der Fälligkeit des Teilbetrages von 217.500,– DM gescheitert ist. Nach seiner Ansicht ist die etwaige Kaufpreisschuld jedenfalls mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister auf diese übergegangen und der Beklagte von der Verpflichtung zur Zahlung frei geworden. Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Da die GmbH bei Abschluß des Kaufvertrages noch nicht gegründet war, haben der Beklagte und sein Sohn den Rechtsträger des Unternehmens, für das sie gehandelt haben, falsch bezeichnet. In einem solchen Fall wird der wahre Rechtsträger aus dem betriebsbezogenen Geschäft berechtigt und verpflichtet (BGHZ 91, 148, 152). Damaliger Träger des Unternehmens war entweder der Beklagte oder eine aus ihm und seinem Sohn bestehende Personenhandelsgesellschaft. Im einen wie im anderen Fall haftet der Beklagte – wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt – unbeschränkt für die Kaufpreisschuld.

2. Als die GmbH später gegründet wurde, gingen die Rechte und Verbindlichkeiten aus dem Kaufvertrag nicht automatisch auf die Vorgesellschaft und mit der Handelsregistereintragung auf die GmbH über (BGH aaO S. 151). Um den Beklagten von der Kaufpreisschuld zu befreien und die (Vor-)GmbH zu verpflichten, hätte es vielmehr einer Schuldübernahme gemäß §§ 414, 415 BGB – oder einer die Schuldübernahme umfassenden Vertragsübernahme – durch die (Vor-)GmbH bedurft.

a) Zwischen der Klägerin und der (Vor-)GmbH ist kein Schuldübernahmevertrag geschlossen worden. Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, daß der Beklagte mit der (Vor-)GmbH eine Übernahme seiner Schuld vereinbart hat. Die von dem Beklagten vertretene Ansicht, daß nicht er, sondern allenfalls die GmbH zur Kaufpreiszahlung verpflichtet sei, ist – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – ohne Belang und macht die Feststellung eines Übertragungsgeschäfts nicht entbehrlich.

Allerdings hat der Beklagte – worauf die Revisionserwiderung hinweist – in der Berufungsinstanz ein von ihm als Geschäftsführer der „G. Gü. GmbH i.G.” verfaßtes, an sich selbst gerichtetes Schreiben mit Datum vom 1. Juli 1993 vorgelegt, in dem die (Vor-)GmbH den mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrag „genehmigt”. Ob diese Erklärung tatsächlich zu dem angegebenen Zeitpunkt abgegeben worden ist – die Klägerin hat dies bestritten kann dahinstehen. Denn eine solche Genehmigungserklärung wäre zwar als Angebot zum Abschluß eines Schuld- oder Vertragsübernahmevertrages auszulegen, welches der Beklagte – eine Gestattung zum Selbstkontrahieren vorausgesetzt – hätte annehmen können. Die Wirksamkeit einer solchen zwischen dem Beklagten und der (Vor-)GmbH vereinbarten Schuldübernahme hing jedoch von der Genehmigung der Klägerin ab, die erst nach einer Mitteilung der Übernahme hätte erteilt werden können (§ 415 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im vorliegenden Fall ist weder eine Mitteilung an die Klägerin erfolgt noch hat diese die angebliche Schuldübernahme, von der sie nichts wußte, genehmigt.

b) Einer Genehmigung der Klägerin hätte es nur dann nicht bedurft, wenn sie der vom Beklagten behaupteten Schuldübernahme durch die (Vor-)GmbH bereits im voraus zugestimmt hätte. Eine schlüssige Zustimmung kann ihrem Verhalten – wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt – schon deshalb nicht entnommen werden, weil die Klägerin glaubte, mit einer bereits existierenden GmbH zu kontrahieren. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann die Zustimmung der Klägerin jedoch durch eine ergänzende Auslegung des Kaufvertrages gewonnen werden: Weil die Klägerin geglaubt habe, mit einer existierenden GmbH zu kontrahieren, wäre sie bei Kenntnis der wahren Sachlage damit einverstanden gewesen, daß die persönliche Haftung des Beklagten mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister erlischt. Diese an eine ältere Entscheidung des Senats (Urt. v. 26. Oktober 1981 – II ZR 31/81, NJW 1982, 932, 933) angelehnte Argumentation läßt indessen außer acht, daß die Bereitschaft, sich mit einem beschränkt haftenden Vertragspartner zu begnügen, nicht auch die Bereitschaft umfaßt, den durch den Vertragsschluß gewonnenen unbeschränkt haftenden Schuldner später gegen einen beschränkt haftenden einzutauschen.

Überdies kann nicht unterstellt werden, daß sie bei Wahrung ihrer berechtigten Interessen im voraus einer Schuldübernahme zugestimmt hätte, die später durch eine Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der (Vor-)GmbH zustandekommen konnte und ihr – wovon das Berufungsgericht ausgeht – nicht einmal mitgeteilt werden mußte.

Ob und wann die GmbH gegründet werden würde, war bei Abschluß des Kaufvertrages offen. Nach dem Vortrag des Beklagten stand noch nicht einmal die Person seines Mitgründers fest. Daher mußte auch ungewiß sein, ob überhaupt und wann die (Vor-)GmbH im Fall ihrer Gründung zu einer Übernahme der Schuld bereit sein würde, die zu einer Unterbilanzhaftung der Gründer führen konnte. Hätte die Klägerin einer zwischen dem Beklagten und der (Vor-)GmbH zu vereinbarenden Schuldübernahme im voraus zugestimmt, hätte sie weder gewußt noch aus dem Handelsregister oder aus den zum Handelsregister eingereichten Schriftstücken entnehmen können, ob (noch) der Beklagte verpflichtet war oder ob die GmbH die Schuld (bereits) übernommen hatte. Bei Ausbleiben der geschuldeten Zahlungen wäre die Klägerin daher in Gefahr gewesen, mit einer nachteiligen Kostenfolge rechtliche Schritte gegen den „falschen Schuldner” einzuleiten und die „richtige Schuldnerin” erst mit Verzögerung und zu einem Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, in dem keine Befriedigungsaussichten mehr bestanden. Sogar wenn die Klägerin gegen den Beklagten vorgegangen wäre, solange dieser noch verpflichtet war, wäre der Klage durch eine nach ihrer Erhebung erfolgende Schuldübernahmevereinbarung die Grundlage entzogen worden, weil der Übernehmer einer Schuld kein Rechtsnachfolger im Sinne des § 265 Abs. 2 ZPO ist (vgl. BGHZ 61, 140; BGH, Urt. v. 31. Oktober 1974 – III ZR 82/72, ZZP 88, 324, 327 f.). Mit diesen Risiken brauchte die Klägerin nicht zu rechnen, als sie den Vertrag mit der vermeintlich schon errichteten GmbH schloß. Sie können ihr nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung aufgebürdet werden.

II.

Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).

Entgegen der Ansicht des Beklagten scheitert die Geltendmachung der Klageforderung nicht daran, daß zwischen den Parteien mangels Einigung über die Fälligkeit eines Teilbetrages von 217.500,– DM (150.000,– DM zzgl. 15 % MWSt.) ein Vertrag nicht zustande gekommen ist. Nach dem von den Parteien überreichten Schriftwechsel ist eine solche Einigung erfolgt.

Zwar wollte der Beklagte ursprünglich den Teilbetrag erst bei Erhalt der beantragten Fördermittel und nicht schon bei Bekanntgabe der Versandbereitschaft durch die Klägerin bezahlen, wie sich aus seiner Auftragsbestätigung vom 5. November 1992 und seinem Fernschreiben vom 20. November 1992 ergibt. Demgegenüber heißt es im Schreiben der Klägerin vom 27. November 1992 u.a. wie folgt:

„Die Anzahlung von DM 150.000,– zzgl. Mwst. wird fällig bei Auftragsbestätigung, frühestens nach Erhalt der … beantragten Fördermittel, … spätestens nach der Meldung der Versandbereitschaft durch uns.

Jedoch werden wir die Anlage nach Fertigstellung ausliefern, wenn die Anzahlung aufgrund einer Verzögerung in der Auszahlung der Fördermittel an sie noch nicht bei uns eingegangen ist, sofern sie, wie zwischen Herrn … und Herrn … besprochen, die Fördermittel an uns abtreten.

Wir erhalten von Ihnen eine schriftliche Abtretungserklärung zusammen mit einer Kopie der Genehmigung der Zuschüsse durch das Wirtschaftsministerium.”

Der Beklagte hat der Klägerin den Fördermittelanspruch – wie von der Klägerin verlangt – am 13. Januar 1993 abgetreten und mitgeteilt, daß eine Bestätigung des Ministeriums nicht vorgelegt werden könne, weil über den Antrag noch nicht entschieden sei. Einwendungen gegen den im Schreiben der Klägerin vom 27. November 1992 genannten Zeitpunkt für die Fälligkeit der Anzahlung hat der Beklagte nicht mehr erhoben. Die Klägerin hat sich mit der Abtretung des Fördermittelanspruchs begnügt und die Zuschneidemaschine geliefert, der Beklagte hat sie entgegengenommen. Damit war die Anzahlung fällig. Durch die Mahnungen vom 6. April 1993 und vom 21. Mai 1993 wurde der Beklagte in Verzug gesetzt.

Die Klägerin hat der Berechnung ihrer Klageforderung in der Berufungsinstanz die Feststellungen zugrunde gelegt, die das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg zur Höhe der Forderung in der Entscheidung vom 24. Mai 1995 getroffen hat, die in dem Verfahren zwischen der Klägerin und dem Sohn des Beklagten ergangen ist. Auf dieses von der Klägerin zu den Gerichtsakten überreichte Urteil wird insoweit im einzelnen Bezug genommen. Der Beklagte hat diesen Berechnungen zur Höhe der Klageforderung nicht widersprochen.

Ausweislich der vorgelegten Zinsbescheinigungen hatte die Klägerin auf den von ihr in Anspruch genommenen Kredit seit dem 28. Juni 1995 nur noch 7,25 % Zinsen, seit dem 1. August 1995 nur noch 6,75 % und seit dem 30. August 1995 nur noch 6,25 % Zinsen zu bezahlen. Denselben Zinssatz kann sie als Verzugsschaden beanspruchen (§ 288 Abs. 2 BGB).

Der Zahlungsklage war somit in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang stattzugeben. In Höhe des nach Klageerhebung gezahlten Betrages von insgesamt 257.500,– DM war antragsgemäß festzustellen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

 

Fundstellen

DB 1998, 920

DStR 1998, 821

NJW 1998, 1645

KTS 1998, 436

NZG 1998, 382

WM 1998, 817

WuB 1998, 697

ZIP 1998, 646

DNotZ 1999, 224

MDR 1998, 607

GmbHR 1998, 633

ZNotP 1998, 284

www.judicialis.de 1998

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