Leitsatz (amtlich)

a) Die Übernahme dinglicher Belastungen bei Schenkung eines Grundstücks stellt in der Regel keine Gegenleistung des Beschenkten dar, sondern mindert lediglich den Wert des Geschenks.

b) Die in einem Übergabevertrag dem Übernehmer auferlegte Versorgung des Übergebers ist in der Regel nicht Gegenleistung, sondern Auflage (Bestätigung von BGHZ 3, 206, 211).

c) Kann beim Widerruf einer gemischten Schenkung wegen groben Undanks der Schenker den geschenkten Gegenstand zurückfordern, weil der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwiegt (BGHZ 30, 120, 122 f), ist dieser Anspruch in dem Sinne eingeschränkt, daß er – auch ohne Erhebung einer Einrede – nur Zug um Zug gegen Wertausgleich des entgeltlichen Teils der gemischten Schenkung geltend gemacht werden kann (Fortführung von BGH Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 85/86, WM 1987, 1533, 1534).

 

Normenkette

BGB §§ 530-531, 818 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 25.06.1987)

LG Paderborn

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Juni 1987 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es den Anspruch auf Herausgabe des im Grundbuch von Westenholz Bl. 0114/171 verzeichneten Grundbesitzes und den Zahlungsanspruch abgewiesen hat.

Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 6. Januar 1983 übertrug die Klägerin „im Wege vorweggenommener Erbfolge” dem Beklagten, ihrem Sohn, den im Grundbuch von W. Blatt …4 sowie den im Grundbuch von Re. Blatt …21 verzeichneten Grundbesitz Flur 3 Flurstücke 107 und 108. Der Beklagte nahm die Übertragungen „hiermit dankend an”. Unter § 2 heißt es:

„…

Mitübernommen werden die Belastungen Abt. II Nr. 9 sowie die Abt. III Nr. 48, 49 und 50 (Grundbuch von W. Blatt …4).”

Dabei handelt es sich um ein Wohnungsrecht für die Schwester der Klägerin und um Grundpfandrechte zum Gesamtbetrage von 277.058,73 DM. Der Beklagte räumte der Klägerin weiter ein lebenslängliches unentgeltliches Altenteil ein, bestehend aus Wohnungsrecht unter Ausschluß des Eigentümers, Verpflegung, einer monatlichen Rente sowie Zahlung von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Alterskasse. Das Altenteil wurde entsprechend der Bewilligung auf Flur 20 Flurstück 7 des Grundbesitzes von W., bebaut mit einer Gaststätte nebst Wohnräumen, eingetragen.

Den in Rebbeke gelegenen Grundbesitz verkaufte der Beklagte zum Preise von 280.000 DM, mit dem die übernommenen dinglichen Belastungen abgelöst wurden.

Mit Schreiben vom 18. Juli 1983 forderte die Klägerin Rückgabe der „übertragenen Grundbesitzung wegen groben Undanks”.

Mit der Behauptung, sie sei am 6. Januar 1983 geschäftsunfähig gewesen, hat die Klägerin die Herausgabe des Grundbesitzes, die Bewilligung der Berichtigung des Grundbuchs sowie die Zahlung des aus dem teilweisen Verkauf der Grundstücke nach Tilgung der Schulden verbliebenen Betrages von 2.995,72 DM nebst Zinsen verlangt. Hilfsweise hat sie beantragt, den Grundbesitz an sie rückaufzulassen; bei der Übertragung des Grundbesitzes habe es sich um eine gemischte Schenkung gehandelt, die sie nach § 530 BGB wirksam widerrufen habe. Der Beklagte sei nämlich seiner Zahlungspflicht aus dem Vertrag nicht nachgekommen; er habe sie zudem beleidigt, bedroht und geschlagen.

Das Landgericht hat der Klage, bis auf einen Teil der Zinsen, nach dem Hauptantrag stattgegeben.

Auf die Berufung des Beklagten hat die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen; hilfsweise hat sie den Klaganspruch auf „Rücktritt vom Vertrage bzw. Schenkungswiderruf” gestützt. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin neben ihrem Anspruch auf Herausgabe des Grundbesitzes und auf Zahlung ihren Hilfsanspruch auf Rückauflassung des Grundbesitzes weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

A.

Das Berufungsgericht hält Ansprüche der Klägerin auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB), Herausgabe (§ 985 BGB) und Auskehrung des Resterlöses (§ 816 Abs. 2 BGB) nicht für gegeben. Der notarielle Übergabevertrag sei gültig; die Klägerin sei bei Abschluß des Vertrages geschäftsfähig gewesen. Dies greift die Revision nicht an.

B.

I.

Auch schuldrechtliche Ansprüche auf Rückgewähr der Besitzung ständen der Klägerin nicht zu, so daß es keines Hinweises an sie bedurft habe, hilfsweise Rückübertragung der Besitzung zu fordern. Zwar sei zu ihren Gunsten davon auszugehen, daß sich der Vertrag vom 6. Januar 1983 als eine gemischte Schenkung darstelle, auf die die §§ 530, 531 BGB anwendbar seien. Die Klägerin habe mit Rücksicht auf die behaupteten tätlichen Angriffe des Beklagten den Tatbestand des § 530 BGB auch schlüssig dargetan. Das Vorbringen der Klägerin sei aber deshalb unschlüssig, weil bei einer gemischten Schenkung der Schenker nur den geschenkten Gegenstand herausverlangen könne, wenn der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwiege. Anderenfalls habe er bloß einen Anspruch auf den die Gegenleistung des Beschenkten übersteigenden Mehrwert. Daß hier der unentgeltliche „Charakter des Übertragungsvertrages” überwiege, habe die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Nach dem von ihr überreichten Privatgutachten Welp stünden einer Leistung im Wert von 600.000 DM von ihr nicht substantiiert bestrittene Gegenleistungen des Beklagten in Höhe von insgesamt 410.258,73 DM (dingliche Lasten in Form von Grundpfandrechten, Wohnungsrecht sowie Altenteilsrechte der Klägerin) entgegen. Der Klägerin könne danach allenfalls Herauszahlung des Mehrwertes zustehen, was sie aber nicht fordere.

II.

Die Revision hat Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat die angebotenen Beweise für den von ihm zu Recht als schlüssig angesehenen Vortrag der Klägerin, der Beklagte habe durch tätliche Angriffe auf sie eine schwere Verfehlung begangen und sich groben Undanks im Sinne des § 530 BGB schuldig gemacht, nicht erhoben. Vom groben Undank des Beklagten ist danach zugunsten der Klägerin auszugehen.

Richtig ist die Erwägung des Berufungsgerichts, dem Rückforderungsrecht des Schenkers nach Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks stehe Art. 15 § 7 Preuß. AGBGB nicht entgegen (BGHZ 3, 206, 213).

2. Im Ausgangspunkt zutreffend legt das Berufungsgericht auch dar, daß der Schenker nur dann den geschenkten Gegenstand herausverlangen kann, wenn der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwiegt (BGHZ 30, 120; Senatsurt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 85/86, WM 1987, 1533). Allerdings hat der Schenker in einem solchen Falle mit seinem Klagebegehren dem Umstand Rechnung zu tragen, daß er nur den Schenkungsanteil zurückfordern, den Zuwendungsgegenstand also nur gegen Rückerstattung der Gegenleistung zurückerhalten kann (MünchKomm/Kollhosser, BGB 2. Aufl. § 516 Rdn. 33 und 34 sowie Lieb § 818 Rdn. 54; BGB-RGRK/Mezger 12. Aufl. § 531 Rdn. 3; vgl. auch BGHZ 30, 120, 122). Der Anspruch des Schenkers auf Herausgabe des Geschenks ist, wie der Senat wiederholt für Aufwendungen entschieden hat, die der Beschenkte im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit der Schenkung gemacht hat (Senatsurt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 85/86, WM 1987, 1533, 1534 m. zahlr. Nachw.), auch ohne Erhebung einer Einrede dahin eingeschränkt, daß er nur Zug um Zug gegen Wertausgleich des entgeltlichen Teils der gemischten Schenkung geltend gemacht werden kann.

3. Von Rechtsirrtum beeinflußt sind aber die Erwägungen des Berufungsgerichts, soweit es von Gegenleistungen des Beschenkten ausgeht.

a) Die Übernahme der Belastungen Abteilung II Nr. 9 sowie Abteilung III Nr. 48, 49 und 50 des Grundbuchs von W. Blatt …4 stellt, anders als das Berufungsgericht meint, keine Gegenleistungen des Beschenkten dar. Sie mindert lediglich den Wert des Geschenks (so schon Senatsurt. v. 9. November 1973, V ZR 74/72, Umdruck S. 6). Mit der Übernahme der auf dem geschenkten Grundstück ruhenden dinglichen Belastungen hat der Beschenkte nicht mehr „geleistet”, als sich ohnehin zu seinen Lasten aus dem Gesetz ergibt. Der Schenker schuldet das Geschenk, wie ein Vergleich zwischen § 523 Abs. 1 mit §§ 434, 439 Abs. 2 BGB ergibt, grundsätzlich nur so, wie er selbst es hat. Der Beschenkte kann danach in der Regel weder Beseitigung des Rechtsmangels noch Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (Prot. II S. 26 und 27; vgl. auch Senatsurt. v. 2. Oktober 1981, V ZR 134/80, NJW 1982, 818, 819). Sonach hat der Beklagte die ihm geschenkten Grundstücke ohnehin nur mit den darauf ruhenden dinglichen Belastungen erhalten. Deren ausdrücklicher Übernahme im Vertrag kann bei solcher Lage im Regelfall lediglich klarstellende Wirkung beigemessen werden (vgl. auch RGZ 60, 238, 242; RG WarnRspr. 1916 Nr. 123; MünchKomm/Kollhosser, BGB 2. Aufl. § 525 Rdn. 5; Staudinger/Reuss, BGB 12. Aufl. § 525 Rdn. 8). Daß hier die ausdrückliche Übernahme der Belastungen nach dem Vertragswillen der Parteien die Bedeutung einer Gegenleistung haben sollte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt (vgl. dazu auch RGZ 60, 238, 243). Danach mindert sich der Wert des Geschenks, den das Berufungsgericht zu Gunsten der Klägerin mit 600.000 DM unterstellt, zwar um den Wert der Grundpfandrechte in Höhe von 277.058,73 DM und um das mit 14.400 DM bewertete Wohnungsrecht. Dem verbleibenden Wert der Schenkung von 308.541,27 DM stehen aber nur noch die versprochenen Altenteilsleistungen, deren Wert das Berufungsgericht mit 118.800 DM ansetzt, gegenüber, so daß der Wert des Geschenks überwiegt.

b) Was jedoch diese vom Beklagten der Klägerin versprochenen Altenteilsleistungen angeht, hat das Berufungsgericht nicht erwogen, daß es sich auch hierbei nicht um Gegenleistungen, sondern um eine Auflage gehandelt haben könnte.

Der Senat hat, in Übereinstimmung mit dem Schrifttum, wiederholt ausgesprochen, daß die in einem Übertragungsvertrag vereinbarten Leistungen des Übernehmers zur Versorgung des scheidenden Übergebers (Leibgedinge und Wohnrecht) bei gleichzeitigem Einrücken des Übernehmers in die Existenzgrundlage des Übergebers in der Regel nicht eine Gegenleistung im eigentlichen Sinne für die Übertragung des Grundbesitzes, sondern eine aus dem zugewendeten Vermögen zu leistende Auflage darstellt (BGHZ 3, 206, 211; MünchKomm/Kollhosser a.a.O. Rdn. 5). Für einen solchen Versorgungscharakter könnte hier nicht nur sprechen, daß nach dem Schenkungsvertrag das Anwesen nebst Maschinen, Geräten und Vieh übergeben wurde und daß der Beklagte alsbald seine Stellung aufgab, um sich dem Betrieb der Gastwirtschaft zu widmen, sondern auch, daß das Altenteil eine vollständige Versorgung der Klägerin vorsah und daß die Höhe der monatlichen Barleistungen an sie sich ermäßigen sollte, sobald sie eine Rente aus der landwirtschaftlichen Alterskasse erhielte.

Ohne Bedeutung ist demgegenüber, worauf die Revisionserwiderung abheben möchte, daß der Beklagte nicht daneben noch Zahlungen an weichende Erben leisten muß. Dies ist bei der Hof- oder Betriebsübergabe an ein Einzelkind oder, wenn die Erträgnisse des Geschenkes weitere Leistungen nicht zulassen, selbstverständlich; davon kann aber nicht abhängen, ob das zugesagte Altenteil Auflage oder Gegenleistung ist.

III.

1. Die Abweisung des Herausgabeanspruchs kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben.

Gleiches gilt hinsichtlich der Abweisung des Zahlungsanspruches: Hat die Klägerin die Schenkung wirksam wegen groben Undanks des Beklagten widerrufen, so kann sie, soweit die Herausgabe des Geschenks infolge Weiterveräußerung unmöglich geworden ist, Wertersatz verlangen (§§ 530, 531 Abs. 2, § 818 Abs. 2 BGB). Ein Zahlungsanspruch besteht allerdings nur, soweit dem Beklagten nach Ablösung der dinglichen Belastungen ein Vermögenswert verblieben ist (§ 818 Abs. 3 BGB) und sich nach Verrechnung mit dem Wert des entgeltlichen Teiles der gemischten Schenkung (s.o. II 2) ein Aktivsaldo für die Klägerin ergibt.

2. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird die Klägerin Gelegenheit haben, ihren früheren Hilfsantrag auf Verurteilung zur Rückauflassung des Grundbesitzes in Westenholz entsprechend der Ankündigung in der Revision wieder in den Rechtsstreit einzuführen. Auf die Frage der Verletzung einer entsprechenden Hinweispflicht durch das Berufungsgericht kommt es danach nicht an.

 

Unterschriften

Hagen, Vogt, Räfle, Lambert-Lang, Wenzel

 

Fundstellen

Haufe-Index 1530779

BGHZ

BGHZ, 156

NJW 1989, 2122

BGHR

JR 1990, 192

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1989, 996

DNotZ 1989, 775

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