Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen eines Rückauflassungsanspruchs nach Rücktritt oder Kündigung

 

Normenkette

AGBGB §§ 13, 16; ZPO § 304

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 6. Januar 1981 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Rückauflassung von Grundstücken. Sie hat diese Grundstücke, darunter insbesondere ein Wohnanwesen in D., mit notariellem Vertrag vom 20. Dezember 1977 auf die Beklagte "übertragen", sich jedoch lebenslänglich das unentgeltliche Nießbrauchsrecht vorbehalten und den völligen Unterhalt ("Nahrung, Licht, Brand, Pflege und Wartung in gesunden und kranken Tagen") sowie ein würdiges Begräbnis und Grabpflege ausbedungen.

Die Klägerin verlangt unter verschiedenen Gesichtspunkten Rückauflassung der Grundstücke. Die Beklagte, die Abweisung der Klage beantragt hat, macht hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht wegen Aufwendungen in Höhe von 50.000 DM für den Ausbau des Dachgeschosses geltend.

Das Landgericht hat die Klage "dem Grunde nach" für gerechtfertigt erklärt, "allerdings nur Zug um Zug gegen Leistung eines der Höhe nach noch zu bestimmenden Betrages an die Beklagte". Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

1.

Soweit das Berufungsurteil eine Unwirksamkeit des Vertrages nach § 138 BGB oder wegen Willensmängeln verneint, sowie einen schenkungsrechtlichen Rückforderungsanspruch ablehnt, ist es rechtsfehlerfrei. Die Revision erhebt insoweit auch keine Beanstandungen.

2.

Einen Rückauflassungsanspruch nach Rücktritt oder Kündigung verneint das Berufungsgericht, weil ein Altenteilsvertrag im Sinne der §§ 2 ff AGBGB Rheinland-Pfalz vorliege, von dem die Klägerin nur unter eingeschränkten und hier nicht vorliegenden Voraussetzungen zurücktreten könne (§ 13 AGBGB). Auch eine eventuell mögliche Kündigung führe nur zu Ansprüchen der Klägerin nach § 16 AGBGB, lasse aber die Grundstücksübertragung bei Bestand.

3.

Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht ohne weitere Feststellungen die Grundstücksüberlassung gegen Gewährung von "Unterhalt, Pflege und Versorgung" als Altenteilsvertrag beurteilt. Ebenso wie Art. 15 des Preußischen AGBGB definiert das rheinland-pfälzische Landesgesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuches vom 18. November 1976 (GVBl 256) den Begriff des Altenteils- oder Leibgedingsvertrages nicht näher, sondern setzt ihn unter Hinweis auf Art. 96 EGBGB voraus. Die Rechtsprechung des Senats zu Art. 15 § 7 PreußAGBGB (vgl. zuletzt Urteil vom 3. April 1981 V ZR 55/80 = NJW 1981, 2568 m.w.N.) kann deshalb auch hier herangezogen werden. Danach wird eine Grundstücksübertragung allein durch eine Wohnrechtsgewährung mit Pflege- und Versorgungsverpflichtung noch nicht zum Altenteilsvertrag im Sinne von Art. 96 EGBGB. Diese aus dem bäuerlichen Wirtschaftsleben hervorgegangene und davon geprägte Art der Sonderrechtsnachfolge in Grundstücke liegt nur unter den Voraussetzungen vor die der Senat im erwähnten Urteil dargelegt hat. Auf diese Ausführungen kann verwiesen werden. Die Klägerin hat sich das lebenslange Nießbrauchsrecht an den Grundstücken mit Ausnahme einer kleinen Wohnung im Dachgeschoß vorbehalten. Schon deshalb prägt nicht die Versorgung der scheidenden Übergeberin durch die Übernehmerin mit einem Nachrücken in eine die Existenz wenigsten teilweise begründete Wirtschaftseinheit den Charakter des Vertrages (vgl. Senatsurteile vom 19. Juni 1964, V ZR 4/63 = LM PreußAGBGB Art. 15 § 7 Nr. 6 und vom 30. April 1980, V ZR 7/79 = WM 1980, 826). Im Vordergrund steht vielmehr die synallagmatische Beziehung von jedenfalls als gleichwertig angesehenen Leistung, in der ein Teil der Gegenleistung für die Grundstücksübereignung Züge aufweist, die auch einem Leibgedingsvertrag eigen sind.

Soweit das Berufungsgericht - offenbar hilfsweise - ausführt, die Klägerin habe die für einen Leistungsverzug und den Rücktritt erforderlichen Formerfordernisse nicht dargelegt, rügt die Revision mit Recht, daß das Berufungsgericht sich nicht mit dem Schreiben der Klägerin vom 1. Dezember 1978 (GA Bl. 15, enthaltend eine Fristsetzung mit Ablehnungsdrohung) auseinandergesetzt hat.

Soweit das Berufungsgericht meint, die Beklagte könne durch die geltend gemachte Schlechterfüllung des Vertrages (nicht ordnungsgemäße Versorgung) nicht in Verzug geraten sein, übersieht es, daß ein Rücktritt vom Vertrag auch unter dem Gesichtspunkt einer positiven Forderungsverletzung in Betracht kommen kann, wenn das Verhalten der Beklagten den Vertragszweck vereitelt oder so schwerwiegend gefährdet, daß der Klägerin die Fortsetzung der Vertragsbeziehungen nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BGHZ 59, 104, 105 und das oben erwähnte Senatsurteil vom 30. April 1980 aaO).

4.

An einer abschließenden Entscheidung ist der Senat gehindert, weil das Berufungsgericht zu den behaupteten Gründen für einen Rücktritt vom Vertrag oder eine Kündigung keine Feststellungen getroffen hat. Das Urteil des Landgerichts leidet allerdings schon deshalb an einem Verfahrensfehler, weil ein Grundurteil (§ 304 ZPO) nicht ergehen durfte. Ein Auflassungsanspruch kann nicht nach Grund und Betrag streitig sein, vielmehr kommt dies nur bei Ansprüchen auf Geld oder vertretbare Sachen vor (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 1969, V ZR 47/66 = NJW 1969, 2241; BGH Urteil vom 12. Juni 1975, III ZR 34/73 = NJW 1975, 1968). Obwohl dieser Mangel auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu berücksichtigen ist (vgl. Urteil vom 12. Juni 1975) und unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils eine Zurückverweisung an das Landgericht als zulässige Entscheidung nach § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in Betracht käme (vgl. BGH Urteil vom 24. November 1951, II ZR 26/51 = LM ZPO § 50 Nr. 2; BGHZ 16, 71, 82), sieht der Senat von einer solchen Entscheidung ab, weil er es für zweckdienlich hält, daß das Berufungsgericht in der Sache selbst entscheidet (vgl. § 540 ZPO).

 

Unterschriften

Dr. Thumm

Linden

Vogt

Räfle

Lambert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456072

DNotZ 1982, 697

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