Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorbescheid über die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. An dem vererbten Anteil einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist Testamentsvollstreckung nicht schlechthin ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn die Erben des Gesellschaftsanteils vor dem Erbfall bereits an der Gesellschaft beteiligt waren.

2. Deshalb ist einem Testamentsvollstrecker, der zur Dauervollstreckung (§ 2209 BGB) am Anteil an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingesetzt ist, ein Zeugnis gemäß § 2368 BGB zu erteilen. Darin sind gesetzliche Beschränkungen der Befugnisse des Testamentsvollstreckers, die sich aus dem Gesellschaftsrecht ergeben, nicht anzugeben.

 

Normenkette

BGB §§ 2205, 2368

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart

LG Stuttgart

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird an das Oberlandesgericht Stuttgart zurückgegeben.

 

Gründe

I.

Der am 2. Januar 1992 verstorbene H. H. (im folgenden: Erblasser) war – neben seinen vier Töchtern, den Beteiligten zu 2) bis 5) – Gesellschafter der „H.-Grundstücksgesellschaft”, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Er war an der Gesellschaft zur Hälfte, jede Tochter zu je 1/8 beteiligt.

Das Vermögen der Gesellschaft besteht im wesentlichen aus einem 3/4-Miteigentumsanteil an einem Grundstück in S., das mit einem Geschäftshaus bebaut ist (Gebäude Nr. 6, C.). Gesellschaftszweck sind die Sicherung dieses Grundstücks „als Familieneigentum späterer Generationen” sowie die „Verwaltung und Nutzung des der Gesellschaft gehörenden und von ihr etwa künftig noch zu erwerbenden Grundeigentums”

(§ 2 des Gesellschaftsvertrages). Die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis lag allein beim Erblasser.

§ 4 des Gesellschaftsvertrages lautet:

„Durch den Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit seinen letztwillig oder gesetzlich bestimmten Rechtsnachfolgern fortgesetzt. Die Wahrnehmung der Rechte eines Gesellschafters durch einen Testamentsvollstrecker ist zulässig.”

Der Erblasser wurde aufgrund eines von ihm und seiner vorverstorbenen Ehefrau errichteten gemeinschaftlichen notariellen Testaments vom 25. März 1975 von seinen Töchtern zu je 1/4 beerbt.

§ 7 des genannten Testaments lautet:

„Auf den Tod des Letztversterbenden von uns ordnen wir Testamentsvollstreckung an. Dem Testamentsvollstrecker stehen alle Rechte zu, die einem solchen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch eingeräumt werden können; er ist berechtigt, einen Nachfolger zu bestimmen; in der Eingehung von Verbindlichkeiten ist er nicht beschränkt.

Zur Aufgabe des Testamentsvollstreckers gehört insbesondere die Verwaltung unserer Anteile an der Grundstücksgesellschaft (C.), die Ausführung der Vermächtnisse, die Teilung des übrigen Nachlasses, wobei der Testamentsvollstrecker den Zeitpunkt der Teilung nach seinem Belieben bestimmen kann.

Testamentsvollstrecker ist in erster Linie laut besonderer Urkunde Herr Rechtsanwalt und Notar Dr. H. W. Zum Ersatztestamentsvollstrecker berufen wir den (Beteiligten zu 1) …”

Ferner enthält das Testament bezüglich der Geschäftsführung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts folgende Regelung:

„§ 4 Geschäftsführung in der ‚H.-Grundstücksgesellschaft’ (C.)

In dem Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung ‚H.Grundstücksgesellschaft’ vom 27. Juli 1967 ist in § 5 die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft folgendermaßen geregelt:

‚Herr H. H. und Frau N. H. sind je allein geschäftsführungs- und vertretungsberechtigt. Nach deren Tod ist die Geschäftsführung gemäß ihren letztwilligen Verfügungen zu erledigen.’

Dazu bestimmen wir folgendes:

Falls die Ehefrau als überlebender Ehegatte Geschäftsführer ist, kann sie die Geschäftsführung dem Herrn Rechtsanwalt Dr. H. W. übertragen. Die Gesellschafter haben ihm dann entsprechende Vollmachten zu erteilen. Nach unserer beider Ableben soll Herr Dr. H. W. in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker die Geschäftsführung übernehmen; er kann sie auch auf eine Hilfsperson übertragen.

Den Zeitpunkt der Teilung unserer Anteile an der Grundstücksgesellschaft kann der Testamentsvollstrecker nach seinem freien Ermessen bestimmen. Jedoch kann innerhalb eines Zeitraumes von 20 (zwanzig) Jahren nach dem Tode des Letztversterbenden von uns kein Miterbe die Teilung dieser Anteile gegen den Willen des Testamentsvollstreckers verlangen.”

Nachdem der in erster Linie zum Testamentsvollstrecker berufene Rechtsanwalt und Notar Dr. W. die Übernahme des Testamentsvollstreckeramtes abgelehnt hatte, beantragte der Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, das auch seinen Aufgabenkreis entsprechend dem in §§ 4 und 7 des notariellen Testaments geregelten Umfang beschreiben sollte. Das Nachlaßgericht erließ daraufhin mit Beschluß vom 27. Januar 1993 einen Vorbescheid, in dem es die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses mit folgendem Inhalt ankündigte:

„In der Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlaß ist der Testamentsvollstrecker nicht beschränkt.

Zur Aufgabe des Testamentsvollstreckers gehört insbesondere die Ausführung der Vermächtnisse und die Verwaltung der Anteile des Erblassers an der Grundstücksgesellschaft (C.) nach den Bestimmungen im notariellen Testament vom 25.03.1975, welches in begl. Abschrift als Anlage diesem Testamentsvollstreckerzeugnis beigefügt ist, wobei die Verwaltung dieser vererbten Anteile an der Grundstücksgesellschaft nach erbrechtlichen Grundsätzen und BGH-Rechtsprechung nur die verkehrsfähigen vermögensrechtlichen Gesellschafterrechte umfassen kann.”

Im übrigen wies das Nachlaßgericht den Antrag zurück.

Die Beteiligte zu 2) hat gegen den Vorbescheid Beschwerde und nach deren Zurückweisung weitere Beschwerde eingelegt. Sie strebt die Zurückweisung des Antrags auf Ausstellung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses an und meint u.a., Testamentsvollstreckung an dem Anteil einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei aus Rechtsgründen nicht zulässig. Der Beteiligte zu 1) und Antragsteller hat sich nicht gegen den Beschluß des Nachlaßgerichts gewandt, sondern die Zurückweisung der Rechtsmittel der Beteiligten zu 2) beantragt.

Das Oberlandesgericht hält im vorliegenden Fall Testamentsvollstreckung für zulässig, allerdings mit der Einschränkung, daß diese nur die aus dem Gesellschaftsanteil abzuleitenden übertragbaren Vermögensrechte erfasse. Diese Einschränkung gehöre freilich nicht in das Testamentsvollstreckerzeugnis (ebensowenig wie der im Beschluß des Nachlaßgerichts vorgesehene Hinweis auf die Ausführung der Vermächtnisse, auf die weiteren Bestimmungen im notariellen Testament sowie auf die erbrechtlichen Grundsätze und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Mit dieser Maßgabe möchte das Oberlandesgericht daher die weitere Beschwerde als unbegründet zurückweisen. Daran sieht es sich jedoch durch die – seiner Ansicht nach nicht einheitliche – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehindert. Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat und der erkennende Senat (frühere Bezeichnung: IVa-Zivilsenat) vertreten zu zwei entscheidungserheblichen Fragen unterschiedliche Rechtsauffassungen. Dabei handle es sich zum einen um die Frage, ob der Anteil an einer BGB-Gesellschaft überhaupt einer Testamentsvollstreckung unterliegen könne. Zum anderen gehe es um die Zulässigkeit einer Testamentsvollstreckung, wenn die Erben des Gesellschaftsanteils bereits vor dem Erbfall Mitgesellschafter gewesen seien. Das Oberlandesgericht hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Vorlage ist unzulässig. Die vom Oberlandesgericht für richtig gehaltene Zurückweisung der weiteren Beschwerde würde nicht zu einer Abweichung im Sinne von § 28 Abs. 2 FGG führen.

1. a) Nach § 2368 Abs. 1 BGB ist dem Testamentsvollstrecker auf Antrag ein Zeugnis über seine Ernennung zu erteilen. Darin sind der Erblasser und der Testamentsvollstrecker namentlich anzugeben. Weitere Angaben sind nur erforderlich, soweit Abweichungen von den gesetzlichen Regelbefugnissen in Betracht kommen.

Nach zutreffender Auffassung der Vorinstanzen hat der Erblasser den Wirkungskreis des Testamentsvollstreckers im vorliegenden Fall über den sich aus § 2205 BGB ergebenden normalen Umfang hinaus auf eine Dauervollstreckung im Sinne von § 2209 Satz 1 Halbs. 2 BGB erweitert. Daher haben die Vorinstanzen mit Recht angenommen, daß dies in dem Testamentsvollstreckerzeugnis erwähnt werden muß.

b) Weitere Zusätze, die im Falle einer Testamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen gesetzliche oder von der Rechtsprechung entwickelte Grenzen der Befugnisse des Testamentsvollstreckers aufzeigen sollen, gehören dagegen nach richtiger Ansicht des Oberlandesgerichts nicht in ein Testamentsvollstreckerzeugnis. Denn solche Zusätze bringen keine – auf einer Anordnung des Erblassers beruhende – vom gesetzlichen Normalfall abweichende Regelung der Testamentsvollstreckerbefugnisse zum Ausdruck.

Es gehört auch nicht zu den Aufgaben des Nachlaßgerichts, im Rahmen des Verfahrens auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zu klären, wo die vom Gesetz gezogenen Grenzen des Kompetenzbereiches des Testamentsvollstreckers verlaufen. Das ist vielmehr im Streitfall vor dem Prozeßgericht zu klären (MK/Brandner, 2. Aufl. § 2205 Rdn. 13; Haegele/Winkler, Der Testamentsvollstrecker, 11. Aufl. Rdn. 666 a.E.). In einem solchen Verfahren wäre auch zu prüfen, ob das Testament, das dem Testamentsvollstrecker in bezug auf den Gesellschaftsanteil ersichtlich eine möglichst uneingeschränkte Rechtsposition verschaffen wollte, dahin auszulegen ist, daß die Beteiligten zu 2) bis 5) als Erbinnen möglicherweise nur mit der Auflage eingesetzt worden sind, dem Testamentsvollstrecker die notwendige Rechtsmacht – etwa durch treuhänderische Übertragung der Gesellschaftsanteile – einzuräumen (vgl. BGHZ 12, 100, 102f.; 24, 106, 112; Urteil vom 24. November 1980 – II ZR 194/79 – NJW 1981, 749 unter 5).

c) Danach besagt die Aussage in dem vom Nachlaßgericht angekündigten Testamentsvollstreckerzeugnis, zur Aufgabe des Testamentsvollstreckers gehöre insbesondere die Verwaltung der Anteile des Erblassers an der Grundstücksgesellschaft, noch nichts über den konkreten Umfang der dem Testamentsvollstrecker in bezug auf die Gesellschaftsanteile zustehenden Befugnisse. Vielmehr steht diese Aussage unter dem Vorbehalt der aus dem Gesetz, insbesondere dem Gesellschaftsrecht, folgenden und durch die Auslegung der Rechtsprechung im einzelnen entwickelten Grenzen.

Der vorliegende Fall macht daher eine nähere Bestimmung der dem Testamentsvollstrecker in bezug auf den Anteil an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zustehenden Rechte nicht erforderlich. Soweit die Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts über die sich aus dem Gesetz ergebenden Grenzen der Testamentsvollstreckerbefugnisse möglicherweise mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Widerspruch steht, kommt es darauf im vorliegenden Verfahren nicht an. Für die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses mit dem Zusatz, daß zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers insbesondere die Verwaltung der Anteile des Erblassers an der Grundstücksgesellschaft gehören, sind vielmehr lediglich die beiden Fragen zu entscheiden, die das Oberlandesgericht gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof vorgelegt hat. Der Beteiligte zu 1) und Antragsteller hat sich mit der Zurückweisung seiner weitergehenden Anträge abgefunden.

Das Oberlandesgericht möchte die beiden Vorlagefragen bejahen, also annehmen, daß Testamentsvollstreckung an dem Anteil einer BGB-Gesellschaft grundsätzlich möglich ist, und zwar auch dann, wenn die Erben des Gesellschaftsanteils bereits vor dem Erbfall Mitgesellschafter waren. Insoweit besteht – von Formulierungsunterschieden abgesehen – heute jedenfalls der Sache nach Übereinstimmung zwischen dem Erbrechts- und dem Gesellschaftsrechtssenat des Bundesgerichtshofs.

2. a) Der Erbrechtssenat des Bundesgerichtshofs hat sich in seinem Urteil vom 4. Mai 1983 (IVa ZR 229/81, NJW 1983, 2376) ausdrücklich der Rechtsprechung des Gesellschaftsrechtssenats angeschlossen, wonach der im Gesellschaftsvertrag vererblich gestellte Anteil an einer Personengesellschaft nicht gemeinschaftliches Gesamthandsvermögen der Nachfolger-Erben werden kann, sondern im Wege der Sondererbfolge unmittelbar auf den oder die Nachfolger-Erben übergeht. Er hat jedoch betont, daß die so auf die Nachfolger-Erben aufgeteilten Gesellschaftsanteile gleichwohl zum Nachlaß gehören. Maßgebend hierfür war vor allem – wie im Urteil vom 14. Mai 1986 (BGHZ 98, 48, 54) näher ausgeführt – die Ordnung des Haftungszugriffs durch die Eigengläubiger des Erben einerseits und die Nachlaßgläubiger andererseits.

Damit kann sich eine vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung grundsätzlich auch auf den der Sondererbfolge unterliegenden Gesellschaftsanteil erstrecken. Dies gilt selbst dann, wenn es sich um den Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters oder eines geschäftsführenden Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt. Diese – erbrechtliche – Ausgangslage besagt freilich noch nicht, daß der Testamentsvollstrecker hinsichtlich des Gesellschaftsanteils uneingeschränkt verwaltungs- und verfügungsbefugt wäre. Vielmehr wird seine Rechtsposition aus im Gesellschaftsrecht wurzelnden Gründen begrenzt (BGHZ 98, 48, 57).

Auch nach Auffassung des Gesellschaftsrechtssenats des Bundesgerichtshofs gehört der durch Sondererbfolge übergegangene Gesellschaftsanteil insofern zum Nachlaß, als er Teil des vom Erblasser hinterlassenen Vermögens ist (BGHZ 108, 187, 192). Bei einem Gesellschaftsanteil bewirke die Testamentsvollstreckung – ebenso wie Nachlaßverwaltung und Nachlaßkonkurs – in bestimmten Regelungszusammenhängen, insbesondere im Hinblick auf die Zugriffsmöglichkeit der Nachlaßgläubiger einerseits und der Privatgläubiger andererseits, eine Absonderung des zum Nachlaß gehörenden Gegenstands vom sonstigen Vermögen des Rechtsinhabers (BGHZ aaO S. 194). Daß der Testamentsvollstrecker über die mit der Beteiligung verbundenen verkehrsfähigen Vermögensrechte (wie den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben und in gewissem Umfang auch die nach dem Erbfall entstehenden Gewinnansprüche) verfügen kann, ist vom Gesellschaftsrechtssenat nie in Zweifel gezogen worden (BGHZ 47, 293, 296 für den Fall der Nachlaßverwaltung; Urteil vom 24. November 1980 – II ZR 194/79 – NJW 1981, 749 unter 4 b; BGHZ 91, 132, 136; Urteil vom 25. Februar 1985 – II ZR 130/84 NJW 1985, 1953 unter II 1). Der Gesellschaftsrechtssenat hat in der Vergangenheit allerdings ausgesprochen, die Befugnisse eines Testamentsvollstreckers könnten sich nicht auf den Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters (BGHZ 68, 225, 239) oder den Anteil eines (mit-)geschäftsführenden Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Urteil vom 24. November 1980 – II ZR 194/79 – s.o.) erstrecken. Das spielt im vorliegenden Zusammenhang schon deshalb keine Rolle, weil die Aussage im Testamentsvollstreckerzeugnis, zur Aufgabe des Testamentsvollstreckers gehöre die Verwaltung der Gesellschaftsanteile, nichts über den Umfang der dem Testamentsvollstrecker danach zustehenden Befugnisse im einzelnen besagt. Im übrigen hat der Gesellschaftsrechtssenat in seinem Beschluß vom 3. Juli 1989 (BGHZ 108, 187ff.) deutlich gemacht, daß die Testamentsvollstreckung an dem Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters oder eines geschäftsführenden BGB-Gesellschafters nicht wegen der Ausgliederung des Anteils aus dem Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft unzulässig sei. Die frühere, anderslautende Rechtsprechung ist ausdrücklich aufgegeben worden. Entscheidend sind für den Gesellschaftsrechtssenat vielmehr die Besonderheiten der von den Gesellschaftern gebildeten Arbeits- und Haftungsgemeinschaft. Nur sie seien geeignet, der Testamentsvollstreckung am Anteil einer Personengesellschaft Grenzen zu ziehen. Tragender Grund für die Auffassung, ein Testamentsvollstrecker könne den Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters nicht verwalten, sei die Erwägung, daß der Testamentsvollstrecker den Erben nur im Rahmen des Nachlaßvermögens verpflichten kann, während die OHG-Gesellschafter und der geschäftsführende Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft notwendigerweise unbeschränkt haften (anders der nicht geschäftsführungs- und vertretungsbefugte Kommanditist, BGHZ aaO S. 194f.). Diese Betrachtungsweise läßt Raum für eine Testamentsvollstreckung auch am Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters, von der die Geschäftsführung oder andere, möglicherweise zu einer Haftung der Gesellschaft führende Handlungen unberührt bleiben, sondern die sich im wesentlichen auf die Wahrnehmung und Erhaltung der mit dem Anteil verbundenen, übertragbaren Vermögensrechte beschränkt.

b) Der Umstand, daß die Beteiligten zu 2) bis 5) bereits vor dem Erbfall Mitgesellschafterinnen waren und ihnen nunmehr im Wege der Erbfolge weitere Anteile zugefallen sind, schließt nach der Rechtsprechung des Erbrechtssenats eine Testamentsvollstreckung an den ererbten Anteilen ebenfalls nicht aus. Gerade die angeordnete Testamentsvollstreckung verhindert die uneingeschränkte Vereinigung der bisher schon gehaltenen und der hinzuerworbenen Anteile. Selbst die Vereinigung sämtlicher Geschäftsanteile in einer Hand führt nicht zum Erlöschen der Gesellschaft, falls für den ererbten Anteil Testamentsvollstreckung angeordnet worden war (BGHZ 98, 48, 57 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des für das Gesellschaftsrecht zuständigen II. Zivilsenats in BGHZ 48, 214, 219 und des VIII. Zivilsenats im Urteil vom 10. Januar 1983 – VIII ZR 231/81 – NJW 1983, 2247 unter II 1 c).

Der Gesellschaftsrechtssenat hat zwar in seinem Urteil vom 11. April 1957 (BGHZ 24, 106, 113) angenommen, es sei aus Rechtsgründen nicht möglich, daß ein einheitlicher Gesellschaftsanteil dem Gesellschafter teilweise zur unbeschränkten Verfügung stehe und teilweise der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliege. In seiner Entscheidung BGHZ 108, 187, 199 hat der Gesellschaftsrechtssenat jedoch ausdrücklich die Frage offengelassen, ob er sich auch heute noch durch den Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft gehindert sähe, den Machtbereich des Testamentsvollstreckers zumindest teilweise auf den durch Erbfolge hinzuerworbenen Anteil auszudehnen. Jedenfalls steht der Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft auch nach Auffassung des Gesellschaftsrechtssenats dem Fortbestehen der Testamentsvollstreckung an den ererbten Gesellschaftsanteilen insoweit nicht entgegen, als es sich um die aus diesem Anteil folgenden übertragbaren Vermögensrechte handelt. Das zeigt das Urteil vom 25. Februar 1985 (II ZR 130/84 – NJW 1985, 1953f. a.E.). Damals ging es um die rechtsgeschäftliche Übertragung eines der Testamentsvollstreckung unterliegenden Kommanditanteils auf den Komplementär. Im Zusammenhang mit der Frage, ob Testamentsvollstreckung an einem Kommanditanteil als solchem möglich sei, hat der Gesellschaftsrechtssenat seinerzeit ausgeführt, zumindest der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben unterliege der Testamentsvollstreckung und könne ihr auch nicht dadurch nachträglich entzogen werden, daß der Gesellschafter-Erbe seinen Kommanditanteil auf den persönlich haftenden Gesellschafter übertrage. Mithin umfaßt der in der Hand des Komplementärs durch Vereinigung entstandene Gesellschaftsanteil nicht sämtliche, zu dem Gesellschaftsanteil gehörenden Vermögensrechte. Vielmehr können diese unbeschadet des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft teilweise dem Testamentsvollstrecker zustehen. Zumindest insoweit kann daher die Testamentsvollstreckung auch den durch Erbfall hinzuerworbenen Gesellschaftsanteil erfassen.

c) Daß in dem vom Nachlaßgericht angekündigten Testamentsvollstreckerzeugnis generell von der Testamentsvollstreckung an dem Gesellschaftsanteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer BGB-Gesellschaft die Rede ist, obwohl sich die Testamentsvollstreckung der Sache nach jedenfalls nicht auf die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft erstreckt, erscheint im Hinblick auf die Formulierung des Gesetzgebers in § 859 ZPO unbedenklich, wo als Objekt einer Pfändung ebenfalls von dem Gesellschaftsanteil die Rede ist, obwohl es dort nur um die sich daraus ergebenden vermögenswerten Rechte geht. Soweit sich die Auffassungen des Erbrechtssenats und des Gesellschaftsrechtssenats hinsichtlich der Testamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen möglicherweise noch unterscheiden, betrifft dies allenfalls Einzelfragen der konkreten Reichweite der Befugnisse des Testamentsvollstreckers, die in diesem Verfahren nicht zu klären sind (dazu vgl. Lorz, Testamentsvollstreckung und Unternehmensrecht S. 133, 160ff.). Im übrigen ist nicht streitig, daß sich einerseits eine uneingeschränkte Fremdbestimmung durch den Testamentsvollstrecker mit dem Wesen der Mitgliedschaft eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Personengesellschaft nicht verträgt, daß aber andererseits der Anteil als Vermögensrecht grundsätzlich dem erbrechtlichen Haftungsgefüge unterworfen sein muß; in diesem Sinne stellen die Aussagen des Erbrechts- und des Gesellschaftsrechtssenats nur „zwei Seiten derselben Medaille” dar (Schmitz, ZGR 1988, 140, 152f.; vgl. ferner Mayer, ZIP 1990, 976, 979; Stodolkowitz in: Festschrift für Kellermann zum 70. Geburtstag, 439, 443; Siegmann, Personengesellschaftsanteil und Erbrecht, 1992, 242ff.; Muscheler, Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung, 1994, 460ff.).

Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat hat auf Anfrage mitgeteilt, daß er die Vorlage ebenfalls für unzulässig hält, weil im Verfahren auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses die Grenzen der Kompetenz des Testamentsvollstreckers nicht bestimmt werden und weil auch nach seiner Rechtsprechung eine Testamentsvollstreckung bezüglich eines ererbten Anteils an einer BGB-Gesellschaft nicht schlechthin ausgeschlossen ist.

 

Unterschriften

Dr. Schmitz, Dr. Zopfs, Römer, Dr. Schlichting, Terno

 

Fundstellen

Haufe-Index 604895

NJW 1996, 1284

FGPrax 1996, 110

GmbHR 1996, 362

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