Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein erweiterter Schuldzinsenabzug nach § 21a Abs. 4 EStG bei Anschaffung von sog. Altobjekten

 

Leitsatz (NV)

1. Der erweiterte Schuldzinsenabzug nach § 21a Abs. 4 Sätze 1 und 3 EStG kommt in Anschaffungsfällen nur für Objekte in Betracht, die nach dem 30. September 1982 in bautechnischer Hinsicht neu hergestellt worden sind.

2. Eine Eigentumswohnung wird nicht schon allein durch die rechtliche Umwandlung eines bestehenden Gebäudes in Eigentumswohnungen (neu) hergestellt.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 5a, § 21a Abs. 4

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb mit Kaufvertrag vom 5. Dezember 1986 das Wohnungseigentum Nr. 2 im Gebäude ... zum Kaufpreis von 149000 DM. Diese Eigentumswohnung befindet sich in einem ehemaligen Bürogebäude der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) X, das die Verkäuferin unter Beibehaltung der wesentlichen Bausubstanz dieses Gebäudes (Fundamente, Außenmauern, Zwischendecken) in ein Wohnhaus mit mehreren Wohnungen umgebaut hatte. Am 27. November 1986 hatte die Verkäuferin durch Teilungserklärung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) das Grundstück in Wohnungseigentum aufgeteilt. Hierbei ist auch die Eigentumswohnung des Klägers entstanden, die dieser mit seinem Sohn und seiner Mutter seit dem 29. Dezember 1986 bewohnt. Das Wohnungseigentum des Klägers ist als Einfamilienhaus bewertet.

In seiner Einkommensteuererklärung für 1987 erklärte der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus diesem Wohneigentum einen Werbungskostenüberschuß in Höhe von ./. 4566 DM mit der Begründung, er habe durch Mietvertrag Teile der Eigentumswohnung (53 qm) an seine Mutter vermietet.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte bei der Einkommensteuerfestsetzung den Werbungskostenüberschuß nicht. Er meinte, der Mietvertrag könne einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigt werden, da er einen Gestaltungsmißbrauch des Rechts darstelle. Im Streitfall nutze der Kläger die Eigentumswohnung selbst. Nachdem ab 1. Januar 1987 die Besteuerung der selbstgenutzten Wohnung gemäß § 52 Abs. 21 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) weggefallen sei, erziele der Kläger im Streitjahr 1987 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Nach erfolglosem Einspruch begehrte der Kläger mit seiner Klage nunmehr den erweiterten Schuldzinsenabzug gemäß § 52 Abs. 21, § 21a Abs. 4 EStG in Höhe von (unstreitig) 7163 DM.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seines in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1991, 735 veröffentlichten Urteils aus, der erweiterte Schuldzinsenabzug gemäß § 21a Abs. 4 EStG i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes (HBeglG) 1983 setze voraus, daß es sich bei der Herstellung oder Anschaffung eines Objekts i.S. des Abs. 1 um einen Neubau handeln müsse. Der Kläger habe im Streitfall keinen Neubau angeschafft.

Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung von § 21a Abs. 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat dem Kläger rechtsfehlerfrei den erweiterten Schuldzinsenabzug gemäß § 21a Abs. 4 Sätze 1 und 3 EStG versagt.

1. Nach § 21a Abs. 4 Sätze 1 und 3 EStG kann bei einem Haus i.S. des Abs. 1, für das der Antrag auf Baugenehmigung nach dem 30. September 1982 gestellt worden ist und das vom Steuerpflichtigen vor dem 1. Januar 1987 hergestellt oder angeschafft worden ist, der erweiterte Schuldzinsenabzug in Höhe von 3 x 10000 DM über den nach Abs. 3 Nr. 1 gekürzten Grundbetrag hinaus in Anspruch genommen werden. Weitere Voraussetzungen für den erweiterten Schuldzinsenabzug ist in Anschaffungsfällen, daß der Steuerpflichtige das Objekt bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft hat. Daraus ergibt sich, daß auch im Falle der Anschaffung nur Objekte begünstigt sind, die nach dem 30. September 1982 neu hergestellt worden sind. Der Erwerb von Objekten aus dem am 30. September 1982 vorhandenen Bestand (sog. Altobjekte) führt dagegen nicht zum erweiterten Schuldzinsenabzug, auch wenn die Anschaffung des Objekts nach dem Stichtag 30. September 1982 liegt (vgl. Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 21a EStG Anm. 183; Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 21a Anm. 123ff.; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 21a Anm. 5c; Seithel, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1983, 183; Kieschke, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1983, 4, 12, 13; Blümich/Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, § 21a Rz. 61a f.). Zutreffend weist das FG in diesem Zusammenhang darauf hin, daß nach dem Zweck des Gesetzes - Wiederbelebung der Wirtschaft durch Förderung der Baukonjunktur - (vgl. BTDrucks 9/2074, S.1, 66) nur neu gebaute Eigentumswohnungen und nicht auch Eigentumswohnungen, die durch Umbau und anschließender Umwandlungen gemäß § 8 WEG geschaffen wurden, begünstigt sind. Denn die Anschaffungskosten für eine aus Altbeständen geschaffene Eigentumswohnung umfassen im wesentlichen auch einen Teil der Kosten für den Erwerb bzw. die Herstellung des Altgebäudes durch den Verkäufer der Eigentumswohnung.

2. Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 7 Abs. 5a EStG liegt eine Neuherstellung einer Eigentumswohnung nur dann vor, wenn diese in bautechnischer Hinsicht neu hergestellt worden ist. Keine (Neu-)Herstellung einer Eigentumswohnung in bautechnischem Sinne liegt dagegen vor, wenn - unter Änderung der Zweckbestimmung eines bestehenden Gebäudes - diese durch die anschließende rechtliche Umwandlung dieses Gebäudes in Eigentumswohnungen gemäß § 8 WEG entstanden ist (vgl. Senatsurteil vom 24. November 1992 IX R 62/88, BFHE 169, 380, BStBl II 1993, 188). Diese zu § 7 Abs. 5a EStG aufgestellten Grundsätze zum Begriff der (Neu-)Herstellung einer Eigentumswohnung gelten uneingeschränkt auch für Objekte, für die der erweiterte Schuldzinsenabzug nach § 21a Abs. 4 EStG begehrt wird. Begünstigt sind demnach auch in Anschaffungsfällen nur Eigentumswohnungen, die in bautechnischer Hinsicht nach dem 30. September 1982 neu hergestellt wurden.

3. Geht man von diesen Rechtsgrundsätzen im Streitfall aus, hat der Kläger keinen Anspruch auf den erweiterten Schuldzinsenabzug gemäß § 21a Abs. 4 Sätze 1 und 3 EStG, weil die von ihm am 5. Dezember 1986 angeschaffte Eigentumswohnung nicht im Begünstigungszeitraum neu hergestellt, sondern durch die rechtliche Umwandlung eines vor dem Begünstigungszeitraum hergestellten Gebäudes geschaffen wurde. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß der Veräußerer das bisher als Bürogebäude genutzte Objekt unter Änderung der bisherigen Raumaufteilung umgebaut (modernisiert, saniert) hatte, bevor er durch Teilungserklärung gemäß § 8 WEG das vom Kläger erworbene Wohnungseigentum begründete. Nachdem auch insoweit nach den unangefochtenen und damit bindenden Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) des FG kein grundlegender Umbau eines Gebäudes in bautechnischer Hinsicht vorliegt, der einem Neubau gleichzustellen wäre (zu den Voraussetzungen s. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 31. März 1992 IX R 175/87, BFHE 168, 109, BStBl II 1992, 808 m.w.N.), können diese Baumaßnahmen nicht die Voraussetzungen für den erweiterten Schuldzinsenabzug nach § 21a Abs. 4 Sätze 1 und 3 EStG erfüllen.

4. Auch aus dem Umstand, daß gemäß § 21a Abs. 4 Satz 5 EStG der erweiterte Schuldzinsenabzug bei Ausbauten und Erweiterungen an Altobjekten i.S. des Abs. 1 im Begünstigungszeitraum in Anspruch genommen werden kann, ergibt sich für den Streitfall nichts anderes. Denn selbst wenn man die Umbaumaßnahmen am ehemaligen AOK-Bürogebäude als Aus- und Erweiterungsbau beurteilen würde (vgl. hierzu grundlegend Senatsurteil vom 16. Februar 1993 IX R 63/88, BFHE 170, 543, BStBl II 1993, 659), kommt der erweiterte Schuldzinsenabzug für den Kläger deshalb nicht in Betracht, weil zum einen nach der vorstehenden Vorschrift nur Schuldzinsen für Herstellungskosten abziehbar sind, nicht aber solche für Anschaffungskosten, wie sie der Kläger aufgewendet hat, und weil zum anderen kein Objekt i.S. von § 21a Abs. 1 EStG umgebaut worden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419435

BFH/NV 1994, 233

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