Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung von Einkünften aus Quellen innerhalb Griechenlands - Besteuerung von Einkünften des inländischen Gesellschafters einer griechischen EPE - Besteuerung von Verlusten aus der Veräußerung der Beteiligung an der griechischen EPE

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frage, welche Einkünfte nach Art.XVII Abs.2 Nr.1 DBA-Griechenland solche aus Quellen innerhalb Griechenlands sind, entscheidet sich danach, ob die Einkünfte einen Quellenbezug zu Griechenland haben, der nach Aufbau und Systematik des DBA-Griechenland ein Besteuerungsrecht Griechenlands begründet.

2. Die Einkünfte des inländischen Gesellschafters einer griechischen EPE (GmbH) sind als Einkünfte des Gesellschafters aus einer in Griechenland belegenen Betriebsstätte zu besteuern.

3. Ob Verluste aus der Veräußerung der Beteiligung an der griechischen EPE (GmbH) den Betriebsstätteneinkünften des Gesellschafters zuzurechnen sind, entscheidet sich danach, ob der Verlust bei der Ermittlung der Betriebsstätteneinkünfte in Griechenland dem Grunde nach erfaßt wird oder nicht.

4. Zur Feststellung griechischen Rechts kann ein FG auch ein Rechtshilfeersuchen nach Art.XIX DBA-Griechenland stellen.

 

Normenkette

DBA GRC Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a, Art. 3, 6, 9, 17 Abs. 2 Nr. 1, Art. 19

 

Tatbestand

I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die ... herstellt. In den Streitjahren 1978 bis 1981 unterhielt sie Bauausführungen (Betriebsstätten) in der DDR, in Libyen, in Ägypten, im Iran, in Nigeria, in Saudi Arabien und in Venezuela. Die insoweit im Inland steuerfreien bzw. nicht steuerbaren Betriebsstättengewinne ermittelte sie unter Einbeziehung der sog. Materiallieferungsgewinne.

Die Klägerin hatte außerdem als Organträger mit der O-GmbH einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen, aufgrund dessen die O-GmbH ihre Gewinne an die Klägerin abzuführen verpflichtet war. Die O-GmbH war ihrerseits zu 98 v.H. an einer griechischen Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung (kurz: EPE) beteiligt. Die Anschaffungskosten für die Ende 1981 erworbenen Anteile an der EPE betrugen 149 506 DM.

Im Streitjahr 1982 lieferte die Klägerin an die EPE Material für 320 941,53 DM. Zusätzlich gewährte sie ihr einen Kontokorrentkredit in Höhe von 250 000 DM. Zum Ende des Wirtschaftsjahres 1982 betrug die Forderung der Klägerin gegen die EPE 570 941,53 DM. Damals war jedoch die EPE konkursreif. Die O-GmbH verkaufte deshalb ihre Anteile an der EPE zu einem symbolischen Preis von 500 Drachmen an die griechischen Mitgesellschafter.

In ihren Gewerbesteuererklärungen 1978 bis 1981 behandelte die Klägerin die ausländischen Betriebsstättengewinne (einschließlich der Materiallieferungsgewinne) als nicht der Gewerbesteuer unterliegend. Außerdem nahm sie für die in Staaten mit Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) gelegenen Betriebsstätten die Steuerbefreiung lt. DBA in Anspruch. In den Steuererklärungen für 1982 machte sie auf die Forderungen gegenüber EPE Teilwertabschreibungen und bezogen auf die Veräußerung der Beteiligung einen Verlust geltend.

Nach einer Betriebsprüfung ging der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, daß die Materiallieferungsgewinne nicht den Betriebsstättengewinnen zuzuordnen seien. Der Kontokorrentkredit gegenüber der EPE stelle eine mittelbare verdeckte Einlage der Klägerin in das Vermögen der EPE dar, weil die Bereitstellung von ungesicherten Kreditmitteln ohne Zins- und Rückzahlungsvereinbarung im ausschließlichen Interesse der EPE gelegen habe und damit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt sei. Ein Veräußerungsverlust auf die Beteiligung an der EPE könne im Inland steuerlich nicht berücksichtigt werden, weil die Beteiligung an einer griechischen GmbH gemäß Art.IX Abs.2 i.V.m. Art.VI Abs.3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom 18.April 1966 --DBA-Griechenland-- (BGBl II 1967, 852, BStBl I 1967, 50) wie eine Betriebsstätte in Griechenland zu besteuern sei. Der Veräußerungsverlust könne deshalb im Inland nicht berücksichtigt werden.

Das FA erließ gegenüber der Klägerin am 12.November 1986 geänderte Gewinnfeststellungsbescheide 1978 bis 1980 und 1982 sowie am 4.Dezember 1986 bzw. am 2.Februar 1987 geänderte Gewerbesteuermeßbescheide 1978 bis 1982. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage bezüglich der Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes aus der Beteiligung an der EPE statt. Im übrigen wies es sie ab.

Das FG hat die Revision zugelassen. Sowohl die Klägerin als auch das FA haben Revisionen eingelegt. Die Revision der Klägerin richtet sich gegen die Vorentscheidung insoweit, als die Klage für die Streitjahre 1978 bis 1981 abgewiesen wurde. Die Revision des FA richtet sich gegen die Vorentscheidung insoweit, als die Klage für das Streitjahr 1982 zugesprochen wurde.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit sie die Streitjahre 1978 bis 1981 betrifft, und entsprechend den erstinstanzlichen Klageanträgen zu entscheiden.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit die Klägerin obsiegt hat, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. A. Die Revision der Klägerin war abzutrennen und an den VIII.Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zu verweisen.

Der I.Senat ist nur für die Revision des FA zuständig (wird ausgeführt).

B. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung insoweit, als sie die Klage wegen Steuerfestsetzungen für das Streitjahr 1982 betrifft. Insoweit war die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Nach Art.XVII Abs.2 Nr.1 DBA-Griechenland werden bei einer in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) ansässigen Person die Einkünfte aus Quellen innerhalb Griechenlands von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen, die nach Maßgabe des DBA-Griechenland in Griechenland besteuert werden können, es sei denn, daß Nr.2 gilt, was jedoch hier nicht der Fall ist. Welche Einkünfte solche aus Quellen innerhalb Griechenlands sind, bestimmt sich nach dem DBA- Griechenland. Entscheidend kommt es darauf an, ob die Einkünfte einen Quellenbezug zu Griechenland haben, der nach Aufbau und Systematik des DBA-Griechenland ein Besteuerungsrecht Griechenlands begründet. Diese Voraussetzung ist insbesondere für solche Einkünfte erfüllt, die einer in Griechenland belegenen Betriebsstätte zuzuordnen sind.

2. Der Streitfall betrifft die steuerliche Erfassung eines Anteilsveräußerungsverlustes. Solche Verluste sind grundsätzlich unter Art.IX Abs.1 DBA-Griechenland zu subsumieren. Danach steht das Besteuerungsrecht für Anteilsveräußerungsgewinne und -verluste grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat zu. Dies ist im Streitfall die Bundesrepublik, weil die O-GmbH den Verlust erzielte. Sie ist eine i.S. des Art.II Abs.1 Nr.4 (a) DBA-Griechenland in der Bundesrepublik ansässige Person.

3. Allerdings ist nach Art.IX Abs.2 DBA-Griechenland Abs.1 nicht anzuwenden, wenn eine in einem Vertragsstaat ansässige Person in dem anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte gewerblich tätig ist und die Gewinne dieser Betriebsstätte zuzurechnen sind. In diesem Fall ist Art.III DBA-Griechenland anzuwenden. Die Begründung, mit der das FG die Anwendung des Art.IX Abs.2 DBA-Griechenland abgelehnt hat, trägt die Entscheidung nicht.

a) Die von der EPE ausgeübte gewerbliche Tätigkeit ist anteilig als eine gewerbliche Tätigkeit der O-GmbH als des Gesellschafters der EPE zu behandeln, weil die EPE keine "im Vertragsstaat ansässige Person" i.S. des Art.II Abs.1 Nr.4 Buchst.a DBA-Griechenland ist. Der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" setzt nämlich nach Art.II Abs.1 Nr.4 Buchst.a DBA-Griechenland voraus, daß sie an ihrem Wohnsitz, an ihrem ständigen Aufenthalt, an ihrem Geschäftsleitungsort oder an ihrem Sitz persönlich steuerpflichtig ist. Diese Voraussetzung erfüllt die EPE in Griechenland nicht, weil sie --wie das FG festgestellt hat-- in Griechenland nicht körperschaftsteuerpflichtig ist. Ihr Gewinn ist auf die Gesellschafter aufzuteilen und nur von diesen anteilig zu versteuern. Folglich können i.S. des Art.IX Abs.2 DBA-Griechenland nur die Gesellschafter "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" sein. Sie sind dadurch gewerblich tätig, daß sie Gewinnanteile erzielen. Die Rechtslage ist insoweit keine andere als die bei der Beteiligung eines Steuerinländers an einer ausländischen Personengesellschaft. In einem solchen Fall begründet der inländische Gesellschafter für seinen Gesellschaftsanteil auch dann eine gewerbliche Tätigkeit, wenn nur die Gesellschaft und auch dies nur im Ausland tätig wird. Jedoch ist die Geschäftseinrichtung der Personengesellschaft im Ausland den Gesellschaftern in dem Sinne zuzurechnen, daß alle Gesellschafter dort eine Betriebsstätte unterhalten, wenn nur die Geschäftseinrichtung für sich genommen die Merkmale einer Betriebsstätte erfüllt. Es gilt, diese Rechtsgrundsätze auf den Streitfall zu übertragen. Dann aber ist die EPE als Folge der Besteuerung in Griechenland nicht als eine in Griechenland ansässige Person zu behandeln. Vielmehr war die O-GmbH durch ihre Beteiligung an der EPE gewerblich tätig. Die O-GmbH war eine in der Bundesrepublik ansässige Person. Abkommensrechtlich muß sie sich das Unternehmen der EPE als eigene Betriebsstätte zurechnen lassen.

b) Damit hängt die Anwendung des Art.IX Abs.2 i.V.m. Art.III DBA-Griechenland auf den Streitfall davon ab, ob der von der O-GmbH erzielte Anteilsveräußerungsverlust der Betriebsstätte in Griechenland (EPE) zuzurechnen ist. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob der Betriebsstättengewinn der O-GmbH i.S. des Art.III DBA-Griechenland deren Anteilsveräußerungsgewinne und -verluste mitumfaßt. Diese Frage ist vorrangig aus der Sicht des DBA-Griechenland zu beurteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß nach Art.VI Abs.3 DBA-Griechenland Ausschüttungen der EPE an einen inländischen Gesellschafter nicht als Dividenden im Sinne der Vorschrift zu behandeln sind. Dies ergibt sich aus der Formulierung, daß der in der Vorschrift verwendete Ausdruck "Dividenden" nur solche Einkünfte aus sonstigen Gesellschaftsanteilen erfaßt, die nach dem Steuerrecht des Staates, in dem die ausländische Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind. In Griechenland wird aber die EPE als eine mit der deutschen GmbH vergleichbare Kapitalgesellschaft nicht wie eine Aktiengesellschaft, sondern wie eine Personengesellschaft steuerlich behandelt. Deshalb muß der Rechtsgedanke des Art.VI Abs.3 DBA-Griechenland für die Abgrenzung zwischen Veräußerungsgewinnen i.S. des Art.IX Abs.1 und Betriebsstättengewinnen i.S. des Art.III DBA- Griechenland entsprechend angewendet werden. Es ist daher nach dem Steuerrecht des Staates, in dem die EPE ansässig ist, d.h. nach griechischem Steuerrecht, zu entscheiden, ob Anteilsveräußerungsgewinne und -verluste den Betriebsstättengewinnen zuzurechnen sind oder gesondert erfaßt werden können. Entsprechend ist im Streitfall darauf abzustellen, ob nach den in Griechenland für das Streitjahr 1982 geltenden Vorschriften zur Ermittlung des Gewinnanteils der O-GmbH Anteilsveräußerungsverluste des Gesellschafters dem Grunde nach miteinzubeziehen waren. Nur dann und insoweit, als diese Frage zu bejahen ist, greift die Ausnahmevorschrift des Art.IX Abs.2 i.V.m. Art.III DBA-Griechenland ein. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch zu prüfen, ob sowohl das Darlehen als auch die Materiallieferungen der Klägerin an die EPE wie Einlagen der O-GmbH in das Vermögen der EPE zu behandeln sind. Insoweit ist dem erkennenden Senat eine abschließende revisionsrechtliche Überprüfung nicht möglich, weil das FG den Inhalt des anzuwendenden griechischen Steuerrechts nicht festgestellt hat. Dieses festzustellen ist Sache des FG. Da es sich um irrevisibles Recht handelt, ist seine Nachprüfung dem Revisionsgericht entzogen. Zur Feststellung kann das FG auch ein Rechtshilfeersuchen i.S. des Art.XIX DBA-Griechenland einleiten.

4. Der Senat geht davon aus, daß die steuerliche Berücksichtigung der Verluste aus der Abschreibung der Darlehens- und Materiallieferungsforderung im Inland zunächst davon abhängt, ob die Verluste der Betriebsstätte in Griechenland zuzurechnen sind. Nur vorsorglich verweist er auf sein Urteil vom 30.Mai 1990 I R 97/88 (BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875). Danach ist die Frage, ob eine Gesellschafterleistung zu einer Einlage und damit zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung führt, nach dem ggf. ausländischen Gesellschaftsstatut der Kapitalgesellschaft zu beurteilen. Insoweit ist davon auszugehen, daß es keinen Unterschied machen kann, ob die Einlage aus der Sicht der Gesellschaft oder aus der des Gesellschafters zu beurteilen ist.

5. Die Vorentscheidung hat Art.IX Abs.2 DBA-Griechenland anders ausgelegt. Sie kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Es sind Feststellungen zum griechischen Steuerrecht erforderlich. Sie nachzuholen ist die Aufgabe des FG. Zu diesem Zweck war die Vorentscheidung aufzuheben, soweit sie die Gewinnfeststellung 1982 und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag für den Erhebungszeitraum 1982 betrifft. Die Sache war in diesem Umfang an das FG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63651

BFH/NV 1992, 11

BFHE 165, 507

BFHE 1992, 507

BB 1992, 57 (L)

DB 1992, 355-356 (LT)

DStR 1992, 857 (KT)

HFR 1992, 109 (LT)

StE 1992, 5 (K)

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