Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung ausländischer Steuern; Verlustausgleich bei Verschmelzung von Kapitalgesellschaften

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 legt die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags für ausländische Steuern aufgrund der in § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 vorgegebenen Berechnungsformel abschließend fest. Dieser Betrag errechnet sich aus der Körperschaftsteuer, die sich aus dem zu versteuernden Einkommen einschließlich der ausländischen Einkünfte ergibt, indem diese im Verhältnis der ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt werden.

2. Bei Verschmelzung von Körperschaften kann ein im Übertragungsjahr bei der übertragenden Körperschaft eingetretener (laufender) Verlust mit Gewinnen der übernehmenden Körperschaft des Übertragungsjahrs verrechnet werden, sofern die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 erfüllt sind. Der Verlust der übertragenden Körperschaft aus dem Übertragungsjahr ist nicht Bestandteil des nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 verbleibenden Verlustabzugs i.S. des § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG 1990.

3. Der gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 auf die übernehmende Körperschaft übergehende verbleibende Verlustabzug der übertragenden Körperschaft mindert im Rahmen der Höchstbetragsberechnung gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 die Summe der Einkünfte der übernehmenden Körperschaft nicht.

 

Normenkette

FGO §§ 127, 137 S. 1; AO 1977 § 45 Abs. 1 S. 1; KStG 1991 § 8 Abs. 1-2, § 26 Abs. 6 S. 1; EStG 1990 § 2 Abs. 3, § 10d Abs. 3 S. 1, § 34c Abs. 1 S. 2; UmwStG 1995 § 2 Abs. 1, § 12 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 23.05.2003; Aktenzeichen 4 K 2755/01; EFG 2003, 1340)

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten zum einen darüber, ob der nach Maßgabe des § 26 Abs. 6 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1991) i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1990) zu berechnende Höchstbetrag zur Anrechnung ausländischer Steuern sich auf das Verhältnis der ausländischen Steuer zur Summe der Einkünfte oder aber auf das Verhältnis zum Einkommen bezieht. Streitpunkt ist zum anderen die Frage, ob bei Verschmelzung von Körperschaften ein im Übertragungsjahr bei der übertragenden Körperschaft eingetretener (laufender) Verlust mit Gewinnen der übernehmenden Körperschaft des Übertragungsjahrs verrechnet werden muss, sofern die übertragende Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister bei der übernehmenden Körperschaft noch nicht eingestellt hat. Streitjahr ist 1995.

Den beiden Streitpunkten liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

1. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine AG, war an ihr organschaftlich verbundenen Tochterkapitalgesellschaften beteiligt, die Betriebstätten in Libyen und Syrien unterhielten. Diese Betriebstätten erwirtschafteten im Streitjahr Bruttoeinkünfte in Höhe von … DM und … DM. Die ausländischen Einkünfte waren mit der deutschen Körperschaftsteuer vergleichbaren Steuern in Höhe von … DM und … DM belastet. Die ausländischen Bruttoeinkünfte hat die Klägerin in ihrer Gewinnermittlung berücksichtigt. Daneben erzielten weitere Tochterunternehmen, die der Klägerin ebenfalls organschaftlich verbunden waren, in Chile und Taiwan Bruttoeinkünfte in Höhe von … DM sowie … DM. Die der deutschen Körperschaftsteuer vergleichbare ausländische Steuer auf diese Einkünfte belief sich auf … DM und … DM.

Die Klägerin bezog bei der Anrechnung ausländischer Steuern nach § 19 Abs. 5 und § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 i.V.m. § 34c EStG 1990 den hiernach zu berechnenden Höchstbetrag auf den Gesamtbetrag der Einkünfte, nicht aber auf die Summe der Einkünfte. Dem folgte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) nicht.

2. Die Klägerin war im Streitjahr zu 100 v.H. an der A-GmbH sowie an der W-GmbH beteiligt. Mit notariellem Vertrag vom 2. Juli 1996 wurde die A-GmbH auf der Grundlage der Verschmelzungsbilanz zum 30. Dezember 1995 zum Stichtag 31. Dezember 1995 auf die Klägerin als ihrer alleinigen Gesellschafterin verschmolzen. Bei den zuständigen Handelsregistern wurde die Verschmelzung am 18. Juli 1996 bzw. 29. Juli 1996 eingetragen. Die A-GmbH war bis dahin wirtschaftlich aktiv. Aus der Verschmelzung entstand in der Steuerbilanz ein steuerfreier Veräußerungsgewinn in Höhe von … DM.

Aus ihrer Geschäftstätigkeit hat die A-GmbH einen zum 31. Dezember 1994 festgestellten Verlustvortrag in Höhe von … DM. Für das laufende Geschäftsjahr 1995 wurde ein weiterer Verlust in Höhe von … DM ausgewiesen. Der festgestellte Verlust zum 31. Dezember 1994 in Höhe von … DM sowie der laufende Verlust aus dem Streitjahr beliefen sich auf insgesamt … DM. In dieser Höhe wurde der verbleibende Verlustabzug der A-GmbH gemäß § 10d Abs. 3 EStG 1990 zum 31. Dezember 1995 festgestellt.

Gleichermaßen wurde die bis zu ihrer Verschmelzung wirtschaftlich aktive W-GmbH mit notariellem Vertrag vom 23. August 1996 auf der Grundlage der Bilanz zum 31. Dezember 1995 auf die Klägerin verschmolzen. Aus ihrer Geschäftstätigkeit, die sie bis zur Verschmelzung fortsetzte, war ein Verlustvortrag zum 31. Dezember 1994 in Höhe von … DM festgestellt worden. Ihr steuerlicher Verlust für das Streitjahr lag bei … DM. Die Verschmelzung der W-GmbH wurde am 23. Oktober 1996 im für die Klägerin zuständigen Handelsregister eingetragen.

Das FA vertrat die Auffassung, dass die im Übertragungsjahr entstandenen laufenden Verluste sowohl der A-GmbH als auch der W-GmbH gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG 1995) bei der Klägerin den verbleibenden Verlustabzug erhöhten. Sie seien nicht bereits bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte im Rahmen des sog. horizontalen Verlustausgleichs nach § 8 Abs. 1 KStG 1991 i.V.m. § 2 Abs. 3 EStG 1990 zu berücksichtigen. Die Klägerin folgte dem wegen der erst auf den 31. Dezember 1995 erstellten Verschmelzungsbilanz nur hinsichtlich der W-GmbH, hinsichtlich der A-GmbH, bei der die Verschmelzungsbilanz schon auf den 30. Dezember 1995 erstellt worden war, jedoch nicht.

Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz gab der Klage gegen den hiernach ergangenen Steuerbescheid vom 19. April 2001 nur in diesem zweiten Streitpunkt statt. In dem ersten Streitpunkt wurde die Klage als unbegründet abgewiesen. Allerdings entsprach das FG insoweit dem (erstmals) in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag der Klägerin und zog die auf Libyen entfallenden Steuern anstelle der vorrangig begehrten Anrechnung gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 i.V.m. § 34c Abs. 2 EStG 1990 bei der Ermittlung der Einkünfte ab. - Das Urteil des FG vom 23. Mai 2003 4 K 2755/01 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1340 veröffentlicht. Es wurde durch Beschluss vom 14. Juli 2003 gemäß § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) berichtigt.

Ihre gegen das Urteil gerichteten Revisionen stützen die Klägerin auf Verletzung materiellen, das FA auf Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Während der Revisionsverfahren hat das FA den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid am 7. August 2003 geändert. Dadurch wurde die libysche Steuer entsprechend dem obsiegenden Hilfsantrag der Klägerin von der Summe der Einkünfte abgezogen. Durch weiteren Änderungsbescheid vom 22. April 2005 wurden die Ergebnisse einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung ausgewertet. Das FA hat auf Anfrage des Senats, ob sich die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs geändert haben, im Ergebnis mitgeteilt, dass die in Streit stehenden Rechtsfragen unberührt geblieben sind. Die Klägerin hat mitgeteilt, dass sich lediglich die Anrechnungsbeträge rechnerisch verändert haben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. das FG-Urteil aufzuheben und den geänderten Bescheid vom 22. April 2005 dahin zu ändern, dass die Körperschaftsteuer und der Solidaritätszuschlag unter "Anerkennung des vollen Verlustabzugs" festgesetzt werden,

2. die Revision des FA zurückzuweisen.

Das FA beantragt,

1. das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen,

2. die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Revisionen führen aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, weil das FA im Laufe des Revisionsverfahrens den angefochtenen Steuerbescheid geändert hat und die Änderungsbescheide nicht Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens gewesen sind. Da dem Urteil der Vorinstanz der nicht mehr existierende Körperschaftsteuerbescheid vom 19. April 2001 zugrunde liegt, kann es keinen Bestand haben (vgl. z.B. Bundesfinanzhof ―BFH―, Urteil vom 16. Juni 1999 II R 57/96, BFHE 189, 537, BStBl II 1999, 789, m.w.N.).

Die Änderungsbescheide wurden jeweils gemäß § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens. Einer Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 127 FGO bedarf es nicht, da die Sache spruchreif ist. Das FA hat durch den ersten Änderungsbescheid vom 7. August 2003 nur dem Obsiegen der Klägerin hinsichtlich des von ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gestellten Hilfsantrags Rechnung getragen. Durch den zweiten Änderungsbescheid vom 22. April 2005 wurden die Ergebnisse der bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung ausgewertet, wodurch sich nach Mitteilung der Klägerin auf Anfrage des Senats lediglich die anzurechnenden Beträge rechnerisch erhöhten. Der Senat geht in Anbetracht dessen davon aus, dass weitere Streitfragen nicht hinzugetreten sind, sich der tatsächliche Streitstoff nicht verändert und sich ein neuer Sachverhalt nicht ergeben hat. Der Senat kann deswegen auf der Basis der tatrichterlichen Feststellungen, die unbeschadet des Wegfalls des erstinstanzlichen Urteils fortbestehen, aufgrund seiner Befugnis aus den § 121 und § 100 FGO in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

C. Das Urteil der Vorinstanz ist hiernach im Ergebnis zu bestätigen; die Klage ist nur teilweise begründet: Das FG hat die anrechenbaren ausländischen Steuern zu Recht auf die "Summe der Einkünfte" bezogen; insoweit ist die Klage abzuweisen (nachfolgend 1.). Das FG hat auch zu Recht den bei der A-GmbH im Streitjahr entstandenen laufenden Verlust als infolge der Verschmelzung eigenen und damit ausgleichsfähigen Verlust der Klägerin angesehen; in diesem Punkt ist der Klage stattzugeben (nachfolgend 2.).

1. Der Höchstbetrag der anrechnungsfähigen ausländischen Steuern ―hier jener Steuern, die die der Klägerin organschaftlich verbundenen Tochtergesellschaften aus Einkünften in Libyen, Syrien, Chile sowie Taiwan gezahlt haben― ist gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 und § 19 Abs. 5 KStG 1991 i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 nach einer Verhältnisrechnung zu ermitteln, welche sich auf die "Summe der Einkünfte", nicht aber auf das "Einkommen" bezieht.

a) Gemäß § 26 Abs. 1 KStG 1991 ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Körperschaftsteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die festgesetzte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer auf die deutsche Körperschaftsteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Handelt es sich bei den betreffenden Einkünften ―wie im Streitfall― um solche von Organgesellschaften, so ist die einbehaltene Steuer auf die Körperschaftsteuer des Organträgers anzurechnen (§ 19 Abs. 5 KStG 1991). Die Anrechnung richtet sich nach § 34c EStG 1990. Denn nach § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 sind vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 die Vorschriften des § 34c Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 bis 7 und des § 50 Abs. 6 EStG 1990 entsprechend anzuwenden.

b) Nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 ist die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Körperschaftsteuer in der Weise zu ermitteln, dass die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens ―einschließlich der ausländischen Einkünfte― ergebende deutsche Körperschaftsteuer im Verhältnis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird, wobei die ausländischen Steuern nur insoweit anzurechnen sind, als sie auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfallen (§ 34c Abs. 1 Satz 3 EStG 1990).

Der Regelungswortlaut ist insoweit eindeutig und belässt keine Auslegungszweifel: Da die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Körperschaftsteuer sich nicht ihrer Natur nach ermitteln lässt, bedarf es einer gesetzlichen Zuordnungsregelung, wie sie (nur) in § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 in der Form einer Verhältnisrechnung enthalten ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juli 1997 I R 71/96, BFHE 184, 305, BStBl II 1998, 75, 78, m.w.N.). Bezugsgröße für die anzustellende Verhältnisrechnung zur Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages ist ausnahmslos die Summe der Einkünfte. Dem folgt insoweit das seitens der Finanzverwaltung entwickelte Berechnungsschema in Abschn. 24 Abs. 1 Satz 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995KStR 1995― (jetzt R 29 KStR 2004).

c) Tragfähige Gründe, von diesem klaren Regelungswortlaut des § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 abzuweichen und bei der in § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 angeordneten entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift auf das "Einkommen" der anrechnungsberechtigten Körperschaft statt auf die "Summe der Einkünfte" abzustellen, sind nicht ersichtlich. Zwar ist es zutreffend, dass der Gesetzgeber sich in § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 einer bloßen "Verweisungstechnik" bedient. Es ist gleichermaßen zutreffend, dass das auf diese Weise mittelbar in Bezug genommene einkommensteuerrechtliche Regelwerk zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 EStG 1990 auf Kapitalgesellschaften nur bedingt passt (vgl. Roser in Gosch, Körperschaftsteuergesetz, § 26 Rz. 115). Letzteres hängt schon damit zusammen, dass buchführungspflichtige Kapitalgesellschaften stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb haben (§ 8 Abs. 2 KStG 1991). Damit geht einher, dass sich anders als bei Einkommensteuerpflichtigen bei Steuerpflichtigen, die der Körperschaftsteuer unterliegen, eine "Summe der Einkünfte" nicht feststellen lässt. Aber auch solche Steuerpflichtige ermitteln ihren Gewinn und infolgedessen einen vergleichbaren Betrag (Müller-Dott in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 26 KStG Rz. 96; ähnlich Täske in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 26 KStG Rz. 61; Siegers in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 26 n.F. Rz. 172). Überdies erlaubt die Bezugnahme auf das Einkommensteuerrecht "die Einordnung verschiedener Komponenten in eine bei allen Steuerpflichtigen wirkungsgleiche Reihenfolge bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage" (so Geurts in Ernst & Young, Körperschaftsteuergesetz, § 26 Rz. 120). Der Unterschied zwischen dem "Einkommen" einerseits und der "Summe der Einkünfte" andererseits ist deswegen auch für Kapitalgesellschaften im Grundsatz beachtlich und definitorisch vorgegeben (vgl. auch Senatsurteil vom 16. Mai 1990 I R 80/87, BFHE 160, 551, BStBl II 1990, 920). Er verhindert überdies, dass ausländische Steuern angerechnet werden, die gemäß § 10 Nr. 2 KStG 1991 als Betriebsausgaben nicht abgezogen werden dürfen, sondern gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 i.V.m. § 34c Abs. 2 EStG 1990 erst bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzusetzen sind (Senatsurteil in BFHE 160, 551, BStBl II 1990, 920). Dass der Gesetzgeber an der im Grundsatz uneingeschränkten Maßgeblichkeit der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften auch für das Körperschaftsteuerrecht festhalten wollte, zeigt sich schließlich an den Abweichungen, die in § 26 Abs. 6 Satz 3 KStG 1991 speziell aufgeführt sind. Die entgegenstehende Annahme der Klägerin, dass sich gerade daran das Erfordernis einer einschränkenden Auslegung auch der Querverweisung in § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 ablesen ließe, pflichtet der Senat nicht bei. Wäre solches beabsichtigt gewesen, ist im Gegenteil davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dann auch eine solche Abweichung im Gesetz ausdrücklich kenntlich gemacht hätte.

2. Auf der Basis dieses Regelungsverständnisses wird die Summe der Einkünfte bei der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages um die laufenden Verluste der übertragenden A-GmbH im Streitjahr als dem Verschmelzungsjahr gemindert. Grund hierfür sind § 45 Abs. 1 Satz 1 der AbgabenordnungAO 1977― (i.V.m. §§ 2 ff., §§ 46 ff; §§ 60 ff. des Umwandlungsgesetzes 1995) sowie § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 (i.V.m. § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG 1990).

a) Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 tritt die übernehmende Körperschaft bezüglich eines verbleibenden Verlustabzugs i.S. des § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG 1990 in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft unter der Voraussetzung ein, dass die übertragende Körperschaft ―wie im Streitfall die A-GmbH― ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister noch nicht eingestellt hat. Der verbleibende Verlustvortrag der übertragenden Körperschaft geht also nicht verloren. Er kann mit dem Gewinn der übernehmenden Gesellschaft verrechnet werden, und zwar nach der Praxis der Finanzverwaltung (Bundesministerium der Finanzen ―BMF―, Schreiben vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268 Tz. 12.15 f.) und überwiegender Auffassung im Schrifttum (z.B. Streck/ Posdziech, GmbH-Rundschau ―GmbHR― 1995, 357, 359; Kröner, GmbHR 1996, 256, 259; Mildner, GmbHR 2003, 644, 647; Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 12 UmwStG Rz. 76) über den gesetzlichen Wortlaut hinausgehend nicht nur im Wege des (fortgeführten) Verlustvortrags, sondern auch bereits durch Abzug im Jahr des steuerlichen Übertragungsstichtags. Gleichviel, ob man Letzterem folgt, kommt es nicht zu einer Umqualifizierung des verbleibenden (und ggf. festgestellten) Verlustvortrags in laufenden Verlust der übernehmenden Gesellschaft und damit nicht zu einer unmittelbaren Verlustverrechnung mit eigenen Gewinnen im Verschmelzungsjahr nach § 8 Abs. 1 KStG 1991 i.V.m. § 2 Abs. 3 EStG 1990, ggf. auch eines Verlustrücktrages in frühere Veranlagungszeiträume. Der Verlustvortrag des übertragenden Rechtsträgers geht vielmehr über, ohne seine Qualifizierung als Verlustvortrag zu verlieren. Dementsprechend mindert er im Rahmen der Höchstbetragsberechnung gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 die Summe der Einkünfte nicht.

Soweit im Schrifttum eine abweichende Rechtsauffassung vertreten wird (vgl. z.B. Streck/Posdziech, GmbHR 1995, 357, 359; Mildner, GmbHR 2003, 644), ist dem nicht beizupflichten (ebenso z.B. Roser in Gosch, a.a.O., § 26 Rz. 116; Dötsch in Dötsch/ Eversberg/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 12 UmwStG n.F. Rz. 54; FG Berlin, Urteil vom 12. Mai 2003 8 K 8691/99, EFG 2003, 1398). Diese Auffassung widerspricht dem eindeutigen Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995. Die Vorschrift ist abschließend (Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz. 395; Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, ebenda) und belässt insoweit keine Auslegungsmöglichkeiten.

b) Für Verluste, welche die übertragende Gesellschaft im Verschmelzungsjahr erwirtschaftet, gilt dies jedoch nicht.

Zwar trifft § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 hierfür keine ausdrückliche Regelung. Insofern ließe sich die Existenz der Sonderregelung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 und deren als solcher abschließender Charakter u.U. dafür anführen, dass im Verschmelzungsjahr anfallende laufende Verluste (lediglich) den gemäß § 10d Abs. 3 EStG 1990 verbleibenden, auf die aufnehmende Gesellschaft übergehenden Verlustvortrag erhöhen und ein unmittelbarer Verlustausgleich ausgeschlossen ist (so z.B. Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 12 UmwStG n.F. Rz. 54; Schaumburg, Finanz-Rundschau 1995, 211, 219 f.; FG Berlin in EFG 2003, 1398, 1399 f.). Der Senat erachtet ein derartiges Regelungsverständnis jedoch als widersprüchlich. Es wäre sinnwidrig, könnte die übernehmende Körperschaft nicht verbrauchte Verlustabzüge der im Zuge der Verschmelzung untergehenden Körperschaft aus den Vorjahren übernehmen, würde ihr dies für laufende Verluste jener Körperschaft jedoch versagt. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 bestätigt vielmehr, dass die übernehmende Körperschaft als (Gesamt-)Rechtsnachfolgerin in die Position der Rechtsvorgängerin sowohl hinsichtlich verbleibender als auch nicht ausgeglichener laufender Verluste eintritt (§ 45 Abs. 1 Satz 1 AO 1977); die Vorschrift belässt diese allgemeinen Rechtswirkungen unberührt. Laufende Verluste der übertragenden Körperschaft gehen deshalb auf die übernehmende Gesellschaft im Verschmelzungsjahr bezogen auf den steuerlichen Übertragungsstichtag (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995) über und sind als solche ausgleichsfähig (ebenso z.B. Roser, ebenda; Siegers in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 26 KStG n.F. Rz. 155 entgegen Dötsch, daselbst, § 12 UmwStG n.F. Rz. 54). § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 schließt den Verlustabzug und damit zugleich den Verlustausgleich in seinem letzten Halbsatz nur insofern ein, als die übertragende Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister noch nicht eingestellt haben darf.

c) Weitere Einschränkungen bestehen nicht. Insbesondere war der Senat nicht gehalten, zunächst die Entscheidung des Großen Senats des BFH in der Sache GrS 2/04 über die Vererblichkeit von Verlustabzügen bei natürlichen Personen abzuwarten (vgl. dazu den Vorlagebeschluss des BFH vom 28. Juli 2004 XI R 54/99, BFH/NV 2005, 269, m.w.N.). Angesichts der sondergesetzlichen Regelungslage gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 sowie § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 ist der Streit über jene Rechtsfrage für die hier zu beurteilende Problematik nicht entscheidungserheblich.

d) Im Ergebnis bedeutet dies für den Streitfall:

Im Zeitpunkt des steuerlichen Übertragungsstichtages, dem 30. Dezember 1995, trat die Klägerin in die Rechtsstellung der A-GmbH ein. Aus dem laufenden Geschäftsjahr resultierende Verluste der übernommenen Körperschaft waren hiernach solche der Klägerin. Sie konnten bei dieser im Wege des horizontalen Verlustausgleichs gemäß § 8 Abs. 1 und 2 KStG 1991 i.V.m. § 2 Abs. 3 EStG 1990 mit Gewinnen der Klägerin ausgeglichen werden. Nur soweit laufende Verluste hiernach nicht ausgeglichen werden konnten, hätte Anlass bestanden, einen verbleibenden Verlustvortrag betreffend die A-GmbH zum 31. Dezember 1995 festzustellen. Da die Gewinne der Klägerin die laufenden Verluste der A-GmbH im Streitjahr überstiegen, bestand hierfür allerdings kein Anlass.

Dass das FA dennoch einen verbleibenden Verlustvortrag für die A-GmbH zum 31. Dezember 1995 unter Einbeziehung der im Streitjahr aufgelaufenen Verluste festgestellt hat und dass dieser Feststellungsbescheid bestandskräftig geworden ist, ändert insofern nichts. Festzustellen war nur die Höhe des verbleibenden Verlustabzugs (sowie ggf. die Verlustabzugsfähigkeit gemäß § 8 Abs. 4 KStG 1991, vgl. Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 I R 18/02, BFHE 204, 273, BStBl II 2004, 468; vom 26. Mai 2004 I R 112/03, BFHE 206, 533, BStBl II 2004, 1085). So gesehen hat das FA in Anbetracht der Ausgleichsfähigkeit der laufenden Verluste der A-GmbH im Streitjahr durch die Klägerin zum 31. Dezember 1995 einen Verlustvortrag festgestellt, obwohl nach Vornahme des Verlustausgleichs ein solcher Verlustvortrag nicht mehr verblieb. Mit der Frage nach dem Verlustübergang auf die Klägerin (in erster Linie gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995) hat das aber nichts zu tun. Über die Höhe dieses Verlustes waren zum 31. Dezember 1995 für die A-GmbH keine gemäß § 182 Abs. 1 AO 1977 bindenden Feststellungen zu treffen und sind auch keine Feststellungen getroffen worden (eingehend zur Regelungswirkung des Feststellungsbescheides und mit gleichem Ergebnis Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 12 UmwStG n.F. Rz. 54 sowie Rz. 105). Die insoweit vom FA erhobene Verfahrensrüge ist, ohne dass dem weiter nachzugehen wäre, unbegründet (vgl. § 126 Abs. 4 FGO).

3. Die Körperschaftsteuer 1995 ist neu zu berechnen und der Körperschaftsteuerbescheid vom 22. April 2005 entsprechend zu ändern. Die Ermittlung und Berechnung des festzusetzenden Betrages wird dem FA nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung überlassen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO). An dem Abzug der auf Libyen entfallenden Steuern gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 i.V.m. § 34c Abs. 2 EStG 1990 von der Summe der Einkünfte ändert sich dabei nichts.

D. 1. Das FG hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens den Beteiligten jeweils im Verhältnis ihres Obsiegens und Unterliegens gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO auferlegt. Es hat davon abgesehen, der Klägerin gemäß § 137 Satz 1 FGO Kosten trotz ihres Obsiegens insoweit aufzuerlegen, als diese erstmals in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt hat, die auf Libyen entfallenden Steuern von der Summe der Einkünfte abzuziehen. Diese Entscheidung des FG wird vom FA zu Unrecht gerügt; sie ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Grundsätzlich fallen die Kosten des Verfahrens demjenigen zur Last, der im Ergebnis unterlegen ist (vgl. § 135 Abs. 1, § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO). Abweichend hiervon können Kosten, die durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, diesem auferlegt werden (§ 137 Satz 2 FGO). Einen Anwendungsfall dieser Ausnahme enthält § 137 Satz 1 FGO (BFH-Beschluss vom 19. Januar 1972 II B 11/69, BFHE 104, 288, BStBl II 1972, 354), wonach die Kosten einem Beteiligten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden können, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Zweck der Bestimmung ist es, einer Prozessverschleppung vorzubeugen und die Beteiligten zu einem zügigen Fortgang des Prozesses anzuhalten. Dem Ausnahmecharakter der Vorschrift entsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung als Anwendungsvoraussetzung des § 137 Satz 1 FGO ein prozessuales Fehlverhalten von erheblichem Gewicht gefordert und dem obsiegenden Beteiligten Kosten nur dann auferlegt, wenn er es grob schuldhaft versäumt hat, Tatsachen früher geltend zu machen oder zu beweisen (BFH-Beschluss vom 25. April 1968 VI B 47/67, BFHE 92, 469, BStBl II 1968, 608).

3. In Anwendung dieser Grundsätze erscheint es im Streitfall nicht angemessen, die Klägerin gemäß § 137 Satz 1 FGO mit Kosten zu belasten. Zwar hat diese den erwähnten Hilfsantrag erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellt. Das FA ist dem nicht entgegengetreten. Das FG hat jedoch zutreffend ausgeführt, dass es der Klägerin in erster Linie darum ging, die Anrechnung der ausländischen Steuern gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 zu erreichen, nicht jedoch den ihr rechnerisch ungünstigeren Abzug der libyschen Steuern gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 1991 i.V.m. § 34c Abs. 2 EStG 1990. Vor diesem Hintergrund kam es ihr darauf an, zunächst eine Entscheidung über den Hauptantrag herbeizuführen. Dass das FA ihrem Hilfsbegehren entsprach, half ihr insoweit nicht weiter. In Anbetracht dessen ist es ermessensgerecht, sie bezogen auf den Hilfsantrag nicht gemäß § 137 Satz 1 FGO mit anteiligen Kosten zu belasten, auch wenn dieses Begehren im Ergebnis Erfolg hatte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1381513

BFH/NV 2005, 1462

BStBl II 2006, 380

BFHE 2005, 535

BFHE 209, 535

BB 2005, 1614

BB 2006, 1315

DB 2005, 1495

DStR 2005, 1182

DStRE 2005, 860

DStZ 2005, 504

HFR 2005, 882

FR 2005, 994

Inf 2005, 608

NWB 2005, 2450

NWB 2006, 1481

GmbH-StB 2005, 224

IWB 2005, 806

EStB 2005, 281

ZIP 2005, 2261

KÖSDI 2005, 14736

KÖSDI 2005, 14741

GmbHR 2005, 1071

NWB direkt 2005, 9

StBW 2005, 5

StBW 2005, 7

BBV 2005, 6

Konzern 2005, 530

SJ 2005, 11

StB 2005, 284

StB 2005, 325

stak 2005, 0

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