Entscheidungsstichwort (Thema)

Ferienwohnung bei Vermietung an Angehörige

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Anerkennung eines Mietvertrages über eine Ferienwohnung zwischen nahen Angehörigen.

2. Zur Ermittlung der Einkünfte aus der Ferienwohnung, wenn der Mietvertrag nicht anzuerkennen ist.

 

Normenkette

EStG §§ 21, 21a, 2 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb 1976 in A eine Eigentumswohnung für rd. . . . DM. Den Kaufpreis finanzierte er im wesentlichen durch die Aufnahme von Darlehen. Die Ferienwohnung liegt im Erdgeschloß des Gebäudes, die Räume dort haben eine Größe von 40 qm. Im Kellergeschoß befinden sich zwei weitere Räume (28 qm) und das Bad; diese Räume im Keller sind zwar zum Wohnen eingerichtet, baurechtlich aber nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt. 1976 nutzte der Kläger die Wohnung noch selbst. Unter dem 23. Dezember 1976 schloß er mit seiner Mutter - der Zeugin X - einen schriftlichen (Muster-)Mietvertrag, mit dem er die Ferienwohnung für 800 DM einschließlich Nebenkosten monatlich an seine Mutter vermietete. Diese übernahm auch die Möbel. Die Wohnung einschließlich der Räume im Kellergeschoß war in den Streitjahren 1977 bis 1981 für je etwa zwei Monate im Jahr an Feriengäste vermietet.

In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre ermittelte der Kläger die Einkünfte aus der Ferienwohnung durch Gegenüberstellung der Mieteinnahmen aus der Vermietung an die Mutter und der Werbungskosten, insbesondere der Zinsen, der Absetzungen für Abnutzung (AfA) für das Gebäude und für die Möbel. Es ergaben sich Werbungskostenüberschüsse zwischen jährlich rd. . . . DM und . . . DM.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte bei den Einkommensteuerfestsetzungen die Werbungskostenüberschüsse mit der Begründung nicht, dem Kläger habe die Absicht gefehlt, einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (Liebhaberei).

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nach Vernehmung der Mutter des Klägers als Zeugin statt. Es könne offenbleiben, ob ein Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwarten sei; denn die Vermietung von Grundbesitz an Dritte eigne sich nur in Ausnahmefällen für die Annahme einer Liebhaberei. Für Immobilienobjekte wie die umstrittene Ferienwohnung ,,von der Stange" komme Liebhaberei nicht in Betracht. Der Mietvertrag des Klägers mit seiner Mutter sei der Besteuerung zugrunde zu legen. Die vom Kläger geltend gemachten Werbungskosten seien jedoch um die Abschreibungen auf die Möbel zu kürzen, weil der Mietvertrag nur über die leere Wohnung abgeschlossen sei.

Dagegen wendet sich das FA mit der vom FG zugelassenen Revision, mit der es Verletzung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 und der §§ 9, 12, 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) rügt. Dem Kläger habe die Absicht, einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, gefehlt. Für 1977 bis 1985 habe er Werbungskostenüberschüsse von insgesamt 115 566 DM geltend gemacht. Es sei auch für die Zukunft nicht mit Einnahmeüberschüssen zu rechnen. Das FG habe außerdem verkannt, daß der Mietvertrag nicht wie unter Fremden geschlossen und durchgeführt sei. Die Miethöhe sei unangemessen niedrig. Folge man der Auslegung des Mietvertrages durch das FG, daß dieser die leere Wohnung betreffe, sei zu fragen, welchem fremden Dritten der Kläger das Mobiliar unentgeltlich überlassen hätte. Seine Mutter sei außerdem zur Zahlung der Miete für die Ferienwohnung nach ihren Einkommensverhältnissen, die das FA im einzelnen darlegt, nicht in der Lage gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Vorentscheidung verletzt §§ 21 Abs. 1 Satz 1, 21 a Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG.

1. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Mietvertrag zwischen dem Kläger und seiner Mutter der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Wie der erkennende Senat zwischenzeitlich entschieden hat (Urteil vom 19. Juni 1991 IX R 306/87, BFHE 165, 359, BStBl II 1992, 75; vgl. auch Urteil vom 28. August 1991 VI R 163/87, BFH/NV 1992, 166), ist ein Mietverhältnis zwischen nahen Angehörigen der Besteuerung grundsätzlich nur dann zugrunde zu legen, wenn der Mietvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), wurde der Mietvertrag nicht wie vereinbart durchgeführt. Nach den Feststellungen des FG war die Ferienwohnung bei der Überlassung an die Mutter des Klägers vollständig eingerichtet. Der Mietvertrag hatte jedoch nach der nicht angegriffenen Auslegung durch das FG die leere Wohnung zum Gegenstand. Unter einander fremden Vertragspartnern ist es nicht üblich, eine möblierte Wohnung aufgrund eines Mietvertrages zu überlassen, der eine leere Wohnung betrifft. Mindestens würden die Vertragsparteien in einem solchen Fall vertraglich klarstellen, ob die Möblierung unentgeltlich oder gegen ein zusätzliches Entgelt überlassen wird. Unklarheiten bestehen auch hinsichtlich des Umfangs der vermieteten Räume. Während nach den Feststellungen des FG etwa 45 qm der Wohnung vermietet sind, legte der Kläger seinen Berechnungen jeweils eine vermietete Fläche von 68 qm zugrunde. Das FG hat außerdem nicht genügend beachtet, daß die Mutter des Klägers berechtigt sein sollte, die Ferienwohnung an Feriengäste weiter zu vermieten. Unter fremden Vertragspartnern würde in einem solchen Fall der Vermieter üblicherweise eine höhere Miete verlangen als ohne eine solche Gestattung zur Weitervermietung. Nicht üblich zwischen einander fremden Vertragspartnern eines Mietvertrages ist es auch, daß der Vermieter die Wohnung in nicht unerheblichem Umfang weiterbenutzt. Schon diese Umstände schließen es aus, den Mietvertrag zwischen dem Kläger und seiner Mutter der Besteuerung zugrunde zu legen. Es kann danach offenbleiben, ob die Würdigung der Zeugenaussage der Mutter des Klägers durch das FG hinsichtlich der Mietzahlungen der - durch § 118 Abs. 2 FGO eingeschränkten - revisionsrechtlichen Prüfung standhalten würde.

2. Ist der Mietvertrag der Besteuerung nicht zugrunde zu legen, so folgt daraus, daß die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung so zu ermitteln sind, als wenn der Kläger selbst die Ferienwohnung genutzt hätte. Der Nutzungswert ist nicht etwa deshalb seiner Mutter zuzurechnen, weil ihr aufgrund des zivilrechtlich möglicherweise wirksamen Mietvertrages eine gesicherte Rechtsposition zustünde. Vielmehr ist davon auszugehen, daß der Kläger die Ferienwohnung - soweit sie nicht an Feriengäste vermietet war - selbst genutzt hat und die zeitweise Überlassung an seine Mutter im Rahmen der Selbstnutzung erfolgte. Soweit seine Mutter ,,Miete" gezahlt hat, handelt es sich einkommensteuerrechtlich um Zahlungen, die dem Bereich der Lebensführung zuzuordnen sind (vgl. dazu das Urteil vom 8. August 1990 IX R 122/86, BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171).

Nur für die Zeit, in der die Ferienwohnung an Feriengäste vermietet war, sind die Einkünfte durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der anteiligen Werbungskosten zu ermitteln.

4. Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, kann danach keinen Bestand haben. Die Sache geht mangels Spruchreife an das FG zurück, das dadurch Gelegenheit erhält, die für die Ermittlung des Nutzungswerts und der Einkünfte für die Zeit der Vermietung an Feriengäste maßgebenden Tatsachen festzustellen. Aus den bisherigen Feststellungen des FG ergibt sich nicht, ob die Ferienwohnung als Einfamilienhaus bewertet ist. Ferner läßt sich den tatsächlichen Feststellungen nicht entnehmen, für welche Zeiträume in den Streitjahren die Ferienwohnung an Feriengäste vermietet war und für welche Zeiträume sie dem Kläger bzw. seiner Mutter zur Nutzung zur Verfügung stand.

Falls sich bei der erneuten Entscheidung des FG ergeben sollte, daß der Kläger aus der Vermietung der Ferienwohnung ständig Werbungskostenüberschüsse erzielt und auch keine Aussicht besteht, einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften, wird das FG auch die Frage der ,,Liebhaberei" erneut zu prüfen haben. Das FG hat insoweit verkannt, daß bei Ferienwohnungen nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung die Grundsätze der Liebhaberei anwendbar sein können, falls sich bei - zutreffender - Ermittlung der Einkünfte kein positiver Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten erzielen läßt (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 21. Oktober 1980 VIII R 81/79, BFHE 132, 518, BStBl II 1981, 452; vom 24. September 1985 IX R 32/80, BFH/NV 1986, 449; vom 5. Mai 1988 III R 41/85, BFHE 153, 374, BStBl II 1988, 778, und III R 139/85, BFH/NV 1988, 774; vom 11. April 1990 I R 63/88, BFH/NV 1990, 705; vgl. auch Urteil vom 19. September 1990 IX R 72/85, BFH/NV 1991, 369).

 

Fundstellen

Haufe-Index 64065

BFH/NV 1992, 656

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