Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertausgleichschulden eines ein Unternehmen erbenden Miterben gegenüber seinen Miterben sind Privatschulden

 

Leitsatz (NV)

Wertausgleichschulden eines oder mehrerer Miterben gegenüber anderen Miterben, die durch eine noch zum Erbfall gehörende Erbauseinandersetzung begründet worden sind, sind in vollem Umfang Privatschulden, auch wenn der Wertausgleich für die Übernahme eines gewerblichen Unternehmens geleistet wird.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Der 1968 verstorbene S wurde zu je einem Drittel von seinen beiden Söhnen SA (Beigeladener zu 1) und SB und seiner Tochter SC beerbt. Zum Nachlaß gehörten u. a. Beteiligungen an verschiedenen Partenreedereien. Der Erblasser hatte Vermächtnisse ausgeworfen und eine Teilungsanordnung getroffen. Diese sah u. a. vor, daß den beiden Söhnen die Beteiligungen des Erblassers an den erwähnten Partenreedereien zufallen und die Schwester dafür einen Wertausgleich erhält. Außerdem war Testamentsvollstreckung angeordnet, u. a. mit der Maßgabe, daß der Erbanteil der Tochter zu ihren Lebzeiten stets unter Verwaltung der Testamentsvollstrecker verbleibt und der Tochter in erster Linie der Ertrag ihres Erbanteils zur freien Verfügung überlassen werden soll. Zu Testamentsvollstreckern waren die beiden Brüder und der Notar Dr. . . . bestellt. Die Testamentsvollstrecker waren von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit.

Zu den Schiffahrtsbeteiligungen des Verstorbenen gehörte auch eine 50 %ige Beteiligung an der Partenreederei MS ,,ABE" der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin). Hinsichtlich dieser Beteiligung setzten sich die Miterben in der Weise auseinander, daß die Brüder Mitreeder wurden und ihrer Schwester ein Ausgleichsanspruch von . . . DM zustand.

Dieser Betrag wurde jedoch nicht ausgezahlt, sondern mit Zinssätzen zwischen 6 und 10 v. H. verzinst.

In ihren Jahresabschlüssen berücksichtigte die Klägerin diese Verbindlichkeit jeweils zur Hälfte in Ergänzungsbilanzen für SA und SB; die gezahlten Zinsen wurden als Sonderbetriebausgaben angesetzt. In den Vermögensaufstellungen der Klägerin wurden die Ausgleichsschulden vermögensmindernd berücksichtigt.

Am 2. November 1978 wurde das MS ,,ABE" veräußert. Seitdem befindet sich die Klägerin in Liquidation.

Der Mitreeder SB ist am 23. September 1974 verstorben. Er wurde von seiner Ehefrau und seiner Tochter, den Beigeladenen zu 2 und 3, beerbt.

Entsprechend den Feststellungserklärungen der Klägerin behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die an die Schwester geleisteten Zinsen zunächst als Sonderbetriebsausgaben, so auch noch im vorläufigen Gewinnfeststellungsbescheid 1974. In der Folge änderte das FA nach einer Betriebsprüfung seine Auffassung und ließ im geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1974 und in den Gewinnfeststellungsbescheiden 1975 bis 1977 die Zinsen nicht mehr zum Abzug zu. Ebenso behandelte es in den Einheitswertfeststellungen zum 1. Januar 1974 bis 1. Januar 1977 die Ausgleichsschuld nicht mehr als Betriebsschuld.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 103 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG).

Sie beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die an die Schwester gezahlten Zinsen in den Gewinnfeststellungen 1974 bis 1977 gewinnmindernd zu berücksichtigen und die Verbindlichkeit in den Einheitswertfeststellungen zum 1. Januar 1974 bis 1. Januar 1977 als Betriebsschuld abzusetzen.

Das Fa beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Vorentscheidung ist darin beizupflichten, daß die an die Schwester gezahlten Zinsen bei der Gewinnermittlung für die Klägerin nicht als Sonderbetriebsausgaben des Beigeladenen zu 1 und des verstorbenen Mitreeders SB, des Rechtsvorgängers der Beigeladenen zu 2 und 3, abgezogen werden können und die den Zinszahlungen zugrunde liegende Schuld bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Klägerin nicht als Betriebsschuld berücksichtigt werden kann.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Wertausgleichsschulden eines oder mehrerer Miterben gegenüber einem und mehreren anderen Miterben, die im Rahmen einer noch dem Erbfall zuzurechnenden, weil zeitlich mit dieser eng verflochtenen Erbauseinandersetzung begründet werden - in gleicher Weise wie Erbfallschulden, z. B. Vermächtnis oder Pflichtteilsschulden -, in vollem Umfang Privatschulden, auch wenn Gegenstand der Erbauseinandersetzung u. a. ein gewerbliches Einzelunternehmen oder ein Anteil an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft ist (z. B. Urteil vom 7. Februar 1980 IV R 178/76, BFHE 130, 42, 45, BStBl II 1980, 383, m. w. N.). Hieran hält der Senat fest.

2. Mit Urteil vom 19. Mai 1983 IV R 138/79 (BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380) hat der Senat allerdings entschieden, daß ein Bankkredit, den ein Miterbe für den Erwerb eines Kommanditanteils im Rahmen einer noch dem Erbfall zuzurechnenden Erbauseinandersetzung zur Finanzierung der an die anderen Miterben zu leistenden Ausgleichszahlungen aufgenommen hat, eine Betriebsschuld ist und die dafür gezahlten Zinsen als (Sonder-) Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Aus dieser Entscheidung folgt aber nicht, daß entgegen der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BFH bereits eine durch Erbfall oder noch dem Erbfall zuzurechnende Erbauseinandersetzung begründete Ausgleichsschuld nicht wie der Erbfall selbst privaten Charakter hat, sondern als Betriebsschuld zu beurteilen sei. Der Senat kann offenlassen, ob die Wertung einer Schuld des Ausgleichsverpflichteten gegenüber dem oder den Ausgleichsberechtigten als Betriebsschuld und der dafür gezahlten Zinsen als Betriebsausgaben evtl. dann möglich ist, wenn sich Ausgleichsverpflichteter und Ausgleichsberechtigter dahin einigen, daß die Ausgleichsschuld in eine verzinsliche Darlehensschuld umgewandelt wird, die der Aufnahme eines Bankkredits zur Finanzierung von Ausgleichszahlungen wirtschaftlich gleichwertig ist (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 31. 1. 1985 IV R 58/82, BFH-NV 1986, 16).

3. Im Streitfall ist nach den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils davon auszugehen, daß die Erbauseinandersetzung zwischen den Brüdern und ihrer Schwester noch dem Erbfall zuzurechnen ist und demnach die durch die Erbauseinandersetzung begründete Ausgleichsschuld eine solche des notwendigen Privatvermögens ist. Daß die Beteiligten diese Ausgleichsschuld in eine Darlehensschuld umgewandelt haben, die einem Bankkredit zur Finanzierung von Ausgleichszahlungen wirtschaftlich gleichwertig ist, hat die Klägerin nicht dargetan.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413765

BFH/NV 1987, 367

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