Entscheidungsstichwort (Thema)

Mietkaufmodell als Liebhaberei - Sachaufklärungspflicht des FG

 

Leitsatz (NV)

1. Zum Umfang der Sachaufklärungspflicht des FG bei Beteiligung an einem Mietkaufmodell; übergangener Beweisantrag.

2. Solange sich der Anleger noch nicht entschieden hat, ob er das im Mietkaufmodell erworbene Grundstück langfristig vermieten oder kurzfristig wieder verkaufen will, fehlt ihm die Einkünfteerzielungsabsicht.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 1, § 21; FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 81 Abs. 1, §§ 96, 118 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) - zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute - beteiligten sich u. a. an zwei Bauvorhaben zur Errichtung von Einfamilienhäusern.

Das Finanzamt X teilte dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) mit, daß diesen Bauvorhaben sog. Mietkaufmodelle zugrunde lägen, für sie eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht durchgeführt werde und die geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse mangels Einkünfteerzielungsabsicht der Anleger nicht anerkannt werden könnten, solange die Anleger an den Mietkaufverträgen festgehalten hätten. Werbungskostenüberschüsse seien erst von dem Zeitpunkt an einkommensteuerlich zu berücksichtigen, in dem die Anleger vom sog. Mietkaufmodell auf das sog. Rentkaufmodell übergegangen seien. Das sei bei den Klägern hinsichtlich des einen Bauvorhabens erst 1980 der Fall gewesen, so daß für dieses Bauvorhaben in den Streitjahren 1978 und 1979 keine Werbungskostenüberschüsse anerkannt werden könnten. Bei dem anderen Bauvorhaben seien die Kläger im August 1979 vom Mietkaufmodell zum Rentkaufmodell übergegangen. Das FA ließ dementsprechend für dieses Bauvorhaben für das Streitjahr 1979 einen zeitanteiligen Werbungskostenüberschuß zum Abzug zu.

Nach erfolglosem Vorverfahren erhoben die Kläger Klage mit der Begründung, sie hätten nicht die Absicht gehabt, die beiden Einfamilienhäuser kurzfristig zu veräußern; sie hätten auch keine Optionserklärungen gegenüber Mietkäufern abgegeben. Zum Beweis für das Fehlen der Verkaufsabsicht beriefen sie sich auf das Zeugnis des Anlageberaters Z, der auch bestätigen könne, daß er den Klägern geraten habe, die Objekte zunächst nach dem Mietkaufmodell zu erwerben, weil dann eine höhere Rendite erzielbar sei, wenn, wie geplant, ein Verkauf der Objekte innerhalb von fünf Jahren nicht durchgeführt werden sollte. Diesen Beweisantritt haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung wiederholt.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ohne Beweisaufnahme mit der Begründung ab, den Klägern habe die Absicht, einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, gefehlt. Sie hätten den gegen diese Absicht sprechenden Anscheinsbeweis nicht entkräftet.

Mit der vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügen die Kläger, das Urteil beruhe auf Verfahrensmängeln i. S. der §§ 115 Abs. 2 Nr. 3 und 118 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und auf Verletzung materiellen Rechts. Der Verfahrensfehler ergebe sich aus mangelnder Sachaufklärung. Das FG habe insbesondere gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen, indem es die Aussagen des Zeugen seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, ohne daß erkennbar sei, ob es den Zeugen vernommen habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist mangels zureichender tatsächlicher Feststellungen durch das FG begründet. Die Vorentscheidung verstößt darüber hinaus gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Rüge der Kläger, das FG habe ihr Beweisangebot ohne zureichende Begründung übergangen, greift durch.

1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, bei einer Beteiligung an einem Mietkaufmodell spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß dem Anleger die Absicht fehle, einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Nach der vertraglichen Gestaltung eines solchen Mietkaufmodells ist regelmäßig der Verkauf des bebauten Grundstücks innerhalb einer bestimmten Optionsfrist - z. B. innerhalb von fünf Jahren - an einen Mietkäufer vorgesehen. Innerhalb dieser Frist ist ein Gesamtüberschuß nicht erzielbar (Senatsurteile vom 31. März 1987 IX R 111/86, BFHE 150, 7, BStBl II 1987, 668; IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774; vom 11. August 1987 IX R 143/86, BFH/NV 1988, 292). Den tatsächlichen Feststellungen des FG läßt sich jedoch nicht entnehmen, worauf es seine Feststellung, die Kläger hätten sich an einem solchen Mietkaufmodell beteiligt, gründet. Die vom FG ausgesprochene Rechtsfolge wird durch seine tatsächlichen Feststellungen nicht gedeckt. Das Urteil beruht damit auf einem Mangel in der Urteilsfindung und ist wegen fehlerhafter Anwendung sachlichen Rechts aufzuheben (BFH-Urteile vom 5. März 1968 II R 36/67, BFHE 92, 416, BStBl II 1968, 610; vom 20. August 1986 I R 87/83, BFHE 147, 521, BStBl II 1987, 75; weitere Nachweise bei Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. § 115 Anm. 27). Das FG hat sich weder den Treuhandvertrag noch die sonstigen dem ,,Modell" zugrunde liegenden Verträge vorlegen lassen und auch die dem Treuhänder oder sonstigen auf der Anbieterseite beteiligten Personen erteilten Vollmachten nicht herangezogen. Es hat sich ausschließlich auf die Mitteilungen des FA gestützt, die ihrerseits nur Schlußfolgerungen aus den nicht bekannten Verträgen der beiden Bauvorhaben darstellen. Ohne Kenntnis der Einzelheiten des Treuhandvertrages, eventuell abgeschlossener Mietverträge und der den Initiatoren erteilten Vollmachten lassen sich Aussagen über die Absichten der Kläger, die sie mit dem Erwerb der Einfamilienhäuser verfolgten, nicht treffen. Das FG durfte auch, wie die Kläger zu Recht geltend machen, nicht ohne nähere Prüfung der erzielbaren Einkünfte unterstellen, den Klägern hätte die Absicht, einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, gefehlt, wenn sie die Einfamilienhäuser nicht kurzfristig wieder verkaufen, sondern langfristig vermieten wollten. Es hätte dazu weiterer tatsächlicher Feststellungen zur Höhe der Werbungskostenüberschüsse nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften bedurft (vgl. das Urteil des BFH vom 5. Mai 1988 III R 41/85, BFHE 153, 374, BStBl II 1988, 778, und das Urteil des erkennenden Senats vom 24. September 1985 IX R 32/80, BFH/NV 1986, 449).

2. Das FG durfte auch das Beweisangebot der Kläger nicht mit der Begründung übergehen, es unterstelle die Erklärungen der Kläger gegenüber dem Zeugen als zutreffend, messe aber dem Verhalten der Kläger eine größere Bedeutung bei als ihren Erklärungen gegenüber dem Zeugen, und ferner, der Zeuge habe seine Bekundungen zur Renditemöglichkeit in einem bestimmten Sinne gemeint. Mit dieser Begründung nimmt das FG in unzulässiger Weise das Ergebnis der Beweisaufnahme vorweg. Welchen Inhalt und welches Gewicht die Bekundungen des Zeugen haben, kann erst beurteilt werden, wenn die Beweisaufnahme durchgeführt ist. Da das FG im einzelnen nicht festgestellt hat, was mit den Begriffen ,,Mietkaufmodell" und ,,Rentkaufmodell" gemeint ist, durfte es nicht davon ausgehen, die Kläger hätten folgerichtig das Rentkaufmodell wählen müssen, wenn sie ihre Erklärungen gegenüber dem Zeugen ernst genommen hätten.

3. Es ist nicht auszuschließen, daß das FG bei Berücksichtigung der abgeschlossenen Verträge und Vollmachten und Vernehmung des Zeugen zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Wenn nach den abgeschlossenen Verträgen, wie die Kläger vortragen, der Verkauf der Einfamilienhäuser innerhalb der Optionsfrist nicht vorgesehen war und wenn die Kläger den Anbietern gegenüber von vornherein erklärt hatten, sie beabsichtigten, die Einfamilienhäuser langfristig zu vermieten, läßt sich jedenfalls mit der bisherigen Begründung die Einkünfteerzielungsabsicht nicht verneinen (vgl. auch das Senatsurteil in BFH/NV 1988, 292).

4. Die Vorentscheidung ist danach aufzuheben und die Sache wegen fehlender Spruchreife zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG wird die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben und den angebotenen Zeugenbeweis erheben müssen. Sollte es dabei feststellen, daß sich die Kläger in den Streitjahren noch nicht entschieden hatten, ob sie die Grundstücke langfristig vermieten oder kurzfristig verkaufen wollten, müßte die Einkünfteerzielungsabsicht verneint werden; denn dann würde es jedenfalls an dem endgültigen Entschluß fehlen, durch langfristige Vermietung einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63017

BFH/NV 1991, 390

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