Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungswert der Wohnung im eigenen Zweifamilienhaus - Kappung der Werbungskosten bei besonders aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Anwesen

 

Leitsatz (NV)

1. Der Rohmietwert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen mit verhältnismäßig hohen Aufwendungen errichteten Zweifamilienhaus ist grundsätzlich anhand der vermutlich erzielbaren Miete, der sog. Marktmiete zu bestimmen. Der Senat hält an der bisherigen Rechtsprechung fest, daß der Ansatz der Kostenmiete nur in Betracht kommt, wenn die Marktmiete nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellbar ist.

2. Die Aufwendungen für eine selbstgenutzte Wohnung im eigenen Zweifamilienhaus bilden jedoch insoweit keine Werbungskosten, als die am Wohnungsmarkt höchstens erzielbare Miete nicht dem besonderen Wohnwert der Wohnung aufgrund besonderer Gestaltung oder Ausstattung nach den persönlichen Bedürfnissen des Eigentümers entspricht. Einen Anhaltspunkt für letztere Annahme stellt die Bewertung des Grundstücks im Sachwertverfahren dar.

3. Auszuscheiden sind zunächst einzelne Aufwendungen, die eindeutig in keinem objektiven Zusammenhang mit Wohnzwecken stehen, wie z. B. für Büroräume oder ein einkommensteuerlich anzuerkennendes Arbeitszimmer. Im übrigen sind grundsätzlich alle Aufwendungen einschließlich der Finanzierungskosten und Absetzungen für Abnutzung insoweit herabzusetzen, als sie durch erheblich überhöhte Anschaffungs- oder Herstellungskosten bedingt sind. Eine Ausnahme gilt für Aufwendungen für Fehlmaßnahmen und dergleichen, die nicht werterhöhend in die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eingegangen sind, z. B. unerwartet hohe Fundamentierungskosten. Kürzungsmaßstab ist das Verhältnis der Marktmiete zur Kostenmiete.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 1, 5, §§ 9, 12 Nr. 1 S. 2, § 21 Abs. 2; AO 1977 § 162 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin ist die Witwe und Rechtsnachfolgerin des während des Klageverfahrens verstorbenen Klägers. Die Eheleute erwarben 1975 für 90 000 DM ein unbebautes Grundstück mit einer Größe von mehr als 2 000 qm, auf dem sie mit Gesamtherstellungskosten von mehr als 600 000 DM ein 1977 bezugsfertig gewordenes Zweifamilienhaus errichten ließen. Das von den Eheleuten genutzte Erdgeschoß hat eine Wohnfläche von mehr als 140 qm und enthält fünf Wohn- und Schlafräume sowie Küche und Bad. Die Wohnung im Obergeschoß mit zwei Wohn- und Schlafräumen, Küche und Bad wird aufgrund eines unentgeltlich bestellten dinglichen Wohnrechts von der Schwiegermutter und der Schwägerin der Klägerin bewohnt. Im Keller befindet sich ein 30 qm großes Schwimmbad. Ferner sind zwei Garagen vorhanden.

In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1977 und 1978 erklärten die Eheleute bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Werbungskostenüberschüsse in Höhe von mehr als 30 000 DM. Dabei setzten sie für die eigengenutzte Wohnung einen Mietwert von 500 DM monatlich an. Das FA stellte sich dagegen auf den Standpunkt, der Mietwert der eigengenutzten Wohnung sowie des Schwimmbads müsse anhand der Kostenmiete ermittelt werden, weil eine Marktmiete mangels vergleichbarer vermieteter Objekte nicht festzustellen sei. Das FA setzte einen Jahresmietwert von mehr als 20 000 DM für 1977 und von mehr als 30 000 DM für 1978 an.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der Klage statt, nachdem es ein Sachverständigengutachten des Gutachterausschusses zur Höhe des Mietwerts eingeholt hatte. Das FG ging davon aus, daß der nach § 21 Abs. 2 EStG steuerpflichtige Nutzungswert des eigengenutzten Hauses in sinngemäßer Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG nach der ortsüblichen mittleren Miete für Wohnungen vergleichbarer Lage und Ausstattung zu bestimmen sei. Der Ansatz der Kostenmiete sei auf die Fälle beschränkt, in denen sich eine Marktmiete nicht oder nur unverhältnismäßig schwer feststellen lasse. Das eingeholte Sachverständigengutachten sei zu dem Ergebnis gelangt, daß es zwar nur verhältnismäßig wenige vermietete Objekte gebe, die mit der hier streitigen Wohnung unmittelbar vergleichbar seien. Es existiere jedoch innerhalb des gesamten Wohnungsmarkts ein Teilmarkt für derartige Objekte, dessen Mietpreisgefüge durch eine Obergrenze charakterisiert werden (vgl. Moll 1980, 949). Diese Grenze müsse auch für die Eigennutzung gelten, da als Nutzungswert ersparte Mietaufwendungen und nicht eine fiktive Kapitalrendite anzusetzen seien. Das FG folge auch hinsichtlich der Höhe des Nutzungswerts dem Sachverständigengutachten, daß die am Markt erzielbare Miete für die eigengenutzte Wohnung einschließlich des Schwimmbads in den Streitjahren 1 250 DM monatlich betragen habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA führt zur Aufhebung des FG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2).

1. Der gemäß § 21 Abs. 2 EStG einkommensteuerpflichtige Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus ist nach ständiger Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, in der Weise zu ermitteln, daß einem zu schätzenden Rohmietwert die nachgewiesenen Werbungskosten gegenübergestellt werden. Es ist grundsätzlich möglich, daß dadurch ein Werbungskostenüberschuß entsteht. Denn beim Ansatz des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Haus handelt es sich entgegen der Ansicht des FG um eine gedachte Mieteinnahme; der Eigenwohner wird so behandelt, als ob er die Wohnung an sich selbst vermietet hätte (ständige Rechtsprechung seit dem BFH-Urteil vom 17. Oktober 1969 VI R 17/67, BFHE 97, 117, BStBl II 1970, 60, zuletzt BFH-Urteil vom 13. Dezember 1983 VIII R 17/82, BFHE 140, 234, BStBl II 1984, 368). Das kann unter Umständen auch dazu führen, daß ein negativer Nutzungswert entsteht, wenn die als Werbungskosten anzusehenden Aufwendungen für die Wohnung deren Rohmietwert übersteigen.

Allerdings muß nach der neueren BFH-Rechtsprechung (vgl. insbesondere die Entscheidung des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766, Ziff. IV, 3 C aa Abs. 2) grundsätzlich in jeder Einkunftsart das Streben nach Betriebsvermögensmehrung im Sinne eines Totalgewinns bzw. das Streben nach einem positiven Gesamtergebnis während der voraussichtlichen Vermögensnutzung vorhanden sein. Das gilt auch für die Vermögensnutzung durch Vermietung und Verpachtung oder Selbstnutzung der eigenen bzw. unentgeltlich überlassenen Wohnung. Andernfalls liegen keine einkommensteuerbaren Einkünfte vor, was die bisherige Rechtsprechung meist als sog. Liebhaberei bezeichnet hat. Entsprechend diesen Grundsätzen hat aber bereits der Reichsfinanzhof (RFH) im Urteil vom 11. März 1931 VI A 1746/30 (RFHE 28, 275, 281, RStBl 1931, 462, 464) ausgesprochen, es könne nicht außer acht gelassen werden, daß es sich um die Besteuerung eines Gebrauchtwerts handelt und damit gerade die im allgemeinen leistungsfähigen Steuerpflichtigen getroffen werden sollten, so daß die durch § 21 Abs. 2 EStG gebotene Besteuerung des Nutzungswerts der eigengenutzten - oder unentgeltlich überlassenen - Wohnung im eigenen Haus nicht unterlaufen werden dürfe. Auch der BFH hat im Urteil vom 14. Dezember 1976 VIII R 99/72 (BFHE 121, 50, BStBl II 1977, 305) darauf hingewiesen, es ergebe sich sowohl aus dem Sinn und Zweck des § 21 Abs. 2 EStG als auch aus der Pauschalierung des Nutzungswerts nach der früheren Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (EinfHausV), daß der Gesetzgeber dauernde Verluste aus der Nutzung einer Wohnung nicht berücksichtigt wissen wollte. Soweit dies letztere Urteil hieraus gefolgert hat, daß andernfalls Liebhaberei vorliegen könnte, ist es allerdings durch das BFH-Urteil vom 21. Oktober 1980 VIII R 81/79 (BFHE 132, 518, BStBl II 1981, 452) zum Teil überholt, wonach Liebhaberei bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowohl bei der Nutzungsüberlassung als auch bei der Eigennutzung nur ausnahmsweise anzunehmen ist.

Der Rohmietwert ist grundsätzlich anhand der am Wohnungsmarkt für vergleichbare Objekte erzielbaren Miete, der sog. Marktmiete, zu ermitteln, wie der BFH in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat (vgl. z. B. die Urteile vom 11. Oktober 1977 VIII R 20/75, BFHE 123, 347, BStBl II 1977, 860, und in BFHE 140, 234, BStBl II 1984, 368). Dabei läßt der erkennende Senat dahingestellt, ob es zur Begründung dieses am nächsten liegenden Schätzungsmaßstabs der entsprechenden Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG bedarf.

Ist eine Marktmiete nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten festzustellen, kommt nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung der Ansatz der sog. Kostenmiete in Betracht. Der Senat tritt dieser Rechtsprechung bei.

2. Der Ansatz der am Wohnungsmarkt für vergleichbare Objekte erzielbaren Marktmiete durch das FG ist entgegen der Auffassung des FA revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat mit Hilfe des Sachverständigen eine erzielbare Miete festgestellt. Soweit das FA rügt, daß die Kostenmiete hätte angesetzt werden müssen, verkennt es, daß dieser Schätzungsmaßstab nur hilfsweise in Betracht kommt.

Auch die Art und Weise, wie das FG und der Sachverständige die am Markt erzielbare Miete ermittelt haben, ist nicht rechtsfehlerhaft. Wenn das FA vorbringt, zur Feststellung der am Wohnungsmarkt erzielbaren Miete sei eine größere Zahl von Vergleichswohnungen erforderlich, hat der BFH diesen Grundsatz lediglich im Rahmen der Einheitswertfeststellung, nicht jedoch zu § 21 Abs. 2 EStG aufgestellt. Die Rüge des FA, daß bei den von dem Sachverständigen herangezogenen Vergleichsgrundstücken Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung und zur Höhe der Herstellungskosten hätten gemacht werden müssen, ist nicht schlüssig. Denn das FA hat insoweit weder gerichtliche Beweiserhebung beantragt (vgl. BFH-Urteil vom 26. März 1980 II R 67/79, BFHE 130, 366, BStBl II 1980, 515) noch einen Antrag nach § 86 FGO gestellt (vgl. BFH-Beschluß vom 21. Mai 1982 III B 32/81, BFHE 136, 141, BStBl II 1982, 604). Außerdem kommt es auf diese Gesichtspunkte für die Feststellung der höchstens erzielbaren Miete nicht entscheidend an.

3. Das FG-Urteil ist jedoch aufzuheben, weil es die entscheidungserhebliche Frage unerörtert läßt, ob die von der Klägerin als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen zu kürzen sind.

a) Der BFH hat bereits im Urteil in BFHE 123, 347, BStBl II 1977, 860 unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 10. August 1972 VIII R 80/69 (BFHE 107, 199, BStBl II 1973, 10 - Absatz 4 der Entscheidungsgründe -) dem Grundsatz, daß der Nutzungswert im allgemeinen anhand der Marktmiete zu ermitteln sei, die Einschränkung hinzugefügt, es müsse von Fall zu Fall entschieden werden, ob Besonderheiten gelten, wenn es sich um eine besonders aufwendige Bauweise handelt oder wenn besonderen Repräsentationswünschen Rechnung getragen wurde. Nach der von dem Urteil in BFHE 107, 199, BStBl II 1973, 10 übernommenen Rechtsprechung des RFH ist dann nicht der gesamte Aufwand der Berechnung des Nutzungswerts zugrunde zu legen, andererseits aber auch ein entsprechender Teil des Gesamtaufwands als nicht Einnahmezwecken (z. B. Liebhaberei) dienend von den Werbungskosten zu kürzen.

Auch der erkennende Senat ist der Auffassung, daß die Aufwendungen für eine selbstgenutzte Wohnung im eigenen Haus insoweit keine Werbungskosten bilden, als die am Wohnungsmarkt höchstens erzielbare Miete nicht dem besonderen Wohnwert dieser Wohnung entspricht. Eine Kürzung der auf die selbstgenutzte Wohnung entfallenden Aufwendungen kommt in Betracht, wenn das Gebäude besonders gestaltet oder ausgestattet ist, so daß im Falle der Vermietung eine dem Wert des Grundstücks angemessene Miete nicht erzielt werden könnte. Für solche Grundstücke wird der Einheitswert nicht im Ertragswertverfahren, sondern gemäß § 76 Abs. 3 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) im sog. Sachwertverfahren festgestellt (vgl. die BFH-Urteile vom 23. Juli 1971 III R 86/69, BFHE 103, 213, BStBl II 1971, 797; vom 10. Februar 1978 III R 107/76, BFHE 124, 370, BStBl II 1978, 294, und vom 27. April 1978 III R 6/77, BFHE 125, 290, BStBl II 1978, 523, 524). Der Senat hält eine Anlehnung an diese Abgrenzung des Bewertungsrechts für die Ermittlung des einkommensteuerrechtlichen Nutzungswerts für angebracht. Dies widerspricht nicht dem Sinn und Zweck des § 21 Abs. 2 EStG. Denn im Rahmen der Besteuerung des Nutzungswerts nach § 21 a EStG hat der Gesetzgeber sogar eine Bindung an die Einheitswertfeststellung vorgeschrieben. Ist ein eigengenutztes Ein- oder Zweifamilienhaus entsprechend den persönlichen Bedürfnissen des Eigentümers besonders gestaltet oder ausgestattet, beruht dies regelmäßig nur auf der beabsichtigten und durchgeführten Selbstnutzung. Solche Gebäude werden nur ausnahmsweise und praktisch nie kostendeckend vermietet. Der Ansatz der am Wohnungsmarkt höchstens erzielbaren Miete entspricht dann nicht dem Gebrauchswert des Objekts. Es würde dem mit der Besteuerung des Nutzungswerts verfolgten Sinn und Zweck widersprechen und zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen, wenn - wie im Streitfall - nur auf die Befriedigung persönlicher Wohnbedürfnisse zurückzuführende hohe Aufwendungsüberschüsse unkorrigiert der Besteuerung zugrunde gelegt würden. Der Senat hält mit dem FG die Annahme, daß eine selbstgenutzte Wohnung in einem besonders aufwendig errichteten Zweifamilienhaus einen erheblich geringeren Nutzungswert als ein in der Ausstattung vergleichbares Einfamilienhaus haben sollte, für unvertretbar. Wird auf der Seite der - fiktiven - Einnahmen nur ein Rohmietwert angesetzt, der dem in das Gebäude investierten Kapital nicht hinreichend Rechnung trägt, müssen auch auf der Seite der Ausgaben entsprechende Folgerungen gezogen werden.

Rechtsgrundlage der Kürzung der auf die selbstgenutzte Wohnung entfallenden Aufwendungen sind § 12 Nr. 1 Satz 2 und § 21 Abs. 2 EStG i. V. m. § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Der Kürzung steht abweichend vom Urteil des FG Münster vom 25. September 1984 X 3835/81 E (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1985, 169) nicht entgegen, daß der Gesetzgeber den Werbungskostenabzug insbesondere bei eigengenutzten Einfamilienhäusern in § 21 a Abs. 3 EStG gesondert geregelt hat. Denn die zur Vereinfachung getroffene Vorschrift des § 21 a EStG sieht in Abs. 1 einen mit 1 v. H. des Einheitswerts anerkanntermaßen sehr niedrigen Rohnutzungswert vor; dementsprechend ist der Werbungskostenabzug durch Abs. 3 stark beschränkt worden. Außerdem handelt es sich, wie Abs. 5 der Vorschrift ergibt, für Wohngebäude auf übergroßer Grundstücksfläche nur um den Ansatz eines Mindestwertes (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 1972 VIII R 138/70, BFHE 106, 57, BStBl II 1972, 759). Gerade die letztgenannte Regelung zeigt, daß der Gesetzgeber Besonderheiten bei der Nutzungswertermittlung durch § 21 a EStG nicht vorgreifen wollte.

Die Kürzung der auf die selbstgenutzte Wohnung entfallenden Aufwendungen ist auch vereinbar mit dem von der ständigen BFH-Rechtsprechung (vgl. die Beschlüsse des Großen Senats vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17, und GrS 3/70, BFHE 100, 317, BStBl II 1971, 21) vertretenen Aufteilungsverbot für Aufwendungen, die teils der Erzielung von Einnahmen und teils der Lebensführung dienen. Denn die Kürzung geschieht, wie im folgenden dargestellt, nicht durch griffweise Schätzung, sondern anhand objektiver Merkmale.

b) Im einzelnen erweist sich die Anlehnung an die Bewertung des Grundstücks im Sachwertverfahren als zweckmäßig, weil in Abschn. 16 Abs. 3 der Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens - BewRGr - (BStBl I 1966, 890, 899) Merkmale für eine besondere Gestaltung des Grundstücks und in Abschn. 16 Abs. 4 BewRGr Anhaltspunkte für eine besondere Ausstattung des Grundstücks aufgezählt sind.

Allein auf die Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes abzustellen, wie dies die Oberfinanzdirektionen (OFD) Freiburg-Karlsruhe-Stuttgart (Einkommensteuer-Kartei zu § 21 EStG, Nr. 24) für zutreffend erachten, erscheint demgegenüber nicht ausreichend. Denn die Höhe der auf das Gebäude entfallenden Herstellungs- oder Anschaffungskosten kann durch besondere örtliche Gegebenheiten, wie z. B. felsigen oder moorigen Baugrund, oder Abweichungen des regionalen Baumarkts beeinflußt sein.

c) Bei der Prüfung, welche der als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen nach den vorstehenden Ausführungen gekürzt werden müssen, sind zunächst einzelne Aufwendungen auszuscheiden, die eindeutig nicht in einem objektiven Zusammenhang mit den Wohnzwecken stehen. Dies gilt z. B. für ein beruflichen Zwecken dienendes Büro oder einkommensteuerrechtlich anzuerkennendes Arbeitszimmer (vgl. BFH-Urteil vom 18. Oktober 1983 VI R 68/83, BFHE 139, 520, BStBl II 1984, 112). Im übrigen werden jedoch auch nur mittelbar Wohnzwecken dienende Räume und Anlagen durch die Besteuerung des Nutzungswerts gemäß § 21 Abs. 2 EStG erfaßt (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1982 VIII R 74/81, BFHE 138, 23, BStBl II 1983, 364).

Soweit die Ausscheidung einzelner Aufwendungen als nicht Wohnzwecken dienend entfällt, erscheint es geboten, grundsätzlich alle auf die selbstgenutzte Wohnung i. S. des § 21 Abs. 2 EStG entfallenden Aufwendungen einschließlich der Finanzierungskosten und der Absetzungen für Abnutzung herabzusetzen, soweit sie durch erheblich überhöhte Anschaffungs- oder Herstellungskosten bedingt sind. Von der Kürzung auszunehmen sind allein Aufwendungen für Fehlmaßnahmen und dergleichen, die nicht werterhöhend in die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eingegangen sind, wie z. B. unerwartet hohe Fundamentierungskosten. Kürzungsmaßstab ist das Verhältnis der am Wohnungsmarkt erzielbaren Miete zur Kostenmiete als dem Mietzins, den der Eigenwohner verlangen müßte, um das in die selbstgenutzte Wohnung investierte Kapital durch Vermietung nutzen zu können. Beträgt etwa die erzielbare Miete lediglich die Hälfte der Kostenmiete, können die auf die Wohnung entfallenden Aufwendungen ebenfalls nur zur Hälfte als Werbungskosten abgezogen werden. Zur Berechnung der Kostenmiete braucht der Senat hier, da unstreitig, keine Stellung zu nehmen.

d) Geht man von diesen Rechtsgrundsätzen aus, reichen die Feststellungen des FG hierzu noch nicht zur Entscheidung des Rechtsstreits aus. Zur Klärung der Frage, ob es sich um ein besonders gestaltetes oder ausgestattetes Grundstück handelt, wird das FG zweckmäßigerweise die das Wohngrundstück der Klägerin betreffenden Einheitswertakten beiziehen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Bei einer erneuten Entscheidung wird das im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Verböserungsverbot zu beachten sein.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413947

BFH/NV 1986, 151

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