Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbsverbot bei Übernahme eines Betriebs

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Wettbewerbsverbot als Nebenabrede einer Geschäftsübernahme ist kein eigenes immaterielles Wirtschaftsgut, sondern geht in dem erworbenen Geschäftswert auf.

2. Steht dem stillen Gesellschafter bei Ausscheiden aus der Gesellschaft nach dem Aufhebungsvertrag ein Anteil an den stillen Reserven zu und erhält er eine Abfindung, die höher ist als der Buchwert und der Anteil an den stillen Reserven, so spricht eine widerlegbare, tatsächliche Vermutung dafür, daß der übersteigende Betrag auf einen Geschäftswert bezahlt wird.

 

Normenkette

EStG §§ 4-5

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) übernahm zum 1. Januar 1974 eine Apotheke und beteiligte die bisherige Inhaberin auf fünf Jahre befristet als stille Gesellschafterin. Zum 1. Januar 1976 wurde das Gesellschaftsverhältnis durch Vertrag vom 7. März 1976 gegen Zahlung von 180 000 DM vertraglich aufgehoben. Dieser Betrag setzt sich laut § 3 des Vertrages zusammen aus

74 000 DM für die Kapitalbeteiligung der stillen Gesellschafterin

15 000 DM als Anteil an den stillen Reserven der Anlagegüter

50 000 DM für ein fünfjähriges Wettbewerbsverbot der stillen Gesellschafterin am Ort der Apotheke und

41 000 DM für den anteiligen Firmenwert.

Der Kläger zahlte an die stille Gesellschafterin unter Abzug eines den anteiligen Firmenwert vermindernden Skontos von 2 000 DM 178 000 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) behandelte das Wettbewerbsverbot und den Firmenwert als ein nicht abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut in Höhe von 89 000 DM und erkannte die vom Kläger vorgenommene Teilwertabschreibung von jährlich 10 000 DM auf das Wirtschaftsgut ,,Wettbewerbsverbot" und den Abzug von 39 000 DM als sofort abzugsfähiger Aufwand des Kalenderjahres 1976 in den Einkommensteuerbescheiden 1976 bis 1978 vom 15. Dezember 1981 nicht an.

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und rügt Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG), die Einspruchsentscheidungen und die entsprechenden Steuerbescheide des FA aufzuheben und - wie in der Klage beantragt - die Steuer neu festzusetzen.

Das FA beantragt Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat mit Recht angenommen, daß der Kläger mit dem Auseinandersetzungsvertrag weder ein getrennt zu bilanzierendes abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut ,,Wettbewerbsverbot" erwarb noch eine geschäftswertstärkende Maßnahme ausführte.

1. Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein Unternehmen, so ist objektiv festzustellen, welche einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter auf den Erwerber übergehen und welcher Teilwert ihnen im Zeitpunkt der Übernahme beizulegen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Juli 1972 I R 146/70, BFHE 107, 118, BStBl II 1972, 937). Der Ansatz eines Geschäftswerts gemäß § 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kommt nur insoweit in Betracht, als der Kaufpreis nicht auf bestimmte einzelne Wirtschaftsgüter entfällt. Dabei ist nicht maßgebend, welche Bezeichnungen die Beteiligten gewählt haben.

Ein Wettbewerbsverbot kann ein selbständiges Wirtschaftsgut sein, wenn dem Verbot eine eigene wirtschaftliche Bedeutung zukommt und für seine Übernahme ein besonderes Entgelt vereinbart wurde (BFH in BFHE 107, 118, BStBl II 1972, 937; BFH-Urteil vom 24. März 1983 IV R 138/80, BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233). Eine zeitliche Begrenzung des Wettbewerbsverbots allein genügt nicht. Ist das Wettbewerbsverbot lediglich eine Nebenabrede einer Geschäftsübernahme, ist es kein eigenes immaterielles Wirtschaftsgut, sondern geht in dem erworbenen Geschäftswert auf (BFH-Urteil vom 14. Februar 1973 I R 89/71, BFHE 109, 222, BStBl II 1973, 580). Denn der Kaufpreis für ein lebendes Unternehmen hängt wesentlich von seinen Gewinnaussichten ab, die durch Wettbewerbshandlungen des bisherigen Inhabers beeinträchtigt werden können. Die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots stellt in diesen Fällen nur das Ziel der Unternehmensveräußerung sicher, nämlich dem neuen Inhaber die Gewinnmöglichkeiten des Unternehmens zu verschaffen (BFH-Urteile vom 23. Juli 1965 VI 67, 68/64 U, BFHE 83, 307, BStBl III 1965, 612; in BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233; vom 13. April 1983 I R 105/79, nicht veröffentlicht - NV -; ebenso Herrmann / Heuer / Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 5 EStG Anm. 1586).

2. Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß der Kläger zwar einen Betrag von 50 000 DM dem Wettbewerbsverbot zuordnete, die Höhe sich jedoch an der vereinbarten Vertragsstrafe orientierte und zur Abschreckung in diesem Umfang bestimmt worden war. Unter Würdigung des gesamten Vertrages und des Verhaltens der Beteiligten hat das FG das Wettbewerbsverbot als unselbständigen Teil der gesamten Übernahmevereinbarung gewertet.

3. Diese Erwägungen des FG und seine rechtlichen Schlüsse sind entgegen der Ansicht des Klägers mit der Rechtsprechung des BFH zum Ansatz eines selbständigen Wirtschaftsguts ,,Wettbewerbsverbot" vereinbar und geben zu einer revisionsrechtlichen Beanstandung keinen Anlaß.

a) Unbeachtlich ist, daß das Wettbewerbsverbot nicht bereits bei Übernahme des Unternehmens zum 1. Januar 1974, sondern ausdrücklich erst bei Beendigung der stillen Gesellschaft der bisherigen Inhaberin der Apotheke mit dem Kläger zum 1. Januar 1976 vereinbart worden war. Denn diese Wettbewerbsvereinbarung setzt das gesetzliche Wettbewerbsverbot fort, dem die bisherige Inhaberin als stille Gesellschafterin nach Handelsrecht unterworfen war. Ohne die Auseinandersetzungsvereinbarung wäre sie bis zum 31. Dezember 1978 (weil die Gesellschaft vertragsgemäß zu diesem Zeitpunkt beendet sein sollte), also noch weitere drei Jahre ab Unternehmensverkauf gehalten gewesen, Wettbewerb zu unterlassen. Dies bestätigt die Ansicht die FG, daß das auf fünf Jahre verlängerte Wettbewerbsverbot keine maßgebliche Bedeutung im Rahmen des Auseinandersetzungsvertrages gehabt haben konnte.

b) Die Schlußfolgerung des FG, daß das Wettbewerbsverbot wirtschaftlich nicht bedeutend war, hat es aus den festgestellten Tatsachen ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze zutreffend gezogen. Die vom FG vorgenommene Würdigung ist möglich und daher für das Revisionsgericht bindend (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 1982 VI R 25/80, BFHE 135, 479, BStBl II 1982, 444; Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 118 Anm. 40). Es ist nicht zwingend, allein aus der Kenntnis der Umsatz- und Ertragszahlen des Betriebes des Klägers durch die bisherige Inhaberin eine konkrete, durch eine Wettbewerbsabrede zu verhindernde Konkurrenzgefahr abzuleiten. Soweit der Kläger neuen Sachverhalt (weitere Apothekenkäufe durch Angehörige der bisherigen Inhaberin) vorbringt, kann dies vor dem Revisionsgericht nicht berücksichtigt werden (§ 118 Abs. 2 FGO).

4. Zu Recht hat das FG die gezahlten Beträge in Höhe von 89 000 DM als aktivierungspflichtige Aufwendungen für den Geschäftswert behandelt.

a) Scheidet ein Gesellschafter aus einer Handelsgesellschaft aus und zahlen der oder die verbleibenden Gesellschafter eine Abfindung, die höher ist als der Buchwert des Gesellschaftsanteils, also höher als das Kapitalkonto des ausgeschiedenen Gesellschafters im Zeitpunkt seines Ausscheidens, so spricht, wie der BFH wiederholt entschieden hat (vgl. Urteile vom 21. Mai 1970 IV R 131/68, BFHE 99, 526, BStBl II 1970, 740; vom 31. Juli 1974 I R 226/70, BFHE 113, 428, BStBl II 1975, 236; vom 10. August 1978 IV R 54/74, BFHE 126, 185, BStBl II 1979, 74; vom 25. Januar 1979 IV R 56/75, BFHE 127, 32, 34, BStBl II 1979, 302; vom 7. Juni 1984 IV R 79/82, BFHE 141, 148, BStBl II 1984, 584), eine widerlegbare, tatsächliche Vermutung dafür, daß die bilanzierten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens stille Reserven enthalten oder daß nicht bilanzierte immaterielle Einzelwirtschaftsgüter oder ein originärer Geschäftswert vorhanden sind, an denen der ausgeschiedene Gesellschafter teilhatte. Ferner wird vermutet, daß der den Buchwert übersteigende Anteil der Abfindung Entgelt für den Anteil des ausscheidenden Gesellschafters an den stillen Reserven und / oder an einem Geschäftswert ist. Dieser Teil der Abfindung ist für den oder die verbleibenden Gesellschafter als Anschaffungskosten für den Anteil des ausgeschiedenen Gesellschafters an den stillen Reserven und / oder am Geschäftswert zu aktivieren.

Die Vermutung ist widerlegt, wenn und soweit feststeht, daß die bilanzierten und nicht bilanzierten Einzelwirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens keine stillen Reserven enthalten und / oder kein Geschäftswert vorhanden ist; insoweit können Abfindungszahlungen, die den Buchwert des Kapitalkontos übersteigen, naturgemäß keine Anschaffungskosten für einen Anteil des ausgeschiedenen Gesellschafters an stillen Reserven und / oder am Geschäftswert sein.

Im Einzelfall kann unter besonderen Umständen - vom Begriff der Anschaffungskosten her gesehen - ausgeschlossen sein, den Teil der Abfindung, der den Buchwert des Kapitalkontos des ausgeschiedenen Gesellschafters übersteigt, zu den Anschaffungskosten für einen Anteil an den stillen Reserven bzw. am Geschäftswert zu rechnen, wenn von der Zweckrichtung der Aufwendungen her ausgeschlossen werden kann, daß die Aufwendungen auf den Geschäftswert gezahlt worden sind (vgl. BFH in BFHE 141, 148, 152, BStBl II 1984, 584).

b) Nach den Feststellungen des FG, an die das Revisionsgericht mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), wurde durch den Aufhebungsvertrag vom 7. März 1976 das Rechtsverhältnis mit der bisherigen stillen Gesellschafterin beendet. Nach diesem Aufhebungsvertrag stand ihr ein Anteil an den stillen Reserven und am Geschäftswert zu.

c) Das FG hat auch zu Recht die Zahlungen, die über die Abgeltung des Buchwertes ihres Kapitalkontos und des Anteils hinausgingen, als Entgelt für einen Anteil am Geschäftswert behandelt. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung zahlte der Kläger die Abfindung für das Ausscheiden der Gesellschafterin und den damit verbundenen Übergang von Rechten auf ihn. Anders als im Urteil in BFHE 126, 185, BStBl II 1979, 74 war die stille Gesellschafterin im Streitfall vertraglich an den stillen Reserven und dem Geschäftswert der Apotheke beteiligt. Im Vertrag vom 7. März 1976 wurde der Abfindungsbetrag auch auf den Firmenwert verteilt. Damit bezog sich im Streitfall der Abfindungsbetrag, soweit er den Buchwert des Kapitalkontos überstieg, nicht auf die Abgeltung künftiger Gewinnansprüche.

d) Nach den im Urteil in BFHE 141, 148, BStBl II 1984, 584 dargelegten Grundsätzen kann die Abfindung des Klägers nicht als Betriebsausgabe sofort abzugsfähig sein. In diesem Urteil hat der BFH eine entsprechende Abfindung als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe angesehen, wenn (a) bereits in einem früheren Vertrag das Recht eingeräumt war, das Unternehmen gegen eine Abfindung zu übernehmen, wobei jedoch ein Geschäftswert außer Ansatz bleiben sollte, (b) ein stufenweises Ausscheiden vereinbart war, (c) der Zeitpunkt des Ausscheidens dann vorgezogen wurde und (d) eine effektive Teilhabe an der Realisierung des Geschäftswerts des Unternehmens im Rahmen einer Liquidation für den Abzufindenden vertraglich ausgeschlossen war. Solche besonderen Umstände hat das FG im Streitfall nicht festgestellt, so daß die Vermutung bestehen bleibt, daß der den Buchwert übersteigende Teil der Abfindung Entgelt für den Anteil der ausscheidenden Gesellschafterin an den stillen Reserven und dem Geschäftswert war und für den verbleibenden Gesellschafter als Anschaffungskosten für den Anteil der ausgeschiedenen Gesellschafterin an den stillen Reserven und dem Geschäftswert zu aktivieren war.

e) Dem Kläger ist auch nicht zuzustimmen, daß er eine nach den Grundsätzen des Urteils vom 23. Juni 1981 VIII R 43 /79 (BFHE 134, 255, BStBl II 1982, 56) zu bewertende, den Geschäftswert stärkende Vertragsbefreiung mit der Folge der sofortigen Abziehbarkeit der bezahlen Beträge vorgenommen hat. Denn ein Abzug als Betriebsausgabe kann nur in Betracht kommen, wenn weder stille Reserven noch ein Geschäftswert vorgelegen haben (vgl. BFH in BFHE 113, 428, BStBl II 1975, 236). In der Vereinbarung vom 7. März 1976 gingen die Parteien jedoch von stillen Reserven und einem Geschäftswert in genau bezeichneter Höhe aus.

f) Das FG ist zur Recht davon ausgegangen, daß die Abfindung nicht unter dem Gesichtspunkt ,,Zahlung an einen lästigen Gesellschafter" als Betriebsausgabe sofort abzugsfähig waren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416355

BFH/NV 1989, 780

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