Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterter Schuldzinsenabzug

 

Leitsatz (NV)

1. Die bauliche Umgestaltung eines erworbenen Hauses ist keine Herstellung durch den Steuerpfichtigen i. S. von § 21a Abs. 4 Satz 1 EStG.

2. Ein Ausbau i. S. von § 21a Abs. 4 Satz 5 EStG setzt nicht voraus, daß bisher nicht vorhandener Wohnraum geschaffen wird.

 

Normenkette

EStG § 21a Abs. 4 Sätze 1, 5; II. WoBauG § 17

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Sie erwarben 1985 ein im Jahre 1949 erbautes Einfamilienhaus, das sie seit November 1985 selbst nutzen. In den Streitjahren 1985 bis 1987 führten sie an dem Haus -- im wesentlichen in Eigenarbeit -- umfangreiche Bauarbeiten aus. Die Holzfußböden wurden entfernt und durch Estrichfußböden ersetzt. Die Kellertreppe, sämtliche sanitäre Anlagen, die Wasserleitungen, Stromleitungen einschließlich des Hauptanschlusses sowie die Türen wurden entfernt und durch neue ersetzt. Eine neue Heizungsanlage wurde eingebaut. Durch das Versetzen von Wänden wurden die Räume neu aufgeteilt. Als weitere Baumaßnahme errichteten die Kläger einen Anbau mit Unterkellerung. Dieser war nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) im Oktober 1987 noch nicht fertiggestellt. Zur Finanzierung der Anschaffungskosten des Hauses sowie der Kosten der Baumaßnahmen nahmen die Kläger ein Darlehen auf. Für die entsprechenden Schuldzinsen machten sie beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) erfolglos für die Zeit der Selbstnutzung ab November 1985 den erweiterten Schuldzinsenabzug nach § 21a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend.

Das FG wies die Klage ab. Die Kläger hätten kein Haus i. S. von § 21a Abs. 4 Satz 1 EStG hergestellt, weil es sich um den Umbau eines bestehenden Gebäudes gehandelt habe. Für die mit der Errichtung des Anbaus in Zusammenhang stehenden Schuldzinsen sei ein Abzug nach § 21a Abs. 4 Satz 5 EStG nicht möglich, weil der Anbau nicht vor dem 1. Januar 1987 fertiggestellt worden sei. Auch soweit die Zinsen auf den Umbau entfielen, seien sie nicht abzusetzen. Die Kläger hätten durch den Umbau keinen Ausbau i. S. des § 21a Abs. 4 Satz 5 EStG vorgenommen. Ein Ausbau sei nur gegeben, wenn durch die Baumaßnahmen neuer Wohnraum geschaffen werde.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide folgende Schuldzinsen gemäß § 21a Abs. 4 EStG zu berücksichtigen: für 1985 ... DM, für 1986 und 1987 jeweils ... DM.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA teilweise vorläufige Änderungsbescheide erlassen, die auf Antrag der Kläger zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Das FG hat mit unzutreffender Begründung die Voraussetzungen des erweiterten Schuldzinsenabzugs verneint, soweit die Zinsen auf den Umbau des Einfamilienhauses der Kläger entfallen.

1. Zu Recht hat das FG allerdings die Voraussetzungen des § 21a Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Satz 3 EStG für nicht erfüllt angesehen. Nach dieser Regelung kommt der erweiterte Schuldzinsenabzug nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige das Haus selbst hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft hat. Dafür reicht es nicht aus, wenn das Gebäude umgestaltet wird; entscheidend ist, ob es in bautechnischer Hinsicht neu ist (vgl. Senatsurteil vom 31. März 1992 IX R 175/87, BFHE 168, 109, BStBl II 1992, 808 zu § 7 Abs. 5 EStG). Im Streitfall ist diese Regelung nicht anwendbar, weil die Kläger ein bereits im Jahre 1949 errichtetes Einfamilienhaus erworben und anschließend umgestaltet haben.

2. Zu Recht hat das FG auch einen Abzug der Schuldzinsen gemäß § 21a Abs. 4 Satz 5 EStG versagt, soweit die Zinsen auf den errichteten Anbau entfallen. Zwar handelt es sich bei dem Anbau um eine Erweiterung gemäß § 17 Abs. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) und damit um eine Erweiterung i. S. des § 21a Abs. 4 Satz 5 EStG (vgl. zur Maßgeblichkeit der Begriffsbestimmung in § 17 des II. WoBauG Senatsurteile vom 28. April 1992 IX R 130/86, BFHE 168, 147, BStBl II 1992, 823; vom 16. Februar 1993 IX R 63/88, BFHE 170, 543, BStBl II 1993, 659). Die Schuldzinsen für diese Erweiterung sind aber deshalb nicht abziehbar, weil § 21a Abs. 4 Satz 5 EStG voraussetzt, daß die Erweiterung vor dem 1. Januar 1987 fertiggestellt worden ist und der von den Klägern errichtete Anbau nach den Feststellungen des FG, die nicht mit Revisionsrügen angegriffen und daher für den Senat binden sind (§ 118 Abs. 2 FGO), im Oktober 1987 noch nicht fertiggestellt war.

3. Das FG hat jedoch mit unzutreffender Begründung die Voraussetzungen eines Ausbaus i. S. von § 21a Abs. 4 Satz 5 EStG verneint. Ein Ausbau i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 2 des II. WobauG setzt nicht voraus, daß bisher nicht vorhandener Wohnraum geschaffen wird (vgl. Senatsurteile in BFHE 168, 147, 150, BStBl II 1992, 823, und in BFHE 170, 543, 546, BStBl II 1993, 659).

4. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird zu ermitteln haben, ob die strittigen Schuldzinsen teilweise deshalb abziehbar sind, weil sie auf einen Ausbau i. .S. von § 21a Abs. 4 Satz 5 EStG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 des II. WoBauG entfallen. Die Feststellungen des FG ermöglichen zwar den Schluß, daß im Streitfall ein unter wesentlichem Bauaufwand durchgeführter Umbau im Sinne dieser Vorschriften gegeben ist, weil die Bausubstanz des Einfamilienhauses der Kläger durchgreifend umgestaltet worden ist. Insbesondere sind die Räume durch das Versetzen von Wänden neu aufgeteilt worden. Der Senat kann aber nicht selbst prüfen, ob die Räume im Einfamilienhaus der Kläger infolge Änderung der Wohngewohnheiten ihre Eignung zu Wohnzwecken verloren hatten und zur Anpassung an die veränderten Wohngewohnheiten umgebaut worden sind (vgl. zum Begriff "Wohngewohnheiten" Senatsurteil in BFHE 170, 543, 545, BStBl II 1993, 659) oder ob die Wohnräume ihre Eignung zu Wohnzwecken lediglich durch Altersabnutzung oder Verwahrlosung verloren hatten, was für die Anwendung des § 21a Abs. 4 Satz 5 EStG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 des II. WoBauG nicht ausreichen würde (Senatsurteil in BFHE 168, 147, 149f., BStBl II 1992, 823).

 

Fundstellen

Haufe-Index 421265

BFH/NV 1996, 542

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge