Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Steuer ist bei den in § 10 Abs. 1 Ziff. 2 KraftStG 1955 aufgeführten Fahrzeugen auch dann nach dem verkehrsrechtlich höchstzulässigen Gesamtgewicht zu berechnen, wenn dieses Gewicht entgegen den verkehrsrechtlichen Vorschriften im einzelnen Falle überschritten wird.

 

Normenkette

KraftStG § 10

 

Tatbestand

Für den Beschwerdegegner (Bg.) ist ein Anhänger zugelassen, dessen verkehrsrechtlich höchstzulässiges Gesamtgewicht 11.000 kg beträgt. Am 29. Dezember 1955 benutzte der Bg. den Anhänger unter überschreitung dieses höchstzulässigen Gesamtgewichts um 3.414 kg. Daraufhin setzte das Finanzamt die Kraftfahrzeugsteuer für einen Monat unter Zugrundelegung eines Gesamtgewichts von 14.414 kg auf 127,60 DM fest, wobei es auf diese Steuer die für diesen Zeitraum vom Bg. bereits entrichtete Steuer von 87,80 DM anrechnete. Es forderte den Unterschiedsbetrag von 39,80 DM nach. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

Auf die Berufung stellte das Finanzgericht den Bg. von der angeforderten Kraftfahrzeugsteuer frei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts ist ohne Erfolg.

Im § 10 Abs. 1 Ziff. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1955 ist für Anhänger als Besteuerungsgrundlage das verkehrsrechtlich höchstzulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs vorgeschrieben. Im Gegensatz zu dem vorher geltenden Rechtszustand, nach welchem das Eigengewicht des betriebsfertigen Fahrzeugs, also ein tatsächliches Gewicht, für die Besteuerung maßgebend war, bildet nunmehr das in den Kraftfahrzeugpapieren festgelegte höchstzulässige Gesamtgewicht die Besteuerungsgrundlage. Die Vorschrift ist eindeutig und klar und läßt nach ihrem Wortlaut keinen Raum für die Zugrundelegung des tatsächlichen Gesamtgewichts, mag dieses nun das höchstzulässige Gesamtgewicht unterschreiten oder - wie im Streitfall - überschreiten. Weder das KraftStG selbst, noch ein anderes Steuergesetz (etwa das Steueranpassungsgesetz - StAnpG -) enthält eine Vorschrift, die es ermöglicht, im Fall des überschreitens des höchstzulässigen Gesamtgewichts das tatsächliche Gewicht der Besteuerung zugrunde zu legen. Der Meinung des Finanzamts, daß zwar nicht im Fall des Unterschreitens, jedoch im Fall des überschreitens die Nichtzugrundelegung des tatsächlichen Gesamtgewichts dem Willen des Gesetzgebers widersprechen würde, kann nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber wollte mit der änderung außer einer Vereinfachung der Verwaltungsarbeit die Steuer nur insofern in stärkerem Maße dem Grade der Beanspruchung der Straßen durch das Fahrzeug anpassen, als nunmehr die Verringerung der Steuer ausgeschaltet werden sollte, die sich infolge der seit Jahren beobachteten Verringerung des Eigengewichts der Fahrzeuge bei unveränderter oder sogar erhöhter Nutzlast ergibt (vgl. Begründung zum Verkehrsfinanzgesetz, Deutscher Bundestag 2. Wahlperiode 1953 Drucksache Nr. 573, Besonderer Teil Abschn. I Ziff. 4). Mit diesem Willen des Gesetzgebers steht die Nichtzugrundelegung des tatsächlichen Gesamtgewichts an Stelle des vorgeschriebenen verkehrsrechtlich höchstzulässigen Gesamtgewichts im Fall der überschreitung keineswegs im Widerspruch. Es liegt daher auch keine Lücke im Gesetz vor, die im Wege der Auslegung durch die Rechtsprechung beseitigt werden müßte. Vielmehr ist dem Finanzgericht beizupflichten, wenn es sagt, ein Wille des Gesetzgebers dahin, daß beim überschreiten des höchstzulässigen Gesamtgewichts das tatsächliche Gewicht für die Steuerberechnung maßgebend sei, hätte im Gesetz besonderen Ausdruck finden müssen. Das verkehrsrechtliche Verbot des überschreitens des höchstzulässigen Gesamtgewichts hätte einer solchen Regelung nicht entgegengestanden. Fehl geht ferner die Meinung des Finanzamts, daß die Nichtzugrundelegung des höheren tatsächlichen Gesamtgewichts auf eine grundsätzliche Abweichung von dem früher geltenden Rechtszustand hinauslaufe. Auch bei der vorher geltenden Regelung war das überschreiten des verkehrsrechtlich höchstzulässigen Gesamtgewichts ohne steuerliche Folgen; steuerlich zu berücksichtigen war lediglich eine Veränderung des Eigengewichts, dem heute eine Veränderung des höchstzulässigen Gesamtgewichts, nicht aber ein überschreiten dieses Gesamtgewichts entspricht. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Nichtzugrundelegung des höheren tatsächlichen Gesamtgewichts im Ergebnis unbefriedigend ist, wie das Finanzamt annimmt. Selbst wenn dem so wäre, wogegen allerdings schon der Umstand sprechen kann, daß steuerlich auch ein Unterschreiten des höchstzulässigen Gesamtgewichts unerheblich ist, dann könnte dies nach den obigen Ausführungen nicht ein Abweichen vom eindeutigen Wortlaut des Gesetzes begründen. Weiter kann angesichts der strafrechtlichen Bestimmungen, die im Fall des überschreitens des höchstzulässigen Gesamtgewichts anzuwenden sind, auch nicht die Meinung des Finanzamts geteilt werden, daß die steuerliche Nichtberücksichtigung des überschreitens des höchstzulässigen Gesamtgewichts einen Anreiz zum überschreiten bilde. Auch auf die Vorschrift des § 1 Abs. 2 KraftStG 1955, die eine Vorschrift über die Entstehung der Steuer, nicht aber eine solche über die Berechnung der Steuer ist, kann das Finanzamt die Steuernachforderung nicht gründen. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß auch im Schrifttum das überschreiten des verkehrsrechtlich höchstzulässigen Gesamtgewichts kraftfahrzeugsteuerlich als unerheblich angesehen wird (vgl. Klein-Schrötter, Verkehrsfinanzgesetz 1955, Erläuterungen zu Abschn. I Art. 1 Ziff. 3 Anm. 4 Abs. 3, S. 35).

 

Fundstellen

Haufe-Index 408677

BStBl III 1957, 76

BFHE 1957, 198

BFHE 64, 198

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