Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Das Recht zur Gewinnung von Sand und Kies ist auch in Bayern kein Recht im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 GrEStG.

Ein gemäß § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. b GrEStG begünstigter Austausch zur besseren Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke liegt auch dann nicht vor, wenn die den sog. unschädlichen Spitzenbetrag übersteigende hohe Barzuzahlung für ein Sand- oder Kiesvorkommen des einen Grundstücks entrichtet worden ist.

 

Normenkette

GrEStG § 2 Abs. 1 S. 2, § 4/1/3/b

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -), eine OHG mit Sand- und Kieswerk, ertauschte von X gegen Hingabe von Grundstücken in einer Gesamtgröße von 5,0170 ha mit einem Gesamtwert von 18.078,40 DM ein Grundstück von 1,8672 ha mit einem Gesamtwert von 41.078,40 DM. Zum Wertausgleich entrichtete sie eine Barzuzahlung von 23.000 DM.

Das Finanzamt (FA) forderte eine Grunderwerbsteuer je aus den vollen Gegenleistungen von 18.078,40 DM bzw. 41.078,40 DM von der Stpfl. an, die die durch den Tausch entstehende Grunderwerbsteuer übernommen hatte.

Mit den beiden, vom Vorsteher des FA rechtzeitig genehmigten und vom Finanzgericht (FG) verbundenen Sprungberufungen beantragte die Stpfl. unter Vorlage einer Zweckdienlichkeitsbescheinigung Freistellung des Grundstückserwerbs durch X und Herabsetzung der Steuer für ihren Erwerb auf 1.610 DM. Der Austausch gleichwertiger Grundstücke sei gemäß § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG voll steuerbegünstigt, da er zur besseren Bewirtschaftung unwirtschaftlich geformter forstwirtschaftlicher Grundstücke diene. Die Zuzahlung von 23.000 DM betreffe das Sand- und Kiesvorkommen auf dem von ihr erworbenen Grundstück. Da eine bessere Bewirtschaftung bei einem der Tauschpartner genüge, müsse der Tauschvorgang gespalten werden, zumal das Sand- und Kiesvorkommen bei wirtschaftlicher Betrachtung als ein im gewerblichen Sektor selbständig zu bewertendes Wirtschaftsgut zu behandeln sei.

Das FG wies die Berufungen als unbegründet zurück. Die Zuzahlung übersteige den nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) noch unschädlichen Spitzenbetrag. Eine teilweise Steuerbefreiung unter Aufspaltung des Erwerbsvorgangs komme auch im Streitfall nicht in Betracht, zumal das Sand- und Kiesvorkommen nicht als Gewerbeberechtigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 GrEStG gelten könne.

Mit der Rb. rügt die Stpfl. unter Wiederholung ihres bisherigen Begehrens fehlerhafte Rechtsanwendung. Unter Hinweis auf § 58 BewG meint sie, bei wirtschaftlicher Betrachtung rechne § 2 Abs. 1 GrEStG bestimmte werterhöhende Bestandteile nicht den Grundstücken zu. Diese Vorschrift unterscheide nicht zwischen Mineralgewinnungsrechten auf Grund staatlicher Verleihung oder auf Grund privatrechtlichen Vertrages. Die Zuzahlung für die miterworbene Berechtigung zur Ausbeute des Sand- und Kiesvorkommens sei grunderwerbsteuerfrei, so daß als voll steuerbegünstigter Vorgang lediglich der Tausch wertgleicher Grundstücke verbleibe.

 

Entscheidungsgründe

Die ab 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnde Rb. kann keinen Erfolg haben.

Zutreffend hat das FG entschieden, daß Gegenstand des Erwerbs durch die Stpfl. nicht das Grundstück und ein Sand- und Kiesausbeuterecht, sondern nur das Grundstück mit dem Sand- und Kiesausbeutevorkommen als wesentlichem Grundstücksbestandteil gewesen ist.

Zur ständigen Rechtsprechung des Senats, daß als Mineralgewinnungsrechte und sonstige Gewerbeberechtigungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 GrEStG nur diejenigen Gewerbeberechtigungen in Betracht kommen, die als solche wirklich nach den maßgeblichen Vorschriften als grundstücksgleiche Rechte oder als Grundstücksbestandteile (§ 96 BGB) begründet worden sind, wird auf das neueste Urteil des Senats II 130/62 vom 22. Juni 1966 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 86 S. 424 - BFH 86, 424 -, BStBl III 1966, 552) verwiesen.

Sand und Kies gehören auch in Bayern nicht zu den dem Verfügungsrecht des Eigentümers entzogenen Regalen Mineralien (vgl. Art. 1, 2 des Bayer. Berggesetzes vom 13. August 1910, Gesetz- und Verordnungsblatt S. 815; Bereinigte Sammlung des Bayerischen Landesrechts 1802 bis 1956, Vierter Band S. 136).

Das Recht zur Sand- und Kiesgewinnung ist also nur eine im Eigentumsrecht selbst enthaltene Befugnis und somit lediglich Teil des Grundstückseigentums mit der Folge, daß der Grundstücksübergang sich auch auf das Sand- und Kiesvorkommen erstreckt und daß auch besondere Aufwendungen auf dieses Vorkommen als Sand- und Kiesausbeuterecht grundsätzlich als Teile der Gegenleistung im Sinne des § 10 Abs. 1, § 11 GrEStG zu behandeln sind (vgl. die Urteil des Senats II 239/57 U vom 2. September 1959, BFH 69, 521, BStBl III 1959, 454, und II 265/60 vom 31. Oktober 1963, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965 S. 24, und neuerdings das oben angeführte Urteil II 130/62 vom 22. Juni 1966, a. a. O.).

Die Rechtsausführungen der Vorinstanz über die Voraussetzungen und Grenzen der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG sind mit der Revision nicht mehr angegriffen worden. Die Rechtsauffassung des FG entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats. Danach ist allerdings die Steuervergünstigung des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG auf die beiden Erwerbsvorgänge anwendbar, wenn sich durch einen Grundstücksaustausch auch für nur einen der Tauschpartner - hier für X - eine bessere Bewirtschaftungsmöglichkeit der forstwirtschaftlichen Grundstücke ergibt und letztere der Hauptzweck dieses Erwerbs war. Andererseits hat das FG richtig entschieden, daß die Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG im Streitfall schon deshalb nicht anwendbar ist, weil die von der Stpfl. geleistete Zuzahlung von 23.000 DM den Wert des veräußerten Grundstücks nicht unerheblich übersteigt und deshalb als sog. unschädlicher Spitzenbetrag im Sinne der Rechtsprechung des Senats nicht mehr angesehen werden kann. Die Zuzahlung führt deshalb zur vollen Steuerpflicht, weil sie dem Rechtsgeschäft den Charakter eines Tausches nimmt (vgl. zu Vorstehendem aus der neuesten Rechtsprechung des Senats die Urteile II 113/62 U vom 13. Oktober 1965, BFH 83, 533, BStBl III 1965, 693, und II 141/2 mit II 3/63 vom 16. Februar 1966, BFH 85, 199, BStBl III 196, 283, mit Nachweisen der vorangegangenen Rechtsprechung). Deshalb kommt auch eine "Spaltung" weder in einen steuerbefreiten und einen steuerpflichtigen Erwerbsvorgang innerhalb des gesamten Rechtsgeschäfts noch innerhalb nur des Erwerbsvorgangs der Stpfl. selbst in Betracht. Da die Zuzahlung für den durch das Sand- und Kiesvorkommen bedingten Mehrwert des Grundstücks geleistet worden ist, dieses Vorkommen aber - wie bereits zu 1. ausgeführt - als Teil des Grundstückseigentums selbst mitübertragen worden ist, kann von einem Tausch gleichwertiger Grundstücke nicht gesprochen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412174

BStBl III 1966, 631

BFHE 1966, 691

BFHE 86, 691

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