Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung einer Mehrzweckhalle durch eine Gemeinde - Betrieb gewerblicher Art als gesondert geführter Betrieb - Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 3 UStG 1973 - § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1973 erfordert kein die Kosten des Unternehmers deckendes Entgelt

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vermietung einer Mehrzweckhalle durch eine Gemeinde gegen Entgelt erfolgt im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art. Durch die unentgeltliche Überlassung der Halle zur Förderung von Vereinen verwirklicht die Gemeinde Eigenverbrauch. Überläßt sie die Halle zur Anbahnung späterer Geschäftsbeziehungen mit Mietern unentgeltlich, ist die Leistung nicht steuerbar. Dagegen erfolgt die Überlassung der Halle gegen Entgelt, wenn sie zur Erzielung einer für nachfolgende Zeiträume ausdrücklich vereinbarten Miete überlassen wird.

 

Orientierungssatz

1. Ein Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erfüllt die Voraussetzungen des § 15 Abs. 6 UStG 1973. Das in § 15 Abs. 6 UStG 1973 verwendete, § 85 Abs. 1 UStDB 1951, § 116 AO nachgebildete Tatbestandsmerkmal "in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb" ist erfüllt, wenn der Unternehmer eine Umsatztätigkeit räumlich und organisatorisch getrennt und unabhängig von seiner übrigen unternehmerischen Tätigkeit ausführt (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. § 15 Abs. 3 UStG 1973 stellt für den Vorsteuerabzug (bis zur Änderung der Vorsteueraufteilung durch das UStG 1980) lediglich auf das Verhältnis der zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen und nicht darauf ab, welchen Umsätzen die Vorsteuerbeträge wirtschaftlich zuzurechnen sind.

3. Deckt das Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1973 die Kosten des Unternehmers bei der Ausführung der Leistung nicht, darf es nach § 10 Abs. 1 UStG 1973 nicht erhöht werden. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1973 stellt nicht auf die Gleichwertigkeit von Leistung und Entgelt und auch nicht auf Kostendeckung ab.

 

Normenkette

UStG 1973 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 15 Abs. 3, § 2 Abs. 3 S. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 6, § 10 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes (Entscheidung vom 30.07.1986; Aktenzeichen I 246/84)

 

Tatbestand

A. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Gemeinde, errichtete in den Streitjahren 1975 bis 1977 eine Mehrzweckhalle. Die Halle wurde im Dezember 1977 in Betrieb genommen. Die Klägerin hatte einen Teil der Halle an einen Gastwirt verpachtet (sog. Gastronomietrakt mit Wohnung). Den übrigen Teil der Halle nutzte sie --nach 1977-- durch unentgeltliche Überlassung an Schulen und an Vereine für Übungsstunden, durch entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung an Vereine für deren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und (nach den Belegungsplänen der Halle in den Jahren 1978 bis 1980) durch entgeltliche Überlassung an andere Unternehmer für unternehmerische Zwecke in einem Umfang von 19,4 v.H.

Die Klägerin hatte auf die Steuerbefreiung der Umsätze durch Vermietung und Verpachtung der Halle verzichtet und den Abzug der ihr für die Herstellung der Halle in den Streitjahren (1975 insgesamt 867,39 DM; für 1976 insgesamt 10 648,96 DM; für 1977 insgesamt 275 403,59 DM) berechneten Umsatzsteuer als Vorsteuerbeträge begehrt.

Nach einer Außenprüfung ließ der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) in den angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheiden für 1975 bis 1977 vom 18.August 1982 (§ 164 Abs.2 der Abgabenordnung --AO 1977--) nur die auf den verpachteten Gebäudeteil (Gastronomietrakt mit Wohnung) anteilig entfallenden Vorsteuerbeträge (insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig) und im übrigen nur weitere 19,4 v.H. der Vorsteuerbeträge wegen der entgeltlichen Überlassung der Halle an andere Unternehmer für deren Unternehmen zum Abzug zu.

Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Mit der Klage begehrte die Klägerin den Abzug der gesamten auf den Hallenteil entfallenden Vorsteuerbeträge, weil eine abzugsschädliche Verwendung der Halle nicht vorliege.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Es führte zur Begründung u.a. aus, die Klägerin unterhalte mit der Überlassung der Halle an Dritte einen Betrieb gewerblicher Art und sei insoweit als Unternehmer tätig. Sie überlasse die Halle an Vereine gegen Entgelt für deren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb steuerbar und steuerpflichtig (§ 4 Nr.12 Buchst.a Sätze 1 und 2, § 9 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- 1973). Soweit sie die Halle aber im hoheitlichen Bereich für den Schulsport und zur Förderung von Vereinen zur Verfügung stelle, verwirkliche sie Eigenverbrauch, selbst wenn die Vereine ein nicht kostendeckendes Nutzungsentgelt zwischen zwei und zwölf DM je Stunde für die Hallennutzung zahlten. Die Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch durch unentgeltliche und teilweise unentgeltliche Hallenüberlassung errechnete das FG mit den Kosten von 108 DM je Hallenstunde aufgrund einer für 1978 von der Klägerin vorgelegten Einnahme-Überschußrechnung. Für den ersten Benutzungsmonat im Dezember 1977 ergebe sich, so führte das FG aus, bei 25 Stunden unentgeltlicher Überlassung an Vereine eine Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch von 2 700 DM.

Den Vorsteuerabzug ließ das FG zu, soweit der Eigenverbrauch (unentgeltliche Überlassung der Halle an Schulen und Vereine zur sportlichen Betätigung) die Überlassung von Betriebsvorrichtungen betraf, wofür das FG die Aufteilung gemäß Abschn.86 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 1985 heranzog. Soweit die Halle an Vereine für deren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gegen Entgelt steuerpflichtig überlassen worden war, nahm das FG eine insgesamt den Vorsteuerabzug zulassende Verwendung (teilweise Vermietung von Betriebsvorrichtungen, teilweise steuerpflichtige Vermietung durch Verzicht auf die Steuerbefreiung) an. Es erlegte dem FA auf (Art.3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit --VGFGEntlG--), die Beträge nach Maßgabe der rechtlichen Ausführungen festzusetzen.

Wegen der weiteren Begründung wird auf die in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 45 veröffentlichte Vorentscheidung Bezug genommen.

Die Klägerin und das FA haben Revision eingelegt.

Die Klägerin rügt Verletzung formellen und sachlichen Rechts.

In der Vorentscheidung, so begründet die Klägerin ihre Revision u.a., habe das FG die entgeltlich, aber nicht kostendeckende Vermietung der Halle zu Unrecht als Eigenverbrauch beurteilt. Unzutreffend sei auch die Beurteilung der unentgeltlichen Überlassung der Halle an Vereine als nichtunternehmerische (hoheitliche) Tätigkeit. Vielmehr habe sie, die Klägerin, den Vereinen die Halle zur Vorbereitung auf eine entgeltliche Vermietung bei Sportveranstaltungen unentgeltlich für Trainingszwecke zur Verfügung gestellt und damit aus unternehmerischen Gründen überlassen. Schließlich verletze die Vorentscheidung § 15 Abs.2 UStG 1973, weil als abzugsschädliche Verwendung auch die unentgeltliche, d.h. die nichtsteuerbare Überlassung der Halle an Sportvereine erfaßt worden sei. Es sei aber eine ausschließlich den Vorsteuerabzug zulassende Verwendung im Streitjahr 1977 erfolgt. Fehlerhaft sei, daß das FG für den Vorsteuerabzug nicht auf die tatsächliche Nutzung im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung 1977 abgestellt habe. Die Halle sei seinerzeit nur unentgeltlich überlassen worden.

Die Klägerin beantragt Aufhebung der Vorentscheidung und Berücksichtigung sämtlicher geltend gemachter Vorsteuerbeträge in den Streitjahren sowie die Erklärung, daß die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig gewesen sei.

Das FA wendet sich mit seiner Revision gegen die Beurteilung des FG, daß die unentgeltliche Überlassung der Halle an Sport- und Kulturvereine für deren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als Eigenverbrauch gewertet worden sei und daß die Klägerin auf die Steuerbefreiung des Eigenverbrauchs habe verzichten können.

Es rügt außerdem die Verletzung des § 15 Abs.3 UStG 1973, weil das FG die abziehbaren Vorsteuerbeträge für die Streitjahre 1975 bis 1977 nicht nach dem Verhältnis der zum Ausschluß von Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen im Jahr der erstmaligen Verwendung (Dezember 1977) der Mehrzweckhalle aufgeteilt habe, sondern die Nutzung in den Folgejahren 1978 bis 1980 zugrunde gelegt habe.

Das FA beantragt Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung, weil die Steuerschuld zu niedrig festgesetzt worden sei.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Revisionen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs.2 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Vorentscheidung verletzt § 1 Abs.1 Nr.2 Buchst.b und § 15 Abs.3 UStG 1973. Sie enthält keine Feststellungen, die dem Revisionsgericht eine abschließende Entscheidung ermöglichen.

I. Die Revision der Klägerin

1. Die Unternehmertätigkeit der Klägerin durch Hallenvermietung

Die Klägerin --eine juristische Person des öffentlichen Rechts-- ist Unternehmer (§ 2 Abs.3 Satz 1 UStG 1973) mit den durch ihre Stadtwerke und ihre Badebetriebe bewirkten entgeltlichen Leistungen. Im Rahmen ihres (einen) Unternehmens führt sie auch Umsätze im Zusammenhang mit der Vermietung der Mehrzweckhalle aus.

Zutreffend hat das FG entschieden, daß sich die Klägerin durch Vermietung der Halle gegen Entgelt als Unternehmer i.S. von § 2 Abs.3 Satz 1 UStG 1973 betätigt hat, denn sie wurde dabei im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art gemäß § 2 Abs.3 Satz 1 UStG 1973 i.V.m. § 1 Abs.1 Nr.6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), § 1 Abs.1 bis 3, § 4 der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung (KStDV) --für die Streitjahre 1975 und 1976-- bzw. nach § 2 Abs.3 Satz 1 UStG 1973 i.V.m. § 1 Abs.1 Nr.6, § 4 Abs.1 bis 4 KStG 1977 --für das Streitjahr 1977-- gegen Entgelt tätig (vgl. zu den Voraussetzungen eines Betriebes gewerblicher Art durch Verpachtungstätigkeit einer Gemeinde: Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25.Oktober 1989 V R 111/85, BStBl II 1990, 868 m.w.N.). Es ist offensichtlich, daß die Klägerin die Vermietung der Halle in einer durch organisatorische Maßnahmen geschaffenen Einrichtung ausgeführt hat, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dient und die sich innerhalb ihrer Gesamttätigkeit als juristische Person des öffentlichen Rechts wirtschaftlich heraushebt. Daß sich die wirtschaftliche Bedeutung der Einrichtung und eine Umsatztätigkeit der Klägerin durch entgeltliche Vermietung der Halle erst in den auf die Streitjahre folgenden Jahren verwirklicht hat, steht dem nicht entgegen.

Die Beurteilung, ob und daß die Klägerin ihre Unternehmertätigkeit durch Hallenvermietung erweitert hat, ist nicht auf einen Besteuerungszeitraum beschränkt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 22.Juni 1989 V R 37/84, BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913 unter II. 1. c). Selbst wenn die Klägerin die ersten entgeltlichen Umsätze durch Vermietung der Mehrzweckhalle erst in auf die Streitjahre folgenden Besteuerungszeiträumen bewirkt haben sollte, hängen die hier maßgeblichen Leistungsbezüge damit zusammen. Somit konnte die Klägerin die an sie in den Streitjahren 1975 bis 1977 ausgeführten und berechneten Bauleistungen für die Mehrzweckhalle ihrem Unternehmen zuordnen. Sie konnte die Halle im Dezember 1977 auch für Zwecke verwenden, die außerhalb ihres Unternehmens lagen. Für die Unternehmertätigkeit der Klägerin durch Vermietung der Halle ist unerheblich, ob der Betrieb gewerblicher Art die Vermietung der gesamten Mehrzweckhalle (sowohl des Gastronomiebereichs mit Wohnung als auch der übrigen Hallenfläche) umfaßt oder ob die Vermietung des Gastronomiebereichs mit der dazugehörenden Wohnung ein besonderer mit der Hallenvermietung nicht zusammengefaßter Betrieb gewerblicher Art ist.

2. Umsätze

Die vorhandenen Feststellungen lassen keine abschließende Beurteilung zu, ob und welche Umsätze die Klägerin im Streitjahr 1977 ausgeführt hat. Die Klägerin hat die Halle nach den das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs.2 FGO) im Dezember 1977 Vereinen 25 Stunden lang unentgeltlich überlassen. An welche Vereine aus welchen Gründen dies geschehen ist, hat das FG nicht aufgeklärt, obwohl davon die rechtliche Beurteilung des Steuer- und Vorsteuerabzugsanspruchs abhängt. Wegen dieses sachlichen Fehlers hat die Vorentscheidung keinen Bestand.

a) Die Klägerin kann eine steuerbare sonstige Leistung (§ 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1, § 3 Abs.8 UStG 1973) ausgeführt haben, wenn und soweit sie die Halle den Vereinen in Erwartung eines im Folgejahr 1978 zahlbaren Entgelts überlassen hat. Das ist z.B. der Fall, wenn die Klägerin einem Verein die Halle für eine Veranstaltung im Jahre 1978 gegen Entgelt vermietet hat und wenn das vereinbarte Entgelt entweder ausdrücklich oder bei verständiger Würdigung der Vereinbarung auch die Überlassung der Halle im Dezember 1977 zur Vorbereitung dieser Veranstaltung betrifft. Auf die Steuerbefreiung dieser Umsätze (§ 4 Nr.12 Buchst.a Satz 1 UStG 1973) kann die Klägerin verzichten, sofern der Mieter die Halle als Unternehmer genutzt hat (§ 9 Satz 1 UStG 1973).

Entgelt ist nach § 10 Abs.1 Satz 2 UStG 1973 "alles", was der Verein als Leistungsempfänger aufgewendet hat, um die Leistung (Überlassung der Halle im Dezember 1977) zu erhalten. Deckt dieses Entgelt die Kosten des Unternehmers bei der Ausführung der Leistung nicht, darf es nach § 10 Abs.1 UStG 1973 nicht erhöht werden. § 10 Abs.1 Satz 2 UStG 1973 stellt nicht auf Gleichwertigkeit von Leistung und Entgelt und auch nicht auf Kostendeckung ab. Es ist deshalb unzutreffend, daß das FG Leistungen der Klägerin gegen nicht kostendeckendes Entgelt (im Rahmen der Erörterung zum Vorsteuerabzug) als Eigenverbrauch beurteilt hat.

b) Falls sich die Überlassung der Halle an Vereine im Dezember 1977 bei der vom FG nachzuholenden Sachverhaltsaufklärung nicht als Umsatz nach § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG 1973 erweist, ist zu prüfen, ob Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs.1 Nr.2 Buchst.b UStG 1973 deswegen vorliegt, weil die Klägerin die Halle für Zwecke überlassen hat, die außerhalb ihres Unternehmens liegen. Eine solche Verwendung ist anzunehmen, wenn die Klägerin die Halle Vereinen zur Förderung der Vereinszwecke unentgeltlich überlassen hat.

Unzutreffend ist die Ansicht des FG, die unentgeltliche Überlassung der Halle durch die Klägerin als juristische Person des öffentlichen Rechts an Vereine sei Ausübung öffentlicher Gewalt (§ 4 Abs.5 Satz 1 KStG 1977) und aus diesem Grund eine Verwendung für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen. Zwar ist die Verwendung eines dem Unternehmen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts dienenden Gegenstands im Rahmen der öffentlichen Gewalt (§ 4 Abs.5 KStG 1977) als Verwendung außerhalb des Betriebes gewerblicher Art und damit als Eigenverbrauch zu beurteilen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20.Dezember 1984 V R 25/76, BFHE 142, 524, BStBl II 1985, 176 unter B. 3. b). Ausübung öffentlicher Gewalt ist vorhanden, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts eine ihr vorbehaltene und eigentümliche Aufgabe wahrnimmt, z.B. wenn sie die Halle für Zwecke des Schulsports zur Verfügung stellt. Wenn sie dagegen Tätigkeiten ausführt, die in gleicher Weise auch von Unternehmern des privaten Rechts verwirklicht werden können, wird sie nicht hoheitlich tätig, selbst wenn es sich insoweit um gesetzlich zugewiesene Aufgaben handelt (ständige Rechtsprechung; BFH-Urteile vom 30.Juni 1988 V R 79/84, BFHE 154, 192, BStBl II 1988, 910 unter II. 1. a, bb; vom 21.September 1989 V R 89/85, BFHE 158, 177, BStBl II 1990, 95 unter II. 1.). Die Überlassung einer Mehrzweckhalle zur Förderung von Vereinsbelangen ist danach, selbst wenn dies eine der Gemeinde nach dem Kommunalselbstverwaltungsgesetz für das Saarland (i.d.F. vom 2.Januar 1975, Amtsblatt --ABl-- 1975, 49) zugewiesene Aufgabe sein sollte, nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt ausgeführt worden, weil Vermietung einer Übungs- oder Veranstaltungshalle in gleicher Weise von privatrechtlich tätigen Unternehmern bewirkt werden kann.

Eigenverbrauch durch unentgeltliche Überlassung der Mehrzweckhalle an Vereine für Vereinsförderung ist nur steuerpflichtig, soweit sie sich auch auf Betriebsvorrichtungen erstreckt (§ 4 Nr.12 Satz 2 UStG 1973). Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung des Eigenverbrauchs im übrigen (§ 4 Nr.12 Satz 1 Buchst.a UStG 1973) ist --wie sich aus § 9 UStG 1973 ergibt-- nicht wirksam.

c) Schließlich könnte die Klägerin die Halle im Dezember 1977 an Vereine aber auch nicht steuerbar überlassen haben. Das ist dann anzunehmen, wenn die Klägerin den Vereinen die Halle unentgeltlich nicht zu unternehmensfremden Zwecken (z.B. Vereinsförderung), sondern aus unternehmerischen Gründen, z.B. zur Anknüpfung von noch nicht bestehenden Geschäftsbeziehungen oder zum Zweck der Werbung für die eigene Vermietungstätigkeit, überlassen hat, ohne damit eine konkrete Entgelterwartung zu verbinden.

Das FG wird eine entsprechende Aufklärung des Sachverhalts nachholen müssen.

3. Vorsteuerabzug

Die Entscheidung des FG zum Vorsteuerabzug ist nicht mit § 15 Abs.3 UStG 1973 vereinbar.

a) Die Klägerin hat erklärt, sie wolle die ihr für die Errichtung der Mehrzweckhalle berechneten Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs.3 UStG 1973 abziehen.

Nach § 15 Abs.3 UStG 1973 sind die Vorsteuerbeträge des Unternehmers nach dem Verhältnis der zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen in nicht abziehbare und abziehbare Vorsteuerbeträge aufzuteilen, wenn der Unternehmer neben Umsätzen, die zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs.2 UStG 1973 führen, auch Umsätze ausführt, bei denen ein solcher Ausschluß nicht eintritt. Die Vorschrift stellt für den Vorsteuerabzug (bis zur Änderung der Vorsteueraufteilung durch das UStG 1980) lediglich auf das Verhältnis der zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen und nicht darauf ab, welchen Umsätzen die Vorsteuerbeträge wirtschaftlich zuzurechnen sind (vgl. dazu Bundesminister der Finanzen --BMF--, Schreiben vom 28.Juni 1969, BStBl I 1969, 349 unter F I, II.). Bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem in § 15 Abs.3 UStG 1973 bezeichneten Umsatzschlüssel kann der Unternehmer einen in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betrieb wie ein selbständiges Unternehmen behandeln (vgl. § 15 Abs.6 UStG 1973). Führt die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs.3 UStG 1973 zu ungerechtfertigten Steuervorteilen, kann das FA verlangen, daß der Unternehmer die Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs.4 UStG 1973 aufteilt.

Das FG hat die streitigen Vorsteuerbeträge in der Vorentscheidung nicht nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätze in den Streitjahren, sondern nach einem aus dem Jahr 1978 entwickelten Maßstab aufgeteilt, ohne anzugeben, welche Aufteilungsvorschrift diesem zugrunde liegt. Damit verletzt die Vorentscheidung § 15 Abs.3 UStG 1973 und ist aufzuheben. Die Sache ist auch insoweit an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO), weil dem Revisionsgericht eine abschließende Entscheidung mangels geeigneter Feststellungen nicht möglich ist.

b) Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das FG zu beachten haben:

Wenn die Klägerin im Besteuerungszeitraum 1977 sowohl Umsätze ausführte, die zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs.2 UStG 1973 führen, als auch Umsätze bewirkte, bei denen ein solcher Ausschluß nicht eintritt, sind die Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen in nichtabziehbare und in abziehbare Vorsteuerbeträge aufzuteilen (§ 15 Abs.3 Satz 1 UStG 1973). Bei Anwendung der Aufteilung von Vorsteuerbeträgen nach § 15 Abs.3 UStG 1973 kann ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb wie ein selbständiges Unternehmen behandelt werden (§ 15 Abs.6 UStG 1973). Ein Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erfüllt --mangels besonderer entgegenstehender Anhaltspunkte-- die Voraussetzungen des § 15 Abs.6 UStG 1973. Das in § 15 Abs.6 UStG 1973 verwendete, § 85 Abs.1 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen 1951 (UStDB), § 116 der Reichsabgabenordnung (AO) nachgebildete Tatbestandsmerkmal "in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb" ist erfüllt, wenn der Unternehmer eine Umsatztätigkeit räumlich und organisatorisch getrennt und unabhängig von seiner übrigen unternehmerischen Tätigkeit ausführt (vgl. dazu BFH- Urteile vom 17.Juli 1969 V 68/65, BFHE 96, 227 unter 2.; vom 1.Dezember 1966 V 226/64, BFHE 87, 366, BStBl III 1967, 161). Dies ist auch im Streitfall gegeben, weil sich die Vermietungstätigkeit der Klägerin in dem Betrieb gewerblicher Art "Hallenvermietung" wirtschaftlich und organisatorisch von ihrer übrigen unternehmerischen Tätigkeit in anderen Betrieben gewerblicher Art abhebt.

c) Danach ist die Aufteilung der Vorsteuerbeträge, die der Klägerin im Zusammenhang mit der Einrichtung der ihrem Unternehmen zugeordneten Halle berechnet worden sind, nach dem Verhältnis der abziehbaren und der nichtabziehbaren Umsätze, die sie in diesem Betrieb gewerblicher Art ausgeführt hat, zu beurteilen (§ 15 Abs.3, Abs.6 UStG 1973). Umsätze, die die Klägerin in anderen, wie selbständige Unternehmen zu behandelnden Betrieben gewerblicher Art erzielt hat, werden nicht berücksichtigt.

d) Wenn die gesamte Halle einschließlich des Gastronomiebereichs und der Gastwirtswohnung als einheitlicher Betrieb gewerblicher Art für Zwecke des Vorsteuerabzugs beurteilt werden muß, sind die Umsätze aus der steuerpflichtigen Vermietung des Gastronomiebereichs (§ 4 Nr.12 Satz 1 Buchst.a i.V.m. § 9 Satz 1; § 4 Nr.12 Satz 2 UStG 1973) den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen zuzurechnen. Die Umsätze aus der Vermietung der Wohnung sind den steuerfreien, zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen zuzurechnen, weil auf die Steuerbefreiung der Vermietung nach § 9 Satz 1 UStG 1973 nicht verzichtet werden kann, wenn die Wohnung an den Pächter (als dessen Wohnung) vermietet worden sein sollte.

Falls die Halle im Dezember 1977 in Entgelterwartung überlassen worden sein sollte (vgl. oben B. I. 2. a), sind diese Umsätze den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen zuzurechnen. Hat die Klägerin die Halle dagegen unentgeltlich zur Vereinsförderung überlassen und Eigenverbrauch verwirklicht (vgl. oben B. I. 2. b), ist der steuerfrei verwirklichte Eigenverbrauch den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen, der übrige Teil des (steuerpflichtigen) Eigenverbrauchs (§ 4 Nr.12 Satz 2 UStG 1973) den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen zuzurechnen.

Falls und soweit die Halle im Dezember 1977 unentgeltlich für Zwecke des Unternehmens und damit ohne Umsatz im Sinne von entgeltlichen Leistungen, aber auch von Eigenverbrauch überlassen worden sein sollte (vgl. oben B. I. 2. c), schließt dies den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs.3 UStG 1973 nicht aus, noch läßt es ihn zu. Der Vorsteuerabzug für 1977 bemißt sich dann nur nach dem Verhältnis der den Abzug zulassenden Umsätze durch Vermietung des Gastronomiebereichs und den evtl. den Abzug ausschließenden Umsätzen durch Wohnungsvermietung.

e) Die von dem FG in Übereinstimmung mit den Beteiligten beurteilte Vorsteueraufteilung ausschließlich nach dem Verhältnis der Umsätze, die die Klägerin mit der Halle ohne den Gastronomiebereich und ohne die Wohnung ausgeführt hat, könnte nur unter weiteren, bisher noch nicht festgestellten Voraussetzungen maßgebend sein. Eine solche Aufteilung der Vorsteuerbeträge setzt voraus, daß die Vermietung dieses Teils der Halle und die Vermietung des Gastronomiebereichs einschließlich der Wohnung zwei selbständige Betriebe gewerblicher Art wären, die die Klägerin gesondert führte (§ 15 Abs.6 UStG 1973).

f) Für den Abzug der in den Streitjahren 1975 und 1976 angefallenen Vorsteuerbeträge ist darauf hinzuweisen, daß die Aufteilung nach § 15 Abs.3 i.V.m. Abs.6 UStG 1973 nur angewendet werden kann, wenn Umsätze ausgeführt worden sind. Sofern in den Jahren 1975 und 1976 noch keine Umsätze in dem zu beurteilenden gesondert geführten Betrieb gegeben sind, kann für den Vorsteuerabzug in einer noch nicht bestandskräftigen Steuerveranlagung (wie im Streitfall) aus Vereinfachungsgründen auf das Umsatzverhältnis i.S. von § 15 Abs.3 UStG 1973 des Jahres zurückgegriffen werden, in dem erstmals Umsätze ausgeführt worden sind.

4. Die Klägerin ist jedoch nicht gehindert, statt der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs.3 UStG 1973 eine der in § 15 Abs.4 UStG 1973 bezeichneten Aufteilungsmethoden anzuwenden.

II. Die Revision des FA

Die Revision des FA ist nach den vorstehenden Ausführungen ebenfalls begründet, weil die Vorentscheidung --wie vom FA gerügt-- § 15 Abs.3 UStG 1973 verletzt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63752

BFH/NV 1992, 46

BStBl II 1992, 569

BFHE 167, 207

BFHE 1992, 207

BB 1992, 1057 (L)

DB 1992, 1223 (L)

DStR 1992, 1804 (KT)

HFR 1992, 647 (LT)

StE 1992, 292 (K)

WPg 1992, 500-501 (S)

StRK, R.20 (LT)

NWB 1993, 4283

UVR 1992, 208 (L)

UStR 1992, 173 (KT)

NVwZ-RR 1993, 524

NVwZ-RR 1993, 524-526 (LT)

WiR 1992, 264 (L)

ZKF 1992, 187 (T)

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