Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Es liegen keine neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit i.S. des § 3b EStG 1982 vor, wenn sie aus einem einheitlich vereinbarten und gezahlten Gehalt nachträglich herausgerechnet werden.

 

Normenkette

EStG 1981 § 3b Abs. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Ingenieur seit dem Jahr 1975 bei einer Fabrik als Leiter der Produktion angestellt. Er ist nicht gewerkschaftlich organisiert.

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 31.Juli 1975 enthält folgende Vergütungsregelungen:

"5. Vergütung: Gehalt 4 000 DM pro Monat, 13.Monatsgehalt,

Urlaubsgeld

6. Gehaltserhöhung: Sofern die Gehaltserhöhung nicht

aufgrund anderer Gesichtspunkte oder Vereinbarungen

geändert wird, soll sich das obige Gehalt jährlich

um den DM-Betrag erhöhen, den ein Tarifangestellter

in der höchsten Tarifstufe (z.B. K 6) mehr erhält."

Bestimmungen über zu leistende Arbeitszeit, Vergütungen von Mehr- bzw. Nachtarbeit sowie Arbeit an Sonn- und Feiertagen enthielt der Arbeitsvertrag nicht.

In der Einkommensteuer-Erklärung 1982 beantragte der Kläger, den Teilbetrag in Höhe von 5 400 DM des vom Arbeitgeber auf der Lohnsteuerkarte 1982 bescheinigten Brutto-Jahresarbeitslohns von 89 637,90 DM steuerfrei zu belassen. Zur Begründung verwies er auf eine vom Arbeitgeber unter dem 26.September 1983 ausgestellte Bescheinigung folgenden Inhalts:

"Wir bescheinigen, daß Herr ... jederzeit für unser Unternehmen

telefonisch erreichbar sein muß, ohne daß wir hierfür eine

Kostenbeteiligung vornehmen.

Darüber hinaus erhält Herr ... für seine Kontroll- und Inspektionsgänge nach 21.00 Uhr sowie an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen kein zusätzliches Entgelt. In seinem Gehalt ist hierfür monatlich als Sonn- und Feiertagszuschlag ein Betrag von 450 DM vorgesehen."

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) behandelte bei der Einkommensteuer-Veranlagung 1982 den gesamten Arbeitslohn des Klägers als steuerpflichtig. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte u.a. aus:

Nach § 3b Abs.2 des Einkommensteuergesetzes 1982 (EStG) seien Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt würden, steuerfrei, soweit sie bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht überstiegen. Als Grundlohn gelte nach § 3b Abs.3 Nr.1 EStG, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem jeweiligen Lohnzahlungszeitraum an Geld- und Sachbezügen zustehe.

Lasse sich --wie hier-- aus dem Arbeitsvertrag keine regelmäßige Arbeitszeit entnehmen, so seien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit im Arbeitsentgelt nicht nach § 3b EStG steuerfrei. Die im laufenden Bruttolohn des Klägers enthaltene, mithin auch in Fällen von Urlaub und Krankheit gewährte Pauschalvergütung falle auch deshalb nicht als einzelvertraglich vereinbarter Zuschlag unter den § 3b Abs.2 EStG, weil diese Vorschrift nur solche Zuschläge von der Steuer freistelle, die ausschließlich tatsächlich geleistete und ungünstig liegende Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit abgelte.

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 31.Juli 1975 sehe keine Arbeitszeitregelung vor. Aus ihm lasse sich nicht entnehmen, welche Tätigkeiten vom Kläger innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit ausgeübt worden seien. Das sei nicht ungewöhnlich. Denn von einem Leiter der Produktion werde in der Regel erwartet, daß er über die reguläre Arbeitszeit hinaus in gewissem Umfang Kontroll- und Überwachungsaufgaben wahrnehme, ohne daß diese Mehrarbeit gesondert vergütet werde. Damit fehle es an einer Abgrenzungsvoraussetzung des § 3b Abs.2 EStG.

Unzulässig sei auch eine Aufteilung des nach dem Arbeitsvertrag einheitlich bezahlten Gehalts in einen Grundlohn und in einen Pauschalzuschlag; es sei nicht feststellbar, ob und ggf. inwieweit Teile der Gesamtvergütung auf begünstigte Tätigkeiten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit entfielen. Der Kläger könne mit der von ihm gefertigten Aufstellung mangels Unterscheidungsmöglichkeiten zwischen regelmäßiger und zusätzlicher Arbeitszeit keinen Nachweis über tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit erbringen. Dieser Aufstellung könne nicht entnommen werden, daß an einem bestimmten Tag wegen tatsächlich geleisteter Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit ein Zuschlag in bestimmter Höhe zum Grundlohn bezahlt worden sei.

Welcher Vergütungsanteil tatsächlich geleisteter begünstigter Arbeit zuzuordnen sei, könne auch deshalb nicht festgestellt werden, weil hier ein sog. Mischzuschlag vorliege. Denn nach der Arbeitgeberbescheinigung sei durch die Pauschalzahlung auch nach § 3b EStG nicht begünstigte Samstagsarbeit vergütet worden. Eine Aufteilung der Pauschalvergütung im Wege der Schätzung nach § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) in solche Anteile, die auf tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit entfielen, sei nicht möglich.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt. Er rügt sinngemäß die unzutreffende Anwendung des § 3b EStG und bringt u.a. vor:

Nicht zu folgen sei der Auffassung des FG, daß die im laufenden Bruttolohn enthaltene, mithin auch in Fällen von Urlaub und Krankheit gewährte Pauschalvergütung nicht als einzelvertraglich vereinbarter Zuschlag unter § 3b EStG falle, weil die Vorschrift nur solche Zuschläge von der Steuer freistelle, die ausschließlich tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit abgelten. Soweit sich die Pauschalvergütung im gesetzlichen Rahmen dieser Vorschrift halte und nachweisbar ausschließlich tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit abgelte, sei sie nach § 3b EStG steuerfrei. Dies sei vorliegend der Fall, da der ihm gezahlte Pauschalzuschlag nicht die in § 3b Abs.2 EStG festgesetzten Grenzen übersteige.

Unzutreffend sei die Auffassung des FG, die im Arbeitsentgelt enthaltenen Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit seien deshalb nicht nach § 3b EStG steuerfrei, da sich aus dem Arbeitsvertrag keine regelmäßige Arbeitszeit entnehmen lasse. Diese würde eine willkürliche und vom Gesetz nicht gedeckte Ausgrenzung solcher Arbeitnehmer von der Begünstigung des § 3b EStG bewirken, bei denen --mangels Notwendigkeit-- die (regelmäßige) Arbeitszeit nicht in einem Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt worden sei bzw. für die eine regelmäßige Arbeitszeit nicht vorgesehen sei.

Das FG habe zudem seine Aufklärungspflicht verletzt. Es habe unterstellt, daß er, der Kläger, keine regelmäßige Arbeitszeit habe. Das treffe nicht zu. Er habe als ein der Geschäftsleitung unterstellter Angestellter im Streitjahr nicht nur eine regelmäßige, sondern eine feste Arbeitszeit gehabt, was für Angestellte in dieser Position absolut üblich gewesen sei. Das FG hätte wegen dieser Frage von Amts wegen Beweis erheben müssen. Hierzu hätte sich die Vernehmung des Geschäftsführers seines Arbeitgebers angeboten.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung des FA vom 1.August 1984 aufzuheben und den Einkommensteuer-Veranlagungsbescheid 1982 vom 15.März 1984 in der Weise zu ändern, daß ein Betrag in Höhe von 5 400 DM nach § 3b EStG steuerfrei bleibe, sowie hilfsweise, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Denn das FG hat im Ergebnis zu Recht den Teilbetrag in Höhe von 5 400 DM nicht als nach § 3b Abs.2 EStG steuerfrei angesehen.

Da der Kläger nicht gewerkschaftlich organisiert ist, richtet sich die Entscheidung über die Steuerfreiheit bestimmter Zuschläge zum Arbeitslohn nach § 3b Abs.2 EStG. Hiernach sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn bezahlt werden, steuerfrei, soweit sie für Sonntagsarbeit 50 v.H., für Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen, auch wenn diese auf einen Sonntag fallen, 125 v.H., für Arbeiten an den Weihnachtsfeiertagen und am 1.Mai 150 v.H., für gelegentliche Nachtarbeit 30 v.H. und für regelmäßige Nachtarbeit 15 v.H. des Grundlohns nicht übersteigen. Nach Abs.3 Nr.1 dieser Vorschrift gilt als Grundlohn, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem jeweiligen Lohnzahlungszeitraum an laufenden Geld- und laufenden Sachbezügen zusteht. Dieser Betrag ist zwecks Anwendung des § 3b Abs.2 EStG auf einen Stundenlohn umzurechnen.

Es kann die Streitfrage dahingestellt bleiben, ob die Regelung nach § 3b Abs.2 i.V.m. Abs.3 Nr.1 EStG auf den Streitfall deshalb nicht anwendbar ist, weil der Arbeitsvertrag des Klägers vom 31.Juli 1975 keine Arbeitszeitregelung vorsieht, aus ihm mithin nicht ersichtlich ist, welche regelmäßige Arbeitszeit i.S. des § 3b Abs.3 Nr.1 EStG für den Kläger maßgebend ist. In dieser Hinsicht ist vor allem streitig, ob die im vorgenannten § 3b Abs.3 Nr.1 EStG genannte "maßgebende regelmäßige Arbeitszeit" vertraglich festgelegt sein muß (bejahend z.B. FG des Saarlandes, Urteil vom 6.März 1987 1 K 179/86, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1987, 287; dem zustimmend Meincke in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 3b EStG Rdnr.18; anderer Ansicht v. Beckerath in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 3b Rdnr.B 100, Stichwort: Arbeitszeitregelung, unter Hinweis auf das Urteil des FG Hamburg vom 9.März 1984 I 231/81, EFG 1985, 63; vgl. hierzu auch Richter, GmbH-Rundschau 1988, 477, und "el", Der Betrieb 1988, 2432). Der Senat braucht auf diese Frage im Streitfall nicht näher einzugehen, da das Urteil des FG aus anderen Gründen rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3b Abs.2 EStG kann im Streitfall nämlich schon deshalb nicht angewandt werden, weil dem Kläger Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit nicht neben dem Grundlohn gezahlt wurden. Nach dem Arbeitsvertrag vom 31.Juli 1975 hatte der Kläger Anspruch auf Zahlung eines Gehalts von 4 000 DM monatlich zuzüglich 13.Monatsgehalts und Urlaubsgeld. Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit waren in diesem Vertrag nicht vorgesehen. Der Arbeitgeber hat zwar in einer Bescheinigung vom 26.September 1983 dem Kläger bestätigt, daß in seinem Gehalt für Kontroll- und Inspektionsgänge nach 21.00 Uhr sowie an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen ein Sonn- und Feiertagszuschlag von 450 DM monatlich enthalten sei. Ein solcher herausgerechneter Anteil am Gehalt erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen des § 3b Abs.2 EStG, wonach die Zuschläge "neben" dem Grundlohn gezahlt werden müssen (so auch Urteile des Bundesfinanzhofs vom 6.September 1957 VI 125/56 U, BFHE 65, 403, BStBl III 1957, 387; vom 15.Dezember 1967 VI 159/65, BFHE 91, 246, BStBl II 1968, 274; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 9.Aufl., § 3b Anm.5; v. Beckerath in Kirchhof/Söhn, a.a.O., § 3b Rdnr.B 6; Abschn.17 Abs.1 Satz 3 der Lohnsteuer-Richtlinien 1981).

Da die Vorentscheidung somit im Ergebnis zu bestätigen ist, kann die Revision des Klägers keinen Erfolg haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63159

BFH/NV 1991, 23

BStBl II 1991, 296

BFHE 163, 79

BFHE 1991, 79

BB 1991, 821

BB 1991, 821 (LT1)

DB 1991, 737 (LT1)

DStR 1991, 511 (KT)

HFR 1991, 330 (LT)

StE 1991, 103 (K)

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