Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszimmer; Vertrag zwischen nahen Angehörigen

 

Leitsatz (NV)

Aufwendungen für die Anmietung eines Arbeitszimmers, die auf einem Mietvertrag zwischen nahen Angehörigen beruhen, sind dann nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn der Mietvertrag einem Fremdvergleich nicht standhält.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine Ehefrau, eine Lehrerin, wurden im Streitjahr 1979 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Ehefrau machte bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte die geltend gemachten Aufwendungen nicht an.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Ehefrau mit der Begründung als unzulässig ab, daß diese ein Vorverfahren nicht durchgeführt habe. Es gab der Klage des Ehemannes statt und führte im einzelnen aus: Die Ehefrau habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, in der die Mutter der Ehefrau als Zeugin vernommen worden sei, ein Zimmer in der Wohnung ihrer Mutter angemietet und dieses Zimmer tatsächlich als Arbeitszimmer genutzt. Die Zeugin habe bekundet, von ihrer Tochter monatlich ca. 200 DM für die Benutzung des Zimmers erhalten zu haben. Es habe zwischen der Mutter und ihrer Tochter Einigkeit darüber bestanden, daß die Tochter eine Vergütung zu zahlen habe. Unschädlich sei, daß die Angaben der Mutter und Tochter über die Höhe der monatlichen Vergütung differiert hätten. Die Mutter habe ausgesagt, ca. 200 DM im Monat bekommen zu haben, während die Tochter erklärt habe, sie habe jeweils 170 DM oder 200 DM monatlich gezahlt. Danach seien sich beide darüber einig gewesen, daß eine Miete von 170 DM bis 200 DM, mindestens also von 170 DM monatlich für die Benutzung des Zimmers zu zahlen gewesen sei. Einen höheren Betrag (Jahresbetrag 2 040 DM) habe die Ehefrau auch nicht als Werbungskosten geltend gemacht. Die Miete von 170 DM bis 200 DM sei auch nicht überhöht gewesen. Der dem Senat angehörende ehrenamtliche Richter X habe als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Wertermittlung von Grundstücken, Mieten und Pachten besondere Sachkenntnis auf dem Gebiet der Mietpreisbildung. Er habe in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß jedenfalls ein Preis von 150 DM bis 180 DM für ein untervermietetes Zimmer im Streitjahr nicht zu hoch gewesen sei.

Zur Begründung seiner vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision trägt das FA vor: Das Urteil verletze § 9 Abs. 1 Satz 1, § 12 Nrn. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), indem nichtabziehbare Kosten der Lebensführung den steuerlich abzugsfähigen Werbungskosten zugeordnet worden seien. Die Vorentscheidung verstoße gegen den Grundsatz, daß Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen nur dann einkommensteuerlich anzuerkennen seien, wenn die Gestaltung und Durchführung des Vereinbarten dem zwischen fremden Personen Üblichen entspreche (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 28. Januar 1986 IX R 12/80, BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Zutreffend ist die Vorentscheidung davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitszimmers nicht nur dann vorliegen können, wenn das Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung liegt, sondern auch dann, wenn sich dieses Zimmer in der Wohnung eines Dritten befindet. Denn mietet ein Steuerpflichtiger ein Wirtschaftsgut, das er betrieblich nutzt, so sind die Mietzahlungen Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 27. März 1987 III R 175/82, BFH/NV 1988, 21, 22). Es kann dann nichts anderes bei den Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) gelten.

Das FG hat jedoch außer acht gelassen, daß im Falle der Vermietung an einen nahen Angehörigen für die ertragsteuerliche Berücksichtigung der Mietzahlungen als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten Voraussetzung ist, daß die Erfordernisse erfüllt sind, die ertragsteuerrechtlich an die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gestellt werden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1988, 21, 22). Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, daß zwischen nahen Angehörigen abgeschlossene Verträge ertragsteuerlich nur zu berücksichtigen sind, wenn der Vertrag bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen ist, sein Inhalt den zwischen Fremden üblichen Regelungen vergleichbar und der Vertrag diesem Inhalt gemäß tatsächlich vollzogen worden ist. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß die Vertragsbeziehungen tatsächlich im betrieblichen oder beruflichen und nicht in Wirklichkeit im privaten Bereich (§ 12 Nrn. 1 und 2 EStG) wurzeln (vgl. z. B. Urteile vom 14. April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; vom 28. Juli 1983 IV R 103/82, BFHE 139, 376, BStBl II 1984, 60; vom 7. November 1990 X R 126/87, BFHE 163, 49, BStBl II 1991, 291).

Die Berücksichtigung der geltend gemachten Mietzahlungen als Werbungskosten scheitert im Streitfall daran, daß die nach den Feststellungen des FG zwischen der Ehefrau des Klägers und ihrer Mutter getroffene Vereinbarung über den zu zahlenden Mietzins einem Fremdvergleich nicht standhält. Das FG geht davon aus, daß eine Miete von 170 DM bis 200 DM einschließlich Nebenkosten pro Monat vereinbart worden sei, sich die Vertragsparteien aber jedenfalls darüber einig gewesen seien, daß mindestens 170 DM monatlich für die Benutzung des Zimmers durch die Ehefrau zu zahlen gewesen seien. An diese tatsächliche Feststellung über den Inhalt der getroffenen Vereinbarung ist der Senat gebunden, da zulässige und begründete Verfahrensrügen insoweit nicht erhoben worden sind (§ 118 Abs. 2 FGO). Zwischen Fremden ist es aber nicht üblich, Mieten in ungefährer Höhe (Zirkabeträge) oder mit Mindest- und Höchstbeträgen zu vereinbaren, bei denen es im Belieben des Schuldners steht, in welcher konkreten Höhe er im jeweiligen Monat den Mietzins tatsächlich entrichten will. Da eine ertragsteuerliche Berücksichtigung der geltend gemachten Mietzahlungen bereits aus diesem Grunde scheitert, kann der Senat offenlassen, ob die Versagung des geltend gemachten Werbungskostenabzugs auch aus den anderen von der Revision vorgetragenen Gründen hätte erfolgen müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417973

BFH/NV 1992, 166

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