Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch auf Ergänzung der Abfindung, den die Miterben gegen den Hoferben gemäß § 13 HöfeO haben, unterliegt als Erwerb von Todes wegen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1959 der Erbschaftsteuer.

 

Normenkette

ErbStG 1959 § 2 Abs. 1 Nr. 1; HöfeO §§ 12-13

 

Tatbestand

Die am 13. Februar 1960 verstorbene Frau A (Erblasserin) war seit 1940 mit dem Landwirt B (Ehemann der Erblasserin) verheiratet. Beide bewirtschafteten einen aus der Familie A stammenden Bauernhof, der Hof im Sinne der Höfeordnung (HöfeO) war. Die Ehe war kinderlos.

Beim Tode der Erblasserin lebten noch deren vier Schwestern.

1. C, gestorben 1965. Sie war 100 % arbeitsunfähig, lebte auf dem Hof und ist von den nachbenannten drei anderen Schwestern beerbt worden.

2. D, gestorben während des Klageverfahrens. Sie ist von den nachbenannten beiden Schwestern beerbt worden.

3. Die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits E, geboren 1899. Sie hat zeitlebens bis zum Verkauf des Hofes auf diesem mitgearbeitet.

4. F, sie ist nach Abschluß des Verfahrens vor dem FG gestorben und von G beerbt worden.

Die Erblasserin und der Ehemann der Erblasserin haben drei letztwillige Verfügungen vom 9. Juni 1944, 26. Juni 1958 und 3. Juni 1959 verfaßt.

Durch Beschluß des Landwirtschaftsgerichts in Bochum vom 20. Mai 1960 27 LwH 6/60 ist dem Ehemann der Erblasserin das Hoffolgezeugnis erteilt worden. Darauf ist er als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden.

Der Bevollmächtigte der Klägerin meldete Anfang Januar 1961 zunächst namens der Frau F gegenüber dem Ehemann der Erblasserin Ansprüche aus den Testamenten an. In den sich anschließenden Verhandlungen war u. a. die Frage aufgeworfen worden, ob der Ehemann der Erblasserin ohne Zustimmung der Schwägerinnen den Hof bzw. dessen wesentliche Teile veräußern dürfe. Schließlich kam zwischen der Klägerin und ihren drei Schwestern einerseits und dem Ehemann der Erblasserin andererseits eine Vereinbarung zustande, derzufolge der Ehemann der Erblasserin den Hof verkaufen und die Hälfte des Kaufpreises seinen vier Schwägerinnen zahlen werde.

Am 6. April 1961 verkaufte der Ehemann der Erblasserin die zum Hof gehörenden Grundstücke.

Die Klägerin erhielt aufgrund der o. a. Vereinbarung vom Ehemann der Erblasserin einen Betrag in Höhe von 271 202 DM ausgezahlt.

Das FA (Beklagter) hat die Zahlung als Herausgabe des Vorerben an den Nacherben angesehen und durch vorläufigen Bescheid vom 2. Juni 1966 gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 6 des Erbschaftsteuergesetzes i. d. F. vom 1. April 1959 - ErbStG - (BGBl I, 187) die Erbschaftsteuer auf 48 816 DM festgesetzt. Die Besteuerung hat das FA nach Steuerklasse III vorgenommen und darauf hingewiesen, daß ein Antrag gemäß § 3 Abs. 2 ErbStG noch zu stellen sei.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Auch das FG ging davon aus, daß der Ehemann der Erblasserin bezüglich des Hofes Vorerbe, die Klägerin und deren Schwestern Nacherben gewesen seien.

Mit der Revision beantragt die Klägerin die Aufhebung der Vorentscheidungen und des Steuerbescheids. Gerügt wird insbesondere die Verkennung des Rechtsbegriffs der Nacherbschaft.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist - wenn auch aus anderen als den im angefochtenen Urteil genannten Überlegungen - unbegründet (§ 126 Abs. 4 FGO).

1. Die Klägerin und deren Schwestern schulden Erbschaftsteuer aufgrund § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, nicht dagegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG; denn sie hatten gegenüber dem Ehemann der Erblasserin keinen Anspruch als mögliche Hofnacherben. Der Hoferlös konnte nicht Gegenstand der Hoferbfolge (Hofnacherbfolge) sein. Zum Hof im Sinne der Höfeordnung gehören die in § 2 HöfeO aufgeführten Grundstücke, Rechte und Anteile und das in § 3 HöfeO benannte Hofeszubehör. Surrogate dieser Gegenstände gehören nicht zum Sondervermögen "Hof", es sei denn, daß sie selbst Bestandteile oder Zubehör des Hofes sind. Die Beteiligten des Abfindungsvertrages vom Januar 1961 sind dementsprechend auch nicht von einer Nacherbfolge in den Hof ausgegangen. Vielmehr haben die Klägerin und deren Schwestern als bürgerlich-rechtliche Erben der Erblasserin den Anspruch auf Ergänzung der Abfindung gemäß § 13 HöfeO geltend gemacht.

2. Dieser Anspruch ist eine - aufschiebend bedingte - Ergänzung zu dem Abfindungsanspruch aus § 12 Abs. 1 bis 4 HöfeO. Der letztgenannte Anspruch zählt zum "Erbanfall" im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn er tritt für die weichenden Erben als Erwerb von Todes wegen "an Stelle ihres Erbteils" (§ 12 Abs. 1 HöfeO).

3. Der Anspruch der Erben des Erblassers gegen den Hoferben ist auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtet (§ 12 Abs. 1 HöfeO). Berechnungsgrundlage ist der Wert des Hofes. Der Anspruch hat somit den Charakter eines gesetzlichen Vermächtnisses, das nicht zu Lasten des oder der bürgerlich-rechtlichen Erben, sondern zu Lasten des Hoferben (vgl. § 15 Abs. 1 HöfeO) geht.

4. Daraus folgt für den aufschiebend bedingten Anspruch aus § 13 HöfeO, daß dieser nicht Bestandteil des Nachlasses und somit nicht Teil der Gesamtrechtsnachfolge im Sinne der §§ 1922, 1942 BGB ist. Daher gilt insoweit nicht - wie im Falle des Urteils vom 16. Juli 1975 II R 154/66 (BFHE 117, 76, BStBl II 1976, 17) - die Grundregel des § 14 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 4 BewG, sondern die davon abweichende Bestimmung in § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG. Denn der erworbene Anspruch ist - obschon mit dem Erbfall als aufschiebend bedingter entstanden und abtretbar - nicht mit dem Erbfall unbedingt erworben und nur kraft Schuldrecht aufschiebend bedingt. Die aufschiebende Bedingung ist vielmehr - ebenso wie bei dem aufschiebend bedingten Vermächtnis - Bestandteil der erbrechtlichen Regelung selbst.

5. Demzufolge ist mit der Veräußerung der Grundstükke durch den Hoferben der Ergänzungsanspruch gemäß § 13 HöfeO unbedingt geworden (entstanden) und in diesem Zeitpunkt die Steuer aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG entstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72139

BStBl II 1977, 79

BFHE 1977, 401

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