Leitsatz (amtlich)

1. Wer für Dienstleistungen in einem Unternehmen neben einem Festgehalt eine Gewinnbeteiligung erhält, ist - unabhängig von der alleinigen Entscheidungsbefugnis des Betriebsinhabers - stiller Gesellschafter, wenn sich aus den näheren Vereinbarungen über seine Bezüge ergibt, daß er sich mit dem Unternehmer zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden hat.

2. Die (geringe) Höhe einer Verbindlichkeit ist für die Entscheidung der Frage, ob es sich um eine Dauerschuld handelt, ohne Bedeutung.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nrn. 1, 3

 

Tatbestand

Die Revisionskläger sind Erben (Ehefrau und Sohn) des verstorbenen Alleininhabers (Steuerpflichtiger) einer Kraftfahrzeugwerkstätte. Nach einem zwischen Vater und Sohn ab 1. Januar 1960 abgeschlossenen "Dienstvertrag" übernahm dieser als Meister die verantwortliche Leitung der Werkstatt und der Kundendienstabteilung und verpflichtete sich, bei Personalausfällen auf Weisung der Firma auch andere Arbeiten zu übernehmen. Als Vergütung wurde ein monatliches Festgehalt von 600 DM und eine Tantieme in Höhe von 25 % des jährlichen Reingewinns vereinbart. Diese Vergütung konnte, wenn es die wirtschaftliche Lage der Firma erforderte, "angeglichen werden". Den nach Abzug der gesetzlichen Abzüge verbleibenden Teil der Tantieme hatte der Sohn dem Betrieb als mit 6 % verzinsliches Darlehen zur Verfügung zu stellen, welches der Darlehnsgeber während der Vertragsdauer - mit Ausnahme von Teilbeträgen für Steuerzahlungen im Zusammenhang mit der Tantieme - nicht und nach Vertragsende nur mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende kündigen konnte. Der Steuerpflichtige war berechtigt, während der Vertragsdauer Teilrückzahlungen vorzunehmen und die Rückzahlungen nach Kündigung durch den Sohn auf jährliche Raten von 10 000 DM zu beschränken. Der Vertrag konnte mit einer Frist von mindestens sechs Monaten jeweils zum Jahresende - erstmals zum 31. Dezember 1962 - gekündigt werden.

Die Bezüge des Sohnes betrugen:

1960 1961 1962 1963

(Streitjahr)

DM DM DM DM

Gehalt 8 400 10 631 11 364 10 404

Tantieme 22 660 39 410 27 400 26 500

Nach einer Betriebsprüfung rechnete der Revisionsbeklagte (FA) bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags 1960 zunächst die gesamten Bezüge nach § 8 Nr. 3 GewStG dem Gewinn hinzu, beschränkte sich jedoch in der Einspruchsentscheidung auf die Hinzurechnung der Tantieme.

Außerdem behandelte das FA Zinsen in Höhe von 170 DM für ein Darlehen in Höhe von rd. 3 000 DM (= 1 % der Bilanzsumme) als Dauerschuldzinsen, was der Steuerpflichtige wegen der geringen Höhe des Darlehens für unzulässig hielt.

Das FG hat die Klage abgewiesen.

Mit der Revision wird Verletzung von § 8 Nr. 1 und Nr. 3 GewStG gerügt und beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag ohne die Hinzurechnungen des Gewinnanteils und der Darlehnszinsen festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

1. Nach § 8 Nr. 3 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die bei seiner Ermittlung abgezogenen Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters wieder hinzugerechnet, wenn sie beim Empfänger nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind. Für die Abgrenzung zwischen Arbeitsverhältnis mit Gewinnbeteiligung und stiller Gesellschaft ist entscheidend, ob die Vertragsparteien sich zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben und ihre schuldrechtlichen Beziehungen demgemäß ein gesellschaftsrechtliches Element in sich tragen, oder ob sie lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen und ihre Beziehungen zueinander ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer beiderseitigen Interessen bestimmt werden (Urteil des BGH III ZR 226/64 vom 9. Februar 1967, BB 1967, 349). Da die Grenzen zwischen den verschiedenen möglichen Ausgestaltungen der beiden Vertragstypen fließend sind, können Einzelfälle nur durch Abwägung und Würdigung aller Umstände des jeweils zu beurteilenden Falles entschieden werden.

Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen rechtfertigen den von ihm gezogenen Schluß, daß zwischen dem Steuerpflichtigen und seinem Sohn eine stille Gesellschaft bestanden hat.

Im Streitfall erhielt der Sohn die Gewinnbeteiligung nur für seine Dienstleistung und nicht für eine Kapitalhingabe. Eine Entscheidung, welche allein auf die Ausgestaltung der Mitarbeit im Verhältnis zwischen Vater und Sohn abstellt (vgl. Urteil des BFH I 233/64 vom 7. Februar 1968, BFH 91, 373, BStBl II 1968, 356), ist mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen in der Vorentscheidung nicht möglich und entbehrlich, da der festgestellten Ausgestaltung der vereinbarten Vergütung ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl. BFH-Urteil I 138/63 vom 20. Januar 1965, StRK, Gewerbesteuergesetz, § 8 Ziff. 2-9, Rechtsspruch 72). Es spricht für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft, daß sowohl das Festgehalt als auch die Tantieme der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens angepaßt werden konnten. Ferner konnte der Sohn über die ihm zustehenden, das feste Gehalt erheblich übersteigenden Tantiemebeträge nicht frei verfügen. Dies führte zu einem ständigen Anwachsen der im Betrieb verbleibenden hohen Mittel. Nach Beendigung des streitigen Rechtsverhältnisses konnte der Sohn eine Rückzahlung nur in jährlichen Raten verlangen. Auf diese Weise war er stärker an das Schicksal des Unternehmens geknüpft, als es ein Arbeitnehmer, der seine eigenen Interessen verfolgt, hinnehmen würde.

Diese Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des BFH I 233/64 (a. a. O.). Denn im Streitfall war der Sohn dem Unternehmen seines Vaters nicht nur kapitalmäßig (darlehnsweise) in erheblichem Ausmaß verbunden, sondern hatte sich im Interesse des Unternehmens vertraglich erheblichen Beschränkungen in bezug auf die Vergütung seiner Mitarbeit unterworfen.

Entgegen der Auffassung der Revisionskläger spricht es nicht gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft, daß das streitige Rechtsverhältnis nach ihren eigenen Angaben als Übergangs- und Bewährungszeit für den Sohn vor dessen beabsichtigter Aufnahme als Gesellschafter in das väterliche Unternehmen gedacht war. Das FG hat diese Äußerungen ohne Rechtsverstoß dahingehend ausgelegt, daß die Aufnahme des Sohnes als Mitunternehmer und nicht etwa als stiller Gesellschafter gemeint war; denn die Revisionskläger haben vor dem FG ausdrücklich vorgetragen, daß dem streitigen Rechtsverhältnis die Absicht zugrunde lag, den Sohn "als Gesellschafter ... aufzunehmen, wie es dann tatsächlich am 1.1.1965 erfolgte". Aus dem von den Revisionsklägern dargelegten Ziel der Vereinbarung, daß der Sohn sich erst noch im Betrieb bewähren und auf keinen Fall bei unternehmerischen Entscheidungen seinem Vater gleichgeordnet gegenübertreten sollte, kann nicht auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses geschlossen werden. Dieses Ziel läßt sich auch durch eine stille Gesellschaft erreichen, bei der der Inhaber des Unternehmens die alleinige Entscheidungsbefugnis gegenüber dem im Betrieb mitarbeitenden stillen Gesellschafter grundsätzlich behält (vgl. § 338 HGB).

Es entspricht der Entscheidung des erkennenden Senats I R 17/69 vom 20. Januar 1971 (BFH 101, 243, BStBl II 1971, 308) wenn das FA von den vereinbarten Bezügen des Sohnes (Gewinnbeteiligung und laufendes festes Gehalt) nur die Tantieme nach § 8 Nr. 3 GewStG hinzugerechnet hat.

2. Zu Unrecht meinen die Revisionskläger, daß es für die Frage, ob eine Schuld der Verstärkung des Betriebskapitals dient, auf die Höhe der Verbindlichkeit ankomme. Der Wortlaut von § 8 Nr. 1 GewStG enthält keine Einschränkung in der Weise, daß nur Zinsen für solche Schulden hinzuzurechnen sind, die das Betriebskapital in einem bestimmten Mindestumfang verstärken. Das Tatbestandsmerkmal der Verstärkung allein wird aber durch Kapitalzuführung in jeder beliebigen Höhe erfüllt.

Auch Sinn und Zweck von § 8 Nr. 1 GewStG gebieten, bei der Beurteilung einer Verbindlichkeit als Dauerschuld die Höhe des Kredits außer Betracht zu lassen. Durch die Hinzurechnung von Dauerschulden wird dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer Rechnung getragen. Der in einem Gewerbebetrieb erzielte Ertrag soll unabhängig davon, ob er mit Eigen- oder Fremdkapital erzielt worden ist, der Gewerbesteuer unterliegen (BFH-Urteil I 244/61 vom 15. Oktober 1962, StRK, Gewerbesteuergesetz, § 8 Ziff. 1, Rechtsspruch 20). Gegen diese Gleichstellung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (Beschluß des BVerfG 1 BvR 25/65 vom 13. Mai 1969, BStBl II 1969, 424). Soweit also bei der einkommensteuerlichen Gewinnermittlung Zinsen für Schulden, welche nicht zu den laufenden Verbindlichkeiten gehören, von dem im Betrieb erzielten Ertrag als Betriebsausgaben abgezogen worden sind, muß dieser Abzug für die Bemessung der Gewerbesteuer wieder rückgängig gemacht werden. Es ist daher ohne Bedeutung, in welcher Höhe Zinsen als Betriebsausgaben angefallen sind, und in welchem Verhältnis das Eigenkapital zum Fremdkapital steht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69601

BStBl II 1971, 815

BFHE 1972, 204

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