Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung aus Anlaß einer verdeckten Gewinnausschüttung

 

Leitsatz (NV)

1. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann andere Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 sein. Dies setzt allerdings voraus, daß sie in dem maßgeblichen Veranlagungszeitraum bei der Kapitalgesellschaft abfließt.

2. Es fehlt an einem Mittelabfluß bei der Kapitalgesellschaft, wenn für eine Mietverbindlichkeit gegenüber dem beherrschenden Gesellschafter nur eine Rückstellung gebildet wurde.

 

Normenkette

KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2, § 27 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahre 1973 gegründete GmbH, deren Gesellschafter H (70 v. H.) und V (30 v. H.) waren. Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 22. 2. 1979 von der H-KG die beweglichen Anlagen und das Umlaufvermögen eines Produktionsbetriebes, den vorher die H-KG betrieben hatte. Außerdem mietete sie das im Alleineigentum der H stehende Grundvermögen auf Grund eines weiteren Vertrages vom 22. 2. 1979. Die Miete sollte 2 000 DM mtl. betragen.

Im Jahre 1979 geriet die Klägerin in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Sie erlitt einen Jahresfehlbetrag von rd. 180 000 DM. Deshalb zahlte sie die Miete an H nicht monatlich, sondern wies in der Bilanz zum 31. 12. 1979 als Darlehensverbindlichkeit gegenüber H rückständige Mieten in Höhe von 24 000 DM aus. In den Erläuterungen zur Bilanz ist ausgeführt:

,,Das Darlehen der H-KG kam durch die Betriebsaufspaltung zum 1. Januar 1979 zustande.

Der Anfangsbestand von 62 639,00 DM

ergab sich durch die Aufteilung von Aktiva und

Passiva zwischen der Betriebs- und der Besitzgesellschaft

+ Dividende, die der H-KG zusteht 48,00 DM

+ Miete 1979 für Fabrikgebäude 24 000,00 DM

86 687,00 DM

./. Ausgaben, die die H-KG betreffen 50 695,73 DM

35 991,27 DM

+ Zinsen 1976 (6 v. H.) 2 974,73 DM

38 966,00 DM.

Die sog. Ausgaben, die die H-KG betreffen, setzten sich wie folgt zusammen:

4 Gewerbesteuer-Vorauszahlungen zu je 10 007 DM 40 028,00 DM

4 Grundsteuerraten zu je 1 174,32 DM 4 697,28 DM

Brandversicherungsumlage 4 578,26 DM

49 303,54 DM

sonstige Zahlungen 1 392,19 DM

50 695,73 DM.

Nach einer Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) davon aus, daß der Mietvertrag nicht durchgeführt worden sei. Er behandelte die Rückstellung wegen Darlehensverbindlichkeit in Höhe von 24 000 DM als eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 und i. S. des § 27 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977. Gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1979 vom 18. Januar 1983 legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die falsche Auslegung des § 8 Abs. 3 und des § 27 Abs. 3 KStG 1977.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Änderung des angefochtenen Körperschaftsteuerbescheides 1979 entsprechend dem Klageantrag (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Klägerin hat sowohl im Klage- als auch im Revisionsverfahren nur den Antrag gestellt, die Körperschaftsteuer 1979 auf 0 DM festzusetzen. Sie hat nicht beantragt, das FA zu verpflichten, das Einkommen 1979 fingiert festzustellen (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. März 1988 I R 188/84, BFHE 153, 219, BStBl II 1988, 683).

2. Zwar hat das FG nicht unmittelbar festgestellt, wie die festgesetzte Körper

schaftsteuer 1979 ermittelt wurde. Die insoweit notwendigen tatsächlichen Feststellungen ergeben sich jedoch aus dem mit der Klage angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid vom 18. Januar 1983, auf den das FG in seinen Entscheidungsgründen Bezug nimmt und dessen Inhalt deshalb als festgestellt gilt (vgl. BFH-Großer Senat, Beschluß vom 17. Juli 1967 GrS 3/66, BFHE 91, 213, BStBl II 1968, 285). Danach ist die in Höhe von 13 400 DM festgesetzte Körperschaftsteuer 1979 der Saldo aus folgenden Beträgen:

tarifliche Körperschaftsteuer 0 DM

Minderung der Körperschaftsteuer 36 DM

Erhöhung der Körperschaftsteuer 13 436 DM

Saldo 13 400 DM.

Sowohl die Minderung als auch die Erhöhung der Körperschaftsteuer ergeben sich ausschließlich als Folge der Herstellung der Ausschüttungsbelastung auf Grund der in Höhe von 24 000 DM angenommenen anderen Ausschüttung (§ 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977). Bei dieser Sachlage kann die vom FG in den Mittelpunkt seiner Entscheidung gestellte Frage, ob die bilanzmäßige Behandlung der Mietzinsverbindlichkeit in Höhe von 24 000 DM zu einer verdeckten Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 führt, dahinstehen, da auch bei einer unterstellten verdeckten Gewinnausschüttung die Herstellung der Ausschüttungsbelastung rechtswidrig war.

3. Nach § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 ändert sich die Körperschaftsteuer bei ,,anderen Ausschüttungen" für den Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem die Ausschüttung vorgenommen wird. Dazu ist davon auszugehen, daß unter den Begriff ,,andere Ausschüttungen" auch eine verdeckte Gewinnausschüttung fallen kann. Sie ist keine Ausschüttung, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß beruht. Sie fällt deshalb nicht unter § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1977. Der erkennende Senat hat aber in seinem Urteil vom 9. Dezember 1987 I R 260/83 (BFHE 151, 560, BStBl II 1988, 460) entschieden, daß auch unter § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 nur solche verdeckte Gewinnausschüttungen fallen, die bei der Kapitalgesellschaft in dem maßgeblichen Veranlagungszeitraum abfließen. Daran fehlt es im Streitfall.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO binden, zahlte die Klägerin im Streitjahr 1979 keine Miete an die H-KG. Die Mietzinszahlungen wurden auch nicht in 1979 mit anderen Forderungen verrechnet. Insoweit fehlt es einerseits an dem Vollzug der Verrechnung und andererseits an einer nach außen hin erkennbaren Verrechnungsabrede. Allenfalls wurde während der Jahresabschlußarbeiten 1979 eine Verrechnung vorgenommen. Auf diese kann es jedoch steuerrechtlich nicht ankommen, weil der Jahresabschluß 1979 erst nach dem 31. Dezember 1979 aufgestellt wurde. Damit fehlt es jedenfalls für das Streitjahr 1979 an einem der eingetretenen Vermögensminderung entsprechenden Mittelabfluß. Deshalb sind die Voraussetzungen des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 unabhängig davon nicht erfüllt, ob im Streitfall tatsächlich eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 anzunehmen ist. Für 1979 durfte keine Ausschüttungsbelastung hergestellt werden. Die festzusetzende Körperschaftsteuer 1979 ist mit der tariflichen Körperschaftsteuer identisch. Da letztere 0 DM beträgt, ist auch die festzusetzende Körperschaftsteuer mit 0 DM anzusetzen.

4. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache ist entscheidungsreif. Der Senat kann auf Grund der festgestellten Besteuerungsgrundlagen die festzustellende Körperschaftsteuer mit 0 DM ermitteln. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben. Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid war zu ändern. Die Körperschaftsteuer war auf 0 DM festzusetzen (§ 121, § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416507

BFH/NV 1990, 325

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