Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Der Bundesfinanzhof hält an der Rechtsprechung fest, daß ein der Auflösung der Gesamthandgemeinschaft nachfolgender Rechtsvorgang nicht von der Steuer befreit ist.

 

Normenkette

GrEStG § 3 Ziff. 3

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) war mit einem Bruder und einer Schwester zu je 1/3 Erbin des Nachlasses ihrer Eltern. Die drei Miterben setzten sich durch Vertrag vom 4. Juli 1951 (Vertrag 1) über das zum Nachlaß gehörige Grundstück dahin auseinander, daß jeder der drei Erben zu je 1/3 Bruchteilseigentümer des Grundstücks wurde. Die drei Geschwister wurden auch als Bruchteilseigentümer zu je 1/3 im Grundbuch eingetragen.

Durch Vertrag vom 3. Oktober 1952 (Vertrag 2) übertrug die Schwester ihr Bruchteilseigentum an dem Grundstück auf die Bfin.

Das Finanzamt erhob zu dem Vertrag 2 von der Bfin. Grunderwerbsteuer. Das Finanzgericht billigte die Steuerforderung. Es versagte die Steuerbefreiung aus § 3 Ziff. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) mit der Begründung, die Teilung des Nachlasses sei hinsichtlich des Grundstücks schon durch den Vertrag 1, spätestens aber durch die Eintragung der drei Miterben als Bruchteilseigentümer im Grundbuch vollzogen worden und es könne deshalb die spätere übertragung des Miteigentums nicht mehr die Steuerbefreiung genießen.

Die Rechtsbeschwerde, mit der die Bfin. erneut die Befreiung aus § 3 Ziff. 3 a. a. O. in Anspruch nimmt, hat keinen Erfolg.

Der Auffassung des Finanzgerichts ist beizutreten. Sie entspricht auch der Rechtsprechung. Beim Abschluß des Vertrags 2 stand das Grundstück nicht mehr im Gesamthandeigentum von Miterben; das Drittel Bruchteilseigentum konnte deshalb nicht mehr "zur Teilung des Nachlasses" erworben werden.

Die Bfin. rügt in der Rechtsbeschwerde, das Finanzgericht habe die vorgetragenen Begleitumstände des Abschlusses der beiden Verträge nicht berücksichtigt. Die zunächst von der Schwester begehrte Auseinandersetzung durch Barauszahlung der Schwester sei nicht durchführbar gewesen. Zu dem Abschluß des Vertrages 1 sei sie (die Bfin.) nur infolge der Drohung der Schwester mit dem Antrag auf Zwangsversteigerung des Grundstücks zwecks Auflösung der Erbengemeinschaft bereit gewesen. Sie habe demnach unter Zwang gehandelt. Der Vertrag 1 stelle nur eine Etappe der ganzen Auseinandersetzung dar, bis zum Abschluß des Vertrages 2 sei die Verwaltung des Grundstücks wie vorher einheitlich als Erbengemeinschaft fortgesetzt worden, erst auf Grund des Vertrages 2 sei die Verwaltungs- und Nutznießungsgemeinschaft aufgelöst worden.

Die Bfin. will damit die beiden Verträge in dem Sinne als ein einheitliches Ganzes betrachtet wissen, daß - durch die Umstände erzwungen - erst durch den Vertrag 2 die Auseinandersetzung abgeschlossen worden sei.

Der Reichsfinanzhof hat zwar in dem Urteil II a 531/29 vom 10. Dezember 1929, Reichssteuerblatt (RStBl.) 1930 S. 70, Mrozek-Kartei, GrEStG (alt) § 8 Nr. 3 Rechtsspruch 34, trotz vorausgegangener Umwandlung von Gesamthandeigentum in Bruchteilseigentum für die spätere flächenweise Aufteilung des Nachlaßgrundstücks Steuerfreiheit in einem Falle gewährt, in dem die Erben von Anfang an die Absicht gehabt hatten, die Erbauseinandersetzung nur durch Flächenteilung zu beenden, diese Absicht nicht aufgegeben und in der übertragung von Bruchteilseigentum nur eine vorläufige Maßnahme gesehen haben, mit der sie sich solange begnügten, als einer Flächenteilung ihnen nicht überwindlich scheinende Schwierigkeiten sich entgegenstellten. Der Reichsfinanzhof hat aber schon in dem Urteil II A 22/34 vom 16. März 1934, Mrozek-Kartei, GrEStG (alt) § 8 Nr. 3 Rechtsspruch 49, Zweifel darüber angedeutet, ob an diesem Urteil festzuhalten wäre, und hat dann in dem in der Amtlichen Slg. (Bd. 54 S. 548) veröffentlichten Urteil II 186/41 vom 26. August 1943 entschieden: Ist eine Erbauseinandersetzung über Nachlaßgrundstücke durch Umwandlung des Gesamthandeigentums in Miteigentum oder Alleineigentum vollzogen, so ist eine spätere abweichende Regelung der Eigentumsverhältnisse selbst dann keine Erbauseinandersetzung und daher nicht nach § 3 Ziff. 3 GrEStG steuerbefreit, wenn die erste Regelung von den Beteiligten nur als eine vorläufige gedacht war.

 

Entscheidungsgründe

Dem tritt der Senat bei. Schon das Finanzamt hat zutreffend darauf hingewiesen, daß bei der Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer die rechtliche Betrachtung gegenüber der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Vordergrund steht. So ist der Eigentumsübergang der Steuer unterworfen, auch wenn ihm, wie bei der Begründung eines Treuhandverhältnisses, ein wirtschaftlicher Umsatz nicht zugrunde liegt. Es wäre deshalb verfehlt, durch Heranziehung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu einem anderen Ergebnis gelangen zu wollen. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist dann am Platze, wenn das Gesetz eine Vorschrift wie in § 1 Abs. 2 GrEStG vorwiegend auf wirtschaftliche Gesichtspunkte stützt. § 3 Ziff. 3 a. a. O. läßt aber wegen seiner klaren rechtlichen Abgrenzung des Befreiungstatbestandes eine Auslegung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zu. Umfaßt der ungeteilte Nachlaß nicht mehr das Grundstück, so kann insoweit nicht mehr eine Teilung des Nachlasses erfolgen. Nur hinsichtlich des rechtlich nicht klar begrenzten Tatbestandsmerkmals des zum Nachlaß "gehörigen" Grundstücks können in gewisser Hinsicht wirtschaftliche Erwägungen Platz greifen; so wird das vom Erblasser gekaufte, aber noch nicht durch Eintragung im Grundbuch zu Eigentum erworbene Grundstück zum Nachlaß gerechnet, so daß bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen des § 3 Ziff. 3 GrEStG die Befreiung gewährt wird. Wenn die Bfin. meint, der Anwendung der Befreiungsvorschriften müsse allgemein die wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde gelegt werden, so trifft das nicht zu. Für Besteuerungs- und Befreiungsvorschriften gelten grundsätzlich dieselben Gesichtspunkte.

Der Bfin. ist darin beizupflichten, daß § 3 Ziff. 3 GrEStG bezweckt, die Auseinandersetzung zwischen Miterben zu erleichtern. Befreit ist aber immer nur die Auseinandersetzung, nicht auch ein Rechtsvorgang, der der in der Befreiungsvorschrift umschriebenen Auseinandersetzung nachfolgt.

Ob die Beteiligten erst den Vertrag 2 als die eigentliche Auseinandersetzung betrachtet haben, ist nach vorstehenden Ausführungen unerheblich. Es sei aber darauf hingewiesen, daß die am Anfang des Vertrages 2 behauptete Eintragung der Geschwister "als Miterben aus Erbengemeinschaft" mit der Eintragung als Miteigentümer zu je 1/3 unvereinbar ist.

Zu einem Erlaß aus Billigkeitsgründen ist der Senat nicht befugt. Ebenso war das Finanzgericht zu einem Erlaß nicht berechtigt, so daß in dieser Hinsicht begrifflich Verfahrensmängel nicht vorliegen können. Auch sonst rügt die Bfin. zu Unrecht Mängel des Verfahrens. Das Finanzgericht hat zutreffend das Vorbringen, auf dessen Nichtberücksichtigung die Bfin. die Rüge stützt, als unerheblich betrachtet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407921

BStBl III 1954, 176

BFHE 1954, 694

BFHE 58, 694

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