Leitsatz (amtlich)

Reicht ein Land- und Forstwirt mit der Einkommensteuererklärung lediglich eine auf das Kalenderjahr abgestellte Einnahme-Überschußrechnung ein, die einen Verlust ausweist, so kann darin kein Antrag auf freiwillige Gewinnermittlung nach der Einnahme- Überschußrechnung gemäß § 13a Abs.1 Satz 2 Nr.2 EStG 1975 erblickt werden.

 

Orientierungssatz

Die Frist des § 13a Abs. 1 Satz 3 EStG (Antragsfrist für Ermittlung des Gewinns aus Landwirtschaft und Forstwirtschaft durch Bestandsvergleich bzw. durch Einnahme-Überschußrechnung) ist eine wiedereinsetzungsfähige Ausschlußfrist.

 

Normenkette

EStG 1975 § 13a Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3, Abs. 1 Nr. 2; AO 1977 § 110

 

Tatbestand

Streitig ist, ob durch einen nichtbuchführungspflichtigen Land- und Forstwirt ein Antrag auf Gewinnermittlung durch Vergleich der Betriebseinnahmen mit den Betriebsausgaben gestellt wurde.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erwarb im Mai 1974 einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Nutzfläche von rd. 24 ha. Dieser Betrieb diente fortan der Zucht und Mast von Schweinen und in geringem Umfang auch der Pferdezucht. Unter den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, daß der Kläger mit diesem Betrieb nicht buchführungspflichtig war. Davon ist auch das Finanzgericht (FG) ausgegangen.

Die von den Klägern eingereichte Einkommensteuererklärung 1973 ist beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) am 6.August 1976 eingegangen. Darin erklärte der Kläger, der von Beginn an steuerlich beraten war, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von ./. 4 188 DM (Unterkunftskosten für Tiere und geringwertige Wirtschaftsgüter). Dieser Angabe liegt eine Einnahme-Überschußrechnung für das Kalenderjahr 1973 mit demselben Betrag zugrunde. Eine Anlage L war der Steuererklärung nicht beigefügt. In Zeile 14 des Formulars für die Einkommensteuererklärung 1973 heißt es u.a.: "Bilanz- und Verlust- und Gewinnrechnung, bei nicht buchführenden Land- und Forstwirten Anlage L, beifügen." Das letzte Wort ist fettgedruckt. Das FA veranlagte die Kläger nach den Angaben der Steuererklärung endgültig mit Bescheid vom 9.Dezember 1976; dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Die Einkommensteuererklärung 1974 ist ebenfalls am 6.August 1976 beim FA eingegangen. Für diesen Veranlagungszeitraum wurde ein Verlust aus Land- und Forstwirtschaft von 28 836 DM erklärt. Die Einnahme-Überschußrechnung bezieht sich auf das Kalenderjahr 1974 und weist diesen Betrag aus. Das Formular der Einkommensteuer 1974 enthält in Zeile 14 denselben Vermerk wie die Einkommensteuererklärung 1973. Eine Anlage L war nicht beigefügt. Das FA veranlagte die Kläger mit Bescheid vom 15.Dezember 1976 endgültig; der insoweit nach eingelegtem Einspruch ergangene Änderungsbescheid vom 2.März 1977 wurde bestandskräftig.

Die Einkommensteuererklärungen für 1975 und 1976 gingen am 26.August 1977 beim FA ein. Darin wurde der für das Kalenderjahr 1975 ermittelte Verlust für den landwirtschaftlichen Betrieb in Höhe von ./. 111 198 DM und für das Kalenderjahr 1976 in Höhe von ./. 145 154 DM erklärt. Die Berechnung erfolgte ebenfalls aufgrund von Einnahme-Überschußrechnungen. Die Einkommensteuererklärungen enthalten in Zeile 14 folgenden Text: "Bilanz und Verlust -und Gewinnrechnung, bei nichtbuchführenden Steuerpfl. Überschußrechnung oder Anlage L, beifügen". Eine Anlage L ist nicht beigefügt worden.

Aufgrund einer Außenprüfung führte das FA für die Jahre 1975 und 1976 Erstveranlagungen mit Sammelbescheid vom 10.Mai 1978 durch. Dabei wurden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nunmehr nach dem Gesetz über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen (GDL) vom 15.September 1965 (BGBl I, 1350, BStBl I, 552) bzw. § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt, weil das FA der Ansicht war, daß eine Veranlagung nach den Einnahme-Überschußrechnungen mangels eines entsprechenden Antrags nicht zulässig sei. Aus den gleichen Gründen erteilte es einen Änderungsbescheid für den Veranlagungszeitraum 1974 vom 10.Mai 1978.

Ausweislich des vom FG in Bezug genommenen Einspruchsschreibens ist hiergegen vom steuerlichen Berater der Kläger Einspruch eingelegt und mit der am 21.Juni 1978 beim FA eingegangenen Begründung begehrt worden, der Besteuerung die für den landwirtschaftlichen Betrieb nach § 4 Abs.3 EStG ermittelten Gewinne zugrunde zu legen.

Das FA hat mit Einspruchsbescheid vom 28.August 1978 über die in Sachen Einkommensteuer 1975 und 1976 eingelegten Einsprüche entschieden und sie im wesentlichen zurückgewiesen.

Die Klage ist erfolglos geblieben. Das FG ging davon aus, daß der Kläger nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet war, für seinen landwirtschaftlichen Betrieb Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen (§ 13a Abs.1 Satz 1 EStG). Einen Antrag auf Gewinnermittlung durch Vergleich der Betriebseinnahmen mit den Betriebsausgaben gemäß § 13a Abs.1 Satz 2 Nr.2 EStG habe der Kläger nicht bzw. nicht rechtzeitig gestellt. Selbst wenn man in den Einkommensteuererklärungen 1973 bis 1976 nebst Einnahme-Überschußrechnungen solche Anträge sehen könnte, wären sie bezogen auf das Rumpfwirtschaftsjahr 1973/74 und die Wirtschaftsjahre 1974/75 bzw. 1975/76 nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 13a Abs.1 Satz 3 EStG gestellt worden. Lediglich die Einkommensteuererklärung 1976 sei innerhalb der für das Wirtschaftsjahr 1976/77 bis Ende 1977 laufenden Antragsfrist beim FA eingegangen. Doch sei dies nicht erheblich, weil die Abgabe der Einkommensteuererklärung nebst Einnahme-Überschußrechnung nicht den Erfordernissen des § 13a Abs.1 Satz 3 EStG an den Antrag, der schriftlich zu stellen sei, genüge. Ein konkludentes Verhalten, wie die Abgabe der Steuererklärung nebst Gewinnabschluß könne dieses Schriftlichkeitserfordernis nicht erfüllen. Der in der Einspruchsbegründung gestellte Antrag sei verspätet. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, weil die Jahresfrist des § 110 Abs.3 der Abgabenordnung (AO 1977) abgelaufen gewesen sei. Der Vortrag der Kläger, das FA habe mit der Vornahme der Veranlagungen für 1973 und 1974 unter Ansatz der erklärten Verluste aus Land- und Forstwirtschaft wegen Versäumung der Antragsfrist nach § 13a Abs.1 EStG gemäß § 86 der Reichsabgabenordnung (AO) stillschweigend Nachsicht gewährt, treffe deshalb nicht zu, weil die versäumte Rechtshandlung, hier die Antragstellung, nicht nachgeholt worden sei. Außerdem habe dem FA ein entsprechender dahingehender Geschäftswille gefehlt.

Die Kläger könnten das angestrebte Klageziel auch nicht unter Berufung auf eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben erreichen. Das FA sei bezüglich der Streitjahre aufgrund des Prinzips der Abschnittsbesteuerung nicht an seine fehlerhafte Sachbehandlung in früheren Besteuerungszeiträumen gebunden. Eine verbindliche Zusage sei nicht erteilt worden und auch sonst sei ein Vertrauensschutz nicht begründbar.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger Verletzung der §§ 86 AO und 13a Abs.1 EStG.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 1975 und 1976 vom 10.Mai 1978 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 28.August 1978 dergestalt zu ändern, daß bei der Einkommensteuer 1975 ein Verlust aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 125 544 DM sowie bei der Einkommensteuer 1976 in Höhe von 171 741 DM berücksichtigt wird. Hilfsweise beantragen die Kläger, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1976 vom 10.Mai 1978 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 28.August 1978 dergestalt zu ändern, daß ein Verlust aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 83 628 DM berücksichtigt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist sowohl im Haupt- wie im Hilfsantrag unbegründet.

Die Entscheidung des Senats richtet sich für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.Dezember 1973 beginnen, nach § 13a Abs.1 EStG in der durch das Vermögensteuerreformgesetz vom 17.April 1974 --VStRG-- (BGBl I, 949, BStBl II, 233, 249) bestimmten Fassung, für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.Januar 1974 beginnen, nach § 12 Abs.2 GDL (vgl. Art.9 Abs.2 VStRG und § 52 Abs.17 a EStG i.d.F. des VStRG).

Nach § 13a Abs.1 EStG kann ein Steuerpflichtiger, der nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, mit bestimmten Maßgaben u.a. beantragen, daß der Gewinn für vier aufeinanderfolgende Wirtschaftsjahre durch Vergleich der Betriebseinnahmen mit den Betriebsausgaben zu ermitteln ist.

Nach § 12 Abs.2 Satz 1 GDL konnte wahlweise nur der nach § 4 Abs.1 EStG ermittelte Gewinn aus Landwirtschaft der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn der Steuerpflichtige freiwillig Bücher führte und Abschlüsse machte und der Steuerpflichtige einen entsprechenden Antrag stellte.

In beiden Fällen war der Antrag spätestens sechs Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, auf das er sich bezog, schriftlich zu stellen. Nach § 12 Abs.2 Satz 3 GDL verpflichtete der Antrag den Steuerpflichtigen bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres 1973/74 Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen. Die insoweit anders lautende Regelung des § 1 Abs.2 Satz 3 GDL ist wegen des späten Wirksamwerdens der maßgebenden Einheitswerte für land- und forstwirtschaftliche Betriebe nicht wirksam geworden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.Oktober 1982 IV R 54/79, BFHE 136, 491, BStBl II 1983, 11). Nach § 13a Abs.1 Satz 2 EStG bindet der Antrag für vier aufeinanderfolgende Wirtschaftsjahre.

Soweit im Streitfall die Anwendung von § 12 Abs.2 GDL in Betracht kommen sollte, ist das von den Klägern behauptete Antragsrecht sowie die behauptete Rechtsfolge nicht vorgesehen.

Ein Antrag i.S. von § 13a Abs.1 Satz 2 Nr.2 EStG ist weder mit der Einkommensteuererklärung 1973 noch mit den Einkommensteuererklärungen 1974 bis 1976 gestellt worden.

Bei dem Antrag nach § 13a Abs.1 Satz 2 (Nr.2) EStG handelt es sich um eine steuerrechtliche empfangsbedürftige Willenserklärung mit bestimmten Maßgaben bezüglich Inhalt, Form und Frist. Wegen der Einzelheiten wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidung des Senats vom 28.Januar 1988 IV R 12/86 (BFHE 152, 476) Bezug genommen. Hiernach ist die Frage, ob ein Antrag nach § 13a Abs.1 Satz 2 EStG abgegeben wurde, notfalls durch Auslegung zu ermitteln, wobei dem Empfängerhorizont maßgebliche Bedeutung zukommt. Voraussetzung ist jedoch, daß der Steuerpflichtige überhaupt eine Willenserklärung abgeben wollte. Dazu muß er die rechtliche Bedeutung einer solchen Erklärung und auch die Umstände kennen, die als Erklärung gedeutet werden können.

An diesen Voraussetzungen fehlt es im Streitfall. Den Einkommensteuererklärungen 1973 bis 1976 bzw. den beigefügten Einnahme- Überschußrechnungen kann kein Anhaltspunkt entnommen werden, daß dem Kläger überhaupt das Wahlrecht bzw. seine Ausübung nach § 13a Abs.1 Satz 2 Nr.2 EStG bewußt war. Fehlt es aber hieran, kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger einen Antrag zur Ausübung des Wahlrechts bezüglich der Gewinnermittlung gestellt hat. Die Einkommensteuererklärungen 1973 bis 1976 sind gerade bezüglich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nicht vollständig; denn der steuerlich beratene Kläger hat nicht jeweils die Anlage L beigefügt, obwohl er sich mit seiner Gewinnermittlung nach § 4 Abs.3 EStG selbst als nichtbuchführender Landwirt eingeordnet und damit den Hinweis in Zeile 14 der jeweiligen Einkommensteuererklärung unstimmig unbeachtet gelassen hat. Hinzu kommt, daß der Kläger als Gewinnermittlungszeitraum jeweils das Kalenderjahr zugrunde gelegt und damit zu erkennen gegeben hat, daß er den Gewinn nicht --wie erforderlich-- für das jeweilige Wirtschaftsjahr ermitteln wollte. Allenfalls hat der Kläger beantragt, den Jahresgewinn der Besteuerung zugrunde zu legen; dieser Antrag ist nach § 13a Abs.1 Satz 2 EStG aber nicht vorgesehen.

Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, ob gemäß § 13a Abs.1 Satz 3 EStG Form und Frist gewahrt wurden.

Der Kläger hat erst mit der Begründung zu seinem Einspruch in Sachen Einkommensteuer 1974 bis 1976 einen Antrag i.S. von § 13a Abs.1 Sätze 2 und 3 EStG gestellt. Dieser Antrag ist verspätet. Zwar war in diesem Zeitpunkt in bezug auf das letzte für das Streitjahr maßgebliche Wirtschaftsjahr 1976/77 noch nicht die Jahresfrist des § 110 Abs.3 AO 1977 verstrichen und damit eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der an sich wiedereinsetzungsfähigen Ausschlußfrist des § 13a Abs.1 Satz 3 EStG (vgl. Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, Rdnr.476) noch denkbar. Die Kläger haben jedoch keine Tatsachen zur Begründung einer etwaigen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgetragen. Auch haben sie die Antragsfrist des § 110 Abs.2 Satz 1 AO 1977 versäumt, weil ihnen spätestens mit dem Zugang des Einkommensteuersammelbescheids für 1975 und 1976 (zur Post am 10.Mai 1978) der Standpunkt des FA bezüglich der Antragstellung bekannt sein mußte. Wiedereinsetzungsgründe bezüglich dieser ebenfalls wiedereinsetzungsfähigen Frist sind nicht erkennbar.

Da der steuerlich beratene Kläger ursprünglich keinen Antrag i.S. von § 13a Abs.1 Sätze 2 und 3 EStG gestellt hat, konnte die, wenn auch wiederholt erfolgte falsche Sachbehandlung des FA bezüglich seiner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft keinen Vertrauenstatbestand erzeugen, auf den er sich nunmehr für die Streitjahre berufen könnte. Dem steht schon das die Einkommensteuerveranlagung beherrschende Prinzip der Abschnittsbesteuerung entgegen (vgl. dazu mit weiterem Nachweis BFH-Urteil vom 19.November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520). Zudem konnte auch der Kläger den Fehler ohne weiteres erkennen (vgl. zur Bedeutung dieses Umstands im Bereich der Verwirkung BFH-Urteil vom 14.September 1978 IV R 89/74, BFHE 126, 130, BStBl II 1979, 121, Abschn.II 3a).

 

Fundstellen

Haufe-Index 62096

BStBl II 1988, 532

BFHE 152, 480

BFHE 1988, 480

BB 1988, 1443-1443 (L1)

HFR 1988, 390 (LT1)

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