Leitsatz (amtlich)

Veräußert ein Gewerbetreibender GmbH-Anteile, die zu seinem Anlagevermögen gehören, so ist den zeitlichen Voraussetzungen des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG auch dann genügt, wenn die GmbH-Anteile aus der "Umwandlung" einer vor mehr als sechs Jahren vor der Veräußerung erworbenen und von Anfang an mit einem "Umwandlungsrecht" ausgestatteten stillen Beteiligung hervorgegangen sind.

 

Normenkette

EStG § 6b Abs. 4 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1966, ob bei der Berechnung der Sechsjahresfrist des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG die Besitzzeit einer (atypischen) stillen Beteiligung, die entsprechend einer der stillen Gesellschafterin eingeräumten Option in einen GmbH-Anteil umgewandelt wurde, mit der Besitzzeit dieses GmbH-Anteils zusammengerechnet werden kann und deshalb gemäß § 6 b Abs. 1 EStG ein Betrag in Höhe des Gewinns aus der Veräußerung des GmbH-Anteils von den Herstellungskosten eines Gebäudes abgezogen werden kann.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, stellt Sperrholz-, Holzfaser- und Kunststoffplatten her. Zu den Zulieferanten der Klägerin gehörte auch die Firma I-OHG (im folgenden OHG). Diese geriet 1960 in finanzielle Schwierigkeiten.

Am 2. Juni 1960 schloß die Klägerin mit der OHG einen notariell beurkundeten Vertrag ab. Der Vertrag umfaßte in drei Abschnitten einen Darlehnsvertrag (Abschn. I), einen Gesellschaftsvorvertrag (Abschn. II) und einen weiteren Gesellschaftsvorvertrag (Abschn. III).

Nach Abschn. I ("Darlehnsvertrag") gewährte die Klägerin der OHG ein mit 6 % verzinsliches, dinglich gesichertes und nach den gesetzlichen Vorschriften kündbares Darlehen von 120 000 DM (§§ 1 bis 3). Nach Abschn. II ("Gesellschaftsvorvertrag") war die Klägerin berechtigt, in die OHG als stille Gesellschafterin einzutreten, und zwar durch Umwandlung des Darlehens in eine Einlage. Diese Einlage sollte mit 6 % verzinst werden, der Gewinnanteil sollte sich nach dem Verhältnis der Kapitalkonten bestimmen. Eine Verlustbeteiligung der Klägerin als stille Gesellschafterin sollte ausgeschlossen sein (§ 4). Zu Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, sollte die OHG der Einwilligung der Klägerin als stille Gesellschafterin bedürfen (§ 8). Nach Abschn. III ("weiterer Gesellschaftsvorvertrag") konnte die Klägerin, "wenn es wirtschaftliche Gegebenheiten für richtig erscheinen lassen". verlangen, daß die OHG in eine GmbH umgewandelt wird, wobei die Darlehnsforderung oder die stille Beteiligung der Klägerin und die Kapitalkonten der Gesellschafter der OHG die Stammeinlage bei dieser GmbH bilden sollten (§ 9). Am Gewinn und Verlust der GmbH sollten die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile teilnehmen (§ 12).

Am 14. Juli 1960 vereinbarten die Klägerin und die OHG unter Bezugnahme auf Abschn. II des Vertrags vom 2. Juni 1960, daß die Klägerin mit Wirkung vom 1. Juli 1960 in die OHG als stille Gesellschafterin eintritt und zu diesem Zwecke das gewährte Darlehen in eine Einlage umgewandelt und diese auf insgesamt 250 000 DM erhöht wird.

Das für die OHG zuständige FA sah in der stillen Beteiligung eine atypische stille Beteiligung und behandelte daher die Klägerin als Mitunternehmerin des von der OHG betriebenen Unternehmens.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. Dezember 1961 errichteten die Klägerin, für die ein Treuhänder handelte, und ein Teil der Gesellschafter der OHG mit Wirkung vom 1. Januar 1962 eine GmbH, und zwar in der Weise, daß die Klägerin ihre inzwischen auf 265 000 DM aufgestockte stille Beteiligung und die Gesellschafter der OHG das Unternehmen der OHG in die GmbH einbrachten. Vom Stammkapital in Höhe von 458 000 DM entfielen auf die Klägerin eine Stammeinlage von 265 000 DM.

Mit Vertrag vom 30. Dezember 1966 veräußerte die Klägerin ihren GmbH-Anteil zu einem Gesamtpreis von 1 650 000 DM, und zwar an einige der übrigen Gesellschafter der GmbH und an diese selbst. Den Gewinn aus der Veräußerung des GmbH-Anteils in Höhe von 1 385 000 DM wies die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1966 und ihrer einheitlichen Gewinnfeststellung für 1966 nicht aus; sie verrechnete diesen vielmehr unter Berufung auf § 6 b EStG mit den Herstellungskosten eines neu errichteten Betriebsgebäudes.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) vertrat im Anschluß an eine Betriebsprüfung die Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 6 b EStG nicht erfüllt seien, weil der GmbH-Anteil im Zeitpunkt seiner Veräußerung nicht mindestens sechs Jahre zum Anlagevermögen der Klägerin gehört habe. Der Gewinn der Klägerin sei demgemäß um 1 372 881 DM (= 1 385 000 DM abzüglich höherer AfA für das Betriebsgebäude) zu erhöhen. Auf dieser Grundlage erließ das FA am 7. November 1972 einen berichtigten (vorläufigen) einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid für 1966, der am 15. März 1973 für endgültig erklärt wurde.

Die Sprungklage der Klägerin, mit der diese in erster Linie geltend machte, die Sechsjahresfrist des § 6 b EStG sei gewahrt, weil die stille Beteiligung und der daraus hervorgegangene GmbH-Anteil wirtschaftlich identisch seien, und mit der die Klägerin deshalb eine Herabsetzung des festgestellten Gewinns um 1 372 881 DM begehrte, war erfolglos. Das FG (Urteil vom 23. September 1974 II 567/73, EFG 1975, 57) war der Auffassung, daß zwar die Berechnung der Sechsjahresfrist des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu erfolgen habe, aber weder die Klägerin durch den Vertrag vom 2. Juni 1960 ein einheitliches Wirtschaftsgut erworben habe noch die stille Beteiligung und der GmbH-Anteil wirtschaftlich identisch seien.

Mit der Revision beantragt die Klägerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Gewinnfeststellungsbescheid 1966 dahin zu ändern, daß der Gewinn um 1 372 881 DM auf 3 955 469 DM herabgesetzt wird. Die Klägerin rügt eine Verletzung des § 6 b EStG, insbesondere eine unzureichende Berücksichtigung der ratio legis bei der Auslegung des Gesetzes.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zu einer Gewinnfeststellung nach Maßgabe des Antrags der Klägerin.

Nach § 6 b Abs. 1 EStG können Steuerpflichtige, die bestimmte Wirtschaftsgüter, so u. a. "Anteile an Kapitalgesellschaften" veräußern, im Wirtschaftsjahr der Veräußerung von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bestimmter anderer Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung angeschafft oder hergestellt worden sind, einen Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns abziehen. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist u. a. , daß "die veräußerten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Veräußerung mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebstätte gehört haben" (§ 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG).

Im Streitfall hat die Klägerin GmbH-Anteile und damit zweifelsfrei "Anteile an Kapitalgesellschaften" veräußert. Im Gegensatz zur Vorentscheidung ist den Voraussetzungen des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG genügt, weil die GmbH-Anteile aus einer "Umwandlung" einer vor mehr als sechs Jahren vor der Veräußerung erworbenen und von Anfang an mit einem "Umwandlungsrecht" ausgestatteten stillen Beteiligung hervorgegangen sind.

1. Im steuerrechtlichen Schrifttum herrscht die Meinung vor, daß der Begriff der "Anteile an Kapitalgesellschaften" i. S. des § 6 b EStG im wesentlichen übereinstimmt mit dem Begriff der "Anteile an einer Kapitalgesellschaft" i. S. des § 17 EStG (siehe Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 16. Aufl., EStG § 6 b Anm. 34; Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 6 b Anm. 4 g; anderer Ansicht Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 11. Aufl., § 6 b Tz. 31). Auch die Finanzverwaltung ist dieser Auffassung (vgl. Abschn. 41 a Abs. 6 EStR 1972). Der erkennende Senat hält diese Rechtsansicht für zutreffend. Wenn ein Steuergesetz ein und denselben Ausdruck in verschiedenen Vorschriften verwendet, die zudem gewisse sachliche Berührungspunkte haben, so liegt es nahe, daß das Gesetz mit diesem Ausdruck auch jeweils denselben Sinn verbindet. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Zweck des § 6 b EStG geben keine Anhaltspunkte dafür, daß der Begriff der "Anteile an Kapitalgesellschaften" in § 6 b einen anderen engeren Inhalt haben soll, als in § 17 EStG.

2. Der Begriff der "Anteile an einer Kapitalgesellschaft" i. S. des § 17 EStG umfaßt nach der ab 1965 gültigen Legaldefinition in § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG (i. d. F. des StÄndG 1965 vom 14. Mai 1965, BGBl I, 377, BStBl I 1965, 217) nicht nur Aktien und GmbH-Anteile, sondern auch "Anwartschaften auf solche Beteiligungen". Für die vor 1965 gültige Fassung des § 17 EStG gilt, wie der Senat mit Urteil vom 20. Februar 1975 IV R 15/71 (BFHE 115, 223, BStBl II 1975, 505) entschieden hat, entsprechendes. Demgemäß rechnet die überwiegende Meinung im Schrifttum zu den Anteilen an Kapitalgesellschaften sowohl i. S. des § 17 EStG als auch des § 6 b EStG auch Bezugsrechte z. B. i. S. des § 186 des Aktiengesetzes (AktG) und Obligationen mit Umtauschrechten wie z. B. Wandelschuldverschreibungen i. S. des § 221 AktG (Blümich/Falk, a. a. O., § 6 b Anm. 4 g: sowohl für Bezugsrechte wie für Umtauschrechte; Hartmann/Böttcher/Grass, nur Großkommentar zur Einkommensteuer, § 6 b Anm. 4 f: für Umtauschrechte, nicht hingegen für Bezugsrechte; Richter/Winter, Gewinnübertragungen nach §§ 6 b/6 c EStG, Herne 1971 Tz. 160-161: Nur für Umtauschrechte, nicht hingegen für Bezugsrechte; Herrmann/Heuer, a. a. O., § 6 b Anm. 34: für Bezugsrechte; anderer Ansicht Littmann, a. a. O., § 6 b Anm. 31 für Umtauschrechte).

Der Senat hat mit Urteil IV R 15/71 entschieden, daß Bezugsrechte auf GmbH-Geschäftsanteile zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i. S. des § 17 EStG gehören.

Der Senat ist der Auffassung, daß Umtauschrechte, wie sie z. B. Wandelschuldverschreibungen i. S. des § 221 AktG kennzeichnen, ebenfalls als Anteile an einer Kapitalgesellschaft i. S. des § 17 EStG und damit auch i. S. des § 6 b EStG zu werten sind. Denn für derartige Umtauschrechte gilt in gleicher Weise wie für Aktien oder GmbH-Anteile und wie für aus solchen Beteiligungen abgespaltene Bezugsrechte, daß sie wirtschaftlich einen für den Inhaber des Umtauschrechtes durch Ausübung dieses Rechtes und anschließende Veräußerung der erlangten Aktien oder GmbH-Anteile realisierbaren Anteil an der Substanz des von einer Kapitalgesellschaft betriebenen Unternehmens repräsentieren. Speziell aus der Sicht des § 6 b EStG erscheinen mindestens solche Umtauschrechte, die im Grundsatz jederzeit ausübbar sind, deren Geltendmachung also nicht etwa rechtlich langfristig hinausgeschoben ist, einerseits und Aktien oder GmbH-Anteile andererseits wirtschaftlich gleichwertig.

3. Maßgeblicher Erwerbszeitpunkt für die Berechnung der Sechsjahresfrist des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG ist nach allgemeiner Meinung bei einem (veräußerten) Wirtschaftsgut, das anstelle eines anderen Wirtschaftsgutes angeschafft worden ist, das mit diesem anderen Wirtschaftsgut wirtschaftlich identisch ist, der Zeitpunkt der Anschaffung dieses anderen Wirtschaftsgutes (vgl. z. B. Abschn. 41 c Abs. 6 EStR 1972; Thiel, Übertragung stiller Reserven, Heidelberg 1965, Tz. 67; Blümich/Falk, a. a. O., § 6 b Anm. 6 d S. 962). Der Senat teilt diese Auffassung, denn dem Zweck des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG, nur solche Veräußerungsgewinne zu begünstigen, die aus einer längerfristigen Kapitalbindung herrühren (vgl. Thiel, a. a. O., Tz. 68), ist jedenfalls auch dann genügt, wenn innerhalb der Sechsjahresfrist zwar die Form der Kapitalbindung wechselte, aber beide Formen der Kapitalbindung (wie z. B. einerseits Aktien oder GmbH-Anteile und andererseits Bezugsrechte oder Umtauschrechte auf solche Beteiligungen) in der Wertung des § 6 b EStG gleichwertig erscheinen, d. h. beide Formen der Kapitalbindung Anteile an Kapitalgesellschaften i. S. des § 6 b EStG darstellen.

Wird ein schuldrechtlicher Geldanspruch, der mit einem Recht auf Umtausch in Aktien oder GmbH-Anteile verbunden ist, also z. B. eine Wandelschuldverschreibung i. S. des § 221 AktG, in Ausübung des Umtauschrechtes durch Aktien oder GmbH-Anteile ersetzt, so erscheinen der mit dem Umtauschrecht ausgestattete Geldanspruch und die Aktien oder GmbH-Anteile nicht nur unter dem Blickwinkel einer etwaigen Gewinnrealisierung (dazu Urteil des RFH vom 24. August 1944 I 21/44, RFHE 54, 128; siehe aber auch Urteil des BFH vom 21. Februar 1973 I R 106/71, BFHE 109, 22, BStBl II 1973, 460), sondern ebenso für den Anwendungsbereich des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG als wirtschaftlich identisch (so auch Littmann, a. a. O., § 6 b Tz. 46 am Ende, obwohl dieser Wandelschuldverschreibungen als solche nicht zu den Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. des § 6 b Abs. 1 EStG rechnet - Tz. 31 -). Zwar sind ein schuldrechtlicher Geldanspruch und Aktien oder GmbH-Anteile im Regelfalle naturgemäß nicht artgleich. Unabhängig von dieser grundsätzlichen Artverschiedenheit erscheinen aber unter der spezifischen Zwecksetzung des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG Aktien oder GmbH-Anteile in einem für die Zusammenrechnung der Besitzzeiten ausreichendem Maße wirtschaftlich identisch mit einem Forderungsrecht, das mit einem Recht auf Umtausch in Aktien oder GmbH-Anteile ausgestattet ist, weil in diesem die Aktien oder GmbH-Anteile gewissermaßen in statu nascendi bereits enthalten waren.

4. Im Streitfall veräußerte die Klägerin GmbH-Anteile, die sie jedoch in Ausübung eines ihr bereits bei Abschluß des Darlehnsvertrags vom 2. Juni 1960 und erneut bei Begründung der stillen Beteiligung am 14. Juli 1960 eingeräumten Rechtes erworben hatte, die Darlehnsforderung bzw. die stille Beteiligung in GmbH-Anteile umzutauschen. Die der Klägerin durch den Vertrag vom 2. Juni 1960 eingeräumte Rechtsstellung ist, wie die Revision zu Recht hervorhebt, in den entscheidungserheblichen Zügen derjenigen des Inhabers einer Wandelschuldverschreibung i. S. des § 221 AktG vergleichbar. Daß im Streitfall anders als bei Wandelschuldverschreibungen mit der Ausübung des Umtauschrechtes nicht nur diejenigen GmbH-Anteile geschaffen wurden, die an die Stelle der stillen Beteiligung treten, sondern darüber hinaus sogar erst eine GmbH gegründet wurde, kann nicht maßgeblich sein, weil darin nur ein quantitativer Unterschied zu sehen ist.

Die mit dem Umtauschrecht ausgestattete stille Beteiligung und die GmbH-Anteile sind danach entgegen der Ansicht der Vorentscheidung für die Anwendung des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG als wirtschaftlich identisch zu werten. Zu Unrecht hat die Vorentscheidung darauf abgestellt, daß die Klägerin zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet war, die stille Beteiligung in GmbH-Anteile umzutauschen. Auf eine derartige Verpflichtung kann es nicht ankommen. Auch bei Wandelschuldverschreibungen i. S. des § 221 AktG besteht sie nicht. Es trifft zwar zu, daß eine stille Beteiligung (gleichgültig, ob typischer oder atypischer Art) und ein GmbH-Anteil ihrem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt nach regelmäßig verschiedenartige Wirtschaftsgüter sind; dies gilt aber unter dem Blickwinkel des § 6 b EStG, wie ausgeführt, gerade nicht für eine stille Beteiligung, die mit einem kurzfristig ausübbaren Umtauschrecht ausgestattet ist, und den aus der Ausübung dieses Umtauschrechtes hervorgegangenen GmbH-Anteilen. Wenn man, wie der erkennende Senat, davon ausgeht, daß der Begriff der Anteile an Kapitalgesellschaften i. S. des § 6 b EStG auch Wandelschuldverschreibungen (und gleichartige Rechte) umfaßt und wenn, wie im Streitfall, zusätzlich im Zeitpunkt der Veräußerung infolge der vorangegangenen Ausübung des Umtauschrechtes bereits GmbH-Anteile vorhanden waren, so läßt sich entgegen der Vorentscheidung auch nicht sagen, daß eine Zusammenrechnung von Beteiligungszeiten aus der stillen Beteiligung und aus den GmbH-Anteilen den Rahmen des § 6 b EStG sprengen würde.

Schließlich läßt sich gegen die vorstehend entwickelte Auffassung auch nicht einwenden, eine atypische stille Beteiligung könne nicht Gegenstand des Anlagevermögens i. S. des § 6 b EStG sein, weil die auf die Beteiligung entfallenden Gewinne (einschließlich eines Veräußerungsgewinnes) nur im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung für die atypische stille Gesellschaft zu erfassen seien. Handelsrechtlich ist eine stille Beteiligung ebenso wie eine Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft ein selbständiger bilanzierungsfähiger Vermögensgegenstand (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juli 1975 I R 165/73, BFHE 117, 30, BStBl II 1976, 73). Sie ist deshalb in der Handelsbilanz und damit gemäß § 5 Abs. 1 EStG in gleicher Weise in der Steuerbilanz auszuweisen, auch wenn der Ausweis in der Steuerbilanz ohne unmittelbare Auswirkungen auf den Steuerbilanzgewinn bleiben muß.

Da die Frist zwischen dem Erwerb der stillen Beteiligung (14. Juli 1960) und der Veräußerung der GmbH-Anteile (30. Dezember 1966) mehr als sechs Jahre beträgt, ist der Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile nach § 6 b EStG übertragungsfähig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71780

BStBl II 1976, 288

BFHE 1976, 26

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