Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbliche Einkünfte bei gemischter Tätigkeit einer Tanzschule

 

Leitsatz (NV)

Verkauft ein GdbR, die eine Tanzschule betreibt, im Rahmen ihrer Veranstaltungen Getränke und Schallplatten, so sind ihre gesamten Einkünfte (aus Lehrtätigkeit und aus Verkauf) gewerblicher Art. Eine Aufspaltung ihrer Gewinne ist rechtlich nicht möglich.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 3 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreiben seit 1971 eine Tanzschule in A in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR). Sie geben selbst Tanzunterricht und betreuen auch die Turniertänzer eines Tanzclubs. Daneben verkauften die Kläger auch im Streitjahr Getränke und Schallplatten an die Kursteilnehmer und die Mitglieder des Tanzclubs.

Neben den Einnahmen für die Erteilung des Tanzunterrichts in Höhe von Z DM erzielten die Kläger 1974 einen Rohgewinn (Verkaufserlös ./. Wareneinsatz) von (1/20 von Z) DM für den Verkauf von Getränken und Schallplatten.

Die gesamten Raumkosten betrugen im Streitjahr 4 021,81 DM, die Ausschankkosten (vor allem Getränkesteuer) insgesamt 3 875,29 DM; Löhne wurden außer für Kapellen und Putzhilfen nur für Tanzaushilfen gezahlt.

Aufgrund einer bei den Klägern durchgeführten Betriebsprüfung kam das Finanzamt (- FA -) zu dem Ergebnis, daß der Verkauf von Getränken und Schallplatten eine gewerbliche Tätigkeit sei und daß infolgedessen die gesamten Einkünfte der GdbR solche aus Gewerbebetrieb darstellten.

Mit Bescheid vom 6. Februar 1978 stellte das FA deshalb den Gewinn der Kläger aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert fest.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Auffassung des FA. Sie stehe im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) seit dem Urteil vom 25. August 1937 VI A 449/37 (RStBl 1937, 1129) und des Bundesfinanzhofs (BFH) seit dem Urteil vom 31. Juli 1956 I 17/55 - nicht veröffentlicht - (s. auch Urteil vom 9. Juli 1964 IV R 113/76, BFHE 128, 67, BStBl II 1979, 574) zu § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragen, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Gewinnfeststellungsbescheid 1974 dahingehend zu ändern, daß die von den Klägern erzielten Gewinne als Einkünfte aus selbständiger Arbeit festgestellt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Zu Recht hat das FG angenommen, daß die in einer GdbR zusammengeschlossenen Kläger zumindest mit dem Getränkeverkauf und der Erteilung des Tanzunterrichts eine gemischte Tätigkeit ausüben und daher insgesamt gewerbliche Einkünfte i.S. von § 2 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielen.

1. Dieses Ergebnis folgt zwar nicht unmittelbar aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Der BFH hat aber in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die in § 15 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG vorausgesetzte Unterhaltung eines gewerblichen Unternehmens dem Begriff des Gewerbebetriebs i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG entspricht und daß auch für den Umfang der von einer Personengesellschaft ausgeübten gewerblichen Tätigkeit § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG maßgebend ist (s. Urteile vom 2. November 1971 VIII R 1/71, BFHE 104, 321, BStBl II 1972, 360; vom 21. Februar 1980 I R 95/76, BFHE 130, 403, BStBl II 1980, 465, und vom 10. November 1983 IV R 86/80, BFHE 140, 44, BStBl II 1984, 152). Danach gilt als Gewerbetrieb stets und in vollem Umfang die Tätigkeit der OHG, KG und anderer Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer des Gewerbebetriebs anzusehen sind. Übt die Gesellschaft überhaupt eine gewerbliche Tätigkeit aus, so ist ihre gesamte Betätigung als Gewerbebetrieb anzusehen. Das gilt auch für eine GdbR. Dieser Grundsatz der einheitlichen Zuordnung der von einer Personengesellschaft erzielten Einkünfte zu einer Einkunftsart entspricht der ständigen Rechtsprechung des RFH und BFH. Der erkennende Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, zumal sie der IV. Senat erst kürzlich in einer ausführlich begründeten Entscheidung (BFHE 140, 44, 48, BStBl II 1984, 152, 154, m.w.N.) bestätigt hat.

Im Ergebnis bedeutet die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG - auch soweit sie für den Bereich der Einkommensteuer herangezogen wird - gleichwohl keine gleichheitswidrige Benachteiligung der Gesellschafter einer Personengesellschaft gegenüber den Einzelunternehmern. Jene haben es nämlich in der Hand, getrennte Gesellschaften für die gewerbliche und die nichtgewerbliche Betätigung zu begründen und damit den Umfang der Gewerbesteuer sowie die Auswirkungen bei der Einkommensteuer wie ein Einzelunternehmer zu begrenzen (BFH-Urteile vom 13. Oktober 1977 IV R 174/74, BFHE 123, 505, und in BFHE 140, 44, 48, BStBl II 1984, 152, 154).

2. Das FG hat die dargestellten Grundsätze auch zutreffend auf den Streitfall angewandt.

a) Anders als im Revisionsverfahren VIII R 293/81 ist der angegriffene Feststellungsbescheid nicht wegen unrichtiger Bezeichnung der Steuerschuldner unwirksam. Zwar sind im Adreßfeld nur die Tanzschule und der Zustellungsbevollmächtigte X aufgeführt. Aus der beigefügten Anlage ergibt sich jedoch mit hinreichender Deutlichkeit, für welche Gesellschafter der Bescheid bestimmt war und wie der festgestellte Betrag sich auf diese verteilte (vgl. BFH-Urteil vom 12. August 1976 IV R 105/75, BFHE 120, 129, 134, BStBl II 1977, 221, 223).

b) Es kann offenbleiben, ob der Schallplattenverkauf die Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit i.S. von § 15 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung erfüllt. Mit Sicherheit gilt dies für den Getränkeverkauf. Er erfüllt für sich betrachtet die Merkmale der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, der Selbständigkeit und der Nachhaltigkeit, wie das FG im einzelnen dargelegt hat. Auch die Gewinnabsicht ist gegeben, denn das FG hat für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) festgestellt, daß die Kläger einen Reingewinn erwirtschaftet haben (s. auch die Ausführungen des I. Senats in der Aussetzungssache Gewerbesteuermeßbescheid 1974, Beschluß vom 12. März 1980 I B 78/79; die Kläger haben hierzu keine neuen Argumente vorgetragen).

Es fehlt schließlich auch nicht deshalb an einer gewerblichen Tätigkeit, weil die Abgabe der Getränke entsprechend der ärztlichen Medikamentenabgabe (hierzu BFH-Urteile vom 26. Mai 1977 V 95/76, BFHE 123, 199, BStBl II 1977, 879; vom 27. Juli 1978 V R 66/76, BFHE 126, 239, BStBl II 1978, 686, und vom 1. Februar 1979 IV R 113/76, BFHE 128, 67, BStBl II 1979, 574) als notwendiger Bestandteil der Verrichtungen eines Tanzlehrers betrachtet werden müßte. Denn es steht für den Senat außer Frage, daß die Tätigkeit eines Tanzlehrers, der Getränke an seine Tanzschüler und Turniertänzer ausschenkt, nicht mit derjenigen eines Human- oder Tierarztes vergleichbar ist, der Arzneimittel an seine Patienten im Rahmen der ärztlichen Betreuung zwangsläufig selbst verabreichen muß. Im übrigen hätte eine gewerbliche Tätigkeit dadurch vermieden werden können, daß die Getränke zum Selbstkostenpreis, d.h. ohne Gewinnerzielungsabsicht angeboten wurden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413730

BFH/NV 1986, 79

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