Entscheidungsstichwort (Thema)

Pensionsrückstellung bei Arbeitsverhältnis zwischen Mutter und Sohn

 

Leitsatz (amtlich)

Erteilt eine "Arbeitgeber-Mutter" ihrem "Arbeitnehmer-Sohn" eine Pensions- und Versorgungszusage, so ist eine Rückstellung nur zulässig, wenn die "Arbeitgeber-Mutter" mit ihrer Inanspruchnahme rechnen muß. Das ist nicht der Fall, wenn der Sohn als Erbe eingesetzt ist und wegen des großen Altersunterschiedes und des fortgeschrittenen Alters der Mutter eine Inanspruchnahme weder für die Altersversorgung noch für die Versorgung bei Invalidität noch für die der Hinterbliebenen wahrscheinlich ist (Fortführung des BFH-Urteils vom 29.Mai 1984 VIII R 177/78, BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661).

 

Normenkette

EStG § 6a

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde am 12.September 1943 geboren. Er ist aufgrund notariell beurkundeten Testaments vom 9.November 1972 als Alleinerbe Gesamtrechtsnachfolger seiner am 28.März 1910 geborenen und am 8.März 1988 verstorbenen Mutter AM. AM betrieb bis zu ihrem Tod ein zahntechnisches Labor. Der Kläger war als angestellter Zahntechnikermeister einziger Arbeitnehmer. Er bezog ein festes Gehalt und eine Tantieme.

Mit schriftlichem Vertrag vom 12.Dezember 1985 sagte AM dem Kläger ab dem 1.Januar 1985 eine Pension für Alters-, Hinterbliebenen- und Invaliditätsversorgung zu.

AM bildete in ihren Bilanzen Rückstellungen, die sie den Einkommensteuererklärungen zugrunde legte.

Bilanzstichtag Rückstellung Gewinnauswirkung

31.Dezember 1985 27 830 DM ./. 27 830 DM

31.Dezember 1986 31 816 DM ./. 3 986 DM

31.Dezember 1987 47 352 DM ./. 15 536 DM

8.März 1988 47 352 DM -------------

Der Betrieb ging mit dem Tod von AM auf den Kläger über. Die Geschäfte wurden ab dem 9.März 1988 durch die von dem Kläger (Anteil 2 v.H.) und seiner Ehefrau (Anteil 98 v.H.) mit Vertrag vom 5.Juli 1988 gegründete Firma Dentallabor M GmbH fortgeführt. Der Kläger behandelte den Wegfall der Pensionsverpflichtung als eine erfolgsneutrale Vereinigung von Forderung und Schuld.

Nach einer Außenprüfung hielt der Prüfer unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29.Mai 1984 VIII R 177/78 (BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661) die Bildung einer Rückstellung für nicht gerechtfertigt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dieser Auffassung. Er erhöhte den Gewinn des Streitjahres 1987 um 15 536 DM. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus:

1. Nach dem BFH-Urteil in BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661 sei bei einem erheblichen Altersunterschied zwischen dem älteren Arbeitgeber-Ehegatten und dem jüngeren Arbeitnehmer-Ehegatten mit einer Inanspruchnahme nur zu rechnen, wenn die Übernahme des Betriebs durch den Arbeitnehmer-Ehegatten ausgeschlossen werden könne. Diese Grundsätze gälten entsprechend zwischen Mutter und Sohn. Im Hinblick darauf, daß AM den Kläger zu ihrem Rechtsnachfolger bestimmt habe, brauchte AM nicht ernstlich mit einer Inanspruchnahme aus der Pensionszusage zu rechnen.

2. Treu und Glauben ständen dieser Beurteilung nicht entgegen. Insbesondere wenn die Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehe, könne eine Rückstellung aufgelöst werden, selbst wenn sie jahrelang geduldet worden sei.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts:

1. Das Urteil in BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661 könne nicht auf den Streitfall übertragen werden.

2. Es stehe unstreitig fest, daß AM durch die Verpflichtung belastet gewesen sei.

3. Die Entscheidung widerspreche dem klaren Inhalt der Akten. Das FG habe nicht den Tatbestand der vorzeitigen Invalidität und der möglichen Verpflichtung gegenüber der Ehefrau berücksichtigt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und Änderung des angefochtenen

Bescheides die Einkommensteuer auf 10 793 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). FA und FG ist in der Auffassung zu folgen, daß die Rückstellung nicht gebildet werden durfte.

1. Rechtsverhältnisse unter nahen Angehörigen werden unter bestimmten Voraussetzungen auch steuerlich berücksichtigt. Das gilt gleichermaßen für Arbeitsverhältnisse wie für Pensionszusagen, die im Rahmen eines bestehenden und steuerlich relevanten Arbeitsverhältnisses begründet worden sind (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteile vom 7.Februar 1990 X R 63-65/87, BFH/NV 1991, 80; vom 10.Dezember 1992 IV R 118/90, BFHE 170, 336, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1993, 1101; vom 10.März 1993 I R 118/91, BFHE 171, 53, DStR 1993, 1137; vgl. auch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 9.Oktober 1991 1 BvR 1406/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1992, 500). Als nahe Angehörige sind sowohl Ehegatten wie auch Eltern im Verhältnis zu ihren Kindern anzusehen. So entspricht es ebenfalls ständiger Rechtsprechung, daß Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern nur berücksichtigt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind (vgl. BFH-Urteile vom 5.Februar 1988 III R 216/84, BFH/NV 1988, 553; vom 10.März 1988 IV R 214/85, BFHE 153, 520, BStBl II 1988, 877, und vom 14.Juli 1988 IV R 39/86, BFH/NV 1989, 155).

In dem Fall einer Pensionszusage ist u.a. erforderlich, daß der Arbeitgeber auch tatsächlich mit der Inanspruchnahme aus der gegebenen Pensionszusage rechnen muß (BFH-Urteil vom 23.November 1988 I R 363/83, BFH/NV 1989, 628; vgl. auch Abschn.41 Abs.11 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 1990). Diese Voraussetzung hat der VIII.Senat in dem Urteil in BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661 nicht für gegeben erachtet, wenn zwischen dem Arbeitgeber-Ehegatten und dem Arbeitnehmer-Ehegatten ein erheblicher Altersunterschied (im Urteilsfall 18 Jahre) besteht und es nach dem natürlichen Verlauf der Dinge eher zu einer Betriebsübernahme oder zu einer Betriebsveräußerung als zu dem Eintritt des Versorgungsfalls kommen dürfte. Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des erkennenden Senats erst recht im Verhältnis von Eltern und Kindern.

Im Streitfall sind das FA und das FG daher zu Recht davon ausgegangen, daß AM mit ihrer Inanspruchnahme aus der gegebenen Zusage ernsthaft nicht zu rechnen brauchte. Aufgrund des großen Altersunterschiedes zwischen AM und dem Kläger (33 Jahre) war zunächst die Inanspruchnahme von AM für die Altersversorgung des Klägers so gut wie ausgeschlossen. Anhaltspunkte, die diese Möglichkeit als wahrscheinlich erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. AM brauchte darüber hinaus mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aber auch weder mit ihrer Inanspruchnahme für die Versorgung des Klägers bei Invalidität noch mit der für die Versorgung der Hinterbliebenen des Klägers zu rechnen. Diese Beurteilung folgt wiederum aus dem großen Altersunterschied zwischen Mutter und Sohn in Verbindung mit dem bereits fortgeschrittenen Alter der Mutter bei Erteilung der Pensionszusage. Angesichts dessen war eine Inanspruchnahme der AM auch wegen dieser Teile der Zusage eher unwahrscheinlich.

Für die Inanspruchnahme eines potentiellen Nachfolgers fehlen ebenfalls ausreichende Anhaltspunkte. Vielmehr war nach dem Testament vom 9.November 1972 der Kläger als Erbe eingesetzt, so daß es im Fall des Todes der AM zu einer eine Inanspruchnahme verhindernden (gewinnerhöhenden) Vereinigung von Forderung und Schuld gekommen wäre (vgl. Urteil in BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661). Mit einer Inanspruchnahme ist nur dann zu rechnen, wenn ausgeschlossen werden kann, daß der Arbeitnehmer-Ehegatte (hier der Arbeitnehmer-Sohn) den Betrieb übernimmt (Urteil in BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661). Das aber war --wie auch die nachfolgende Entwicklung bestätigt-- gerade nicht der Fall.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers liegen Verfahrensmängel nicht vor. Die Feststellungen des FG widersprechen nicht dem klaren Inhalt der Akten. Auch brauchte das FG nicht noch weiter aufzuklären, ob, unter welchen weiteren Voraussetzungen und in welchem Umfang AM mit einer Inanspruchnahme aus der Zusage der Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung rechnen mußte. Für den vorzeitigen Eintritt dieser Versorgungsfälle bestanden --wie dargelegt-- keine Anhaltspunkte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64694

BFHE 172, 382

BFHE 1994, 382

BB 1994, 39

BB 1994, 39 (LT)

DB 1994, 309 (LT)

DStR 1994, 131 (KT)

DStZ 1994, 183 (KT)

HFR 1994, 198-199 (LT)

StE 1994, 2 (K)

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