Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Verfahrensunterbrechung bei Tod eines vertretenen Klägers; Klagebefugnis bei vollbeendeter KG; Fehlende Beschwer anderer Gesellschafter bei Veräußerungsgewinn eines Mitunternehmers; Kein Wahlrecht bezüglich des Besteuerungszeitpunktes bei ratenweiser Zahlung; Bewertung der Kaufpreisforderung

 

Leitsatz (NV)

1. Stirbt ein durch einen vor dem BFH postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten vertretener Beteiligter, so wird das Revisionsverfahren durch den Tod nicht unterbrochen. Eine Niederlegung des Mandats wird wegen des Vertretungszwangs erst mit der Anzeige der Bestellung eines anderen Bevollmächtigten wirksam.

2. Hat eine KG ihr Aktivvermögen verloren und sind Nachschüsse der Gesellschafter zur Begleichung der Schulden im Rahmen der Abwicklung nicht zu erlangen, ist sie steuerrechtlich beendet.

3. Nach Vollbeendigung geht die Prozeßführungsbefugnis gegenüber Gewinnfeststellungsbescheiden auf die betroffenen Gesellschafter über. Die übrigen Gesellschafter sind bei einer Klage eines vorher ausgeschiedenen Gesellschafters gegen den von ihm erzielten Veräußerungsgewinn nicht beschwert.

4. Die einzelnen Besteuerungsgrundlagen eines Gewinnfeststellungsbescheides stellen auch im Klageverfahren selbständige Regelungsgegenstände dar. Ein verfahrensrechtlicher Zusammenhang ergibt sich auch nicht aus den bei den anderen Gesellschaftern zu ziehenden steuerrechtlichen Folgerungen.

5. Die Feststellungsfrist für einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheide wird hinsichtlich aller Feststellungsbeteiligten bereits durch die Bekanntgabe gegenüber nur einem Beteiligten noch vor deren Ablauf gewahrt. Die Bekanntgabe gegenüber anderen Beteiligten, z.B. ausgeschiedenen Gesellschaftern, kann noch danach wirksam erfolgen.

6. Für den Zeitpunkt der Realisierung eines Gewinnes aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ist die Fälligkeit ebenso wie der Zufluß unerheblich. Im Falle von Kaufpreisraten besteht kein Wahlrecht zwischen einer tarifbegünstigten Sofortversteuerung und nicht tarifbegünstigten nachträglichen Einkünften aus Gewerbebetrieb im Zuflußjahr.

7. Ist im Zeitpunkt der Veräußerung ernsthaft zweifelhaft, ob der Erwerber die gestundete Kaufpreisforderung bei Fälligkeit voll erfüllen wird, so kann dies einen zu schätzenden Abschlag vom Nennwert rechtfertigen.

 

Normenkette

AO 1977 § 169 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 171 Abs. 3, 10, § 179 Abs. 1, § 181 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 5; EStG § 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 24 Nr. 2, § 34 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 48 Abs. 1 Nr. 3, § 60 Abs. 3, § 96 Abs. 1 S. 2, § 143 Abs. 2; BGB §§ 735, 738; HGB § 131 Nr. 2, § 161 Abs. 2; ZPO § 87 Abs. 1, § 246 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten zu 1 und 2 (Kläger zu 1 und 2) waren persönlich haftende Gesellschafter, die Klägerin und Revisionsbeklagte zu 3 (Klägerin zu 3) war Kommanditistin der 1958 gegründeten KG. Das Geschäft wurde 1976 in eine Besitzpersonengesellschaft (KG) und in eine Betriebs-GmbH (GmbH) aufgespalten. Die Gesellschafter der KG hatten bereits Ende 1978 das Gesamthandsvermögen den Gläubigern der GmbH zur Sicherheit für Schulden von über 1 Mio.DM zur Verfügung gestellt. Die GmbH geriet 1982 in Vermögensverfall. Die Eröffnung des Konkursverfahrens wurde mangels Masse abgelehnt. Die letzten Vermögenswerte der KG wurden 1985 im Wege der Zwangsversteigerung verwertet.

Der Kläger zu 1 veräußerte mit notariellem Vertrag vom 4. April 1979 mit Wirkung auf den 1. Januar 1979 seinen GmbH-Anteil zum Nennwert von 49500 DM an den Kläger zu 2. Der Betrag war am 31. Mai 1979 fällig. Der Kläger zu 1 schied ferner mit notariellem Vertrag vom gleichen Tag aus der KG aus. Sein Ausscheiden wurde am 20. April 1979 im Handelsregister eingetragen. Der Auszug aus dem Handelsregister ging dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) ausweislich des Eingangsstempels noch im gleichen Monat zu. Gemäß § 1 Abs. 2 des Vertrags sollte im Innenverhältnis der 1. Januar 1979 maßgeblich sein. Das mit 435500 DM vereinbarte Abfindungsguthaben war am 31. Mai 1979 mit 135500 DM, der Restbetrag in jährlichen Raten von je 50000 DM, erstmals zum 1. August 1980, zu begleichen. Der Kläger zu 1 gewährte für den Fall von Liquiditätsschwierigkeiten Zahlungsaufschub bis zu jeweils drei Monaten. Das Kapitalkonto des Klägers zu 1 bei der KG wies bei seinem Ausscheiden einen Stand von 124126 DM aus. Auf sein Abfindungsguthaben erhielt er

1979 100647 DM,

1980 104317 DM,

1981 25360 DM und

1982 27500 DM

(insgesamt 257824 DM).

Den Kaufpreis für seinen GmbH-Anteil erhielt er 1980. Weitere Beträge sind ihm nicht zugeflossen, weil der Kläger zu 2 zwischenzeitlich vermögenslos geworden war.

Die für das Streitjahr 1979 am 22. Juni 1981 eingereichte Gewinnfeststellungserklärung für die KG weist weder einen Veräußerungsgewinn des Klägers zu 1 noch diesen als Mitunternehmer aus. Jedoch sind die Buchwerte der vorhandenen Wirtschaftsgüter in einer gleichzeitig eingereichten Ergänzungsbilanz in Höhe der Differenz zwischen dem Abfindungsanspruch des Klägers zu 1 und seinem letzten Kapitalkonto aufgestockt worden. Der Kläger zu 1 reichte im Jahre 1981 auch seine Einkommensteuererklärung für 1979 ein.

Das FA folgte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid der Feststellungserklärung. Im Anschluß an eine Überprüfung gelangte das FA jedoch zu dem Ergebnis, daß in Höhe der Differenz zwischen dem Kapitalkonto des Klägers zu 1 von 124126 DM und dem (abgezinsten) Abfindungsanspruch von 377670 DM ein im Streitjahr 1979 realisierter Veräußerungsgewinn vorliege. Mit endgültigem Gewinnfeststellungsbescheid vom 15. November 1985 stellte das FA für den Kläger zu 1 einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 253544 DM fest. Den Bescheid gab das FA zunächst nur dem Kläger zu 2 als dem Empfangsbevollmächtigten bekannt.

Mit dem namens der KG erhobenen Einspruch wandte sich der Prozeßbevollmächtigte der Kläger gegen die Feststellung eines Veräußerungsgewinns. Der 1926 geborene Kläger zu 1 habe durch die ratenweise Auszahlung in erster Linie seine Versorgung bis zum 60. Lebensjahr sicherstellen wollen. Erst ab 1986 seien Leistungen aus der Lebensversicherung fällig geworden, um daraus seinen Unterhalt zu bestreiten. Die Ratenzahlungen dürften erst nach Tilgung seines Kapitalkontos steuerlich erfaßt werden. Das Schreiben vom 9. Dezember 1985 schließt mit dem Satz, namens und im Auftrag meines Mandanten beantrage ich, den Bescheid 1979 insoweit aufzuheben, als er einen Veräußerungsgewinn festsetzt. Das FA wies den Einspruch als Rechtsbehelf der KG als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung vom 3. September 1986 stellte es dem Prozeßbevollmächtigten zu.

Mit der Klage trug der Prozeßbevollmächtigte ergänzend vor, der Abfindungsanspruch sei bereits im Jahre 1979 erheblich risikobehaftet gewesen. Die KG habe zum einen für die Schulden der GmbH von über 1 Mio. DM gehaftet, zum anderen sei die KG 1979 wirtschaftlich überschuldet gewesen. Der aus der Sicht des Jahres 1979 nicht erzielbare Veräußerungsgewinn müsse auf jeden Fall um 200000 DM gekürzt werden, sofern er überhaupt in diesem Jahr anzusetzen sei. Er beantragte, den festgestellten Veräußerungsgewinn auf 0 DM herabzusetzen, hilfsweise ihn um 200000 DM zu mindern.

Das FA gab den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 1979 während des Klageverfahrens (28. August 1989) den Klägern zu 1 und 3 nachträglich bekannt.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Es sah im Wege der Auslegung - auch entsprechend der Erklärung des Prozeßbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung - nicht die 1985 offensichtlich vollbeendete KG, sondern deren (ehemalige) Gesellschafter als Kläger an.

Der geänderte Feststellungsbescheid verletze § 169 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 181 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Dürfe das FA den Veräußerungsgewinn wegen Verjährung nicht mehr besteuern, so könne der Feststellungsbescheid insgesamt keinen Bestand mehr haben.

Der XI.Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) gab der Nichtzulassungsbeschwerde des FA wegen Abweichung von der ständigen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 7. August 1990 VIII R 257/84, BFH/NV 1991, 507) mit Beschluß vom 11. Februar 1992 statt. Während des Beschwerdeverfahrens verstarb der Kläger zu 2.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§§ 122 Abs. 1, 169 Abs. 1 Satz 3, 171 Abs. 3, 181 Abs. 1 und 5 AO 1977).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der von den Klägern zu 2 und 3 erhobenen Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) sowie zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung hinsichtlich des Klägers zu 1 (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Das Revisionsverfahren ist nicht durch das Ableben des Klägers zu 2 bereits während des Beschwerdeverfahrens XI B 7/89 unterbrochen.

a) Der Beteiligung der unbekannten Erben nach dem Kläger zu 2 am Revisionsverfahren steht nicht entgegen, daß im Zulassungsbeschluß vom 11. Februar 1992 XI B 7/89 als Beschwerdegegner lediglich die Kläger zu 1 und 3 aufgeführt werden (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rdnr. 75). Das FA hat die Revision im übrigen ausdrücklich auch gegen die Rechtsnachfolger des Klägers zu 2 gerichtet.

b) Das Verfahren ist nicht gemäß § 239 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO unterbrochen; denn der Kläger zu 2 war im Zeitpunkt seines Todes durch einen auch für das Revisionsverfahren ausdrücklich bevollmächtigten und vor dem BFH postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten vertreten (§ 246 Abs. 1 erster Halbsatz ZPO i.V.m. § 155 FGO; BFH-Beschlüsse vom 14. Juli 1987 VII R 81/83, BFH/NV 1988, 164; vom 9. Februar 1977 I R 60-68/73, BFHE 121, 381, BStBl II 1977, 428; vom 26. Oktober 1970 IV 101/65, BFHE 100, 433, BStBl II 1971, 105 - und zwar auch ohne Nachweis der Vollmacht -; vom 14. Juli 1971 I B 57/70, BFHE 103, 118, BStBl II 1971, 774; vom 16. Mai 1989 V B 5/89, BFH/NV 1990, 796).

Sollte mit Schriftsatz vom 17. Juni 1992 hinsichtlich der unbekannten Erben des Klägers zu 2 und der Klägerin zu 3 das Mandat niedergelegt worden sein (§ 87 Abs. 1 ZPO), so würde die Niederlegung, da vor dem BFH Vertretungszwang besteht (vgl. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -), erst wirksam mit der Anzeige der Bestellung eines anderen Bevollmächtigten (BFH-Urteil vom 13. Januar 1977 V R 87/76, BFHE 121, 20, BStBl II 1977, 238; Beschluß vom 20. Dezember 1985 VI B 53/85, BFH/NV 1986, 689).

2. Die Revision ist hinsichtlich der Kläger zu 2 und 3 begründet. Das Urteil war danach aufzuheben. Die Klagen sind bezogen auf das Klagebegehren mangels Beschwer unzulässig und deshalb abzuweisen.

a) Zutreffend ist das FG von der Vollbeendigung der KG und dem Erlöschen ihrer Beteiligtenfähigkeit ausgegangen (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1990 VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401, 402).

Handelsrechtlich ist eine KG vollbeendet, wenn einer der in § 131 des Handelsgesetzbuches (HGB) i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB geregelten Auflösungsgründe besteht und die Liquidation abgeschlossen sowie das Gesamthandsvermögen vollständig abgewickelt worden ist (BFH-Urteile vom 8. Oktober 1991 VIII R 85/88, BFH/NV 1992, 324; vom 26. Oktober 1989 IV R 23/89, BFHE 159, 15, BStBl II 1990, 333). Hat die Gesellschaft durch ihre geschäftliche Betätigung ihr Aktivvermögen verloren und sind Nachschüsse der Gesellschafter zur Begleichung der Schulden im Rahmen der Abwicklung nicht mehr zu erlangen (§ 155 Abs. 1 HGB, § 735 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -), so hat sie ihr Ende auch steuerrechtlich gefunden.

Im Streitfall hatte die KG als Besitzfirma ihr Gesamthandsvermögen den Gläubigern der bereits 1982 in Vermögensverfall geratenen Betriebs-GmbH als Sicherheit für deren Betriebsschulden von über 1 Mio.DM zur Verfügung gestellt und bis 1985 durch Zwangsversteigerung endgültig verloren. Der persönlich haftende Gesellschafter der KG, der verstorbene Kläger zu 2, war nach den Feststellungen des FG ebenfalls vermögenslos geworden. Der KG war es unter diesen Umständen nicht mehr möglich, Einkünfte aus der Verpachtung zu erzielen oder mit Hilfe dieser Betriebsgrundlagen ggf. wieder einen eigenständigen Betrieb aufzunehmen. Im Hinblick auf diese Gesamtumstände ist von der endgültigen Einstellung des Betriebs der KG und von einer zumindest konkludenten Übereinkunft der beiden Gesellschafter (§ 131 Nr. 2 HGB) auszugehen, das Gesellschaftsverhältnis nicht fortzusetzen. Der im Streitfall fehlenden Löschung der KG im Handelsregister kommt lediglich deklaratorische Bedeutung zu (BFHE 159, 15, BStBl II 1990, 333).

b) Mit der Vollbeendigung der KG war ihre Prozeßführungsbefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO erloschen. Die Klagebefugnis gegenüber Gewinnfeststellungsbescheiden geht auf die betroffenen Gesellschafter über (BFH/NV 1992, 324; BFH-Urteil vom 24. April 1986 IV R 282/84, BFHE 146, 549, BStBl II 1986, 672).

Eine Beiladung der vollbeendeten KG zu Klagen der Gesellschafter kommt nicht mehr in Betracht (BFHE 159, 15, BStBl II 1990, 333).

c) aa) Der Kläger zu 1 ist durch die angefochtene Feststellung eines ihm zuzurechnenden Veräußerungsgewinns beschwert.

bb) Hingegen fehlt es an der notwendigen Beschwer der Kläger zu 2 und 3 (§ 40 Abs. 2 FGO; vgl. zu diesem Erfordernis bei vollbeendeten Personengesellschaften BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401, 402; BFH/NV 1992, 324; Urteil vom 22. November 1988 VIII R 90/84, BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326), da sich Einspruch und Klage ausschließlich gegen den Ansatz und die Höhe des vom Kläger zu 1 erzielten Veräußerungsgewinns richten.

cc) Im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung stellen die einzelnen Besteuerungsgrundlagen selbständige Regelungsgegenstände des Steuerverwaltungsakts dar, die - soweit sie eine rechtlich selbständige Würdigung enthalten und eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig sind - auch als eigenständige Gegenstände eines Klageverfahrens in Betracht kommen (BFH-Beschluß vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327, 330; BFH-Urteile vom 7. August 1990 VIII R 257/84; BFH/NV 1991, 507; vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544; vom 17. Januar 1989 VIII R 370/83, BFHE 156, 103, BStBl II 1989, 563; vom 20. Januar 1977 IV R 3/75, BFHE 122, 2, BStBl II 1977, 509). Ein verfahrensrechtlicher Zusammenhang ergibt sich insbesondere nicht aus den steuerrechtlichen Folgerungen, die auf seiten der verbleibenden Gesellschafter hinsichtlich der zu leistenden Abfindung zu ziehen waren (vgl. auch zur Beiladung BFH-Beschluß vom 23. August 1985 IV B 53/85, BFH/NV 1987, 584). Verfahrensrechtliche Selbständigkeit kann auch zu bejahen sein, wenn die Besteuerungsgrundlage vom Vorhandensein einer anderen abhängt. Der Streit um eine Besteuerungsgrundlage erstreckt sich danach umgekehrt nicht nowendig auf die Folgerungen, die im Rahmen der einheitlichen Feststellung daraus zu ziehen sind (BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, 545).

Soweit die Feststellungen in dem Gewinnfeststellungsbescheid für 1979 nicht angegriffen worden sind, erwuchsen sie in Bestandskraft. Eine Aufhebung wegen Feststellungsverjährung, die lediglich zur Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheids führen würde (vgl. BFH-Urteil vom 17. August 1989 IX R 76/88, BFHE 159, 398, BStBl II 1990, 411, 412), kommt nur im Umfang des Klagebegehrens in Betracht (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO; BFH-Urteil vom 11. Dezember 1985 I R 31/84, BFHE 146, 196, BStBl II 1986, 474; von Groll/Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 96 Tz. 4 zur Ausnahme bei Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes).

3. Der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid für 1979 ist nicht wegen Ablaufs der Feststellungsverjährung rechtswidrig.

Die Gründe zu Ziffer 3 werden amtlich veröffentlicht in BFHE 171, 392.

4. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil war danach aufzuheben. Hinsichtlich der Kläger zu 2 und 3 ist die Klage entscheidungsreif und mangels Beschwer, bezogen auf das Klagebegehren, als unzulässig abzuweisen. Im übrigen muß die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden, da sie nicht spruchreif ist (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

a) Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob im Streitfall eine entgeltliche Übertragung des Gesellschaftsanteils vom Kläger zu 1 auf den Kläger zu 2 vorliegt oder ob der Kläger zu 1 aus der KG ausgeschieden ist und der Gesellschaftsanteil im Wege der Anwachsung auf alle Gesellschafter übergegangen ist (§ 738 BGB i.V.m. §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB). Je nachdem sind u.a. für die Bewertung des Abfindungsanspruchs die wirtschaftlichen Verhältnisse verschiedener Personen maßgebend.

aa) Der nach beiden Gestaltungen entstehende Veräußerungsgewinn wird gleichermaßen durch § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfaßt (BFH-Urteile vom 22. September 1992 VIII R 7/90, BFHE 170, 29, BStBl II 1993, 228, und vom 26. Juli 1984 IV R 10/83, BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786 zum Ausscheiden).

bb) Der Mitunternehmeranteil besteht aus dem Anteil an der Personengesellschaft (Gesellschaftsanteil) und dem Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers (BFH-Urteil vom 19. März 1991 VIII R 76/87, BFHE 164, 260, BStBl II 1991, 635). Der Gesellschaftsanteil des Mitunternehmers an der Komplementär-GmbH gehört zum Sonderbetriebsvermögen II (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1990 VIII R 14/87, BFHE 164, 20, BStBl II 1991, 510).

cc) Der notarielle Vertrag vom 4. April 1979 ist nicht eindeutig, ebensowenig die Eintragung im Handelsregister vom 20. April 1979, wenn auch die Erstellung einer Ergänzungsbilanz eher auf eine entgeltliche Übertragung des Gesellschaftsanteils vom Kläger zu 1 auf den Kläger zu 2 hinweist.

Mangels ausreichender Feststellungen hinsichtlich des subjektiven Parteiwillens sowie der für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände vermag der Senat die gebotene Auslegung auch nicht selbst vorzunehmen (BFH-Urteile vom 11. Februar 1981 I R 13/77, BFHE 133, 3, BStBl II 1981, 475; in BFHE 170, 29, BStBl II 1993, 228).

b) Dem Kläger zu 1 steht hinsichtlich des Besteuerungszeitpunkts des Veräußerungsgewinns kein Wahlrecht zu.

aa) Der Gewinn bei Anteilsübertragung wird grundsätzlich im Zeitpunkt des Abschlusses des Verfügungsvertrages, bei Ausscheiden mit Untergang des Gesellschaftsanteils im Zeitpunkt des Abschlusses des entsprechenden Vertrages zwischen den Gesellschaftern realisiert.

Für den Realisierungszeitpunkt ist es unerheblich, ob der Veräußerungspreis sofort fällig oder ganz oder teilweise längerfristig gestundet ist und wann der Veräußerungspreis dem Veräußerer tatsächlich zufließt (Vorlagebeschluß des erkennenden Senats vom 26. März 1991 VIII R 55/86, BFHE 166, 21, BStBl II 1992, 479).

bb) Steuerrechtlich unbedenklich ist die vertragliche Rückbeziehung auf den 1. Januar 1979. Im Streitfall handelt es sich nur um eine kurze Zeitspanne von knapp über drei Monaten. Die Rückbeziehung dient erkennbar der technischen Vereinfachung der Besteuerung. Es ist nicht ersichtlich, daß sich in der Zwischenzeit etwas ereignet hat, was für die Besteuerung erheblich sein könnte, so daß die Rückbeziehung zu einer unzutreffenden Besteuerung führte (BFH-Urteile vom 18. September 1984 VIII R 119/81, BFHE 142, 130, BStBl II 1985, 55; vom 7. Juli 1983 IV R 209/80, BFHE 139, 60, BStBl II 1984, 53; vom 24. Januar 1979 I R 202/75, BFHE 128, 33, BStBl II 1979, 581; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 16 Anm. 79b).

cc) Dem Kläger zu 1 steht das Wahlrecht (vgl. BFH-Urteile vom 20. Dezember 1988 VIII R 110/82, BFH/NV 1989, 630; vom 19. Mai 1992 VIII R 37/90, BFH/NV 1993, 87) zwischen einer tarifbegünstigten Sofortversteuerung des Veräußerungsgewinns nach Maßgabe der §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und einer nichttarifbegünstigten Besteuerung nachträglicher Einkünfte aus Gewerbebetrieb im jeweiligen Jahr des Zuflusses des Veräußerungserlöses nach Maßgabe des § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 EStG nicht zu.

Im Streitfall liegen Kaufpreisraten und keine wiederkehrende Bezüge vor, die Tilgungsleistungen für einen gestundeten Kaufpreis darstellen. Die Laufzeit liegt erheblich unter zehn Jahren (BFH-Urteile vom 12. Juni 1968 IV 254/62, BFHE 92, 561, BStBl II 1968, 653; vom 30. Januar 1974 IV R 80/70, BFHE 111, 477, BStBl II 1974, 452; Fischer in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 22 B 81, 82; Reiß in Kirchhof/Söhn, a.a.O., § 16 B 166; Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meincke, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., §§ 4, 5 Tz. 1527, 1547; Schmidt, a.a.O., § 16 Anm. 44a; Biergans, Renten und Raten, 3. Aufl., S. 11f.; Dirrigl, Der Betrieb - DB - 1988, 453, 454). Der Kläger zu 1 hat danach den kapitalisierten Barwert als Veräußerungserlös sofort in voller Höhe zu versteuern.

c) Besteht die Abfindung in einer ratenweise zu begleichenden Geldforderung, so ist der gemeine Wert dieser Forderung im Zeitpunkt des Ausscheidens anzusetzen. Bei zinsloser Stundung ist der Veräußerungspreis gleichwohl abzuzinsen (vgl. BFH-Urteile vom 14. Februar 1984 VIII R 41/82, BFHE 141, 121, BStBl II 1984, 550; vom 11. Dezember 1986 IV R 222/84, BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553, 556). Dabei ist in der Regel für die Berechnung des Zinsanteils ein Rechnungszinsfuß von 5,5 v.H. zugrunde zu legen (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1980 VIII R 190/78, BFHE 132, 38, BStBl II 1981, 160).

d) Ist im Zeitpunkt der Veräußerung - wie der Kläger zu 1 vorgetragen hat - ernsthaft zweifelhaft, ob der Erwerber die gestundete Forderung bei Fälligkeit voll erfüllen wird, so kann dies einen zu schätzenden Abschlag vom Nennwert rechtfertigen. Bei der Schätzung dieses Wertes der Kaufpreisforderung kann die spätere tatsächliche Entwicklung der Verhältnisse nach dem Ausscheiden des Klägers zu 1 insofern von Bedeutung sein, als sie die Verhältnisse im maßgebenden Zeitpunkt des Ausscheidens aufhellt (BFH-Urteile vom 11. Dezember 1990 VIII R 37/88, BFH/NV 1991, 516; vom 19. Januar 1978 IV R 61/73, BFHE 124, 327, BStBl II 1978, 295).

Maßgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners der Abfindung. Liegt eine Anteilsübertragung vor, ist auf die seinerzeitigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu 2 und deren absehbare Entwicklung abzustellen. Läge ein Fall des Ausscheidens mit der Folge eines Auseinandersetzungsanspruchs gemäß § 738 BGB vor, wäre auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der KG abzustellen. Dabei kann offen bleiben, ob sich handelsrechtlich der Abfindungsanspruch im zweiten Fall gegen die Gesamthand als Rechtssubjekt oder gegen die Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit richtet. Die Verbindlichkeit ist jedenfalls aus dem Gesellschaftsvermögen zu erfüllen und mindert dieses (BFH-Urteil vom 11. April 1990 I R 45/89, BFHE 160, 338, BStBl II 1990, 791).

Das FG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht - zu den insoweit maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnissen keine hinreichenden Feststellungen getroffen, so daß der Senat nicht abschließend zu entscheiden vermag.

e) Sollte ein Abschlag vom Nennwert nicht oder jedenfalls nicht in Höhe des Betrages anzusetzen sein, mit welchem der Kläger zu 1 in den Folgejahren tatsächlich ausgefallen ist, so könnte sich, wenn der Große Senat der Auffasung des erkennenden Senats in seinem Vorlagebeschluß (BFHE 166, 21, BStBl II 1992, 479) zustimmt, rückwirkend die Höhe des Veräußerungsgewinns ändern. Der Senat hält eine Berücksichtigung des Ausfalls auch dann für zulässig, wenn die den (teilweisen) Ausfall verursachenden Tatsachen erst nach dem steuerrechtlich für die Entstehung des Veräußerungsgewinns maßgebenden Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums eingetreten sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64538

BFH/NV 1994, 159

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