Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des § 3c EStG auf Schuldzinsen bei Zahlung eines Arbeitgeber-Zinszuschusses - Unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang i.S. des § 3c EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Schuldzinsen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der gemäß § 21 Abs.2 Alternative 1 i.V.m. § 52 Abs.21 Satz 2 EStG (Große Übergangsregelung) steuerbaren Nutzung der eigenen Wohnung stehen, sind insoweit gemäß § 3c EStG nicht als Werbungskosten abziehbar, als der Arbeitgeber einen gemäß § 3 Nr.68 EStG steuerfreien Zinszuschuß gewährt hat.

 

Orientierungssatz

1. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang i.S. des § 3c EStG liegt vor, wenn Einnahmen und Ausgaben durch das dasselbe Ereignis veranlaßt sind. Eine Veranlassung durch dasselbe Ereignis ist jedenfalls zu bejahen, wenn steuerfreie Einnahmen dazu bestimmt sind, Aufwendungen zu ersetzen, die mit Einkünften i.S. des § 2 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Dabei erfordert die Vorschrift des § 3c EStG aber nicht einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang von Einnahmen und Ausgaben innerhalb derselben Einkunftsart (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur; entgegen FG München).

2. Parallelentscheidung: BFH, 27.4.1993, IX R 61/90, NV.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 68, §§ 3c, 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 21 Abs. 2 S. 1 Alt. 1, § 52 Abs. 21 S. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 2

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 14.01.1991; Aktenzeichen 5 K 2057/90)

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, machten in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1988) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Schuldzinsen geltend, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Nutzung eines Zweifamilienhauses standen, dessen Nutzungswert weiterhin nach § 21 Abs.2 Satz 1 1.Alternative i.V.m. § 52 Abs.21 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu besteuern war. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) kürzte diese Werbungskosten um einen nach § 3 Nr.68 EStG steuerfreien Zuschuß des Arbeitgebers zur Finanzierung der eigengenutzten Wohnung. Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1991, 527).

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 3 Nr.68 und des § 3c EStG.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 FGO). Das FG hat zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 3c EStG verneint. Die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Nutzung der eigenen Wohnung stehenden Schuldzinsen, die die Kläger nach § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 i.V.m. § 21 Abs.2 Satz 1 1.Alternative und § 52 Abs.21 Satz 2 EStG (Große Übergangsregelung) weiterhin als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen können, sind um die steuerfreien Zinszuschüsse zu kürzen.

1. Nach § 3c EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Steuerfrei sind gemäß § 3 Nr.68 EStG u.a. Zinszuschüsse des Arbeitgebers, wenn die Darlehen mit der Errichtung oder dem Erwerb einer eigengenutzten Wohnung in einem im Inland belegenen Gebäude zusammenhängen, soweit die Zinszuschüsse insgesamt 2 000 DM im Kalenderjahr nicht übersteigen. Mit diesen Zinszuschüssen stehen die als Werbungskosten geltend gemachten Zinsen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang i.S. des § 3c EStG.

a) Ein solcher Zusammenhang liegt vor, wenn Einnahmen und Ausgaben durch dasselbe Ereignis veranlaßt sind (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11.Oktober 1989 I R 208/85, BFHE 158, 388, BStBl II 1990, 88; vom 18.Juli 1990 I R 72/86, BFHE 161, 132, BStBl II 1990, 926). Eine Veranlassung durch dasselbe Ereignis ist jedenfalls zu bejahen, wenn steuerfreie Einnahmen dazu bestimmt sind, Aufwendungen zu ersetzen, die mit Einkünften i.S. des § 2 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Dementsprechend stellt der BFH in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob und inwieweit durch die Erstattung Werbungskosten ausgeglichen werden sollen (Urteile des BFH vom 9.November 1976 VI R 139/74, BFHE 120, 491, BStBl II 1977, 207; vom 4.März 1977 VI R 213/75, BFHE 122, 265, BStBl II 1977, 507; vom 14.November 1986 VI R 226/80, BFHE 148, 457, BStBl II 1987, 385; vom 9.Juni 1989 VI R 33/86, BFHE 157, 526, BStBl II 1990, 119; vom 24.Oktober 1991 VI R 83/89, BFHE 165, 542, BStBl II 1992, 140).

b) Nach diesen Maßstäben besteht zwischen steuerfreien Zuschüssen i.S. des § 3 Nr.68 EStG und Darlehenszinsen für die Anschaffung einer eigengenutzten Wohnung des Arbeitnehmers ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang i.S. von § 3c EStG, weil der Zinszuschuß des Arbeitgebers die Zinslasten des Arbeitnehmers insoweit verringern soll.

c) Diese Auslegung steht in Einklang mit dem aus der Entstehungsgeschichte zu entnehmenden Gesetzeszweck des § 3 Nr.68 EStG.

Zinsersparnisse bei Arbeitgeberdarlehen und Zinszuschüsse des Arbeitgebers gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn (§ 19 EStG). Zinsen für ein Arbeitgeberdarlehen waren bis zum Wegfall der Nutzungswertbesteuerung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, wenn das Darlehen für die Anschaffung einer selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus gewährt worden war (§ 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 i.V.m. § 21 Abs.2 Satz 1 1.Alternative EStG). Wurde das Arbeitgeberdarlehen für eine solche Anschaffung zinslos oder zinsverbilligt eingeräumt, so standen den Einnahmen in Form der Zinsersparnis entsprechende Werbungskosten gegenüber. Das gleiche steuerliche Ergebnis erreichte die Finanzverwaltung dadurch, daß nach Abschn.50 Abs.2 Nr.5 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1984 Zinsersparnisse bei Arbeitgeberdarlehen nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen waren, wenn die Zinsen im Fall ihrer Zahlung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar gewesen wären. Mit dem Wegfall der Nutzungswertbesteuerung wurde dieser vereinfachenden Verwaltungsregelung der Boden entzogen, weil die Nutzung der Wohnung im eigenen Haus nicht mehr zu Einnahmen führte und im Zusammenhang damit auch kein Werbungskostenabzug mehr in Betracht kam. Zinsersparnisse bei Arbeitgeberdarlehen wären dann in vollem Umfang zum steuerpflichtigen Arbeitslohn zu rechnen gewesen. Um dies zu vermeiden und um die Steuerfreiheit von Zinsersparnissen bei Arbeitgeberdarlehen sowie von Zinszuschüssen des Arbeitgebers zur Anschaffung einer eigengenutzten Wohnung für eine Vielzahl von Fällen weiterhin --im Ergebnis entsprechend der früheren Richtlinienregelung-- aufrechtzuerhalten, führte der Gesetzgeber zugleich mit dem Wegfall der Nutzungswertbesteuerung durch das Wohneigentumsförderungsgesetz vom 15.Mai 1986 (BGBl I 1986, 730) die Steuerfreiheit der in § 3 Nr.68 EStG genannten Einnahmen ein (vgl. BTDrucks 10/5208, 36, 40). Daraus folgt aber nicht, daß diese Zinsersparnisse und Zinszuschüsse auch dann steuerfrei sein sollten, wenn die entsprechenden Zinsen auf Grund der Großen Übergangsregelung des § 52 Abs.21 Satz 2 EStG weiterhin als Werbungskosten abziehbar sind. Ein solcher doppelter Steuervorteil entspräche nicht dem Zweck des § 3 Nr.68 EStG.

d) Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist entgegen der Rechtsansicht des FG auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Zuschüsse im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die Schuldzinsen hingegen bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind (a.A. FG München, Urteil vom 14.August 1990 16 K 1815/89, EFG 1991, 304; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 12.Aufl., § 3c Anm.3; Meincke in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, § 3c EStG Rn.19; Stuhrmann, Finanz-Rundschau 1989, 41). Die Vorschrift des § 3c EStG erfordert nicht einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang von Einnahmen und Ausgaben innerhalb derselben Einkunftsart. Ihr Zweck, einen doppelten Steuervorteil zu verhindern, gebietet eine Auslegung, nach der ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang auch dann gegeben ist, wenn steuerfreie Einnahmen einer Einkunftsart Werbungskosten einer anderen Einkunftsart ersetzen.

2. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen (§ 126 Abs.3 Nr.1 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 64905

BFH/NV 1993, 68

BStBl II 1993, 784

BFHE 171, 443

BFHE 1994, 443

BB 1994, 411

BB 1994, 411-412 (LT)

DB 1993, 2108-2109 (LT)

DStZ 1993, 694 (KT)

HFR 1993, 703 (LT)

StE 1993, 534 (K)

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