Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungswertbesteuerung nach Erwerb eines zuvor gemieteten Einfamilienhauses

 

Leitsatz (NV)

Erwirbt ein Steuerpflichtiger vom bisherigen Vermieter ein Einfamilienhaus, das er zuvor gemeinsam mit dem Ehegatten gemietet hatte, so ist der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus ihm gemäß § 21 Abs. 2 1. Alternative EStG zuzurechnen und nach § 21a EStG zu ermitteln.

 

Normenkette

EStG 1984 § 21 Abs. 2, 1. Alt, § 21a; BGB § 571

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren gemeinsam Mieter eines Einfamilienhauses, das von den Klägern zu 65 v.H. zu Wohnzwecken und vom Kläger zu 35 v.H. zu beruflichen Zwecken genutzt wurde. Im Streitjahr (1984) erwarb die Klägerin das Haus. Nach klägerischem Vortrag zahlte nunmehr der Kläger an die Klägerin für die Nutzung des gesamten Hauses die Monatsmiete in bisheriger Höhe. Die Kläger ermittelten in der Einkommensteuererklärung 1984 die Einkünfte sowohl für den zu Wohnzwecken als auch für den zu beruflichen Zwecken Teil des Hauses durch Gegenüberstellung der Mieteinnahmen und der Ausgaben. Demgegenüber setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) für den zu Wohnzwecken genutzten Teil den Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus nach § 21 Abs. 2, 1. Alternative § 21a des Einkommensteuergesetzes (EStG) an. Einspruch und Klage hatte keinen Erfolg.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung der §§ 21, 21a EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zutreffend der Klägerin den Nutzungswert der zu Wohnzwecken genutzten Räume ihres Einfamilienhauses gemäß § 21 Abs. 2, 1. Alternative EStG zugerechnet und nach § 21a EStG ermittelt.

Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehört gemäß § 21 Abs. 2, 1. Alternative EStG auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus. Dieser Einkünftetatbestand wird in erster Linie durch eigenes Wohnen mit den Familienmitgliedern verwirklicht (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. November 1983 VIII R 215/79, BFHE 140, 199, BStBl II 1984, 366; vom 21. Juli 1988 IX R 86/84, BFHE 154, 108, BStBl II 1988, 938). Entscheidend für die Anwendbarkeit von § 21 Abs. 2, 1. Alternative EStG sind Art und Umfang der Nutzung durch den Eigentümer (Urteil vom 8. August 1990 IX R 122/86, BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171). Die Eigennutzung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß mit einem Mitbewohner ein Mietvertrag in bezug auf die gemeinsam genutzte Wohnung besteht und/ oder ein Entgelt für die (Mit-)Nutzung entrichtet wird (Urteil in BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171; Senatsurteile vom 13. November 1990 IX R 183/85, BFH/NV 1991, 373; vom 27. November 1990 IX R 5/88, BFH/NV 1991, 305 - nur im Leitsatz veröffentlicht -).

Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin im Streitfall dadurch, daß sie die Wohnräume ihres Hauses gemeinsam mit dem Kläger und der Tochter nutzte, den Tatbestand des § 21 Abs. 2, 1. Alternative EStG verwirklicht. Es kann dahinstehen, inwieweit das Mietverhältnis zivilrechtlich gemäß § 571 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) fortgesetzt wurde. Jedenfalls nutzte die Klägerin die Wohnräume bei steuerrechtlicher Wertung als Eigentümerin, nicht aber als Mitberechtigte aufgrund eines Nutzungsrechts des Klägers.

Bei dieser Sachlage kann unerörtert bleiben, ob der frühere Mietvertrag tatsächlich durchgeführt wurde oder ob - die tatsächliche Durchführung unterstellt - ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 AO 1977) darin zu sehen ist, daß die Kläger als Parteien des nach § 571 BGB übergegangenen Mietvertrages hieran auch insoweit festhielten, als er die gemeinsam genutzten Wohnräume betraf. Es kann auch dahinstehen, ob ein Gestaltungsmißbrauch wegen des zwischen den Klägern vereinbarten Güterstands der Gütertrennung (§ 1414 BGB) zu verneinen wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423215

BFH/NV 1993, 650

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