Leitsatz (amtlich)

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 26. Januar 1977 VIII R 109/75 (BFHE 121, 63, BStBl II 1977, 283) zur Möglichkeit einer steuerneutralen Einbringung und zum Zwang einer Gewinn- oder Verlustaufdeckung beim Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht sind nicht anwendbar, wenn ein Steuerpflichtiger Wirtschaftsgüter seines Einzelunternehmens ohne Gewährung neuer Gesellschaftsanteile in eine Kapitalgesellschaft einbringt, deren Anteile bereits vorher Betriebsvermögen des Einzelunternehmens waren und die bei der Einbringung zurückbehalten werden.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1, § 17 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger betrieb 1955 im Inland ein Einzelhandelsgeschäft (Einzelunternehmen). Nach Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) im selben Jahr wurde er bald deren Alleingesellschafter und behandelte die Gesellschaftsanteile als Betriebsvermögen des Einzelunternehmens.

Durch Vertrag vom 9. Mai 1960 übertrug der Kläger sein Einzelunternehmen "mit Aktiven und Passiven gem. anliegender Übertragungsbilanz zum 1.4. 1960" auf die GmbH. Nicht mitübertragen wurden die in der Bilanz "unter Abgang ausgewiesenen Vermögenswerte". Dies waren die GmbH-Anteile - Buchwert 20 000 DM - und ein Grundstück in der Schweiz. Die anderen Wirtschaftsgüter mit Ausnahme eines § 7 c-Darlehens wurden zu den Buchwerten nach der Bilanz zum 31. Januar 1960 übertragen. Dabei überstiegen die Schulden das Aktivvermögen. Den Fehlbetrag wies die GmbH als Forderung gegen den Kläger aus.

Die GmbH erhöhte mehrmals ihr Stammkapital aus Gesellschaftsmitteln. Am 9. Mai 1960 verschenkte der Kläger 1 v. H. des von ihm gehaltenen Stammkapitals. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1961 wurde die GmbH in eine Aktiengesellschaft (AG) umgewandelt.

Unter dem 10. Dezember 1962 ließ der Kläger dem FA mitteilen, daß er seinen dauernden Aufenthalt in die Schweiz verlegt habe, wo er bereits vorher einen zweiten Wohnsitz hatte.

Nach einer 1969/70 durchgeführten Betriebsprüfung, bei der festgestellt wurde, daß der Kläger nach seinem Wegzug in die Schweiz seine Beteiligung von 99 v. H. an der AG veräußert hatte, kam das FA zu der Auffassung, der Kläger habe am 24. November 1962, dem Zeitpunkt der Übersiedlung in die Schweiz, aus einem ihm noch verbliebenen Betriebsvermögen des Einzelunternehmens die Beteiligung entnommen. Das FA errechnete einen Entnahmegewinn und erließ einen endgültigen Einkommensteuerbescheid für den Zeitraum 1. Januar bis 30. November 1962 (1962), wobei zunächst eine tarifbegünstigte Besteuerung dieses Gewinns versagt, später jedoch in einem geänderten - und zum Gegenstand des Verfahrens gemachten - Einkommensteuerbescheid gewährt wurde.

Auf die Sprungklage des Klägers gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 1962 änderte das FG die Steuerfestsetzung in dem Bescheid für 1962 - nach Herabsetzung des Veräußerungsgewinns - in seiner in den EFG 1975, 11, veröffentlichen Entscheidung.

Gegen das finanzgerichtliche Urteil legte der Kläger Revision ein mit im wesentlichen nachfolgender Begründung:

Der Kläger habe 1962 bei seinem Wegzug in die Schweiz kein Betriebsvermögen mehr gehabt, weil er 1960 sein Einzelunternehmen aufgegeben und dabei die GmbH-Anteile in das Privatvermögen überführt habe. Bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern des Einzelunternehmens auf die GmbH habe es sich nicht um einen steuerneutralen Einbringungsvorgang im Sinne der Rechtsprechung zur Einbringung von Personenunternehmen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten gehandelt, da der Kläger schon vorher im Besitz der GmbH -Anteile gewesen sei. Der Kläger habe nichts getauscht und nicht nur die Rechtsform seines Unternehmens gewechselt, er habe vielmehr wesentliche Teile seines Betriebsvermögens zurückbehalten und sein Einzelunternehmen beendet und außerdem eine andere, bereits vorher vorhanden gewesene Unternehmensform - die GmbH - beibehalten.

Daß der Kläger die GmbH-Anteile 1960 in sein Privatvermögen übernommen habe, ergebe sich aus dem Vertragstext vom 9. Mai 1960 und aus den späteren Steuererklärungen. Die Versteuerung eines Aufgabegewinns sei wegen Rechtsirrtums unterblieben. Der Steueranspruch aus dem Jahre 1960 sei schon bei Beginn der Betriebsprüfung verjährt gewesen.

Nehme man gleichwohl für 1960 einen Einbringungsvorgang an, der steuerneutral hätte behandelt werden dürfen, so rechtfertige der Wegzug des Klägers in 1962 allein es nicht, stille Reserven aufzudecken und zu besteuern. Es liege weder eine Veräußerung von Betriebsvermögen noch eine Betriebsaufgabe vor. Die Besteuerung könne auch nicht auf einen sogenannten allgemeinen Entstrickungsgrundsatz gestützt werden. Die Rechtsprechung des BFH zur Gewinnaufdeckung bei Betriebsverlegung in das Ausland sei nicht überzeugend und hier nicht anwendbar, weil keine Betriebstätte verlegt worden sei. Die Rechtsprechung des BFH zur Gewinnrealisierung bei Einbringung von Personenunternehmen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und späterer Gefährdung einer Besteuerung von stillen Reserven, wie sie zuletzt im BFH-Urteil vom 26. Januar 1977 VIII R 109/75 (BFHE 121, 63, BStBl II 1977, 283) Ausdruck gefunden habe, verstoße gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, wenn sie in diesen Fällen bei Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht des Einbringenden die Besteuerungsmöglichkeit aus § 16 Abs. 1 EStG herleite.

Der dem Verfahren beigetretene BdF hat sich dahin gehend geäußert, daß nach seiner Meinung die in der Beteiligung des Klägers enthaltenen Reserven mit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers aufzudecken und steuerlich zu erfassen seien. Die Rechtsprechung des BFH zur Einbringung von Personenunternehmen in Kapitalgesellschaften gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten - zuletzt BFH-Urteil VIII R 109/75 - sei auch dann anzuwenden, wenn ein Einzelunternehmen in eine GmbH ohne Gewährung neuer Gesellschaftsanteile eingebracht werde und eine Beteiligung schon vorher bestehe. Angesichts einer Wertsteigerung dieser Beteiligung liege es nahe, einen Tauschvorgang anzunehmen. Verneine man dies, dann müsse eine Betriebsaufgabe im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG mit der Möglichkeit des Aufschubs der Gewinnverwirklichung bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine Besteuerung der stillen Reserven nicht mehr gewährleistet ist, angenommen werden. Es müßten gleiche Grundsätze gelten, wie sie für Einbringungsfälle unter Annahme einer Betriebsveräußerung im Sinne von § 16 Abs. 1 EStG aufgestellt wurden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Änderung der Steuerfestsetzung in dem zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Einkommensteuerbescheid 1962 (1. Januar bis 30. November 1962) vom 11. Januar 1974.

a) Die Vorentscheidung ist insoweit aufzuheben, weil das FG rechtsirrtümlich zu dem Ergebnis gelangt ist, wegen des Wegzugs des Klägers in das Ausland könne hinsichtlich dessen Beteiligung an der AG ein Aufgabegewinn in dem durch den Einkommensteuerbescheid erfaßten Zeitraum zur Besteuerung herangezogen werden.

aa) Dem FG ist nicht zu folgen, wenn es für 1962 eine Besteuerungsmöglichkeit wie bei einem Aufgabegewinn im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG angenommen und sich dafür auf die Grundsätze der Rechtsprechung des RFH und des BFH berufen hat, die für die Frage einer Gewinnaufdeckung bei der Einbringung eines Personenunternehmens in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in den Fällen maßgebend sind, in denen weder die Vorschriften des UmwStG 1957 (BGBl I 1957, 1713, BStBl I 1957, 468), noch die des UmwStG 1969 (BGBl I 1969, 1163, BStBl I 1969, 498), noch die des Außensteuergesetzes (BGBl I 1972, 1713, BStBl I 1972, 450), noch die des DBA-Schweiz 1971 (BGBl II 1972, 1022 und 1973, 74, BStBl I 1972, 519 und 1973, 61) anwendbar sind. Die erwähnten Grundsätze können auf den Streitfall weder unmittelbar noch entsprechend angewendet werden.

Wie der Senat in seinem Urteil VIII R 109/75 ausgesprochen hat, ist beim Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht ein gewerblicher Gewinn oder Verlust aufzudecken, wenn zuvor ein Einzelunternehmen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht und dabei in zulässiger Weise von der Aufdeckung stiller Reserven abgesehen wurde. Dieser Zwang zu einer Gewinn- oder Verlustaufdeckung beim Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht besteht indessen nur in Einbringungsfällen im Sinne dieser Rechtsprechung. Es muß also vor dem Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht ein Personenunternehmen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht und dabei in Ausübung eines dem Steuerpflichtigen zustehenden Wahlrechts die Aufdekkung der stillen Reserven des eingebrachten Unternehmens hinausgeschoben worden sein. An diesen Voraussetzungen fehlt es im vorliegenden Fall. Nach den Feststellungen des FG hatte der Kläger, bevor er 1962 in das Ausland verzog, in 1960 nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen seines Einzelunternehmens auf die GmbH übertragen; u. a. waren die im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens geführten GmbH-Anteile zurückbehalten worden. Der Kläger hatte auch für die Übertragung keine neuen Gesellschaftsanteile erhalten; die Wirtschaftsgüter seines Einzelunternehmens waren unentgeltlich übertragen worden. Dem Kläger hatte deshalb auch kein Wahlrecht des Inhalts zugestanden, eine Gewinnaufdeckung sofort oder erst später vorzunehmen.

Entgegen der vom FA und vom BdF geäußerten Ansicht sind die vorerwähnten Grundsätze über die Möglichkeit und die Folgen einer steuerneutralen Einbringung von Personenunternehmen in eine Kapitalgesellschaft auch nicht entsprechend anwendbar auf einen Fall, in dem Wirtschaftsgüter eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft ohne Gewährung neuer Gesellschaftsanteile eingebracht sowie schon vorher im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens vorhandene Anteile an der Kapitalgesellschaft zurückbehalten werden und dieser Vorgang als eine Betriebsaufgabe im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG zu beurteilen ist. Nach den Ausführungen in dem Urteil VIII R 109/75 betrifft die Rechtsprechung zur Einbringung von Personenunternehmen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten Veräußerungsvorgänge im Sinne von § 16 Abs. 1 EStG. Sie beruht zum einen auf der Überlegung, daß es mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht immer zu vereinbaren ist, beim Tausch von Wirtschaftsgütern eine Realisierung der in den hingegebenen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven zu verlangen, und zum anderen - im Hinblick auf den Zweck von § 16 Abs. 1 EStG - auf der Erwägung, daß das Hinausschieben einer Gewinnaufdeckung nur unter dem Vorbehalt der Sicherstellung einer steuerlichen Erfassung von stillen Reserven zu rechtfertigen ist. Bei einem als Betriebsaufgabe im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG zu beurteilenden Vorgang, bei dem eine wesentliche Betriebsgrundlage zurückbehalten und nicht alle Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens in die Kapitalgesellschaft eingebracht werden, können indessen die Erwägungen, die beim Tausch eines Betriebsvermögens gegen Gesellschaftsanteile das Hinausschieben einer Gewinn- oder Verlustaufdeckung rechtfertigen, nicht Platz greifen. Die Rechtsprechung des BFH hat ohnehin schon für die Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten die Möglichkeit verneint, die Wirtschaftsgüter unter Fortführung ihrer bisherigen Buchwerte einzubuchen (vgl. dazu das sogenannte Tauschgutachten des BFH vom 16. Dezember 1958 I D 1/57 S, BFHE 68, 78, BStBl III 1959, 30 unter Abschn. A IV). Bei einer Betriebsaufgabe kann auch keine Rede davon sein, daß ein bisher im Einzelunternehmen eingegangenes Engagement in anderer, aber wirtschaftlich gleicher Form fortgesetzt werde; dies wird schon durch die Begriffe Aufgabe und Fortsetzung, die einen gegensätzlichen Inhalt haben, ausgeschlossen. Es fehlt damit an einem wesentlichen Merkmal, mit dem die Möglichkeit einer gewinneutralen Einbringung begründet wird. Stellt sich die Betriebsaufgabe als Auflösung des Betriebsvermögens und damit als Beendigung einer unternehmerischen Tätigkeit vermittels dieses Vermögens dar, dann ist weder eine Möglichkeit noch eine Notwendigkeit dafür zu ersehen, eine Gewinn- oder Verlustaufdeckung hinauszuschieben.

Soweit das FG sich für seine Auffassung über die Möglichkeit einer gewinneutralen Einbringung beim Zurückbehalten bereits vorher erworbener Anteile an der Kapitalgesellschaft auf das BFH-Urteil vom 24. März 1959 I 205/57 U (BFHE 69, 72, BStBl III 1959, 289) berufen hat, kann offenbleiben, ob das Urteil einen gleichgelagerten Fall betraf. Wenn aus dieser nicht nach § 64 AO veröffentlichten Entscheidung zu entnehmen sein sollte, daß auch in Einbringungsfällen, in denen der Einbringende bereits im Besitz der Anteile an der Kapitalgesellschaft ist, eine Gewinnrealisierung unterbleiben kann, könnte der Senat dem aus den bereits dargelegten Gründen nicht folgen. Im übrigen verweist das Urteil I 205/57 U nur auf Entscheidungen des RFH, die über Fälle befanden, in denen Personenunternehmen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht wurden.

Soweit der BdF seine Auffassung, eine steuerneutrale Einbringung sei auch zulässig, wenn der Einbringende bereits im Besitz der Gesellschaftsanteile ist und diese zurückbehält, durch Meinungen bestätigt sieht, wie sie in der Literatur (vgl. Loos, Umwandlungs-Steuergesetz 1969 Rdnr. 909 ff.; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 17 UmwStG Anm. 17-19) und von der Finanzverwaltung (vgl. Schreiben des BdF vom 20. Juli 1970 IV B/5 - S 1978 - 26/70 - IV B/2 - S 1909 - 9/70; BStBl I 1970, 922, Abschn. II Nr. 6 Abs. 3) zum UmwStG 1969 geäußert wurden braucht der Senat zu diesen Meinungen nicht abschließend Stellung zu nehmen. Sie sind zur Auslegung und Anwendung der im Streitfall nicht einschlägigen Vorschrift des § 17 UmwStG 1969 entwickelt worden. Selbst wenn § 17 UmwStG 1969 entgegen dem Wortlaut dieser Vorschrift - Einbringung gegen Gewährung "neuer" Anteile - so auszulegen wäre, ließe sich daraus nichts für die auf § 16 Abs. 1 EStG gestützte Möglichkeit einer steuerneutralen Einbringung herleiten. Diese setzt, wie bereits ausgeführt, einen Veräußerungsvorgang voraus.

Die von den Beteiligten angesprochene Frage, ob in einem Fall wie dem vorliegenden bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern des Einzelunternehmens auf die GmbH die Vorschrift des § 7 EStDV eingreift und über sie eine Fortführung der Buchwerte möglich war, braucht hier nicht entschieden zu werden. Wie der Kläger zutreffend ausgeführt hat, steht die Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV nicht unter dem Vorbehalt einer späteren Besteuerung, wie sie der Senat in seinem Urteil VIII R 109/75 für den entgeltlichen Einbringungsfall angenommen hat. Deshalb läßt sich aus dieser Vorschrift auch nichts für eine Besteuerungsmöglichkeit beim Wegzug des Klägers in das Ausland herleiten.

bb) Dem FG ist auch nicht zu folgen, wenn es für 1962 einen Aufgabegewinn im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG unter dem Blickwinkel einer Betriebsverlegung vom Inland in das Ausland angenommen hat.

Nach dem auch vom FG angeführten BFH-Urteil vom 28. April 1971 I R 55/66 (BFHE 102, 374, BStBl II 1971, 630) ist die Verlegung eines Gewerbebetriebs aus dem Inland in das Ausland als Betriebsaufgabe im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG anzusehen, wenn der Gewinn aus dem in das Ausland verlegten Betrieb aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht der inländischen Besteuerung unterliegt. Voraussetzung für die Verwirklichung eines Gewinnrealisierungstatbestands im betrieblichen Bereich ist jedoch auch nach dieser Rechtsprechung, daß überhaupt Betriebsvermögen vorhanden ist, das in das Ausland verlegt wird. An dieser Voraussetzung fehlt es im Steitfall, weil die vom Kläger in dem mit dem Einkommensteuerbescheid 1962 erfaßten Zeitraum gehaltenen Anteile an der Kapitalgesellschaft kein Betriebsvermögen waren. Die Anteile hatten ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen bereits 1960 verloren. Verneint man mit den Ausführungen vorstehend unter aa) die Möglichkeit einer steuerneutralen Einbringung bei der Übertragung der Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens auf die GmbH im Jahre 1960 dann folgt daraus, daß die damals zurückbehaltenen Anteile an der GmbH spätestens mit der Zurückbehaltung Privatvermögen geworden sind. Dieser Beurteilung steht die Rechtsprechung des BFH, wonach das Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern bei Einbringungsvorgängen oder bei der Einstellung einer werbenden Tätigkeit nicht zwangsläufig zum Verlust der Betriebsvermögenseigenschaft der zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter führt (vgl. dazu u. a. Urteil vom 25. Februar 1975 VIII R 84/69, BFHE 115, 429, BStBl II 1975, 571, mit weiteren Nachweisen), nicht entgegen. Danach ist zwar das bisherige Betriebsvermögen solange als Betriebsvermögen anzusehen, als dies rechtlich noch möglich ist, nämlich bis zum Zeitpunkt der Verwertung oder der eindeutigen Übernahme in das Privatvermögen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn mit einer betrieblichen Verwertung oder einer Übernahme in das Privatvermögen nicht mehr zu rechnen ist; dann ist die Absicht, Wirtschaftsgüter weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln, unbeachtlich. Im Streitfall spricht angesichts der vom FG zu dem Einbringungsvorgang getroffenen Feststellungen nichts dafür, daß die zurückbehaltenen Gesellschaftsanteile noch einer betrieblichen Verwertung zugeführt oder erst später in das Privatvermögen übernommen werden sollten.

cc) Für die Besteuerung eines Aufgabegewinns in 1962 in dem vom FG angenommenen Umfange reicht die Verlegung des Wohnsitzes in das Ausland allein nicht aus. Wie der Senat in seinem Urteil VIII R 109/75 unter Anführung der dafür maßgebenden Überlegungen entschieden hat, kennt das Einkommensteuergesetz keinen Besteuerungstatbestand, nach dem allein der Wegzug eines Steuerpflichtigen in das Ausland eine Besteuerung begründet. Für das Streitjahr gab es dafür auch keine andere gesetzliche Grundlage.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72643

BStBl II 1978, 144

BFHE 1978, 483

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