Leitsatz (amtlich)

Bei Werksprobeläufen von Schiffsmotoren verwendetes Mineralöl ist nicht zoll- und steuerbegünstigt.

ZG §§ 25, 27; AZO §§ 72, 75; MinöStG (in der Fassung des Zweiten Verbrauchsteueränderungsgesetz) § 8 Abs. 3 Nr. 2; UStG § 15.

 

Normenkette

ZG §§ 25, 27; AZO §§ 72, 75; MinöStG § 8 Abs. 3/2

 

Streitjahr(e)

1961

 

Tatbestand

Die Stpfl. stellt unter anderem Groß-Schiffsdieselmotoren her, die von ihr vor der Lieferung an die Werften auf eigenen Prüfständen überprüft und ausprobiert werden. Ihr Antrag vom 27. November 1961 auf Erteilung eines Erlaubnisscheins für den zoll- und steuerfreien Bezug von Mineralöl, das bei den Probeläufen der Schiffsdieselmotoren in ihrem Betrieb Verwendung finden sollte, wurde abgelehnt. Auch Einspruch und Berufung hatten keinen Erfolg.

Mit ihrer Revision anzusehenden Rechtsbeschwerde rügt die Steuerpflichtige (Stpfl.) Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 25 ZG in Verbindung mit § 72 der Allgemeinen Zollordnung (AZO), des § 27 ZG in Verbindung mit § 75 AZO sowie des § 8 Abs. 3 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision kann keinen Erfolg haben.

  1. § 27 ZG und § 8 Abs. 3 Nr. 2 MinöStG in der Fassung des Zweiten Verbrauchsteueränderungsgesetzes vom 16. August 1961 (Bundesgesetzblatt I S. 1312, Bundeszollblatt S. 738) sehen wörtlich übereinstimmend Zoll- und Steuervergünstigung für Waren vor, die "zum Bau, zum Umbau, zum Ausbessern oder zum ersten Ausrüsten von Schiffen" verwendet werden. Aus diesem Wortlaut des Gesetzes - "zum Bau, zum Umbau usw." - geht einwandfrei hervor, daß damit nur solche Waren erfaßt sind, aus denen ein Schiff gebaut oder mit denen es erstmals ausgerüstet wird. Das bestätigt auch der sonstige Inhalt des § 27 ZG; wenn nämlich für diese Waren der Zollsatz oder die Zollfreiheit gilt, wie für das Schiff, so kann eine solche Gleichbehandlung nur für Waren in Betracht kommen, die Teil des Schiffes werden oder als der ersten Ausrüstung dienende Stücke in eine ständige Beziehung zum Schiff als der Hauptsache treten. Zu diesen Waren gehört aber Mineralöl, das zur Erprobung von Schiffsmotoren im Werk des Motorenherstellungsbetriebes verwendet wird, nicht. Denn dieses wird nicht zum Bau eines Schiffes, sondern lediglich zur Prüfung eines Erzeugnisses, das seinerseits erst Teil eines Schiffes wird und insofern zum Bau des Schiffes dient, verwendet. Erst recht kann nicht davon die Rede sein, daß etwa das Mineralöl zum ersten Ausrüsten eines Schiffes verwendet werde. Die für den Bereich des Schiffsbaus vom ZG und MinöStG vorgesehene Vergünstigung in zoll- und steuerrechtlicher Hinsicht kann daher für das von der Klägerin beim Motorenbau verwendete Mineralöl keine Anwendung finden.

Da nach Auffassung des Senats die Abgrenzung der Verwendung für den Schiffbau sich bereits aus dem Gesetz selbst ergibt, bedarf es keiner Prüfung der Frage, ob § 75 AZO als Teil einer Rechtsverordnung in § 78 Abs. 1 Nr. 2 ZG oder anderswo eine rechtsgültige Grundlage besitzt und ob sein Inhalt sich im Rahmen einer vorhandenen gesetzlichen Ermächtigung hält. Ebenso bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob der Anpassung des Wortlauts des § 8 Abs. 3 Nr. 2 MinöStG an § 27 ZG durch das Zweite Verbrauchsteueränderungsgesetz keine nennenswerte Bedeutung für die Verwendung von Mineralöl zukommt. Denn selbst wenn diese nur gering wäre, könnte daraus nicht geschlossen werden, daß ihr im Wege der Auslegung unbedingt eine weitere Bedeutung beigelegt werden müßte. Die Anpassung des Wortlauts zweier Gesetze ist schon der Einheitlichkeit halber als lohnend anzusehen.

  1. Auch unter die in § 25 ZG, § 72 AZO zur Förderung der Schiffahrt vorgesehene Vergünstigung für Betriebsstoffe fällt das für die Erprobung von Schiffsmotoren verwendete Mineralöl nicht. § 25 Abs. 2 ZG ermächtigt den BdF, zur Förderung der Luftfahrt und der Schiffahrt durch Rechtsverordnung Betriebsstoffe auch in anderen Fällen als denen des § 24 ZG vom Zoll zu befreien, wenn sie unter zollamtlicher Überwachung für Luftfahrzeuge oder Schiffe verwendet werden. Die Ermächtigung erstreckt sich also unter anderem auf Betriebsstoffe für Schiffe. Im Rahmen dieser Ermächtigung liegt es, wenn § 72 AZO für zollfrei Schweröle und Schmieröle erklärt, die unter zollamtlicher Überwachung auf Schiffen zum Motorenantrieb, zum Heizen oder zum Schmieren verwendet werden. Denn eine derartige Verwendung auf Schiffen wird im allgemeinen in Ausübung der Schiffahrt stattfinden, und die Fälle, in denen der Antrieb der Motoren eines Schiffs oder das Heizen des Schiffs nicht im Rahmen der Schiffahrt im strengen Sinne des Wortes stattfindet, sind innerhalb des Gesamtumfangs der Verwendung von Mineralölen auf Schiffen nicht von so nennenswerter Bedeutung, daß sie im Hinblick auf den Wortlaut der Ermächtigung von der Vergünstigung hätten besonders ausgeschlossen werden müssen. Die Aufgabenvergünstigung für die Verwendung auf Schiffen stellt daher eine der gesetzlichen Ermächtigung entsprechende und praktisch brauchbare Abgrenzung dar.

Ob der Verordnungsgeber damit die ihm erteilte Ermächtigung auch voll ausgeschöpft hat, braucht nicht erörtert zu werden, denn bei der gerichtlichen Nachprüfung von Verwaltungsakten kommt es für die Frage der Gültigkeit ihrer Rechtsgrundlage nur darauf an, ob ein Gesetz mit den ranghöheren Verfassungsnormen oder ob eine Verordnung mit der gesetzlichen Ermächtigungsvorschrift vereinbar ist. Dagegen ist es in diesem Zusammenhang nicht erheblich, ob der Gesetzgeber oder Verordnungsgeber eine weitergreifende Regelung hätte treffen können oder aus Gründen wirtschaftlicher oder sonstiger Art hätte treffen sollen.

  1. Daß auf Grund der Abgrenzung der Vergünstigung das Mineralöl bei Proben auf Schiffen abgabenrechtlich günstiger behandelt wird als bei Proben im Herstellungswerk, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Denn die Verwendung einer Ware auf einem Schiff, also einem der Schiffahrt dienenden Fahrzeug ist etwas anderes als die Verwendung bei der Erprobung eines erst der Herstellung eines Schiffes dienenden Teils. Daher liegt für eine unterschiedliche Behandlung ein sachgerechter Grund vor.

Auch aus § 1 Abs. 2 StAnpG läßt sich eine Vergünstigung nicht herleiten. Aus den genannten Vorschriften des ZG, der AZO und des MinöStG gehen klar Zweck und wirtschaftliche Bedeutung der Abgabenvergünstigung hervor, nämlich Schiffahrt und Schiffbau in einem ganz bestimmten Umfange steuerliche Erleichterungen zu gewähren. Daher ist kein Raum für eine Erweiterung der durch die Rechtsvorschriften gezogenen Grenzen. Ebenso kann auch der Umstand, daß Motorproben im Herstellungsbetrieb den sogenannten Stand- und Pfahlproben, bei denen die Mineralölverwendung zum Motorenantrieb begünstigt ist, neuerdings vorgezogen werden, nicht dazu führen, die für die Schiffahrt vorgesehene Vergünstigung für Betriebsstoffe auf eine Verwendung von Mineralöl als Betriebsstoff in einem Stadium des Schiffsbaus auszudehnen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425836

BFHE 1968, 445

BFHE 90, 445

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