Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Anwendungsbereich der Vorbeginnsklausel

 

Leitsatz (NV)

Die sog. Vorbeginnsklausel gem. § 1 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1986 gilt nicht für bis zum 31. Dezember 1985 abgeschlossene Investitionen.

 

Normenkette

InvZulG 1986 § 1 Abs. 1 S. 4, Abs. 2

 

Tatbestand

Der Kläger ist Rechtsnachfolger der ... GmbH. Die GmbH stellte am 18. September 1986 beim FA einen Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage für im Jahre 1985 abgeschlossene Investitionen in einem förderungsbedürftigen Gebiet (Anschaffung verschiedener Wirtschaftsgüter). Die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1986 erforderliche Bescheinigung des Bundesamtes für Wirtschaft vom 25. Februar 1987 reichte sie am 26. Februar 1987 nach. In dieser Bescheinigung ist als Tag der Antragstellung i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1986 der 11. August 1986 angegeben.

Das FA lehnte den Antrag unter Hinweis auf § 1 Abs. 1 Satz 4, § 8 Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1986 mit der Begründung ab, der Antrag auf Erteilung der Bescheinigung sei erst nach dem 30. Juni 1986 und somit verspätet gestellt worden.

Der dagegen erhobene Einspruch und die Klage blieben ohne Erfolg ...

Mit der Revision trägt der Kläger insbesondere vor: § 8 Abs. 2 InvZulG 1986 solle -- entgegen der Auffassung des FG -- nicht die generelle Regelung des § 8 Abs. 1 InvZulG 1986 einschränken. Der Gesetzgeber habe mit § 8 Abs. 2 InvZulG 1986 lediglich eine Übergangsregelung für Investitionen schaffen wollen, die nach dem 31. Dezember 1985 abgeschlossen worden seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat die Gewährung der Zulage unzutreffend bereits deshalb versagt, weil die GmbH den Antrag an das Bundesamt für Wirtschaft erst nach dem 30. Juni 1986 gestellt hatte.

1. Die Änderungen des InvZulG 1982 durch Art. 11 des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 vom 19. Dezember 1985 (BStBl I 1985, 735) führten zu der Neufassung des InvZulG als InvZulG 1986. Durch die Änderungen wurde u. a. § 1 Abs. 1 Satz 4 mit der Übergangsregelung in § 8 Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1986 eingefügt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1986 wird eine Investitionszulage nicht gewährt, soweit Investitionen vor dem Zeitpunkt abgeschlossen worden sind, in dem der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 2 gestellt worden ist (sog. Vorbeginnsklausel). Nach § 8 Abs. 1 InvZulG 1986 ist die Neufassung des Gesetzes vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 erstmals u. a. auf Wirtschaftsgüter anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1985 angeschafft worden sind. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1986 ist § 1 Abs. 1 Satz 4 erstmals anzuwenden, wenn der Antrag auf Erteilung der Bescheinigung nach dem 30. Juni 1986 gestellt worden ist.

Wie der Senat in dem -- nur mit dem Leitsatz veröffentlichten -- Beschluß vom 10. Januar 1992 III R 223/90 (BFHE 167, 261, BStBl II 1992, 427) ausgeführt hat, ist der in § 8 Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1986 getroffenen Übergangsregelung nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, ob auch bis zum 31. Dezember 1985 abgeschlossene Investitionen unter die verschärfende Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1986 fallen. Der Wortlaut läßt sowohl die Auslegung i. S. des FG als auch in dem mit der Revision vorgetragenen Sinne zu. Dem Vorbehalt in § 8 Abs. 1 InvZulG 1986 ist nicht unbedingt -- wie das FG meint -- zu entnehmen, daß Abs. 2 eine abschließende Regelung für sämtliche -- auch das Jahr 1985 betreffende -- Investitionen enthält. Der Vorbehalt kann auch dahingehend verstanden werden, daß lediglich die erstmalige Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1986 -- für Investitionen nach dem 31. Dezember 1985 -- vorbehalten ist.

Da es sich um das Ende einer Antragsfrist (Antrag bei der zuständigen Wirtschaftsbehörde gemäß § 2 InvZulG 1986) handelt und solche Fristen im Interesse der Investoren im Gesetz eindeutig geregelt sein müssen, greifen nach Auffassung des Senats die Grundsätze über die Meistbegünstigung ein, wie sie vom erkennenden Senat in seinem Urteil vom 9. Dezember 1988 III R 27/86 (BFHE 155, 444, BStBl II 1989, 242, unter Nr. 3 der Entscheidungsgründe) entwickelt worden sind. § 1 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1986 steht sonach der Gewährung einer Investitionszulage für die von der GmbH im Jahre 1985 angeschafften Wirtschaftsgüter nicht entgegen.

2. Die Sache ist nicht spruchreif. Da das FG -- seinem Rechtsstandpunkt folgend -- die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage nach § 1 InvZulG nicht geprüft hat, ist die Sache nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420195

BFH/NV 1995, 340

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