Leitsatz (amtlich)

1. „Herstellungsbetrieb” im Sinne des § 3 MinöStG 1964 ist auch der Erdtank einer Tankstelle, in dem ein Mineralöl dadurch neu entsteht, daß im Tank bereits vorhandenes Benzin mit einem anderen, nicht als Mineralöl geltenden Stoff durch dessen Zufüllung vermischt wird. Der Erdtank einer Tankstelle, der nur noch den sog. „Toten Bestand” enthält, ist steuerrechtlich leer.

2. Ein Mineralölsteuerhaftungsbescheid braucht keine Auskunft darüber zu geben, von welchen einzelnen Personen und in welcher jeweiligen Höhe der Haftungsbetrag als Steuer geschuldet wird.

 

Normenkette

MinöStG 1964 § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 6, §§ 3, 15 Abs. 2 Nr. 2; MinöStDV § 5; AO § 97 Abs. 2, §§ 212, 396

 

Tatbestand

Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war in den Jahren 1967 und 1968 alleiniger Geschäftsführer einer GmbH, die ihrerseits alleinige Komplementärin einer KG war. Seine Ehefrau war Alleininhaberin der GmbH-Anteile und einzige Kommanditistin der KG. In der Zeit von Juni 1967 bis März 1968 lieferte die KG Diisobutylen (DI) und Gemische aus diesem mit Triisobutylen (TI) entweder unmittelbar oder über drei Gesellschaften an Tankstelleninhaber und Großhändler im Bundesgebiet. DI und TI sind Waren der Stelle 38.19 – E des Deutschen Zolltarifs (DZT), die in den Jahren 1967 und 1968 nicht zu den Mineralölen im Sinne des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) gehörten.

Der Rechtsvorgänger des Beklagten, Revisionsbeklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt – HZA –) ging davon aus, daß die gelieferten Flüssigkeiten bei den Tankstellen in Tanks abgelassen wurden, die Vergaserkraftstoff (Benzin) der Zolltarifst. 27.10 – A enthielten, und daß dabei ein Gemisch entstanden sei, das als mineralölhaltiger Kraftstoff nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 MinöStG 1964 vom 20. November 1963 (BGBl I 1963, 1003, BZBl 1963, 991) in der bis zum 31. Dezember 1968 gültigen Fassung ein Mineralöl im Sinne des Mineralölsteuergesetzes sei. Er sah den Kläger als Hinterzieher der auf dem angeblichen Gemisch ruhenden Steuer an und erließ am 20. März und 24. November 1969 gegen ihn zwei Steuerhaftungsbescheide. Nachdem der Kläger hiergegen Klage erhoben hatte, wurde er durch ein inzwischen rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts wegen fortgesetzter Steuerhinterziehung in Tateinheit mit fortgesetztem Betrug bestraft. Das Landgericht stellte in diesem Urteil die Mengen der auf Veranlassung des Klägers gelieferten Flüssigkeiten und die jeweils bei den Tankstellen vorhanden gewesenen Benzinbestände niedriger als in den Steuerhaftungsbescheiden fest. Der Rechtsvorgänger des HZA erließ daraufhin am 27. April 1972 einen Änderungsbescheid, in dem er sich auf den rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens durch das Urteil des Landgerichts berief, unter Hinweis auf bestimmte Seiten des Urteils darstellte, welche Firmen mit welchen Mengen DI/TI beliefert worden waren, welche Benzinbestände bei ihnen vorhanden waren und welche Steuerbeträge für mineralölhaltigen Kraftstoff jeweils in Betracht kamen. Der Gesamtbetrag der Steuern, für die der Kläger als Haftender in Anspruch genommen wurde, betrug nunmehr … DM. Dieser Steuerhaftungsbescheid wurde nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens vor dem Finanzgericht (FG).

Das FG hob den Steuerhaftungsbescheid insoweit auf, als er die Steuerbeträge betraf, die nach Auffassung der Behörde die mit DI/TI belieferten Firmen A und B schuldeten. Im übrigen wies das FG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus: Auf dem Gebiete der Verbrauchsteuern müsse ein Haftungsbescheid den Erfordernissen eines Steuerbescheides nach § 212 AO genügen (§ 97 Abs. 2 AO). Danach gelte nur die Willensbekundung eines Finanzamts (FA) als Steuerbescheid, mit der ein bestimmter Betrag als Steuer von einer bestimmten Person beansprucht werde. Würden mit einem Haftungsbescheid mehrere Steuerschulden insbesondere gegen mehrere Schuldner geltend gemacht, so müsse regelmäßig jede einzelne Steuerschuld bekanntgegeben werden (Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 16. März 1962 VI 85/61 U, BFHE 75, 36, BStBl III 1962, 282; vom 7. November 1973 II 201/65, BFHE 111, 548, BStBl II 1974, 386). Denn unter „Steuer” im Sinne des § 212 AO sei regelmäßig die einzelne Steuerschuld, nicht aber eine unaufgegliederte Zusammenfassung mehrerer solcher Verpflichtungen zu verstehen. Außerdem müsse ein solcher Haftungsbescheid, damit der Adressat seine Rechte ausreichend wahrnehmen könne, stets Auskunft über die Personen der Steuerschuldner geben. Der angefochtene Bescheid werde diesen Anforderungen in bezug auf die bei den Firmen A und B ausgewiesenen Beträge nicht gerecht, weil sie jeweils nur eine Zusammenfassung der von mehreren Tankstelleninhabern geschuldeten Steuern darstellten.

Die übrigen mit dem Bescheid gellend gemachten Haftungsansprüche seien nach § 112 AO begründet. Für die Entscheidung der Frage, ob der Kläger eine Steuerhinterziehung begangen habe und daher gemäß dieser Vorschrift für die Beträge der verkürzten Steuereinnahmen halte, habe sich das FG gemäß dem BFH-Urteil vom 13. Juni 1973 VII R 58/71 (BFHE 109, 306, BStBl II 1973, 666) die ihm zutreffend erscheinenden tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen zu eigen gemacht, die das inhaltlich in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführte Strafurteil des Landgerichts wiedergebe.

In den Erdtanks der mit DI/TI belieferten Tankstellen habe sich das DI/TI mit Benzin vermischt. Für den so hergestellten mineralölhaltigen Kraftstoff sei mit dessen Entfernung aus den Erdtanks gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 und § 3 MinöStG in der Person der Tankstellenbesitzer einer Mineralölsteuerschuld entstanden. Die Erdtanks seien Herstellungsbetriebe im Sinne des § 3 MinöStG geworden. Eine Vermischung des DI/TI mit Benzin habe auch dann stattgefunden, wenn die Tanks bis auf den Toten Bestand leer gewesen seien. Zwei vom FG eingeholte Sachverständigengutachten hätten ergeben, daß der Tote Bestand in der Regel aus Benzin bestehe. Für die Steuerpflicht des in den Erdtanks entstandenen mineralölhaltigen Kraftstoffes sei unerheblich, ob die beim Einfüllen des DI/TI noch vorhanden gewesenen Benzinreste nur noch ganz geringfügig gewesen seien. Das FG sei auch bei der Berechnung der steuerpflichtigen Mengen und der Steuerbeträge dem Strafurteil gefolgt. Die Tankstellenbesitzer hätten ihre Steuerschulden nicht getilgt. Die hierdurch eingetretenen Steuerverkürzungen beruhten auf steuerunehrlichem Verhalten des Klägers. Den Feststellungen des Strafgerichts zufolge habe dieser die zuständigen HZÄ über die entstandene und fällig gewordene Mineralölsteuer der Tankstellenbesitzer dadurch irregeführt und in Unkenntnis gehalten, daß er diese veranlaßt habe, die Steuern nicht bei den HZÄ anzumelden. Dadurch, daß er das DI/TI zu Preisen abgegeben habe oder habe abgeben lassen, die denen für marktübliches Benzin zumindest nahegekommen seien, habe er entweder bei den Tankstellenbesitzern den Irrtum erregt, daß es sich um versteuertes, keine weiteren Steuern auslösendes Benzin handle, oder sie ihrerseits zu steuerunehrlichem Handeln veranlaßt. Selbst wenn aber die Tankstellenbesitzer gewußt hätten, daß es sich nicht um marktübliches versteuertes Benzin gehandelt habe, beruhten die eingetretenen Steuerverkürzungen doch zumindest auch auf dem steuerunehrlichen Verhalten des Klägers. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, daß es zu den Steuerverkürzungen auch gekommen wäre, wenn der Kläger die Ware nicht zu dem hohen für versteuertes Benzin erreichbaren Preis angeboten und geliefert hätte. Der Kläger habe auch vorsätzlich gehandelt. Aus seinem Geständnis und den hiermit übereinstimmenden Zeugenaussagen ergebe sich, daß er zumindest billigend in Kaut genommen habe, daß durch seine Handlungsweise Steuereinnahmen verkürzt werden würden. So habe er zugegeben, als Fachmann gewußt zu haben, daß die Erdtanks regelmäßig noch Kraftstoffmengen enthielten und daher durch das Einfüllen von DI/TI eine Steuerpflichtige Mischung entstehe. Der spätere Widerruf des Geständnisses sei unerheblich. Der Einwand des Klägers, er hätte seinerzeit alles gestanden, was man von ihm habe hören wollen, weil er auf jeden Fall aus dem Gefängnis habe entlassen werden wollen, erscheine nach den überzeugenden Feststellungen im Strafurteil als bloße Schutzbehauptung.

Der Kläger habe auch schuldhaft gehandelt. Selbst wenn er entsprechend seinen Angaben geglaubt haben sollte, daß die Abgabe von DI/TI an „Fachleute” in jedem Falle rechtmäßig und er für das weitere Schicksal der Ware nicht verantwortlich sei, läge darin ein vermeidbarer Verbotsirrtum, der seine Schuld nicht ausschließen würde. Nachdem er von einem Fachmann über die steuerlichen Folgen der Benutzung von DI/TI als Kraftstoff aufgeklärt gewesen sei, hätte er sich erkundigen müssen, ob er rechtmäßig handelte, wenn er das DI/TI veräußerte, ohne die Anmeldung der entstehenden Steuern durch deren Schuldner sicherzustellen.

Der Kläger habe sich also nach § 396 Abs. 1 Satz 1 AO in der bis zum 30. September 1968 gültig gewesenen Fassung schuldig gemacht.

Gegen dieses Urteil haben der Kläger und das HZA Revision eingelegt.

Der Kläger macht geltend:

1. Entgegen der Ansicht des FG könne der Tankbehälter einer Tankstelle nicht als Betrieb zur Herstellung von Mineralöl angesehen werden. In der Betriebswirtschaftslehre werde unter einem Betrieb eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit verstanden. Das müsse aufgrund des § 1 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) auch im Mineralölsteuerrecht gelten. Dem § 3 Abs. 1 MinöStG entspreche § 5 Abs. 1 des Tabaksteuergesetzes (TabStG). Der in beiden Vorschriften verwendete Begriff „Herstellungsbetrieb” müsse den gleichen Inhalt haben. Karkoschka (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1963 S. 106 – ZfZ 1963, 106 –) habe zu § 5 Abs. 1 TabStG die Auffassung vertreten, daß der Herstellungsbetrieb eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit sein müsse. Als Betrieb im Sinne des Mineralölsteuergesetzes sähen auch Schädel-Langer (Mineralölsteuer und Mineralölzoll, 3. Aufl., § 3 MinöStG Anm. 11) die technische Einheit an. Ferner ergebe sich auch aus § 16 StAnpG, daß bei einem Betrieb eine auf Rohstoffveredelung gerichtete Erwerbstätigkeit vorliegen müsse. Ein Tankstelleninhaber übe keine auf die Veredelung von Mineralöl gerichtete Erwerbstätigkeit aus. Denn er wolle das angelieferte Produkt nur unmittelbar an Kraftfahrer abgeben.

2. Es liege auch keine „Herstellung” von Mineralöl vor. Die Herstellung des DI/TI sei abgeschlossen gewesen, als es zur Verwendung als Kraftstoff bestimmt worden sei. Das ergebe ein Rückschluß aus dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen (BdF) vom 2. Dezember 1968 (BZBl 1968, 1353). In dem Ablassen von DI und TI in einen Tank, der Benzin enthalte, liege keine Herstellung von Mineralöl, weil es an der erforderlichen Bearbeitung fehle. Als Bearbeitung kämen nur solche Vorgänge in Betracht, bei denen ein zweckgerichtetes menschliches Tun vorliege. Das Ablassen von DI und TI in einen Tank geschehe lediglich zu dessen Befüllung und zur Lagerung der Kraftstoffe. Da ein Mineralölsteuerlager nicht schon dadurch zu einem Herstellungsbetrieb werde, daß in ihm Mischungsvorgänge stattfänden, könne erst recht eine bei der Lagerung von Kraftstoffen in der Tankstelle eintretende Mischung die Tankstelle nicht zum Herstellungsbetrieb machen. Die Auffassung des FG führe zu dem absurden Ergebnis, daß als Herstellungsbetriebe sogar die Kraftstoffbehälter von Kraftfahrzeugen und letztlich gar die Behälter von Feuerzeugen in Betracht kämen. Daran zeige sich, daß der Begriff des Herstellungsbetriebes und der Bearbeitung in unzulässiger und nicht nachvollziehbarer Weise ausgedehnt werde.

Eine Herstellung von Mineralöl in den Tanks von Tankstellen sei auch wegen der Verbrauchsnähe ausgeschlossen. Das Befüllen der Tanks sei bereits als Teil des Verbrauchsvorganges anzusehen. Auch Schädel-Langer (a. a. O., § 3 MinöStG Anm. 10) verneinten eine Herstellung unter dem Gesichtspunkt der Verbrauchsnähe. Schließlich habe sogar das zuständige Referat des BdF am 21. Januar 1969 gegenüber dem Steuerberater K die Auffassung vertreten, daß eine Tankstelle kein Herstellungsbetrieb sei.

3. Selbst wenn man der Ansicht des FG folgte, daß eine Mineralölsteuer bei den jeweiligen Tankstelleninhabern angefallen sei, käme eine Haltung nach § 112 AO nicht in Betracht.

Eine Steuerhinterziehung, die eine solche Haftung hätte auslösen können, habe er schon deshalb nicht begangen, weil die DI/TI-Lieferungen mit dem Verkauf an die drei Gesellschaften abgeschlossen gewesen seien und er nicht gewußt habe, an wen die Ware weitergeliefert worden sei. Selbst wenn er für diese Weiterlieferungen an die Tankstellen verantwortlich gewesen wäre, hätte er dabei keine mineralölsteuerrechtlichen Verpflichtungen erfüllen müssen. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, etwaige Steuerhinterziehungen der Tankstelleninhaber zu verhindern (Hinweis auf das Urteil des Reichsgerichts – RG – vom 12. April 1937 3 D 970/36, RGSt 71, 176). Der Annahme einer mittelbaren Täterschaft stehe entgegen, daß die Tankstelleninhaber nicht in den Irrtum versetzt worden seien, sie würden mit versteuertem Benzin beliefert, und daß er nicht mit dem Willen gehandelt habe, Steuern zu verkürzen. Er habe auch keine Steuern zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil eines anderen verkürzt. Er habe das Entstehen einer Steuerpflicht nicht für möglich gehalten und daher auch nicht vorsätzlich gehandelt. Durch die Lieferung des DI/TI sei er nicht etwa in eine Garantenstellung gelangt, die steuerliche Pflichten hätte auslösen können. Denn das DI/TI sei steuerfrei gewesen, und es müsse gestattet sein, in einer Versorgungskrise auch auf Stolle zurückzugreifen, die keine Mineralöle im Sinne des Mineralölsteuergesetzes seien. Die damit zusammenhängenden Fragen seien im übrigen damals völlig ollen gewesen, und deshalb sei er zu Unrecht wegen Steuerhinterziehung bestraft worden. Sein in der Untersuchungshaft abgelegtes Geständnis, gewußt zu haben, daß beim Einfüllen von DI/TI in einen Tank Mineralölsteuer entstehe, habe keine sachliches Gewicht, weil es nur die Antwort eines Rechtsunkundigen auf eine Frage des vernehmenden Beamten auf einem noch ungeklärten Rechtsgebiet darstelle. Der erkennende Senat habe bei der Bewilligung des Armenrechts für einen gleichartigen Streitfall im Beschluß vom 6. April 1976 VII B 62/75 eingeräumt, daß die Frage der Steuerpflicht schwierig und noch nicht eindeutig geklärt sei.

4. Es sei nicht zulässig, für bereits versteuertes, mit DI/TI vermischtes Benzin erneut die Mineralölsteuer zu erheben. Eine solche Doppelbesteuerung wirke sich als eine mit Art. 14 GG unvereinbare Erdrosselungssteuer aus.

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als es die Klage abgewiesen hat, und den Steuerhaftungsbescheid im vollen Umfang aufzuheben.

Das HZA beantragt, das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und auch insoweit die Klage abzuweisen.

Beide Beteiligte beantragen die Zurückweisung der gegnerischen Revision.

Das HZA macht im wesentlichen geltend:

Für den Inhalt eines Mineralölsteuerhaftungsbescheides seien gemäß § 97 Abs. 2 AO die Vorschriften des § 212 AO maßgebend. Der „bestimmte Betrag” im Sinne dieser Vorschrift sei hier der Haftungsbetrag, nicht die Höhe der Steuerschulden, auf die dieser sich beziehe.

Mineralölhaltiger Kraftstoff im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 6 MinöStG 1964 in der bis zum 31. Dezember 1968 in Kraft gewesenen Fassung sei jeder Kraftstoff, der zu irgendeinem Anteil Mineralöl enthalte. Das ergebe sich eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschrift und auch aus deren Eigenschaft als Ersatzposition für Kraftstoffe, die nicht schon durch eine der vorausgehenden Nummern des § 1 Abs. 2 MinöStG 1974 erlaßt würden. Der Gesetzgeber habe auch bewußt keine Mindestgröße für den Mineralölanteil festgelegt, um jede Streckung von Mineralöl mit steuerfreien Chemikalien zu erfassen.

Der im wesentlichen aus Mineralöl bestehende Tote Bestand der Tanks genüge, um aus zugefülltem DI/TI einen mineralölhaltigen Kraftstoff entstehen zu lassen. Er werde auch kaufmännisch berücksichtigt, insbesondere bei der Bezahlung der ersten Befüllung des Tanks mit Mineralöl.

 

Entscheidungsgründe

A) Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung eines Teils des angefochtenen Bescheids, im übrigen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.

Der erkennende Senat tritt der Auffassung des FG bei, daß durch das Ablassen des vom Kläger für die KG an die genannten Firmen gelieferten DI/TI in Benzin enthaltende Erdtanks ein „mineralölhaltiger Kraftstoff” im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 6 MinöStG 1964 in der bis zum 31. Dezember 1968 gültigen Fassung hergestellt worden ist, daß die Tanks „Herstellungsbetriebe” im Sinne des § 3 MinöStG 1964 wurden und daß in der Person ihrer Inhaber für den mineralölhaltigen Kraftstoff mit seiner Entfernung aus den Tanks jeweils eine Steuerschuld entstand, in bezug auf die sich der Kläger einer Steuerhinterziehung nach § 396 AO in der bis zum 30. September 1968 gültigen Fassung schuldig gemacht hat.

1. Durch § 1 Abs. 2 Nrn. 1 bis 6 MinöStG 1964 hat der Gesetzgeber bestimmt, welche Waren und sonstigen Erzeugnisse Mineralöl im Sinne des Mineralölsteuergesetzes sind. Dazu gehören DI und TI im Reinzustand nicht. Es handelt sich bei diesen Erzeugnissen um ungesättigte Olefine, die zur Stelle 38.19-E des DZT gehören (vgl. die Erläuterungen I Abs. 7 zum DZT 1961 bis 1968; BFH-Beschluß vom 31. Oktober 1972 VII B 131/70, BZBl 1973, 499). DI und TI können jedoch durch Vermischung mit Benzin zu „mineralölhaltigen Kraftstoffen” im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 6 MinöStG 1964 und damit zu Mineralölen im Sinne dieses Gesetzes werden. Der erkennende Senat ist an die tatsächliche Feststellung des FG gebunden, daß sich DI/TI mit Benzin vermischt, wenn es in Benzin enthaltende Tanks abgelassen wird. Denn in bezug auf diese Feststellung hat der Kläger keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (§ 118 Abs. 2 FGO) Wenn durch das Mischen von Mineralöl (z. B. Benzin) mit einem anderen Stoff (z. B. DI/TI) ein Erzeugnis entsteht, das seinerseits wiederum ein Mineralöl ist, so ist der Betrieb, in dem der Mischvorgang stattfindet, ein „Herstellungsbetrieb” im Sinne des § 3 MinöStG 1964. Denn durch das Mischen entsteht ein gegenüber den gemischten Stoffen neues Erzeugnis. Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 MinöStG 1964, daß Mineralöl im Erhebungsgebiet der Mineralölsteuer unterliegt, offenbart den Willen des Gesetzgebers, als „Herstellungsbetrieb” im Sinne des § 3 MinöStG 1964 jeden Betrieb anzusehen in dem auf irgendeine Weise bewirkt wird, daß ein Mineralöl im Sinne des Mineralölsteuergesetzes entsteht. Der Begriff „Herstellungsbetrieb” ist also vom Gesetzgeber selbst durch § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 3 MinöStG 1964 hinreichend bestimmt worden und § 5 MinöStDV, in dem das Mischen als Bearbeitung und damit als einen das Vorliegen eines Herstellungsbetriebs kennzeichnenden Vorgang bezeichnet wird, kann mithin nur als zutreffende Auslegung des Begriffs des Herstellungsbetriebs angesehen werden, so daß es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob § 5 MinöStDV gültig ist, nicht ankommt.

Im vorliegenden Fall lag die Herstellung von Mineralöl schon darin, daß DI/TI in Tanks abgelassen wurde, die Benzin enthielten. Denn dieser Vorgang hat bereits das Mischen der beiden Stoffe und die Entstehung eines Mineralöls, nämlich eines mineralölhaltigen Kraftstoffes, bewirkt. Es kam nicht darauf an, ob die Entstehung dieses Mineralöls Zweck jenes Vorganges war, da das Mineralölsteuergesetz 1964 mit dem Begriff „Herstellungsbetrieb” nur darauf abstellt, daß Mineralöl hergestellt wird. Für die „Herstellung” von Mineralöl im Sinne des Gesetzes genügt demnach jede von einem Willen geleitete Handlung.

Das FG hat zu Recht die Erdtanks der Tankstellen, in die das DI/TI abgelassen und mit dem darin befindlichen Benzin vermischt wurde, als „Herstellungsbetriebe” angesehen. Im Sinne des § 3 MinöStG 1964 ist als Betrieb, in dem Mineralöl hergestellt wird, die räumliche Einheit zu verstehen, in der sich der Herstellungsvorgang abspielt (vgl. BFH-Urteil vom 13. Februar 1958 Vz 211/54 U, BFHE 66, 312, BStBl III 1958, 151). Da Mineralöl auch dadurch hergestellt werden kann, daß ein anderes Mineralöl mit einem nicht zu den Mineralölen zählenden Stoff vermischt wird und dies auch ohne Mischvorrichtung möglich ist, braucht die als Betrieb in Betracht kommende räumliche Einheit nicht mit speziellen technischen Vorrichtungen ausgestattet zu sein, die auf den Herstellungsvorgang zugeschnitten sind. Diese weite Auslegung des Begriffes „Betrieb” gebietet der durch § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 3 MinöStG 1964 bekundete Wille des Gesetzgebers, jedes Erzeugnis, das im Erhebungsgebiet hergestellt wird und ein Mineralöl im Sinne des Mineralölsteuergesetzes ist, der Besteuerung zu unterwerfen. Es hat dem Gesetzgeber freigestanden, den Begriff des „Betriebes” im Mineralölsteuerrecht weiter zu fassen, als er in der Betriebswirtschaftslehre umschrieben wird. Auch in § 5 Abs. 1 TabStG kommt zum Ausdruck, daß der Begriff „Herstellungsbetrieb” im Verbrauchsteuerrecht jede Einrichtung umfaßt, in der das Entstehen verbrauchsteuerbarer Erzeugnisse bewirkt wird. Karkoschka (a. a. O.) geht zwar bei der Untersuchung des Begriffes „Herstellungsbetrieb” für das Tabaksteuerrecht vom Betrieb im Sinne der Betriebswirtschaft aus, räumt aber ein (Seite 107 1. Spalte 5. Absatz), daß die betriebswirtschaftliche Bedeutung des Begriffes „Herstellungsbetrieb” nicht immer gleichzusetzen sei mit der Bedeutung dieses Begriffes in einem Verbrauchsteuergesetz. Schädel-Langer-Gotterbarm (a. a. O., § 3 MinöStG Anm. 5) sehen als Herstellungsbetrieb im Sinne des § 3 MinöStG nicht die wirtschaftliche Erscheinungsform (das Unternehmen), sondern die produktionstechnische Einheit an und lassen als eine solche noch die primitivste in der Gestalt eines Waschkessels gelten. Die Begriffsbestimmung des § 16 StAnpG für die „Betriebstätte” im Sinne der Steuergesetze ist auf den Begriff „Herstellungsbetrieb” in § 3 Abs. 1 MinöStG nicht anwendbar. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob auch der Tank eines Kraftfahrzeugs oder gar noch kleinere Behälter als „Herstellungsbetriebe” im Sinne des § 3 MinöStG 1964 in Betracht kommen können. Der für diese Frage möglicherweise erhebliche Gesichtspunkt der Verbrauchsnähe kann im vorliegenden Fall keine Rolle spielen, weil das bei den Tankstellen durch Mischen von Benzin mit DI/TI hergestellte Mineralöl noch keine unmittelbare Beziehung zu einem Verbrauchsvorgang hatte.

Der BdF-Erlaß vom 2. Dezember 1968, aus dem der Kläger herleiten will, daß die Eigenschaft von DI/TI als Kraftstoff davon abhänge, ob es als solcher bestimmt worden sei, befaßt sich mit dem Entwurf des am 1. Januar 1969 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 vom 20. Dezember 1968 (BGBl I 1968, 1391), insbesondere mit der neuen Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 6 MinöStG 1964, die lautet:

„Mineralöl im Sinne dieses Gesetzes sind

1. …

6. Kraftstoffe anderer als der unter 1 bis 4 genannten Nummern des Zolltarifs, ganz oder teilweise aus Kohlenwasserstoffen.”

Hierzu ist im BdF-Erlaß unter Nr. 4 Abs. 2 ausgeführt, solche Waren seien erst dann Mineralöle im Sinne des Gesetzes, wenn sie zur Verwendung als Kraftstoffe bestimmt würden. Daraus kann für den vorliegenden Fall nichts hergeleitet werden, weil es nach der für ihn maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 1968 in Kraft gewesenen Fassung des § 1 Abs. 2 Nr. 6 MinöStG 1964 nur darauf ankommt, ob durch das Einfüllen von DI/TI in Mineralöl enthaltende Tanks ein „mineralölhaltiger Kraftstoff” entstanden ist, der von Gesetzes wegen ein Mineralöl ist.

2. Das FG ist davon ausgegangen, daß der in den Tanks durch Mischung von Benzin mit DI/TI hergestellte mineralölhaltige Kraftstoff aus den als Herstellungsbetriebe anzusehenden Tanks entfernt worden ist und die Tankstelleninhaber die dabei nach § 3 MinöStG 1964 in ihrer Person entstandene Steuerschuld nicht getilgt habe, daß also eine Verkürzung von Steuereinnahmen im Sinne des § 396 Abs. 1 AO eingetreten ist. Das FG hat die Ursache für diesen strafrechtlichen Erfolg darin gesehen, daß der Kläger das DI/TI zu Preisen abgegeben hat oder hat abgeben lassen, die denen für marktübliches Benzin entsprochen haben oder ihnen zumindest nahegekommen sind, und daß er durch diese Preise entweder bei den Tankstelleninhabern den Irrtum erregte, daß es sich um versteuertes und keine weiteren Steuern auslösendes Benzin handle, oder sie zur Steuerunehrlichkeit veranlaßte. Die tatsächliche Feststellung des FG über die Höhe der Preise für das DI/TI ist für den erkennenden Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend, nachdem hiergegen kein Revisionsgrund vorgebracht worden ist. Dem Kläger ist einzuräumen, daß eine von ihm in mittelbarer Täterschaft begangene vorsätzliche Verkürzung der Steuereinnahmen voraussetzt, daß er die Tankstelleninhaber in den Irrtum versetzt hatte, sie würden mit versteuertem Benzin beliefert, daß also die vom FG über die Wirkung der Preisgestaltung auf die Tankstelleninhaber getroffene Alternativfeststellung insofern nicht ausreicht. Der Kläger übersieht jedoch, daß auch dann eine von ihm als Täter begangene vorsätzliche Verkürzung der Steuereinnahmen in Betracht kommt, wenn die Tankstelleninhaber das DI/TI als solches erkannt hatten. Das FG hat für diesen Fall zutreffend ausgeführt, daß gleichwohl die Verkürzung der Steuereinnahmen auf einem steuerunehrlichen Verhalten des Klägers beruht.

Durch die Abgabe des DI/TI zu einem Preis, der dem für marktübliches Benzin zumindest nahekam, nahm er den Tankstelleninhabern wirtschaftlich die Möglichkeit, den aus der Ware in den Tanks hergestellten mineralölhaltigen Kraftstoff zu einem Preis zu verkaufen, der auch den Betrag umfaßte, in dessen Höhe bei der Entnahme des mineralölhaltigen Kraftstoffes aus den Tanks in der Person der Tankstelleninhaber eine Mineralölsteuerschuld entstand. Er beschwor damit die Gefahr herauf, daß die Tankstelleninhaber die von ihnen geschuldete Mineralölsteuer verkürzten, um den aus der ihnen gelieferten Ware hergestellten mineralölhaltigen Kraftstoff absetzen zu können. Dessen war sich der Kläger auch bewußt. Das ergibt sich aus der Feststellung des FG, er habe zugegeben, als Fachmann gewußt zu haben, daß die Tanks regelmäßig noch Kraftstoffmengen enthielten, so daß durch das Einfüllen von DI/TI eine steuerpflichtige Mischung entstehe. Auch an diese, auf das Geständnis vom 8. Juli 1968 gestützte tatsächliche Feststellung ist der erkennende Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, weil in bezug auf sie ebenfalls keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht sind. Der Kläger hatte sich also durch die Lieferung des DI/TI und die Bemessung des dafür zu zahlenden Preises wissentlich in die Stellung eines Garanten dafür gebracht, daß er die Gefahr abwendete, die er für die in der Person der Tankstelleninhaber entstehende Mineralölsteuerschuld heraufbeschworen hatte. Er war daher verpflichtet, die zur Abwendung dieser Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen (vgl. RG-Entscheidungen vom 28. März 1924 I 818/23, RGSt 58, 130, 132; vom 11. Februar 1926 III 630/25, RGSt 60, 77, und vom 16. Juni 1930 II 419/30; RGSt 64, 273, 276; BFH-Urteil vom 7. November 1973 I R 92/72, BFHE 111, 7, BStBl II 1974, 125). Er hätte dieser Pflicht auch nachkommen können, indem er seine DI/TI-Lieferungen der Zollverwaltung angezeigt hätte. Er hätte auch durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Lieferschein seine Abnehmer auf die Steuerpflicht aufmerksam machen können.

Der Kläger hat somit durch pflichtwidrige Untätigkeit auch die von Tankstelleninhabern bewußt herbeigeführten Mineralölsteuerverkürzungen verursacht. Er hat dieses Ergebnis vorsätzlich bewirkt, da er nach den auf seinem Geständnis vom 8. Juli 1968 beruhenden Feststellungen des FG zumindest in Kauf genommen hat, daß durch seine Handlungsweise Steuereinnahmen verkürzt werden könnten. An diese tatsächliche Feststellung ist der Senat ebenfalls nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, nachdem auch in bezug auf sie der Kläger zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht hat. Inwiefern eine Rechtsverletzung darin liegen könnte, daß das FG den Widerruf des Geständnisses als unerheblich und seine Begründung unter Berufung auf Feststellungen des Strafurteils als bloße Schutzbehauptung behandelt hat, hat der Kläger nicht dargelegt.

Der Kläger kann daher nicht mehr mit der Behauptung gehört worden, er habe das Entstehen einer Steuerpflicht nicht für möglich gehalten. Die Feststellung, daß er in Kauf genommen hat, daß durch seine Handlungsweise Steuereinnahmen verkürzt werden, kann nicht mit den Ausführungen des erkennenden Senats im Beschluß vom 6. April 1976 VII B 62/75 erschüttert werden. In dieser Entscheidung hat der Senat zwar eingeräumt, daß das Einfüllen von DI/TI in Tanks, die versteuertes Mineralöl enthalten, schwierige und noch nicht eindeutig geklärte Rechtsfragen aufwirft. Das schließt aber nicht aus, daß der Kläger als Fachmann davon überzeugt war, daß durch das Einfüllen des DI/TI in die Tanks eine als Mineralöl steuerbare Mischung entstand und daß infolge des von ihm für das DI/TI geforderten hohen Preises die Gefahr einer Steuerverkürzung durch die Tankstelleninhaber entstand und er selbst den Eintritt einer solchen Verkürzung in Kauf nahm.

Selbst wenn also Tankstelleninhaber das DI/TI als solches erkannt und selbst bewußt durch Unterlassung der Anmeldung ihrer Steuerschulden bei der Zollbehörde die Steuereinnahmen verkürzt haben sollten, bleibt eine vom Klüger selbst in Nebentäterschaft begangene Steuerhinterziehung übrig, die darin besteht, daß der Kläger in Kenntnis der von ihm ausgelösten Gefahr einer Steuerverkürzung entgegen der durch die Auslösung der Gefahr begründeten Rechtspflicht nicht verhinderte, daß die von den Tankstelleninhabern geschuldete Mineralölsteuer zu deren Vorteil verkürzt wurde.

3. Das FG hat schließlich auch zu Recht dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, daß die im Steuerhaftungsbescheid erwähnten, mit DI/TI vermischten Benzinmengen bereits versteuert waren. Denn nach den Vorschriften des Mineralölsteuergesetzes 1964 entsteht für Mineralöl, das aus dem Herstellungsbetrieb entfernt wird, die Steuerschuld auch dann, wenn zur Herstellung dieses Mineralöls bereits versteuertes Mineralöl verwendet worden ist. Eine mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG unvereinbare Erdrosselungssteuer kann darin nicht erblickt werden, weil es in der Hand des Betriebsinhabers liegt, die steuerliche Vorbelastung des hergestellten Mineralöls zu vermeiden. Im übrigen trifft hier den Kläger selbst keine Doppelbelastung für den Benzinanteil des mineralölhaltigen Kraftstoffes, da er nur das DI/TI geliefert hat und nach § 112 AO nur zur Haftung für den Betrag herangezogen worden ist, in dessen Hohe für den mineralölhaltigen Kraftstoff die Steuer entstanden ist.

Das FG hat die Klage insoweit zu Unrecht abgewiesen, als der Kläger durch den Haftungsbescheid in Anspruch genommen wird für die Fälle, in denen das HZA angenommen hat, daß die mit DI/TI befüllten Tanks nur noch den Toten Bestand enthielten der nach den Ermittlungen des FG in der Regel aus Benzin besteht. Der erkennende Senat kann sich nicht der Auffassung des FG anschließen, daß auch der Tote Bestand bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen sei, ob das vom Kläger gelieferte DI/TI in den Tanks mit Benzin vermischt worden ist. Das FG hat übersehen, daß bei der Beurteilung eines steuerrechtlich erheblichen Sachverhalts nach § 1 StAnpG der Zweck und die wirtschaftliche Bedeutung des Steuergesetzes sowie die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen sind und daß dies auch für das Mineralölsteuerrecht gilt (vgl. BFH-Urteil vom 13. Februar 1958 Vz 211/54 U, BFHE 66, 392, BStBl III 1958, 151). Bei der danach gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist der Tote Bestand eines Tanks nicht dessen Inhalt zuzurechnen, da er bei der normalen Entleerung des Tanks nicht erfaßt, somit bei der wirtschaftlichen Verwendung des Tanks als nicht vorhanden angesehen wird und daher keinen Anlaß geben kann, den Tank als Betrieb zur Herstellung von Mineralöl zu behandeln.

§ 1 Abs. 2 Nr. 6 MinöStG 1964 in der bis zum 31. Dezember 1968 in Kraft gewesenen Fassung mag zwar den Zweck gehabt haben, jede Streckung von Mineralöl mit steuerfreien Chemikalien und damit auch solche mineralölhaltige Kraftstoffe zu erfassen, deren Mineralölanteil sehr gering ist. Das schließt aber nicht aus, die Herstellung mineralölhaltigen Kraftstoffes in denjenigen Fällen zu verneinen, in denen ein steuerfreier Kraftstoff in einen bisher zur Lagerung von Mineralöl verwendeten, mit den normalen technischen Mitteln geleerten Tank eingefüllt wird. Im übrigen unterliegt nach § 1 StAnpG auch die Auslegung des Begriffes „mineralölhaltiger Kraftstoff” dem Gebot, Grenzen einzuhalten, die die wirtschaftliche Vernunft setzt. Von der Herstellung eines „mineralölhaltigen Kraftstoffes” kann daher nicht schon dann gesprochen werden, wenn ein Tank, in den ein steuerfreier Kraftstoff eingefüllt wird, nur noch den wirtschaftlich unbedeutenden Toten Bestand und damit nur noch wirtschaftlich unbedeutende Reste von Mineralöl enthält.

Da somit die nur noch den Toten Bestand enthaltenden Tanks steuerrechtlich leer waren, ist durch ihre Befüllung mit DI/TI kein mineralölhaltiger Kraftstoff hergestellt worden und bei ihrer Entleerung keine Mineralölsteuerschuld entstanden.

B) Die Revision des HZA hat nur zum Teil Erfolg.

I. Soweit sich die Revision dagegen richtet, daß das FG den Haftungsbescheid in bezug auf den angeblich von der Firma A geschuldeten Betrag aufgehoben hat, ist sie – jedenfalls im Ergebnis – unbegründet, weil auch in diesem Falle feststeht, daß die Tanks bei ihrer Befüllung mit DI/TI nur noch den Toten Bestand enthielten und somit gemäß § 1 StAnpG als leer anzusehen waren. Auch hier konnte bei der Entleerung der Tanks keine Mineralölsteuerschuld entstehen.

II. Im übrigen, nämlich hinsichtlich des Falles der Firma B führt die Revision zu Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung an das FG, weil dieses insofern den Steuerhaftungsbescheid nicht wegen unzureichender Bestimmtheit hätte aufheben dürfen. Die Auffassung des FG der Haftungsbescheid hätte Auskunft darüber geben müssen, von wem und in welcher Höhe der Haftungsbetrag im einzelnen als Steuer geschuldet werde, ist rechtsirrig.

Die Anforderungen an einen Steuerhaftungsbescheid richten sich gemäß § 97 Abs. 2 AO nach den Vorschriften über den Erlaß eines Steuerbescheides gegen den Steuerschuldner. Für bestimme Steuerarten ist nach § 210 b AO der Steuerbescheid schriftlich zu erteilen. In diesen Fällen muß gemäß § 211 AO der Bescheid die Hohe der Steuer enthalten; daneben soll er u. a. auch die Besteuerungsgrundlagen enthalten, soweit diese dem Steuerschuldner noch nicht mitgeteilt sind. In Fällen, in denen ein schriftlicher (förmlicher) Steuerbescheid nicht zu erteilen ist, gilt nach § 212 AO als Steuerbescheid jede Willenskundgebung der Steuerbehörde, mit der erstmalig ein bestimmter Betrag als Steuer von einer bestimmten Person beansprucht wird. Für die Festsetzung der Mineralölsteuer kommt nur diese Vorschrift in Betracht, da die Vorschriften des § 210 b AO über die Erteilung eines schriftlichen Bescheides diese Steuerart nicht erfassen. Den formellen Anforderungen genügt daher ein Mineralölsteuerhaftungsbescheid schon dann, wenn mit ihm von einer bestimmten Person ein bestimmter Haftungsbetrag beansprucht wird. Es kommt demnach nicht darauf an, ob die Haftung für diesen bestimmten Betrag wegen einer oder mehrerer Steuerschulden geltend gemacht wird. Das Gesetz verlangt nicht, daß der Mineralölsteuerhaftungsbescheid Auskunft darüber gibt, von welchen einzelnen Personen und in welcher jeweiligen Höhe der Haftungsbetrag als Steuer geschuldet wird.

Die vom FG seiner Auffassung zugrunde gelegten BFH-Urteile vom 16 März 1962 VI 85/61 U (BFHE 75, 36, BStBl III 1962, 282) und vom 7. November 1973 II 201/65 (BFHE 111, 548, BStBl II 1974, 386) betreffen Haftungsbescheide über Steuerarten, für die das Gesetz die Erteilung eines schriftlichen (förmlichen) Steuerbescheides vorschreibt. Aus ihnen kann daher für den gegenwärtigen Fall nichts hergeleitet werden.

C) Das FG-Urteil war somit auf die Revisionen des Klägers und des HZA aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Zur Frage, ob das HZA durch den angefochtenen Bescheid den Kläger zu Recht als Haftenden für Steuerschulden der Firma B in Anspruch genommen hat, liegen noch keine tatsächlichen Feststellungen des FG vor, weil dieses den Bescheid insofern wegen vermeintlicher Verletzung von Formvorschriften für rechtswidrig gehalten hat. Es fehlen auch tatsächliche Feststellungen zu der weiteren Frage, welche DI/TI-Lieferungen an die Firmen C, D, E, F, G, H und I, in Tanks abgelassen wurden, die nur noch den Toten Bestand enthielten, weil das FG von der irrigen Auffassung ausgegangen ist, auch in solchen Fällen sei durch das Ablassen des DI/TI in die Tanks im Sinne des Mineralölsteuergesetzes ein mineralölhaltiger Kraftstoff hergestellt worden.

Die Sache war somit nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514826

BFHE 1978, 250

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