Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1) Der Grundsatz der Einzelbewertung gilt auch für Betriebsvermögen.

2) Die Wirksamkeit der §§ 4 ff. BewG wird weder durch betriebswirtschaftliche überlegungen noch durch Berufung auf den Teilwertgedanken beseitigt.

3) Die Pensionsanwartschaften der einzelnen Arbeitnehmer sind unter Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Grundsätze ihrem Wesen nach aufschiebend bedingt.

4) Das Gesetz der großen Zahl rechtfertigt grundsätzlich bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens die Bildung einer Rückstellung für Pensionsanwartschaften dem Grunde nach.

5) Als große Zahl ist die Zahl 100 anzusehen. 6) Ausgangswert für die Bildung der Rückstellung für Pensionsanwartschaften ist das nach versicherungsmathematischen Grundsätzen errechnete Deckungskapital, bei dem bereits der Einfluß der Fluktuation berücksichtigt worden ist.

Von dem danach verbleibenden Wert des Deckungskapitals sind Abschläge wegen der Vorbehalte der Unternehmer hinsichtlich der Pensionszahlungen, der Verwendung des Abzinsungssatzes 3,5 % statt 5,5 % bei der versicherungsmathematischen Berechnung und aus sonstigen Gründen (eigenkapitalähnlicher Charakter des Rückstellungsbetrags, Verbesserung des Betriebsklimas usw.) in Höhe von etwa 75 v. H. vorzunehmen.

 

Normenkette

BewG §§ 4, 6, 12, 10, 14, 103, 62, 66, 109

 

Tatbestand

Es handelt sich um die Fortschreibung des Einheitswerts für das Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin (Bfin.), einer AG, auf den 1. Januar 1950. Das Finanzgericht spricht von einer Vermögensteuersache. Dies ist unzutreffend, erklärt sich aber daraus daß der dem Verfahren zugrunde liegende Bescheid ein sogenannter kombinierter Einheitswert- und Vermögensteuerbescheid ist. Streitig ist der Abzug einer Rückstellung für Pensionsanwartschaften. Die Bfin. hat in ihrer Vermögensaufstellung auf den Schluß des Wirtschaftsjahres vom 30. Juni 1949 den nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechneten Kapitalwert der Pensionsanwartschaften in Höhe von 246.723 DM vom Rohvermögen abgezogen. Das Finanzamt hat bei Fortschreibung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1950 diesen Abzug mit der Begründung abgelehnt, daß die Pensionsrückstellung nach § 8 des Vermögensbewertungsgesetzes (VBewG) vom 16. Januar 1952 (Bundesgesetzblatt - BGBl - 1952 Teil I S. 22, Bundessteuerblatt - BStBl - 1952 Teil I S. 35) in Verbindung mit Abschn. 63 c der Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) 1949 nicht zulässig sei, weil sie nicht auch in die DM-Eröffnungsbilanz aufgenommen worden sei. Im Einspruch gegen den Fortschreibungsbescheid hat die Bfin. ausgeführt, daß die vom Finanzamt angeführten Bestimmungen nur die Fälle beträfen, in denen bereits am 21. Juni 1948 (Stichtag der DM-Eröffnungsbilanz) eine Verpflichtung zur Versorgung ihrer Werksangehörigen bestanden habe. Sie habe jedoch das Pensionsversprechen erst nach dem 21. Juni 1948 gegeben. Der Steuerausschuß beim Finanzamt hat dem Einspruch stattgegeben und den Einheitswert des Betriebsvermögens für den 1. Januar 1950 entsprechend herabgesetzt. Hiergegen hat der Vorsteher des Finanzamts Berufung eingelegt, in der wiederum die Auffassung vertreten wurde, daß Rückstellungen bei der Einheitsbewertung auf den 1. Januar 1950 nur in der Höhe berücksichtigt werden könnten, in der diese Rückstellungen in der DM-Eröffnungsbilanz ausgewiesen worden seien. Dies müsse auch gelten, wenn die Pensionsverpflichtungen erst nach dem Währungsstichtag entstanden seien. Auf Anfrage des Finanzgerichts hat die Bfin. mitgeteilt, daß bis zum Währungsstichtag eine selbständige betriebliche Versorgungskasse unter dem Namen "Angestellten-Fürsorge e. V." bestanden habe. Ein Rechtsanspruch der Betriebsangehörigen an die Versorgungskasse habe nicht bestanden. Ebensowenig sei die Bfin. gegenüber der genannten Kasse zur Deckung etwaiger Fehlbeträge verpflichtet gewesen. Nach der Währungsreform sei die Versorgungskasse in eine Angestellten-Unterstützungseinrichtung e. V. umgewandelt worden, deren ausschließlicher Zweck die freiwillige einmalige oder wiederholte Unterstützung von Angestellten oder deren Angehörigen gewesen sei. Bis zum 30. Juni 1948 seien die Pensionen der Angestellten von diesen Kassen gezahlt worden. Mit Wirkung vom 1. Juli 1948 habe die Bfin. die Pensionen aus eigenen Mitteln gezahlt. Das Finanzgericht hat die Einspruchsentscheidung aufgehoben und den Einspruch gegen den Fortschreibungsbescheid für das Betriebsvermögen der Bfin. als unbegründet zurückgewiesen. Das Urteil beruht auf folgenden überlegungen: Unternehmen, die am 21. Juni 1948 mit Pensionen zu rechnen gehabt hätten, hätten für die damit zusammenhängenden Verpflichtungen in ihrer DM-Eröffnungsbilanz eine Rückstellung bilden können. Wenn sie diese Rückstellung auf den 21. Juni 1948 mit 0 DM bewertet hätten, müsse es nach § 8 VBewG bei der Fortschreibung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1950 der 1. Januar 1951 hierbei verbleiben. § 8 a. a. O. setze allerdings voraus, daß am Währungsstichtag die Bildung einer Rückstellung überhaupt möglich gewesen sei. Im Streitfall habe jedoch für die Bfin. bereits am Währungsstichtag diese Möglichkeit bestanden. Denn die Bfin. sei sich schon damals darüber klar gewesen, daß sie die bisher von den Versorgungseinrichtungen geleisteten Zahlungen künftig selbst übernehmen müsse. Offenbar habe sich die Bfin. nicht erst in der Zeit zwischen dem 21. Juni und 1. Juli 1948 zur übernahme der Pensionen entschlossen. Die Bfin. sei mindestens wirtschaftliche Nachfolgerin der Versorgungskasse. Da die Nachholung der in der DM-Eröffnungsbilanz unterlassenen Rückstellung bei der Fortschreibung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1950 somit ausgeschlossen sei, könne es dahingestellt bleiben, ob im Gegensatz zu der bisherigen Rechtsprechung des obersten Steuergerichts überhaupt eine Rückstellung für Pensionsanwartschaften bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens möglich sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Bfin.

Sie bestreitet, daß bereits am Währungsstichtag eine Möglichkeit zur Bildung einer Pensionsrückstellung für sie bestanden habe. Die Art der Durchführung der Währungsreform sei vor dem 21. Juni 1948 nicht bekannt gewesen. Es sei eine leere Vermutung des Finanzgerichts, daß sich die Bfin. bereits am Währungsstichtag über die übernahme der Zahlungen der Versorgungskasse klar gewesen sei. Von einer wirtschaftlichen Nachfolge der Bfin. in die Verpflichtungen der Fürsorgekasse könne keine Rede sein. Ihr Versorgungsversprechen sei erst längere Zeit nach der Währungsreform mit rückwirkender Kraft für den 1. Juli 1948 erteilt worden.

Die Rb. führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Die Annahme des Finanzgerichts, die Bfin. sei sich bereits am Währungsstichtag darüber klar gewesen, daß sie die bisher von der Versorgungskasse geleisteten Zahlungen übernehmen müsse, daß sie als wirtschaftlicher Nachfolger der Versorgungskasse anzusehen sei, und daß für sie daher bereits am Währungsstichtag die Möglichkeit der Bildung einer Rückstellung hierfür bestanden habe, entbehrt ausreichender Begründung. Die Bfin. hat dargelegt, daß sie ihre Versorgungszusage an die Belegschaft der Werke erst nach dem Währungsstichtag erteilt habe, und daß überdies zwischen der Art der Versorgungsleistungen der Versorgungskasse und den von ihr selbst zugesagten Versorgungsleistungen wesentliche Unterschiede bestanden hätten. Das Finanzamt hat diese Angaben der Bfin. in seiner Stellungnahme vom 31. August 1954 bestätigt und darin ausgeführt, daß den Arbeitnehmern der Bfin. erstmals Mitte 1949 mit Rückwirkung auf den 1. Juli 1948 Pensionszusagen von der Bfin. gemacht worden seien. Von einer übernahme der Zahlungen der Fürsorgekasse durch die Bfin. und von einer Rechtsnachfolge derselben in die Funktion dieser Kasse ist hiernach keine Rede. Danach ist es nicht zutreffend, daß die Bfin. bereits am Währungsstichtag die Möglichkeit gehabt habe, eine Rückstellung für Pensionsanwartschaften zu bilden. Das angefochtene Urteil nebst der Einspruchsentscheidung war daher wegen mangelnder Sachaufklärung, die in der Rb. gerügt ist, sowie wegen möglichen Rechtsirrtums aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen. Der Senat hat in dem Urteil III 93/54 S vom 15. Oktober 1954 (Slg. Bd. 59 S. 338, BStBl 1954 Teil III S. 342) entschieden, daß § 8 Abs. 1 Satz 2 VBewG der Berücksichtigung einer Rückstellung bei der Wertfortschreibung des Einheitswerts eines gewerblichen Betriebs auf den 1. Januar 1950 und 1. Januar 1951 dann nicht entgegenstehe, wenn die Möglichkeit der Bildung dieser Rückstellung erst nach dem 21. Juni 1948 eingetreten sei und ihre Einstellung in die DM-Eröffnungsbilanz daher noch nicht erfolgen konnte. Damit wird nunmehr die in Rechtsprechung und Schrifttum stark umstrittene Frage der Zulässigkeit von Rückstellungen für Pensionsanwartschaften bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens akut. Auf die Behandlung dieses Problems ist im Verlauf des Rechtsbeschwerdeverfahrens von seiten der Beteiligten das Hauptgewicht gelegt worden. Die Bfin. verweist auf die bisherige Rechtsprechung des obersten Steuergerichts, die allerdings den Abzug der Rückstellungen für Pensionsanwartschaften verneint habe.

Jedoch lasse das Urteil des Bundesfinanzhofs III 85/51 S vom 4. Juli 1952 (Slg. Bd. 56 S. 529, BStBl 1952 Teil III S. 206) den Ansatz zu einer möglichen änderung der Rechtsprechung erkennen. Denn in diesem Urteil habe der Senat zwar die Rückstellung für eine Einzelpensionsverpflichtung abgelehnt, aber ausdrücklich die Frage offengelassen, ob anders zu entscheiden wäre, wenn zahlreiche künftige Ruhegeldverpflichtungen beständen und sich somit das Gesetz der großen Zahl auswirken würde. Im Streitfall seien der gesamten Belegschaft von 3.600 Arbeitnehmern Versorgungsversprechen gegeben worden. Diese Gesamtheit von Ruhegeldverpflichtungen stelle eine berücksichtigungsfähige wirtschaftliche Last dar. Das Finanzamt lehnt diese Rechtsauffassung ab. Die Pensionsanwartschaften seien aufschiebend bedingt, die ihnen gegenüberstehenden Verpflichtungen könnten daher nach § 6 des Bewertungsgesetzes (BewG) nicht abgezogen werden. Der Senat hat den Bundesminister der Finanzen gemäß § 287 Ziff. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) um Beteiligung am Verfahren ersucht. Auf Antrag der Bfin. hat der Senat ferner den Deutschen Industrie- und Handelstag um Stellungnahme zur Frage des Abzugs der Rückstellung für Pensionsanwartschaften gebeten. Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten. Er hat in seiner Stellungnahme vom 5. März 1956 im wesentlichen folgendes ausgeführt: Die für das Einkommensteuerrecht (Körperschaftsteuerrecht) geltenden Grundsätze der dynamischen Bilanzauffassung könnten für das nach statischen Grundsätzen orientierte Recht der Einheitsbewertung und Vermögensteuer nicht übernommen werden. Dies zeige sich besonders bei der Behandlung künftiger oder bedingter Verbindlichkeiten (Urteil des Bundesfinanzhofs III 133, 134/55 S vom 26. August 1955, Slg. Bd. 61 S. 207, BStBl 1955 Teil III S. 278). Die übernahme betriebswirtschaftlicher Gedankengänge müsse für die Einheitsbewertung und Vermögensteuer jedenfalls dann abgelehnt werden, wenn dadurch die Wirksamkeit der §§ 4 ff. BewG beeinträchtigt werde. Diese Bestimmungen seien bewußt in das BewG aufgenommen worden, um die schwierige Prüfung überflüssig zu machen, ob und inwieweit am Stichtag noch nicht rechtswirksam entstandene Verpflichtungen nach Wahrscheinlichkeitsberechnungen als bereits entstandene wirtschaftliche Belastungen eines Betriebs anzuerkennen seien. Danach könnten die Pensionsanwartschaften als aufschiebend bedingte Rechte nicht bei der Vermögensbewertung berücksichtigt werden. Für den Fall der Pensionszusage an eine Einzelperson habe dies der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 4. Juli 1952 anerkannt. Offengeblieben sei lediglich die Frage, ob etwa ein Abzug dann zulässig sei, wenn zahlreiche künftige Ruhegeldverpflichtungen vorlägen und sich hierbei das Gesetz der großen Zahl auswirke. Der Bundesminister der Finanzen vertritt hierzu die Ansicht, daß die Pensionsanwartschaften bewertungsrechtlich auch dann nicht anders behandelt werden dürften, wenn sie in einem Betrieb gehäuft aufträten. Zur Begründung hierfür wird auf das Urteil des Reichsfinanzhofs III A 240/32 vom 22. Juni 1933 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1933 S. 875) Bezug genommen. Jede Abweichung von dieser klaren Linie führe zu einer Aushöhlung der §§ 4 ff. BewG und in Verbindung damit auch zu einer Gefährdung des Stichtagsprinzips. Diese Gefahr zeichne sich bereits in dem sogenannten Bergschädenurteil des Bundesfinanzhofs III 43/50 S vom 25. Oktober 1951 (Slg. Bd. 56 S. 91, BStBl 1952 Teil III S. 37) ab. Abgesehen von dieser rechtlichen Erwägung äußerte der Bundesminister der Finanzen auch noch wirtschaftliche Bedenken gegen die Anerkennung der Rückstellungen für Pensionsanwartschaften. Diese Rückstellungen hätten eigenkapitalähnlichen Charakter. Der zurückgestellte Betrag stehe dem Unternehmen zinslos, langfristig und in gleichbleibender Höhe zur Verfügung. Daß die zurückgestellten Beträge jemals für die Versorgungsleistungen angegriffen werden müßten, weil die für die Versorgungsleistungen erforderlichen Beträge nicht aus den laufenden Jahreserträgen gedeckt werden könnten, sei unwahrscheinlich, zumal die Zahlungen der künftigen Versorgungsleistungen auch nach Eintritt des Versorgungsfalls von der jeweiligen Ertragslage des Unternehmens abhängig seien. Im übrigen müsse beachtet werden, daß von den Betrieben Altersversorgungen nicht nur aus sozialen Gründen, sondern auch im eigenwirtschaftlichen Interesse gewährt würden (Bindung der Arbeitnehmer an das Unternehmen, Verbesserung des Betriebsklimas, Liquiditätsgründe). Vorsorglich weist der Bundesminister der Finanzen schließlich noch darauf hin, daß die versicherungsmathematisch errechneten Rückstellungsbeträge der Bfin. nur übernommen werden könnten, wenn sie unter Zugrundelegung des für das BewG maßgebenden Zinssatzes von 5,5 v. H. errechnet würden. Außerdem müsse bei der Höhe der Rückstellungen die Tatsache und der Umfang der Fluktuation (Wechsel des Arbeitsplatzes) der Belegschaft berücksichtigt werden. Aus der Gegenerklärung der Bfin. zu der Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen ist auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen: Der Teilwertgedanke spreche für die Berücksichtigung der Pensionsanwartschaften. Der Erwerber eines Unternehmens werde das Bestehen von Pensionsanwartschaften kaufpreismindernd mit dem versicherungsmathematisch errechneten Deckungskapital berücksichtigen. Die betrieblichen Vorteile der Pensionsrückstellungen ständen ihrer Abzugsfähigkeit nicht entgegen. Die Vorbehalte bei Pensionszusagen berührten nicht die Existenz der eingegangenen Verpflichtung. Die Fluktuation spiele keine erhebliche Rolle. In dem von der Bfin. ihrer Erklärung beigegebenen Gutachten des Steuerberaters Dr. Schandalik wird ausgeführt: Die einzelnen Pensionsanwartschaften könnten zwar bürgerlich-rechtlich als aufschiebend bedingte Ansprüche in Betracht kommen. Dies hindere aber nicht, sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zugleich als auflösend bedingt anzusehen. Den Pensionsleistungsvorbehalten der Unternehmen komme nur deklaratorische Bedeutung zu.

Der Deutsche Industrie- und Handelstag hat zu dem Problem wie folgt Stellung genommen: Der Gesichtspunkt der Gesamtbewertung der Schulden schließe die Anwendung des § 6 BewG aus. Pensionsanwartschaften seien nicht aufschiebend bedingte Rechte im Sinne des § 6 BewG. Arbeitsvertrag und Pensionszusage könnten nur als Gesamtheit betrachtet werden. Es handle sich um einen Lebenssicherungsvertrag, bei dem die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Dienstleistung der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Lohns und zur Altersversorgung gegenüberstehe. Der Anspruch auf Altersversorgung werde zwar erst später fällig, entstehe aber bereits mit Abschluß des Vertrags, und nur der Fortbestand dieser Rechtswirkungen aus dem Vertrag sei davon abhängig, daß das Vertragsverhältnis nicht gekündigt werde oder durch den Tod des Arbeitnehmers ende. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise zwinge zur Berücksichtigung der Pensionsanwartschaften. Das verpflichtete Unternehmen müsse am Stichtag fest damit rechnen, daß eine Verwirklichung der Versicherungsansprüche der Berechtigten eintreten werde. Selbst wenn daher die Pensionsanwartschaften aufschiebend bedingter Natur wären, müßten sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als abzugsfähige Schulden berücksichtigt werden. Dem entspreche auch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs. Die gegen die wirtschaftliche Betrachtungsweise geltend gemachten Bedenken seien nicht zutreffend. Insbesondere komme die Vorbehaltsklausel nur in schweren Fällen zum Tragen. Hinsichtlich der Höhe der Rückstellung böten § 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1955 und § 29 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG) Anhaltspunkte. Nach diesen Bestimmungen seien Rückstellungen für Pensionsanwartschaften nach versicherungsmathematischen Grundsätzen gleichmäßig auf die Zeit von der Entstehung der Pensionsverpflichtung bis zu dem vertraglich vorgesehenen Eintritt des Versorgungsfalls zu verteilen. Nach dem Gesetz der großen Zahl werde durch die Berücksichtigung aller Faktoren, die auf die Verwirklichung bzw. Nichtverwirklichung der Verpflichtung Einfluß hätten, eine Genauigkeit erzielt, die die Genauigkeit in anderen Bewertungsfragen übertreffe.

Der Bundesminister der Finanzen hat seine Stellungnahme noch durch weitere Ausführungen im Schriftsatz vom 15. Januar 1957 ergänzt: Für Betriebsvermögen sei durch § 66 Abs. 4 BewG Einzelbewertung vorgeschrieben. Der Abzug der Pensionsanwartschaften könne daher nicht mit Berufung auf den Grundsatz der Gesamtbewertung begründet werden. Die Einführung des Teilwertbegriffs (ß 12 BewG) bedeute nicht die übernahme des dynamischen Prinzips für die Einheitsbewertung. Schulden und Lasten seien zwar nach den §§ 62, 66 Abs. 4 Satz 1 a. a. O. nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Indessen seien die allgemeinen Bewertungsvorschriften, somit auch die §§ 4 bis 8 a. a. O., auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beachten. Der Abzug der Rückstellungen für Pensionsanwartschaften sei infolgedessen nach §§ 4 ff. a. a. O. unzulässig. Aus den aufschiebend bedingten Einzelverpflichtungen entstehe selbst bei Vorhandensein einer großen Zahl von Einzelanwartschaften noch keine unbedingte Gesamtlast. In der ebenfalls die Zulässigkeit von Rückstellungen für Pensionsanwartschaften betreffenden Rechtsbeschwerdesache III 255/56 sind ebenfalls Gutachten eingereicht worden, die, soweit erforderlich, in dem hier zur Entscheidung stehenden Musterfall berücksichtigt werden. Es handelt sich im wesentlichen um folgende Gutachten:

Versicherungsmathematische Gutachten des Diplom-Versicherungsmathematikers Dr. Heubeck vom 12. August 1954 zur Frage der Bewertung der Pensionsverpflichtung nebst Ergänzungsgutachten vom 2. Oktober 1956. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, daß die versicherungsmathematisch errechneten Werte einen sehr hohen Wahrscheinlichkeitsgrad hätten.

In dem Ergänzungsgutachten wird u. a. ausgeführt, daß bei Ermittlung des Kapitalwerts der künftigen Pensionslast unterstellt werde, daß der Betriebsangehörige eine zusätzliche Arbeitsleistung erbringe, die ihm in Form der Pension später ausgezahlt werde. Als Gegenwartswert bei der Pensionsverpflichtung gelte jeweils der Rückzahlungsbetrag, der der bereits abgeleisteten Zeit entspreche.

Gutachten von Rechtsanwalt Düring und Senatspräsident Dr. Roeckerath über die in der Eisen- und Stahlindustrie der britischen Zone bestehenden Pensionsvorkommen, über deren rechtliche Struktur und über die sich aus ihr in rechtlicher, wirtschaftlicher und bilanzmäßiger Hinsicht ergebenden Schlußfolgerungen.

Gutachten von Professor Dr. Siebert über Grenzen der Bindung an Ruhegeldzusagen.

Rechtsgutachten von Professor Dr. Lent über die Frage, ob die Pensionsansprüche der Arbeiter nach der Pensionsordnung des dort in Betracht kommenden Werks im Sinne des BGB als aufschiebend bedingt anzusehen seien, was verneint wird, ferner ein Ergänzungsgutachten desselben, in dem u. a. ausgeführt wird, daß Pensionsanwartschaften, wenn sie überhaupt als bedingte Ansprüche anzusehen seien, höchstens als auflösend bedingt gelten könnten.

Gutachten des Wirtschaftsprüfers Dr. Merkle über die wirtschaftlich relevante Bedeutung von Pensionszusagen und Pensionsrückstellung für Wert und Preis eines Unternehmens.

In einem weiteren dem Senat vorliegenden Fall der Rückstellungen für Pensionsanwartschaften (III 87/56) ist ein umfangreiches versicherungsmathematisches Gutachten eingereicht worden, in dem der Schuldposten für die Versorgungsverpflichtungen im einzelnen errechnet wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung des Problems ergibt folgendes:

I. In der Rechtsprechung des obersten Steuergerichts sowie im Schrifttum ist das Problem der Rückstellungen für Pensionsanwartschaften ausgiebig behandelt worden. Die Erörterung der Rechtsfrage hat neuen Auftrieb erhalten, seitdem der Bundesfinanzhof in dem genannten Urteil vom 4. Juli 1952 die Frage aufgeworfen, jedoch unentschieden gelassen hat, ob ein Abzug für eine vorhandene wirtschaftliche Last zulässig sei, wenn zahlreiche künftige Ruhegeldverpflichtungen in Betracht kämen und sich hierbei das Gesetz der großen Zahl auswirke.

II. Es ist zunächst auf die bisherige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs bzw. Obersten Finanzgerichtshofs und Bundesfinanzhofs zur Frage der Rückstellung für Pensionsanwartschaften einzugehen, und zwar sowohl auf die Rechtsprechung in Körperschaftsteuersachen als auch und ganz besonders auf die Rechtsprechung in Bewertungssachen. Die Rechtsprechung des I. Senats des Reichsfinanzhofs geht in ihrem Kern dahin, daß buchführende Körperschaften berechtigt, aber nicht verpflichtet seien, künftig erwachsende Pensionslasten durch Einstellung eines Schuldpostens in ihrer Handelsbilanz zu berücksichtigen. Dem hat sich der I. Senat des Bundesfinanzhofs angeschlossen (Urteile I 113/52 U vom 10. Februar 1953, Slg. Bd. 57 S. 254, BStBl 1953 Teil III S. 102 und I 174/55 S vom 27. September 1955, Slg. Bd. 61 S. 431, BStBl 1955 Teil III S. 366). In dem letztgenannten Urteil wird ausgeführt: Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs habe für die buchmäßige Behandlung der Pensionsverpflichtungen dem Arbeitgeber ein Wahlrecht eingeräumt. Er könne für seine Verpflichtung gegenüber Arbeitnehmern, die sich noch im Dienst befänden, eine Rückstellung in der Bilanz bilden, oder er könne die künftigen Pensionszahlungen als laufende Unkosten der Jahre der Pensionszahlung betrachten (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs I A 247-248/33 vom 3. Juli 1934 - Slg. Bd. 36 S. 252, RStBl S. 1121 -, I A 110/36 vom 31. August / 23. November 1937 - Slg. Bd. 42 S. 327, RStBl 1938 S. 85 -, I 143/38 vom 25. Oktober 1938 - Slg. Bd. 45 S. 103, RStBl 1939 S. 175 -). Der Senat habe, wie sich aus Ziff. 3 des Urteils I 113/52 U vom 10. Februar 1953 ergebe, an dem Wahlrecht des Kaufmanns festgehalten.

Für das Gebiet der Einheitsbewertung und Vermögensteuer ist auf folgende Urteile hinzuweisen: Urteil des Reichsfinanzhofs III A 409/29 vom 24. September 1931 (RStBl 1932 S. 120). Das Urteil spricht aus, daß laufende Pensionsverpflichtungen zu den Betriebsschulden gehörten und dafür mit einem kapitalisierten Betrag vom Rohvermögen abzuziehen seien, daß dagegen künftige Pensionsverpflichtungen auch nach dem BewG keine Betriebsschuld begründeten. Die Urteilsbegründung läßt es dahingestellt, ob § 149 AO a. F. (ß 5 BewG 1931, § 6 BewG 1934) nur für den Fall der Einzelbewertung gelte und auf bedingte Forderungen und Schulden, die zu einem Betriebsvermögen gehörten, keine Anwendung fände. Denn die Abzugsfähigkeit künftiger Pensionsverpflichtungen sei schon deshalb zu verneinen, weil diese nur eine Anwartschaft, aber noch keine bereits entstandene Schuld darstellten. Außerdem stehe, solange der Arbeitnehmer im Betrieb tätig sei, den Verpflichtungen des Arbeitgebers der ihnen grundsätzlich gleiche Anspruch auf Dienstleistungen gegenüber, so daß sich Rechte und Pflichten aus dem laufenden Vertrag gegenseitig ausglichen. Die Rechtsprechung des Körperschaftsteuersenats des Reichsfinanzhofs über Berücksichtigung künftiger Pensionsverpflichtungen betreffe die Absetzung unter dem einkommensteuerlichen Gesichtspunkt der Betriebsausgaben. Diese Rechtsprechung sei für das Vermögensteuerrecht ohne Bedeutung. Ferner ist auf das Urteil des Reichsfinanzhofs III A 240/32 vom 22. Juni 1933 hinzuweisen. Die Rechtssätze dieses Urteils lauten:

"Aufschiebend bedingte Rechte und Verpflichtungen sind grundsätzlich bei der Bewertung des Betriebsvermögens außer Ansatz zu lassen.

Die Pensionsansprüche der am Stichtag noch im Dienst befindlichen Beamten, ebenso die Ansprüche der am Stichtag noch lebenden Beamten einschließlich der Pensionäre auf Gewährung von Hinterbliebenenversorgung begründen keine vom Betriebsvermögen des Unternehmens abzugsfähige Schuld. Das Unternehmen ist auch nicht berechtigt, wegen dieser Verpflichtungen einen Abzug nach § 28 Abs. 2 BewG 1925 (ß 47 Abs. 2 BewG 1931, dem § 62 Abs. 2 BewG 1934 entspricht) vorzunehmen."

In den Gründen dieses Urteils wird ausgeführt, daß die Beurteilung der Ansprüche der noch im Dienst befindlichen Personen als Anwartschaften kein ausreichender Grund für die Versagung des geltend gemachten Abzugs sei. Auch treffe es nicht zu, daß am Stichtag eine Gleichgewichtslage zwischen dem Anspruch des Unternehmers auf weitere Dienstleistungen und den Pensionsverpflichtungen zu bestehen brauche. Der Abzug einer Schuld wegen der künftigen Pensionszahlungen könne also nicht grundsätzlich deshalb abgelehnt werden, weil sich die Ansprüche des Unternehmers auf die künftigen Dienstleistungen und seine Verpflichtungen zur Pensionsgewährung aufrechenbar gegenüberständen. Maßgebend für die Versagung des Abzugs sei vielmehr, daß der Anspruch des Einzelnen aktiven Arbeitnehmers auf Gewährung von Pensionen seinem Wesen nach aufschiebend bedingt sei. Entgegen den im Urteil vom 24. September 1931 geäußerten Bedenken sei anzunehmen, daß aufschiebend bedingte Rechte und Pflichten auch bei der Bewertung von Betriebsvermögen grundsätzlich unberücksichtigt bleiben müßten. Die Zweifel über die Anwendung der §§ 147, 149 AO a. F. (§§ 3, 5 BewG 1931, §§ 4, 6 BewG 1934) bei der Bewertung des Betriebsvermögens knüpften vornehmlich daran an, daß die Sondervorschriften der §§ 141 ff. AO a. F. (vgl. I. Teil BewG 1931 bzw. 1934) nur für den Fall der Einzelbewertung gelten sollten. Auch die Bewertung von Betriebsvermögen beruhe indessen trotz der hierbei notwendigen Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit doch im wesentlichen auf Einzelbewertung der Gegenstände des Betriebsvermögens. Außerdem treffe der Zweck der genannten Vorschriften, die Bewertung zu erleichtern und vereinfachen, für Betriebsvermögen ebenso zu, wie für das übrige Vermögen. Selbst wenn man aber den Abzug aufschiebend bedingter Schulden vom Betriebsvermögen grundsätzlich zulasse, könne der Abzug nur in Betracht kommen, wenn bereits am Stichtag mit dem Eintritt der Verpflichtungen einigermaßen sicher zu rechnen sei. Dies treffe für die Pensionsanwartschaften der einzelnen Arbeitnehmer gegenüber dem Unternehmer nicht zu. Richtig sei allerdings, daß sich nach dem Gesetz der großen Zahl bei Anstellung von Wahrscheinlichkeitsrechnungen voraussichtlich die spätere Inanspruchnahme der Gesellschaft durch die große Mehrheit der Arbeitnehmer ergeben würde. Diese künftige Belastung möge zwar ihre Schatten weit voraus werfen, und es möge auch zutreffen, daß Versicherungsgesellschaften für die übernahme des Risikos hohe einmalige Zahlungen neben den laufenden Prämienzahlungen fordern würden. All das ändere aber nichts an der Tatsache, daß insoweit am Stichtag noch keine rechtswirksame Schuld der Gesellschaft bestanden habe. Es seien lediglich viele aufschiebend bedingte Einzelansprüche bzw. Verpflichtungen auf seiten der Gesellschaft vorhanden gewesen. Zu bewerten seien grundsätzlich die einzelnen Gegenstände des Betriebsvermögens und die einzelnen Schulden. Eine abzugsfähige Schuld der Gesellschaft gegenüber der Gesamtbelegschaft sei daher nicht anzuerkennen. Ferner ist zu berücksichtigen das Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs III 21/49 S vom 19. Dezember 1949 (Steuer und Wirtschaft 1950 Nr. 43). Das Urteil hat den Grundsatz aufrechterhalten, daß künftige Ruhestandsansprüche der noch beschäftigten Arbeitnehmer keine vom Betriebsvermögen abzugsfähige Schuld begründen. Der Oberste Finanzgerichtshof ist ebenfalls der Ansicht, daß § 6 BewG auch für die Bewertung des Betriebsvermögens gelte, was nur dann nicht zuträfe, wenn das Betriebsvermögen nach dem Grundsatz der Gesamtbewertung zu bewerten wäre. Dies sei indessen nicht der Fall. Vielmehr werde Betriebsvermögen durch Einzelbewertung und Zusammenrechnung der Einzelwerte bewertet. Der Gesetzgeber des BewG 1934 sei auch nicht der ständig vertretenen Auffassung des Reichsfinanzhofs über die Nichtabzugsfähigkeit künftiger Pensionsverpflichtungen beim Betriebsvermögen durch Abänderung der § 6 BewG entgegengetreten. Im § 29 Abs. 2 DMBG habe der Gesetzgeber sogar ausdrücklich angeordnet, daß für Pensionsanwartschaften in der DM-Eröffnungsbilanz eine Rückstellung ausgewiesen werden könne, nicht müsse. Auch könne der Abzug der künftigen Pensionsverpflichtungen nicht aus dem Gesichtspunkt der großen Zahl hergeleitet werden.

Auch der Bundesfinanzhof hat sich in mehreren veröffentlichten Urteilen bereits mit dem Problem der Pensionsrückstellungen befaßt. Hier ist zunächst das bereits erwähnte sogenannte Bergschädenurteil anzuführen. Die Rechtssätze dieses Urteils lauten:

"Die allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG sind grundsätzlich auch auf die Bewertung von Betriebsvermögen anzuwenden. Dies gilt auch für die Behandlung aufschiebend oder auflösend bedingter oder unbestimmt befristeter Erwerbe oder Lasten.

Die Anwendung des Begriffs des Teilwerts auf Grund des § 12 BewG bedeutet nicht die Einführung des dynamischen Prinzips in die Bewertung nach dem BewG. Bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens eines Bergwerkunternehmens ist ein Abzug für solche zukünftigen Bergschäden zuzulassen, die auf Abbauarbeiten zurückzuführen sind, die vor dem Bewertungsstichtag stattgefunden haben."

Ferner ist das Urteil vom 4. Juli 1952 einschlägig. Es bestätigt den Grundsatz, daß die allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG auch für die Bewertung des Betriebsvermögens gelten, und daß die Einzelruhegeldverpflichtungen eines Unternehmens aufschiebend bedingte und daher nicht abzugsfähige Leistungen darstellten. Schließlich ist noch das Urteil vom 26. August 1955 zu erwähnen, dessen Rechtssatz I lautet:

"Bei der Ermittlung des Werts unverzinslicher befristeter Kapitalforderungen oder Schulden sowie des Kapitalwerts von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen ist der in § 14 Abs. 3, § 15 Abs. 1 BewG festgelegte Zinssatz von 5,5 v. H. auch dann zugrunde zu legen, wenn die Kapitalforderungen zu einem Betriebsvermögen gehören."

In den Gründen dieses Urteils wird ausgeführt: Kapitalforderungen und Schulden seien, auch wenn sie zu einem Betriebsvermögen gehören, grundsätzlich mit dem allgemein für die Bewertung vorgeschriebenen gemeinen Wert und somit nach den Regeln des I. Teils des BewG zu bewerten. Daher müßten bei ihrer Bewertung auch die zwingend vorgeschriebenen Zinssätze der §§ 14 Abs. 3 und 15 Abs. 1 BewG angewandt werden.

III. Im Schrifttum ist die Frage der Behandlung der Rückstellung für Pensionsanwartschaften sehr ausgiebig behandelt worden. Das gilt sowohl für die einkommensteuerliche (körperschaftsteuerliche) Seite des Problems als auch für die Bewertung nach der vermögensteuerlichen Seite. Einzugehen ist in diesem Zusammenhang nur auf solche Veröffentlichungen, die auch zur Beurteilung des Problems auf Grund des BewG Stellung nehmen.

Hier sind u. a. zu nennen: Boettcher, Pensionsverpflichtungen und Einheitsbewertung, Steuer und Wirtschaft 1949 Sp. 471. Ferner: Bedingte Lasten bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens, Steuer und Wirtschaft 1950 Sp. 402.

Heissmann, Einzelfragen zur Berücksichtigung von Ruhegeldanwartschaften bei der Einheitsbewertung, Der Betriebs-Berater 1956 S. 460.

Derselbe, Steuerfragen der betrieblichen Altersversorgung, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln.

Hilger, Rau, Wilke, Leistungsvorbehalt bei betrieblichen Versorgungszusagen, der Betriebs-Berater 1956 S. 1149 (1152).

Heubeck, Rentenreform und betriebliche Altersversorgung, Der Betriebs-Berater 1956 S. 1041.

Derselbe, Versorgungsrückstellungen, Unterstützungskassen und Pensionskassen der Betriebe in finanztechnischer und steuerlicher Schau, Heft III der Steuerinstruktionen zur Kapitalbildung, Versicherung und Versorgung, Herausgeber: Rechtsanwalt Dr. v. d. Thüsen.

Kunze, Pensionsanwartschaften bei der Einheitsbewertung, Deutsche Steuer-Zeitung Ausgabe A 1954 S. 169.

Dr. Prölss und Dr. v. d. Thüsen, Die versicherungstechnischen Rückstellung im Steuerrecht, 2. Aufl. 1954, Verlag "Versicherungswirtschaft" Karlsruhe.

Schandalik, Behandlung von Pensionsanwartschaften bei der Vermögensfeststellung, Der Betriebs-Berater 1956 S. 39.

Zitzlaff, Pensionsanwartschaften im Einkommensteuer- und Vermögensteuerrecht, Der Betrieb 1953 S. 153.

IV. Die Rechtsprechung des Körperschaftsteuersenats über Rückstellungen für Pensionsanwartschaften ist auf das Gebiet der Einheitsbewertung nicht ohne weiteres übertragbar. Die ergibt sich aus der Wesensverschiedenheit des Einkommensteuer- (Körperschaftsteuer-) Rechts und des Rechts der Einheitsbewertung und der Vermögensteuer. Während bei der Einkommensbesteuerung (Körperschaftsbesteuerung) Gewerbetreibender die richtige Aufwands- und Erfolgsverteilung eines Zeitabschnitts im Vordergrund steht, kommt es bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf die Erfassung des Vermögensstands auf einen bestimmten Zeitpunkt an. Dem Wesen der Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) entspricht daher die Betrachtung der im Fluß des Wirtschaftslebens befindlichen Unternehmen und die dynamische Bilanzauffassung, während dem Bewertungs- und Vermögensteuerrecht die statische Betrachtungsweise eigentümlich ist. Allerdings hat sich Veiel (Steuer und Wirtschaft 1940 Sp. 664 und Steuer und Wirtschaft 1941 Sp. 1) für weitgehende Auflockerung der statischen Bewertungsgrundsätze und Ersetzung durch dynamische Betrachtungsweise ausgesprochen. Nach seiner Auffassung ergibt sich aus dem Teilwertgedanken die Notwendigkeit, die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und die Regeln der Betriebswirtschaftslehre an Stelle starrer Bewertungsbestimmungen entscheidend sein zu lassen. Danach müßten bei der Bewertung eines Unternehmens nicht nur die vorhandenen Forderungen und Schulden, sondern auch der Gesamtstand des Unternehmens im Fluß des Verkehrslebens berücksichtigt werden. Dabei schwebt Veiel der Gedanken vor, daß das deutsche Steuerrecht einheitlich ausgerichtet werden müsse. Der Auffassung Veiels kann nicht gefolgt werden. Denn sie geht für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens von dem für das Bewertungs- und Vermögensteuerrecht grundlegenden Gesichtspunkt der statischen Betrachtungsweise und des Stichtagsprinzips ab und will an die Stelle dieser festen Grundlage eine gleitende Unterlage setzen. Ein so weitgehender Eingriff läßt sich auch nicht durch die Behandlung der Rechnungsabgrenzungsposten in den VStR (jetzt Abschn. 42, 54 VStR 1953) rechtfertigen. Damit ist nicht gesagt, daß das Stichtagsprinzip unter Umständen jeden Blick auf vorhergehende oder nachfolgende Ereignisse ausschließt. Eine solche völlig isolierte Betrachtung ist insbesondere dann nicht denkbar, wenn am Stichtag unsichere und unklare Verhältnisse bestehen. Auch später eintretende Umstände können in solchen Fällen erforderlichenfalls zur Beurteilung der am Stichtag gegebenen Verhältnisse unterstützend herangezogen werden (retrospektive Betrachtung). Nicht aber können nach dem Stichtag eingetretene Ereignisse, wenn nicht etwa besondere gesetzliche Bestimmungen im Einzelfall eine Ausnahme erlauben, auf den Stichtag zurückprojiziert werden. Der Bundesfinanzhof hat übrigens auch bereits in dem mehrfach erwähnten Bergschädenurteil die Auffassung Veiels abgelehnt. Danach kann auch dem Urteil des Reichsfinanzhofs III 86/40 vom 10. Oktober 1940 (RStBl 1941 S. 227) insoweit nicht mehr gefolgt werden, als dort unter Berufung auf Veiel ausgeführt wird, daß der Teilwertgedanke zu der Notwendigkeit führe, bei der Bewertung eines Unternehmens nicht nur die vorhandenen Forderungen und Schulden, sondern auch den Gesamtstand des Unternehmens zu berücksichtigen.

V. Auch der Gesichtspunkt der Gesamtbewertung vermag den Abzug der Rückstellung für Pensionsanwartschaften nicht zu rechtfertigen. Der Deutsche Industrie- und Handelstag geht in seinem Gutachten davon aus, daß für wirtschaftliche Einheiten der Grundsatz der Gesamtbewertung gelte. Eine Ausnahme hiervon sei nur zulässig (ß 2 Abs. 3 BewG), soweit eine Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter vorgeschrieben sei. § 66 Abs. 4 a. a. O. enthalte eine solche besondere Bestimmung für die Bewertung des Betriebsvermögens. Die hier angeordnete Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter gelte indessen nicht für Schulden und Rückstellungen. Der Senat vermag dieser Rechtsansicht nicht zu folgen. Gemäß § 66 Abs. 4 BewG ergibt sich der Gesamtwert eines gewerblichen Betriebs aus der Summe der Werte der einzelnen Wirtschaftsgüter, vermindert um die Schulden des Betriebs. Die Auffassung, daß sich der Begriff der Wirtschaftsgüter nur auf die aktiven Werte des Betriebsvermögens beziehe und nicht auf die Schulden, ermangelt ausreichender Begründung. Es wäre auch nicht sinnvoll vom Gesetzgeber gewesen, nur die Einzelbewertung der aktiven Wirtschaftsgüter eines Betriebsvermögens anzuordnen, und bei den Passiven zum Grundsatz der Gesamtbewertung überzugehen. Eine solche zwiespältige Bewertung müßte auch die an sich schon schwierige Bewertung des Betriebsvermögens noch sehr erheblich komplizieren. Demgemäß haben bereits auch der Reichsfinanzhof, Oberste Finanzgerichtshof und Bundesfinanzhof die Forderung nach Gesamtbewertung des Betriebsvermögens wiederholt zurückgewiesen (Urteile des Reichsfinanzhofs vom 22. Juni 1933, der Obersten Finanzgerichtshofs vom 19. Dezember 1949 und des Bundesfinanzhofs vom 25. Oktober 1951 und 4. Juli 1952). Der Senat sieht auch nach erneuter Prüfung dieser Frage keinen Grund, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen.

VI. Danach ergibt sich, daß die für die Einzelbewertung geltenden allgemeinen Bewertungsvorschriften des I. Teils des BewG auch für die Bewertung des Betriebsvermögens gelten. Hierher gehören insbesondere die Bestimmungen über den aufschiebend oder auflösend bedingten Erwerb und die aufschiebend oder auflösend bedingten Lasten. Sind die Pensionsanwartschaften als aufschiebend bedingte Ansprüche und die Rückstellungen hierfür als aufschiebend bedingte Lasten anzusehen, so ist für den von der Bfin. geltend gemachten Abzug der Rückstellung gemäß § 6 Abs. 1 BewG kein Raum. Die Bfin. bestreitet indessen, daß die Pensionsanwartschaften ihrer Betriebsangehörigen aufschiebend bedingten Charakter hätten. Nach ihrer Auffassung entsteht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Versorgungsleistungen bereits mit Abschluß des Arbeitsvertrags, und nur die Fälligkeit der Leistungen ist hinausgeschoben. Wenn man aber ein bedingtes Rechtsverhältnis annehmen wolle, liege eine auflösende Bedingung vor, da das Fortbestehen der Versorgungsansprüche der Betriebsangehörigen davon abhängig sei, daß das Vertragsverhältnis nicht gekündigt werde oder vorzeitig durch den Tod des Arbeitnehmers ende. In gleicher Linie bewegt sich das Gutachten des Deutschen Industrie- und Handelstags. Professor Lent kommt ebenfalls in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, daß die Pensionsansprüche der Arbeiter nicht aufschiebend bedingt, sondern unbedingt entstanden seien, und daß man höchstens von auflösend bedingten Rechtsverhältnissen reden könne. Das Erleben des Termins für die Rentenzahlungen sei keine aufschiebende Bedingung, sondern eine von Parteivereinbarungen unabhängige und selbständige Voraussetzung. Ebenso Boettcher, Steuer und Wirtschaft 1949 Sp.

471, Prölss - v. d. Thüsen, S. 52, Heissmann, Steuerfragen der betrieblichen Altersversorgung S. 52. Demgegenüber räumt das Gutachten Schandalik (S. 1) ein, daß die einzelnen Pensionsanwartschaften bürgerlich-rechtlich aufschiebend bedingt sein können. Zitzlaff (Steuer und Wirtschaft 1950 Sp. 441) bejaht, daß die Einzelpensionsanwartschaft aufschiebend bedingt ist. Nach der im Streitfall von der Bfin. gegebenen Versorgungszusage werden die Versorgungsleistungen den Angestellten nach einer Wartezeit von mindestens zehn ununterbrochen bei der Firma abgeleisteten Dienstjahren gewährt. Die Invaliden- und Altersrenten der Angestellten beginnen nach der Wartezeit von zehn (nach Vollendung des 25. Lebensjahres abgeleisteten) Dienstjahren, d. h. frühestens mit 35. Lebensjahr mit 20 % Rente wird nicht gezahlt, wenn ein Angestellter aus dem Betrieb ausscheidet, ohne daß die Voraussetzungen für die Rentenzahlungen gegeben sind, oder der Versorgungsberechtigte, ohne Invalide zu sein, auf eigenen Wunsch ausscheidet. Renten werden ferner nicht gezahlt bei Verletzung der Treuepflicht gegenüber der Firma. ähnlich lautet die Arbeiterversorgungszusage. Danach läßt sich für den einzelnen Arbeiter oder Angestellten an einem bestimmten Stichtag allerdings nicht sagen, ob er in den Genuß von Versorgungsleistungen kommen wird. Besonders unbestimmt ist der Einfluß des vorzeitigen Ausscheidens des Arbeiters aus dem Betrieb (Fluktuation), unbeschadet der eventuellen Möglichkeit der Berücksichtigung der Fluktuation bei dem versicherungsmathematisch errechneten Wert der Rückstellung (Heißmann, Steuerfragen der betrieblichen Altersversorgung S. 53/55). Für die Frage, ob man die Pensionsanwartschaften als unbedingt, aufschiebend oder auflösend bedingt anzusehen hat, kommt es auch auf den rechtlichen Gehalt der Pensionszusagen an. Nach dem Urteil des Reichsgerichts (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen - RGZ - Bd. 64 S. 350, besonders S. 354) beruht der Pensionsanspruch (des Beamten) nicht auf einem Versicherungsverhältnis, sondern auf der entsprechenden Normierung der Amts- und Gehaltsverhältnisse. Danach stellt die Pension nicht ein äquivalent für die Leistungen dar, die nach Art von Versicherungsprämien und Beiträgen zu Privatpensionskassen einen selbständigen Vermögenserwerb begründen. Demgegenüber wird im steuerlichen Schrifttum häufig die Ansicht vertreten, daß die Versorgungsleistung Teil des dem Arbeitgeber obliegenden Entgelts für die geleistete Arbeit darstelle, und daß sich die Leistung des Arbeitgebers somit aus zwei Bestandteilen zusammensetze, dem Barzahlungsbetrag und der Pensionsleistung. So z. B. Boettcher, Steuer und Wirtschaft 1949 Sp. 471. Dieser Standpunkt wird auch im Streitfall vom Deutschen Industrie- und Handelstag vertreten. Die rechtliche Konstruktion, daß die Pensionsleistung Entgelt für bereits geleistete Arbeit sei, spricht in höherem Maße für unbedingte Entstehung der Pensionsansprüche als die Auffassung, daß die Versorgungsleistungen Ausfluß der Fürsorge des Unternehmens seien. Bei Entscheidung dieser Frage ist die arbeitsrechtliche Behandlung des Problems von Bedeutung. Diese Seite des Problems ist in der bisherigen steuerrechtlichen Rechtsprechung nicht berücksichtigt worden. Nach dem Urteil des Reichsarbeitsgerichts vom 2. Oktober 1940 (Arbeitsrechts-Sammlung Bd. 40 S. 321) ist die Gewährung eines Ruhegehalts nicht die Gegenleistung für frühere Dienste, sondern Ausfluß der Fürsorgepflicht. In der Anmerkung 1 zu diesem Urteil bemerkt Hueck: Die Ausführungen über die Rechtsnatur des Ruhegehalts entsprechen der heute durchaus herrschenden Auffassung. In dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 4. August 1955 (Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bd. 2 S. 109, besonders S. 111) kommt ebenfalls die Fürsorge als Grundlage der Pensionszusage zum Ausdruck. Zum Zeitpunkt der Entstehung von Ruhegehaltsansprüchen führt das Bundesarbeitsgericht in der angeführten Entscheidung (S. 112) aus: "Damit ein Ruhegeldanspruch oder auch nur eine Anwartschaft darauf zur Entstehung gelangen könnte, müßte der Kläger dann noch in einem dauernden, d. h. unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden haben, als er eine zehnjährige Dienstzeit (zehnjährige Wartezeit war nach der Pensionsordnung vorgeschrieben) vollendete." Hieraus ist jedenfalls zu entnehmen, daß die unbedingte oder auch nur aufschiebend bedingte Entstehung des Pensionsanspruchs bereits mit Eingehen des Arbeitsvertrags oder vor Ablauf der Wartezeit nicht gebilligt worden ist. In dem Urteil vom 30. November 1955, (Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bd. 2 S. 239, besonders S. 243) wird ausgeführt: "Bei der Leistung von Ruhegeld mit Rücksicht auf früher geleistete Dienste kann nur in einem weiteren Sinn von Leistung und Gegenleistung als Geschäftsgrundlage überhaupt die Rede sein: Nur die Pensionierung zu einem bestimmten Ruhegeld als solche mag eine Gegenleistung mit Rücksicht auf frühere, insbesondere langjährige Dienste sein. (Keine Gegenleistung nimmt Reichsarbeitsgericht in Arbeitsrechts-Sammlung Bd. 40 S. 321 an.) Den einzelnen Pensionsleistungen aber steht eine jeweils zu honorierende Gegenleistung in einem unmittelbaren Austauschverhältnis nicht mehr gegenüber." In dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 16. März 1956 (Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bd. 3 Heft 1 S. 1 ff.) wird ausgeführt, daß Betriebsvereinbarungen über Arbeitsverhältnisse nicht Bestandteil der einzelnen Arbeitsverhältnisse werden, sondern den Inhalt des Arbeitsverhältnisses als übergeordnete Norm bestimmen. Auf Grund der kollektivrechtlichen Regelung der Betriebsvereinbarung habe der ausscheidende Arbeitnehmer, der die Voraussetzungen der rechtlichen Ruhegeldregelung erfüllt habe, mit seinem Ausscheiden einen individuellen Einzelanspruch gegen den Arbeitgeber erworben, der zwar in der Betriebsvereinbarung wurzele, aber nunmehr erst zu einem selbständigen schuldrechtlichen Anspruch geworden sei.

In der Festschrift für Nipperdey (C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung) führt Professor Dr. Siebert in seinem Beitrag "Kollektivnorm und Individualrecht im Arbeitsverhältnis" (S. 137/38) aus: "Der Anspruch auf Ruhegeld entsteht als Quellrecht bereits mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und ist von diesem Zeitpunkt an als Individualanspruch geschützt, obwohl die konkreten Einzelansprüche erst jeweils nacheinander fällig werden. Den Beginn des Individualbereichs zeitlich weiter vorzulegen, bereitet rechtsdogmatische Schwierigkeiten. Das ist vor allem für kollektivrechtlich begründete langfristige Ruhegeldanwartschaften deutlich geworden. Das Landesarbeitsgericht Stuttgart hat solche Anwartschaften schon vor ihrer Erstarkung zum Vollrecht gegenüber einer Verschlechterung durch Kollektivnormen geschützt. Es hat diesen Schutz einmal damit begründet, daß die Anwartschaft bereits verdient sei. Die Berechtigung dieses Gesichtspunktes ist jedoch zweifelhaft. Je weniger man den Ruhegeldanspruch als aufgespeicherten Lohn ansieht, und je mehr man den Gedanken der Fürsorgeleistung in den Vordergrund rückt, desto weniger scheint die Anwartschaft unter dem Gesichtspunkt des Verdientseins schutzfähig zu sein. Darüber hinaus ist allgemein zweifelhaft, ob Anwartschaften überhaupt verdient sein können, da rechtlich noch nichts Greifbares vorhanden ist, bevor der eigentliche Anspruch entsteht. Die Anwartschaft kann in unserem Privatrecht nur so weit geschützt werden, wie es das Gesetz ausdrücklich bestimmt.

Außerhalb dieser positivrechtlichen Vorschriften kann eine Anwartschaft nicht als subjektives Recht anerkannt werden. Sie im Arbeitsrecht schlechthin wie ein subjektives Recht zu schützen, wäre eine Rechtsfortbildung, für die in dieser Allgemeinheit wohl keine Berechtigung besteht. "Die arbeitsrechtliche Beurteilung der Entstehung der Pensionsansprüche unterscheidet sich von der bürgerlich-rechtlichen Rechtsauffassung, wie sie in dem Gutachten von Professor Dr. Lent zum Ausdruck kommt. Der Senat ist der Auffassung, daß die steuerliche Beurteilung der Entstehung der Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer die arbeitsrechtlichen Rechtsgrundsätze nicht unbeachtet lassen kann. Daraus ergibt sich, daß die Pensionsanwartschaften der einzelnen Arbeitnehmer weder unbedingt noch auch auflösend bedingte Rechtsansprüche gegen das Unternehmen während des aktiven Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer darstellen. Es kann dahingestellt bleiben, ob sie in dieser Zeit aufschiebend bedingte Ansprüche im Sinne des § 158 BGB sind. Jedenfalls ist ihnen unter Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Grundsätze sowie auch auf Grund wirtschaftlicher Betrachtungsweise höchstens die Qualität aufschiebend bedingter Rechtsverhältnisse zuzumessen. Hierfür spricht außer der Ungewißheit des Erlebnisfalls bzw. des Invaliditätsfalls oder des Eintritts der Witwen- und Waisenversorgung auch die Unsicherheit, die sich aus dem Wechsel des Arbeitsplatzes (Fluktuation) für den Erwerb der Versorgungsansprüche ergibt, sowie der Einfluß der die Versorgungsleistungen der Unternehmer berührenden Vorbehalte, auf die im folgenden noch näher einzugehen ist. In gleicher Richtung wirkt sich die überlegung aus, daß die Behandlung der Pensionsanwartschaften auf der Unternehmerseite als unbedingt entstehender Verbindlichkeiten folgerichtig zur Annahme unbedingt entstehender Forderungen auf Seiten der Arbeitnehmer führen müßte. Letzteres erscheint aber - unbeschadet des § 68 Ziff. 1, 3 BewG - nicht angängig.

VII. Gelegentlich ist die Ansicht vertreten worden, daß § 6 BewG bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens durch § 12 a. a. O. ausgeschlossen werde, da nach § 12 a. a. O. von dem angenommenen Erwerber eines Betriebs alle nur möglichen und möglich werdenden Lasten berücksichtigt würden. § 12 a. a. O., der für Wirtschaftsgüter eines Betriebsvermögens in der Regel den Ansatz des Teilwerts vorschreibt, steht gleichberechtigt neben den übrigen allgemeinen Bewertungsvorschriften, somit auch neben § 6 a. a. O. Dann kann § 6 a. a. O. aber auch nicht auf dem Umweg über § 12 a. a. O. aus den Angeln gehoben werden. In diesem Sinn hat auch bereits der Senat für das Verhältnis des § 12 a. a. O. zu einer anderen allgemeinen Bewertungsvorschrift (ß 14 Abs. 3 a. a. O. bzw. § 15 Abs. 1 a. a. O.) entschieden (Urteil vom 26. August 1955). Bemerkt wird jedoch, daß es sich bisher immer noch um die Behandlung von Einzelanwartschaften und die ihnen gegenüberstehenden Einzelverbindlichkeiten der Unternehmer handelt. Auf Besonderheiten, die sich aus dem Gesetz der großen Zahl ergeben, wird erst im folgenden eingegangen.

VIII. Die ausgleichende Wirkung der Massenbeobachtungen und die Ermittlung des Typischen auf dem Wege der Massenbeobachtung hat man das Gesetz der großen Zahl genannt. Auf dieser Wirkung der großen Zahlen beruht die Bearbeitung der Statistik. Sie ermöglicht es trotz der Mängel, die den statistischen Erhebungen anheften, doch einen selbständigen Schluß zu ziehen (Conrad, Grundriß zum Studium der politischen ökonomie, IV. Teil 5. Aufl., bearbeitet von Professor Dr. Hesse, S. 28/31). Nach Hesse (Grundriß zum Studium der politischen ökonomie, IV. Band 2. Aufl. S. 41) wird die relative Verminderung der Abweichung mit Zunahme der Beobachtungen als "Gesetz der großen Zahlen" bezeichnet. Der Senat hat in dem bereits genannten Urteil vom 4. Juli 1952 die Frage nach der Auswirkung des Gesetzes der großen Zahl offengelassen. Der Deutsche Industrie- und Handelstag hat im Streitfall zu dem Problem ausgeführt: Es könne mit einer Sicherheit, die bei anderen zu bewertenden Gegenständen nicht größer sei, nach dem Gesetz der großen Zahl angegeben werden, wenn und in welchem Umfang die angegebenen Verpflichtungen zu einer Versorgungsleistung führten. Die spezifische Wirkung des Gesetzes der großen Zahl bestehe darin, daß vom Verpflichteten aus gesehen, der Umfang der wirtschaftlichen Last in seiner Gesamtheit feststellbar sei, unabhängig davon, welcher der einzelnen Anwärter künftig tatsächlich zum Empfänger einer Pensionsleistung werde. Wenn das Gesetz der großen Zahl mit so großer Sicherheit aussage, daß von einer bestimmten größeren Anzahl von Anwärtern eine ganz bestimmte Anzahl zu Empfängern von Versorgungsleistungen werde, so könne diese beim Verpflichteten bestehende wirtschaftliche Last nicht übersehen werden. Sie müsse vielmehr als wirtschaftlich bereits zu behandelnde Last Berücksichtigung finden. Der Bundesminister der Finanzen hat sich gegen die Anerkennung des Gesetzes der großen Zahl in dem schwebenden Musterrechtsstreit ausgesprochen. Er hat sich hierfür auf das bereits oben angeführte Urteil des Reichsfinanzhofs vom 22. Juni 1933 bezogen. Der Senat kommt nach erneuter Prüfung des Problems zu dem Ergebnis, daß das Gesetz der großen Zahl im Streitfall zum Abzug der Rückstellung für Pensionsanwartschaften dem Grunde nach berechtigt. Den Ausführungen des Deutschen Industrie- und Handelstags kann insoweit im wesentlichen gefolgt werden. Mit dem Eintritt des Versorgungsfalls konnte bereits am Stichtag mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit gerechnet werden. Den Ausführungen im bezeichneten Urteil des Reichsfinanzhofs und den darauf gestützten Einwendungen des Bundesministers der Finanzen glaubt der Senat nicht zustimmen zu können. Es ist nicht zutreffend, daß, wie der Reichsfinanzhof sagt, am Stichtag lediglich eine Vielheit aufschiebend bedingter Einzelverpflichtungen vorhanden gewesen sei. Unabhängig von den zahlreichen Einzelverpflichtungen bestand eine auf genügend tragfähiger Grundlage errechenbare selbständige Last. Man kann diese Last auch nicht nur einer Summierung der einzelnen aufschiebend bedingten Verpflichtungen gleichstellen. Sie ist vielmehr qualitativ von den einzelnen Verpflichtungen unterschieden. Während diese am Stichtag ihrem Wesen nach aufschiebend bedingter Natur waren, ist die nach versicherungsmathematischen Grundsätzen errechnete selbständige Versorgungslast wirtschaftlich als am Stichtag bereits unbedingt entstanden anzusehen. Sie ist nicht nur der vorausgeworfene Schatten einer später auftretenden Belastung. Diese sogenannte Schattentheorie stellt eine nicht gerechtfertigte Bagatellisierung der bereits existenten Last dar. Es ist auch richtig, daß ein Erwerber des Betriebs das Vorhandensein einer solchen Last zur Kenntnis nehmen und beachten würde. Im Rahmen des § 12 BewG ist die Berücksichtigung der Rückstellung für die Pensionsanwartschaften daher grundsätzlich geboten. Mit § 6 a. a. O. kommt § 12 a. a. O. hierbei nicht in Konflikt, da es sich bei dieser Last nach vorstehenden Ausführungen nicht um ein aufschiebend bedingtes Rechtsverhältnis handelt. Der Abzug der Rückstellung der Pensionsanwartschaften ist auch bereits im Schrifttum auf Grund des Gesetzes der großen Zahl wiederholt bejaht bzw. gefordert worden. Es genügt hier hinzuweisen auf

Boettcher, Steuer und Wirtschaft 1950 Sp. 401, Zitzlaff, Steuer und Wirtschaft 1950 Sp. 441, Heissmann, Steuerfragen der betrieblichen Altersversorgung S. 52,

Heubeck, Der Betriebs-Berater, Sonderdienst für betriebliche Altersversorgung, 8. Jahrg., Folge 2 vom 15. Februar 1954 S. 22.

Die Existenz dieser Versorgungslast wird im allgemeinen auch dadurch nicht grundsätzlich aufgehoben, daß die Unternehmer in ihrer Versorgungszusage meist gewisse Vorbehalte eingebaut haben. So war es auch im Streitfall. Allerdings kommt es hierbei auf den Inhalt des Vorbehalts an. Ebensowenig ist der Abzug dem Grunde nach mit dem Hinweis auf den eigenkapitalähnlichen Charakter der Rückstellung zu versagen. Es trifft wohl zu, daß die anfallenden Pensions- und sonstigen Versorgungszahlungen gewöhnlich aus dem laufenden Ertrag der Unternehmen gezahlt werden, und daß die Rückstellung dem Unternehmer das Verbleiben des Rückstellungsbetrags im Betrieb ermöglicht, Freiheit in der Mittelverwendung, insbesondere auch für Investitionen, erlaubt und keine Beeinträchtigung der Liquidität bedeutet. So auch Heubeck, Steuerinstruktionen zur Kapitalbildung, Versicherung und Versorgung, Heft III S. 34. Wenn demgegenüber von anderer Seite betont wird, es handele sich nicht um eigengebildetes, sondern um eingebildetes Kapital, so kommt dieser Formulierung mehr Anerkennung für ein gelungenes Wortspiel als sachliches Gewicht zu. Eine andere Frage ist indessen, ob wegen der Vorbehalte der Unternehmer und des eigenkapitalähnlichen Charakters bei der Bewertung der Rückstellung Abschläge vorzunehmen sind.

IX. Vorerst ist noch dazu Stellung zu nehmen, welche Zahl als große Zahl zu betrachten ist. Daß diese Zahl im Streitfall erreicht wird, unterliegt keinem Zweifel. Denn die Belegschaft der Bfin. beträgt nach ihrem Schriftsatz vom 10. Juli 1954 unwidersprochen über 3.600 Personen. Heissmann gibt in seinem mehrfach erwähnten Buch: "Steuerfragen der betrieblichen Altersversorgung" (S. 52) drei Beispiele von Mindestzahlen:

In der Anweisung der Oberfinanzdirektion Hamburg vom 14. November 1952 betreffend die Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz sei von einer kleinen Anzahl von Verpflichtungen (etwa bis zu 20) die Rede.

Die 38. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen für Banken und Versicherungsunternehmen anläßlich der Umstellungsrechnung zur Geltendmachung von Ausgleichsforderungen lasse die kollektive Methode für die Berücksichtigung der Anwartschaft auf Witwenrenten zu, wenn es sich um einen Personenkreis von 10 und mehr Personen handle.

Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen genehmige die Gründung einer Pensionskasse ohne besondere Auflagen für eine Mindestzahl von 200 Personen. Oberhalb dieser Grenze gelte das versicherungsmathematische Gleichgewicht durch den Ausgleich nach dem Gesetz der großen Zahl regelmäßig als gegeben.

Heissmann schlägt vor, bereits eine Zahl von 20 Personen als große Zahl anzusehen. Es mag sein, daß bereits bei dieser Zahl ein gewisser Wahrscheinlichkeitsgrad erwartet werden kann. Doch ist bei Zugrundelegung einer größeren Zahl mit besseren Ergebnissen zu rechnen. So auch Gutachten Dr. Heubeck in der Rb. III 89/56, wo ausgeführt wird: Der Lehrsatz aus der mathematischen Statistik vom Gesetz der großen Zahl besage im wesentlichen, je größer der Bestand sei, auf den die Wahrscheinlichkeiten angewendet würden, desto geringer schwankten die tatsächlichen Ergebnisse um den zu erwartenden Wert. Aus dem angegebenen Beispiel sei zu entnehmen, daß bereits der vorliegende Bestand von 177 Versorgungsverpflichtungen das Gesetz der großen Zahl weitgehend erfülle. Der Senat erachtet die Zahl 20 für zu niedrig, als daß sie als große Zahl angesprochen werden könnte. Andererseits erscheint die für die Gründung von Pensionskassen erforderte Mindestzahl von 200 Personen nicht erforderlich. Für die hier in Betracht kommenden Zwecke der Rückstellungen für Pensionsanwartschaften ist die Zahl 100 als große Zahl ausreichend aber auch erforderlich.

X. Es bleibt noch übrig, die Rückstellung für Pensionsanwartschaften der Höhe nach zu überprüfen. Die Bfin. hat die Rückstellung in Höhe des versicherungsmathematisch errechneten Deckungskapitals unter Anwendung des Abzinsungssatzes von 3,5 v. H. gebildet. Der Senat ist der Auffassung, daß der versicherungsmathematisch errechnete Wert nur den Ausgangs-, nicht den Endwert der Rückstellung darstellt. Die Bemessung der Rückstellung mit dem ungekürzten versicherungsmathematisch errechneten Betrag berücksichtigt einseitig nur die sich aus der Pensionszusage ergebenden Belastungsmomente, nicht dagegen auch die Entlastungspunkte. Sie führt daher zu einem falschen Bild. Hier ist zunächst auf die Bedeutung des Vorbehalts einzugehen. Die Bfin. hat sich in ihren Pensionszusagen für Arbeiter und Angestellte die Einstellung oder Einschränkung der Rentenleistungen bzw. eine änderung des Leistungsplans für den Fall vorbehalten, daß sie wirtschaftlich nicht in der Lage sein sollte, die Zahlungen ganz oder teilweise weiter zu leisten oder durch gesetzgeberische Maßnahmen die Bildung von Rückstellungen für übernommene Versorgungsleistungen unwirksam oder eingeschränkt wird. Die Frage, ob diese Vorbehaltsgründe gegeben sind, wird grundsätzlich von der Firma im Benehmen mit dem jeweiligen Betriebsrat entschieden. Bei Meinungsverschiedenheiten wird je ein Wirtschaftssachverständiger bestellt. Falls diese beiden Wirtschaftssachverständigen nicht zu einer Einigung gelangen, wird die zuständige Industrie- und Handelskammer um Bestellung eines neutralen Wirtschaftssachverständigen ersucht, der die Entscheidung trifft. Es kann kein Zweifel bestehen, daß ein derartiger Vorbehalt, wenn er in diesem Fall auch die Last nicht beseitigt, doch ihr Gewicht mindert, was sich in einem Abschlag der Bewertung der Pensionslast auswirken muß. Die Bfin. wendet sich gegen die Minderbewertung der Last wegen des Vorbehalts. Sie meint, daß die Vorbehalte bewertungsrechtlich substanzlos seien, und daß alsdann alle langfristigen Schulden abgewertet werden müßten. Sie ist ferner der Ansicht, daß gemäß dem Stichtagsprinzip eine Berücksichtigung des Vorbehalts höchstens erfolgen könne, wenn bereits am Stichtag der Betrieb illiquide geworden sei. Diese Einwendungen gehen fehl. Von einer bewertungsrechtlichen Bedeutungslosigkeit des Vorbehalts kann keine Rede sein. Der Vergleich mit den langfristigen Schulden trifft nicht den Kernpunkt der Sache. Die Bfin. verkennt auch das Stichtagsprinzip. Es ist durchaus nicht erforderlich, daß das Unternehmen am Stichtag in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist. Es kommt einzig und allein darauf an, ob am Stichtag eine Last bestanden hat, für die kraft des Vorbehalts die Möglichkeit einer Milderung bestanden hat. Richtig ist allerdings, daß nach der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung die Versorgungsansprüche und Versorgungsverpflichtungen weitgehend unter den Gedanken von Treu und Glauben gestellt sind und willkürliche Rechtsausübungen für unzulässig erklärt werden. Der Grundsatz von Treu und Glauben vermag aber den Wert des Vorbehalts für die Bfin. nicht zu beseitigen. Auch Heissmann (Steuerfragen der betrieblichen Altersversorgung S. 22) scheint den Einfluß der Vorbehalte auf die Höhe der Bewertung der Rückstellung nicht bestreiten zu wollen, wenn er ausführt: "Der Unternehmer kann Vorbehalte in Zusagen einbauen, ohne die steuerliche Anerkennung seiner Versorgungsrückstellung zu gefährden." Die Anerkennung der Versorgungsrückstellung dem Grunde nach wird allerdings durch einen Vorbehalt der im Streitfall gedachten Art noch nicht grundsätzlich gefährdet. Ob dies bei weitgehenden Vorbehalten der Fall sein könnte, braucht hier nicht untersucht zu werden. Ebensowenig ist es erforderlich, in diesem Rechtsstreit auf die Auswirkung der Rentenreform auf die betriebliche Altersversorgung einzugehen. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist somit, daß wegen des Vorbehalts der Bfin. ein Abschlag von dem versicherungsmathematisch ermittelten Wert der Rückstellung vorzunehmen ist.

Ein weiterer Abschlag ergibt sich aus dem bereits oben behandelten eigenkapitalähnlichen Charakter der Rückstellung. Heubeck stellt (S. 34 der Schrift Versorgungsrückstellungen) als Vorteile der Pensionsrückstellungen - abgesehen von Steuervorteilen - u. a. heraus: Verbleiben des gesamten Kapitals im Betrieb, völlige Freiheit in der Mittelverwendung, insbesondere auch für Investitionszwecke, keine Beeinträchtigung der Liquidität vor Fälligkeit von Leistungen. Hinzuzufügen wäre dem nur, daß die Leistungen in der Regel wohl überhaupt nicht aus den zurückgestellten Beträgen, sondern aus den laufenden Erträgen des Unternehmens zu entnehmen sein werden.

Darüber hinaus kann gerade in Zeiten der Vollbeschäftigung gewerblicher Betriebe und der Nachfrage nach Arbeitskräften nicht übersehen werden, daß die Zusicherung von Versorgungsleistungen zur Gewinnung und Erhaltung eines zuverlässigen Stamms von Angestellten und Arbeitern sowie zur Verbesserung des Betriebsklimas beiträgt. Die Bfin. bestreitet nicht, daß die Pensionszusage die erwähnten Vorteile gewährt. Wenn sie der Ansicht ist (Schriftsatz vom 15. August 1956), daß diese Vorteile nicht zur Versagung des Abzugs der Rückstellung für Pensionsanwartschaften führen dürften, ist ihr darin zuzustimmen. Der Senat versagt auch den Abzug nicht schlechthin, sondern hält nur eine Minderung des versicherungsmathematisch errechneten Betrags für unerläßlich.

Es ist weiterhin noch gegen die Berücksichtigung der bezeichneten Vorteile bei der Bewertung der Rückstellungslast geltend gemacht worden, daß diese Vorteile keine selbständig zu bewertenden Wirtschaftsgüter seien und aus diesem Grunde nicht zu einer Minderung der Last führen dürften. Diese Auffassung vermag der Senat nicht zu teilen. Es handelt sich hier nicht um die besondere Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter, sondern um die davon zu unterscheidende Frage der Bewertung der Versorgungslast. Die Entstehung dieser Last ist unter Zurückstellung formeller Bedenken auf Grund wirtschaftlicher überlegungen vom Senat bejaht worden. Es müssen dann aber bei Ermittlung des für diese Last anzusetzenden Werts auch alle das Gewicht der Last mindernden Umstände genügend in Betracht gezogen werden. So müßte auch ein angenommener Erwerber des Betriebs verfahren. Andernfalls würde der Last ein höheres als das ihr zukommende Gewicht beigemessen werden.

Schließlich kann auch die Verwendung des Abzinsungssatzes von 3,5 v. H. nicht gebilligt werden. Maßgebend ist gemäß §§ 14 Abs. 3, 15 Abs. 1 BewG der Zinssatz von 5,5 v. H. Dieser Zinssatz gilt auch bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens, wie sich aus dem Urteil des Senats vom 26. August 1955 ergibt. Der Umstand, daß in § 6 a EStG als Rechnungszinsfuß mindestens 3,5 v. H. vorgeschrieben sind, ist für den Streitfall ohne Bedeutung. Es müssen also, um zu einem zutreffenden Wert der Last zu gelangen, von dem versicherungsmathematisch errechneten Wert der Last entsprechend den zahlreichen und bedeutsamen wertmindernden Umständen erhebliche Abschläge vorgenommen werden. Sofern bei dem versicherungsmathematisch errechneten Wert noch kein Fluktuationsabschlag eingebaut sein sollte, wäre auch dieser Umstand lastenmindernd zu berücksichtigen. Allein bei einer Erhöhung des Rechnungszinsfußes von 3,5 v. H. auf 5,5 v. H. tritt nach dem Gutachten des Wirtschaftsprüfers Dr. Merkle (Rechtsbeschwerdesache III 255/56) eine Verringerung des Rückstellungswerts je nach Alter und Beginn der Zusage bis zu rund 35 v. H. ein. Grob geschätzt dürfte nach Ansicht des Gutachtens in der Praxis ein Durchschnittssatz von 25 v. H. in Frage kommen. Berücksichtigt man nun noch die übrigen wertmindernden Umstände (Vorbehalt, eigenkapitalähnlichen Charakter, Gewinnung bzw. Erhaltung eines guten Arbeiterstamms) ebenfalls in angemessener Weise, und stellt man anderseits zugunsten der Bfin. in Rechnung, daß sich die Renten der Angestellten nach den Durchschnittsbezügen der letzten drei Jahre vor Eintritt des Leistungsfalls richten, damit also die Möglichkeit von Gehaltserhöhungen gegeben ist, die auch die Pensionsrückstellung erhöhen würde, so erscheint kein höherer Betrag der Rückstellung für Pensionsanwartschaften als etwa 25 v. H. des versicherungsmathematisch auf den Stichtag errechneten Deckungskapitals tragbar. Bis zu dieser Höhe könnte nach Auffassung des Senats die Rückstellung für die Pensionsanwartschaften der Bfin. bei der Einheitsbewertung ihres Betriebsvermögens zum 1. Januar 1950 zugelassen werden. Dabei ist vorausgesetzt, daß der Fluktuation bei Errechnung des versicherungsmathematischen Werts der Rückstellung bereits Rechnung getragen worden ist. Nach diesen Grundsätzen wird das Finanzamt im Streitfall den Abzug der Pensionsrückstellung für Pensionsanwartschaften zu ermitteln haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408831

BStBl III 1957, 314

BFHE 1958, 206

BFHE 65, 206

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