Leitsatz (amtlich)

1. Erstattungen nach § 3 UnBefG vom 27.August 1967 (BGBl I 1965, 978) an die Verkehrsunternehmen für die durch die unentgeltliche Beförderung entstandenen Fahrgeldausfälle sind Entgelte für die Leistungen der Unternehmen gegenüber den begünstigten Personen.

2. Diese Erstattungen sind keine Zuschüsse aus öffentlichen Kassen i.S. des § 10 Abs.1 Satz 3 Halbsatz 2 UStG 1967.

 

Orientierungssatz

1. Leistungsaustausch i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 liegt vor, wenn sich die Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung richtet und damit die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung auslöst, so daß schließlich die wechselseitig erbrachten Leistungen miteinander innerlich verbunden sind (vgl. BFH-Urteil vom 7.5.1981 V R 47/76). Keine Voraussetzung des Leistungsaustauschs ist, daß das Entgelt als Gegenleistung vom Leistungsempfänger selbst erbracht wird.

2. Erstattungen nach §§ 3 und 4 UnBefG an die Verkehrsunternehmen für die durch unentgeltliche Beförderung entstandenen Fahrgeldausfälle als Gegenleistung von dritter Seite für die Beförderungsleistungen sind keine sog. "echten Zuschüsse" ohne umsatzsteuerrechtliche Relevanz i.S. der bisherigen Rechtsprechung des BFH. Die Beurteilung der Erstattungen als Gegenleistung für die Beförderungsleistung schließt die Annahme von --nichtsteuerbarem-- Schadensersatz aus (vgl. BFH-Urteil vom 10.2.1972 V R 119/68).

 

Normenkette

UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 3; UnBefG §§ 3-4

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb im Streitjahr 1972 ein Omnibusunternehmen mit Personenbeförderung im Nahverkehr. Für die Fahrgeldausfälle aufgrund der unentgeltlichen Personenbeförderung nach dem Gesetz über die unentgeltliche Beförderung von Kriegs- und Wehrdienstbeschädigten sowie von anderen Behinderten im Nahverkehr (UnBefG) vom 27.August 1965 (BGBl I 1965, 978) erhielt sie nach §§ 3 und 4 UnBefG in Verbindung mit der Verordnung der Landesregierung über Zuständigkeiten nach dem Gesetz über die unentgeltliche Beförderung von Kriegs- und Wehrdienstbeschädigten sowie anderen Behinderten im Nahverkehr vom 25.Januar 1966 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg --GBl. BW-- 1966, 7) von der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Baden-Württemberg Erstattungen, die nach einem bestimmten Vomhundertsatz der nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen aus dem Nahverkehr bemessen waren. Für das Streitjahr erhielt die Klägerin Erstattungen in Höhe von ... DM, die sie als "echte" Zuschüsse und gemäß § 10 Abs.1 Satz 3 Halbsatz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967 als nicht nicht zum Entgelt gehörend ansah und nicht zur Umsatzsteuer erklärte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) bezog demgegenüber diese Erstattungen im Umsatzsteuerbescheid 1972 in die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Leistungen ein. Diese Behandlung entspricht dem Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen (BMWF) vom 21.April 1972 F IV/A 2 - S 7200 - 16/72 (Umsatzsteuer-Rundschau --UStR-- 1972, 242).

Nach erfolglosem Einspruch hat das Finanzgericht (FG) die Klage als unbegründet abgewiesen.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 10 Abs.1 Satz 3 UStG 1967. Dazu wird ausgeführt:

Das FG folgere zwar übereinstimmend mit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) und des Bundesfinanzhofs --BFH-- (z.B. RFH-Urteile vom 9.Juni 1939 V 492/37, RFHE 47, 60, RStBl 1939, 886, und vom 19.Juni 1942 V 8/41, RFHE 52, 66, RStBl 1943, 825; BFH-Urteile vom 20.Januar 1955 V 145/53 S, BFHE 60, 366, BStBl III 1955, 139; vom 16.November 1961 V 223/58 U, BFHE 74, 156, BStBl III 1962, 59, und vom 24.August 1967 V 31/64, BFHE 89, 407, BStBl III 1967, 717) aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, daß ein "unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang" zwischen der Aufwendung des Dritten und der Leistung des Unternehmers bestehen müsse. Das FG gehe aber nicht weiter darauf ein, ob ein solcher "kausaler" Zusammenhang bestehe. Es begnüge sich damit, eine "rechtliche Verknüpfung" im Sinne eines "rechtlichen Zusammenhangs" zu bejahen. Ein rechtlicher Zusammenhang --wie er sich aus § 1 Abs.1 und § 4 UnBefG ergebe-- reiche aber nach der zitierten Rechtsprechung nicht aus, um Zuschüsse zu Entgelt zu machen. Erforderlich sei ein ursächlicher wirtschaftlicher Zusammenhang.

Die Klägerin habe die (unentgeltlichen) Beförderungsleistungen aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung durch § 1 Abs.1 UnBefG erbracht. Die Verpflichtung zur unentgeltlichen Beförderung sei nicht mit der Voraussetzung einer Erstattung verknüpft, sie sei vielmehr "absolut". Der Unternehmer habe hinsichtlich der Beförderungsleistung keine Entscheidungsfreiheit; für eine weitere Feststellung etwa dahingehend, daß der Unternehmer möglicherweise leiste, weil er die Fahrgelderstattung bekomme, sei kein Raum.

Zudem zahle der Staat die Erstattung nicht, damit oder weil der Unternehmer die begünstigten Personen unentgeltlich befördere, sondern weil er dem Unternehmer durch § 2 UnBefG einen Vermögensschaden zugefügt habe. Denn bereits die Verordnung über die Vergünstigungen für Kriegsbeschädigte im öffentlichen Personenverkehr vom 23.Dezember 1943 (RGBl I 1944, 5) habe die unentgeltliche Beförderung der Schwerbehinderten angeordnet, ohne den Staat zur Entschädigung zu verpflichten. Die Entschädigungspflicht habe später erst das Bundesverwaltungsgericht --BVerwG-- (Urteil vom 15.Mai 1962 VII C 36.59, BVerwGE 14, 160, Deutsches Verwaltungsblatt --DVBl-- 1962, 567) aufgestellt; erst daraufhin sei die Erstattungspflicht in § 3 UnBefG gesetzlich verankert worden.

Die Fahrgelderstattungen hätten Entschädigungscharakter, weil der Staat eine Last, die er unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge allein zu tragen habe, auf einen bestimmten Unternehmerkreis abgewälzt habe.

Der vorhandene mittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Leistung und Zuschuß reiche nicht aus, einen Leistungsaustausch zu begründen. Beide Teile beruhten auf unterschiedlichen Gründen.

Schließlich spreche auch die Art und Weise der Berechnung der Fahrgelderstattung gegen den unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang von Leistung und Zuschuß. Entgegen der Auffassung des FG gehe durch die Pauschalierung die unmittelbare Beziehung zum Umsatz verloren.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids 1972 die Umsatzsteuer um .... DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

1. Die Erstattungen der Fahrgeldausfälle nach §§ 3 und 4 UnBefG sind Entgelte für die Beförderungsleistungen der Klägerin gegenüber den durch § 2 UnBefG bestimmten Personen. Die Leistungen der Klägerin sind somit steuerbar (§ 1 Abs.1 Nr.1 UStG 1967). Die Umsatzsteuer darauf bemißt sich nach dem Erstattungsbetrag, wie er der Klägerin für ihre Leistungen gewährt wird (§ 10 Abs.1 Satz 3 UStG 1967).

a) Steuerbare Leistungen sind solche, die nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 1 Abs.1 Nr.1 UStG 1967 im Rahmen eines Leistungsaustauschs erbracht werden. Leistungsaustausch i.S. des § 1 Abs.1 Nr.1 UStG 1967 liegt vor, wenn sich die Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung richtet und damit die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung auslöst, so daß schließlich die wechselseitig erbrachten Leistungen miteinander innerlich verbunden sind (vgl. BFH-Urteil vom 7.Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495). Keine Voraussetzung des Leistungsaustauschs ist, daß das Entgelt als Gegenleistung vom Leistungsempfänger selbst erbracht wird.

b) Die Voraussetzungen eines Leistungsaustauschs sind im Streitfall erfüllt.

§ 1 Abs.1 UnBefG verpflichtet die Klägerin, Personen i.S. des § 2 Abs.1 UnBefG gegen Vorzeigen eines amtlichen Ausweises unentgeltlich zu befördern. Umsatzsteuerrechtlich hat diese Verpflichtung die Ausführung sonstiger Leistungen durch Personenbeförderung zum Gegenstand. Allerdings kommt der Zahl der in einem Kalenderjahr durchgeführten Beförderungen i.S. des § 1 UnBefG keine Bedeutung zu, weil nach § 4 UnBefG die Erstattung der dadurch entstandenen Fahrgeldausfälle (§ 3 UnBefG) nicht an den Nachweis der durchgeführten unentgeltlichen Beförderungen, sondern an den der Fahrgeldeinnahmen aus dem Nahverkehr geknüpft ist. Diese Regelung führt somit auch dann zur pauschalierten Erstattung, wenn im maßgeblichen Erstattungszeitraum keine unentgeltliche Beförderung in Anspruch genommen wurde. Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Regelung folgt daraus, daß zum Gegenstand der Leistung der Klägerin auch ihre kraft gesetzlicher Verpflichtung (§ 1 Abs.1 UnBefG) bestehende Bereitschaft während des jeweiligen Erstattungszeitraums, unentgeltliche Beförderungen auszuführen, gehört (vgl. Urteile des RFH vom 21.November 1940 V 346/39, RStBl 1941, 132, und des BFH vom 22.Januar 1970 V R 118/66, BFHE 98, 225, BStBl II 1970, 363). Das Leistungsangebot der Klägerin ist dem bei der Ausgabe von Zeitkarten im Personenbeförderungsverkehr vergleichbar. Auch in diesem Fall wird die Möglichkeit, Beförderungsleistungen in Anspruch zu nehmen, geboten; in welchem Umfang im jeweiligen Zeitraum befördert wird, ist nicht entscheidend.

Die Klägerin erbringt die Beförderungsleistung an die begünstigten Personen, um die Erstattung, die von der öffentlichen Hand nach dem UnBefG als Gegenleistung gewährt wird, zu erhalten. Nach § 3 UnBefG werden der Klägerin "die durch die unentgeltliche Beförderung nach § 1 entstandenen Fahrgeldausfälle erstattet". Die innere Verknüpfung der Leistung der Klägerin mit der als Entgelt durch die öffentliche Hand gezahlten Erstattung ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung des UnBefG, nach deren Sinn und Zweck die Erstattungsbeträge Fahrgeldzahlungen anstelle von Zahlungen der begünstigten Beförderten sind. Es handelt sich insoweit um eine gesetzlich angeordnete Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung. Nach § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 UStG 1967 entfällt die Steuerpflicht nicht deshalb, weil der Umsatz aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird.

Wenn § 1 Abs.1 UnBefG für sich gesehen nur die Verpflichtung der Beförderungsunternehmer zur unentgeltlichen Beförderung der Begünstigten aufstellt, so kann daraus --entgegen der Auffassung der Klägerin-- nichts für die Frage des Leistungsaustauschs hergeleitet werden. Die Regelung besagt --hinsichtlich der Frage der Gegenleistung-- lediglich, daß die Klägerin gegen die begünstigten Personen keinen Anspruch auf Fahrgeldzahlung hat. Dafür, ob das Beförderungsverhältnis in diesen Fällen als Leistungsaustauschverhältnis zu beurteilen ist, muß auf den Zusammenhang der Vorschrift des § 1 UnBefG mit den Erstattungsvorschriften der §§ 3 und 4 UnBefG zurückgegriffen werden. Diese Erstattungsregelung ist erkennbar von dem gesetzgeberischen Willen getragen, daß die öffentliche Hand hinsichtlich der Fahrpreise für die Beförderung der begünstigten Personen an deren Stelle treten soll. Die Erstattung dient nicht dem Zweck, der Klägerin selbst einen Zuschuß zu leisten (dazu unter 2.). Die Pauschalierung der Erstattung nach § 4 UnBefG beruht zwar auf der Erkenntnis, daß die den Unternehmen tatsächlich entstandenen Fahrgeldausfälle im einzelnen nicht feststellbar sind (vgl. BTDrucks IV/2433 S.6, Begründung, B zu § 3). Sie knüpft aber nicht an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen, sondern --bei der Bestimmung des Vomhundertsatzes der Fahrgeldeinnahmen-- an die Zahl der Begünstigten i.S. des § 2 UnBefG an. Inwieweit diese Erstattungsregelung eine Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung erreicht, ist für das Umsatzsteuerrecht unerheblich (vgl. BFH-Urteil vom 6.Juni 1984 V R 33/83, BFHE 141, 355, BStBl II 1984, 686). Entscheidend ist, daß die Erstattung das Fahrgeld, das die Begünstigten ohne die durch § 1 UnBefG zu ihren Gunsten angeordnete Unentgeltlichkeit zu zahlen hätten, abgelten soll.

c) Diese Auslegung des UnBefG als Grundlage der umsatzsteuerrechtlichen Annahme einer durch die Erstattung abgegoltenen Beförderungsleistung und Beförderungsbereitschaft deckt sich mit der Auslegung dieses Gesetzes durch das BVerwG zur Frage, ob Erstattungszahlungen nach dem UnBefG und vergleichbaren Regelungen als Fahrgeldzahlung zugunsten der begünstigten Benutzer oder als Subvention der Beförderungsunternehmer anzusehen sind. Wie das BVerwG im Urteil vom 31.Januar 1975 VII C 52.73 (Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 442.010, § 4 Nr.2 UnBefG) dargelegt hat, folgt aus dem Zusammenhang der Vorschriften des § 4 Abs.1 und § 3 UnBefG, daß das zur unentgeltlichen Beförderung verpflichtete Unternehmen in pauschalierter Form das erhalten solle, was es von den Begünstigten erhalten würde, wenn diese nicht unentgeltlich befördert werden müßten; Kostendeckung könnte von den Begünstigten nicht verlangt werden. Im Urteil vom 19.Januar 1979 VII C 56.75 (Buchholz, a.a.O. 442.01, § 39 Nr.1 PBefG) hat das BVerwG als Beförderungsentgelt i.S. des § 39 Abs.1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) auch die Beträge angesehen, die Dritte im Wege der Einzelabrechnung oder pauschal für zur Benutzung des Verkehrsmittels berechtigende Fahrausweise aufwenden, die an bestimmte Personenkreise ausgegeben werden.

d) Als Gegenleistung von dritter Seite für die Beförderungsleistungen der Klägerin sind die Erstattungen keine sog. "echten Zuschüsse" ohne umsatzsteuerrechtliche Relevanz i.S. der bisherigen Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteil vom 24.August 1967 V 31/64, BFHE 89, 407, BStBl III 1967, 717).

2. Die an die Klägerin gezahlten Erstattungen sind auch keine "Zuschüsse aus öffentlichen Kassen" i.S. des § 10 Abs.1 Satz 3 2.Halbsatz UStG 1967, die nicht in die Bemessungsgrundlage der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzung einbezogen werden dürften.

Die Vorschrift des § 10 Abs.1 Satz 3 UStG 1967 in der im Streitjahr geltenden Fassung enthielt neben dem 1.Halbsatz --"zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Empfänger für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt"-- noch den 2.Halbsatz "das gilt nicht für Zuschüsse aus öffentlichen Kassen". Dieser 2.Halbsatz galt bis zum 3.Juni 1973 (Art.6 Nr.4 des Steueränderungsgesetzes 1973 --StÄndG--, BGBl I 1973, 676, BStBl I 1973, 545).

Der Senat hat diese Vorschrift im Urteil vom 9.Oktober 1975 V R 88/74 (BFHE 117, 307, BStBl II 1976, 105) als Ausnahmeregelung im Rahmen des § 10 Abs.1 Satz 3 UStG 1967 abgegrenzt. Sie erfasse nicht solche Zuschüsse aus öffentlichen Kassen, die zwar unmittelbar an den leistenden Unternehmer gezahlt, aber dem Leistungsempfänger gewährt würden. Die Ausnahmeregelung bezwecke vielmehr, Zuschüsse, die dem leistenden Unternehmer zu seiner Förderung gewährt worden seien, von der Bemessungsgrundlage auszunehmen. Das seien Zuschüsse, die überwiegend im Interesse des leistenden Unternehmers erbracht würden, um ihn etwa aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen nicht vom Markt auszuschließen. Solche Zahlungen seien Zuschüsse für den Leistenden, selbst wenn sie auch dem Leistungsempfänger insoweit zugute kämen, als er nur einen unter Berücksichtigung des Zuschusses kalkulierten Preis aufzubringen habe. Das sei eine vom Zuschußgeber gesehene, aber rechtlich unbeachtliche Folge des mit dem Zuschuß verfolgten Zwecks.

Der Senat hielt deshalb die Ansicht des BMWF im Schreiben vom 24.Juni 1971 F IV/A 2 - S 7200 (BStBl I 1971, 357) für die im Ergebnis zutreffende Auslegung des Gesetzes, daß § 10 Abs.1 Satz 3 Halbsatz 2 UStG 1967 keine Anwendung finde, wenn der Leistungsempfänger auf den Zuschuß einen Rechtsanspruch habe, der Zuschuß in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger gezahlt werde oder der Zuschuß überwiegend im Interesse des Leistungsempfängers gewährt werde. Unerheblich sei in diesen Fällen der Zahlungsweg entweder über den Leistungsempfänger oder zur Verkürzung des Zahlungswegs unmittelbar an den leistenden Unternehmer.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall werden die Erstattungen nicht von der Regelung des § 10 Abs.1 Satz 3 Halbsatz 2 UStG 1967 erfaßt.

Die Begünstigung des UnBefG richtet sich in erster Linie an die behinderten Personen i.S. des § 2 UnBefG. Auch wenn man in der Erstattung einen Ausgleich für die gemeinwirtschaftlichen Lasten der Verkehrsunternehmen durch die Verpflichtung zur unentgeltlichen Beförderung sieht (z.B. Niebler, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A --DStZ/A-- 1976, 281), ändert dies nichts daran, daß durch die Zahlungen nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dieser Unternehmer erhalten werden soll; die Zahlungen treten --wie bereits dargelegt-- nur an die Stelle der entfallenden Zahlung durch die Beförderten selbst. Der Senat verweist in diesem Zusammenhang ergänzend auf die bereits unter 1. herangezogene Rechtsprechung des BVerwG (Urteile in Buchholz, a.a.O. 442.010, und in Buchholz, a.a.O. 442.01) zur Beurteilung von Zuschüssen als Beförderungsentgelt von dritter Seite oder als --regelmäßig zum Defizitausgleich gewährte-- echte Subventionierung des Unternehmers.

Schließlich kann der Klägerin nicht darin gefolgt werden, aus der Entwicklungsgeschichte der Regelung des UnBefG ergebe sich, daß eine unentgeltliche Beförderungsleistung normiert sei, die lediglich eine Ergänzung durch die Entschädigungsregelung zugunsten des Beförderungsunternehmens --Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Lasten-- erhalten habe. Das UnBefG vom 27.August 1965 knüpft an die Verordnung über die Vergünstigungen für Kriegsbeschädigte im öffentlichen Personenverkehr vom 23.Dezember 1943 (RGBl I 1944, 5) an. Unmittelbarer Anlaß für die Schaffung des UnBefG war das Urteil des BVerwG in BVerwGE 14, 160, DVBl 1962, 567, demzufolge der Bund verpflichtet war, einem Verkehrsunternehmen ab 1.April 1950 die Fahrgeldausfälle zu erstatten, die ihm durch die unentgeltliche Beförderung Schwerkriegsbeschädigter aufgrund der Verordnung vom 23.Dezember 1943 entstanden waren (vgl. Entwurf der Bundesregierung, Begründung, A. Allgemeines, Deutscher Bundestag, 4.Wahlperiode, Drucksache IV/2433). Das BVerwG wies darauf hin, daß die Verordnung zwar in § 1 eine zeitlich unbegrenzte unentgeltliche Beförderungspflicht enthalten habe, und daß nach § 4 der Verordnung die entsprechenden Fahrgeldausfälle bis zum Ablauf des auf das Kriegsende folgenden Rechnungsjahres nicht erstattet würden, daß aber § 4 der Verordnung eine Erstattungspflicht von dem genannten Zeitpunkt an festlege. Entgegen der Auffassung der Revision war die Beförderung nicht als grundsätzlich unentgeltliche geregelt; die Ausgleichszahlungen waren lediglich wegen der Kriegsverhältnisse aus Erwägungen der Sozialpflicht vorübergehend aufgehoben.

3. Die Beurteilung der Erstattungen nach §§ 3, 4 UnBefG als Gegenleistung für die Beförderungsleistung schließt die Annahme von --nichtsteuerbarem-- Schadensersatz aus (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.Februar 1972 V R 119/68, BFHE 105, 75, BStBl II 1972, 403).

 

Fundstellen

Haufe-Index 61397

BStBl II 1986, 723

BFHE 147, 79

BFHE 1987, 79

DB 1986, 2216-2216 (S)

DStR 1986, 802-802 (S)

HFR 1987, 32-33 (ST)

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