Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Werbungskostenabzug des Eigentümers für die Wohnung des Nießbrauchers; keine Anwendung des § 21 a Abs. 7 EStG auf Fälle vorweggenommener Erbfolge

 

Leitsatz (NV)

1. Der Eigentümer kann für eine mit einem Nießbrauch belastete Wohnung seines Hauses keine Werbungskosten abziehen, weil er insoweit keine Einkünfte erzielt.

2. § 21 a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nicht - auch nicht entsprechend - auf andere unentgeltliche Erwerbsvorgänge wie etwa die Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge anwendbar (Anschluß an BFH-Urteil vom 5. Mai 1992 IX R 168/87).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 2, § 21a Abs. 1 S. 2, Abs. 7

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammen veranlagte Eheleute. Sie hatten mit den Eltern des Klägers auf deren Grundstück gemeinsam ein Zweifamilienhaus errichtet, in dem sie die Wohnung im Obergeschoß, für die ihnen ein Wohnungsrecht eingeräumt war, bewohnten. Im Februar 1983 übertrugen die Eltern das Grundstück unentgeltlich auf die Kläger und behielten sich ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht an der Wohnung im Erdgeschoß vor. In ihrer Einkommensteuererklärung stellten die Kläger dem Mietwert der von ihnen genutzten Wohnung Werbungskosten von insgesamt . . . DM gegenüber und ermittelten negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von ./. . . . DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ die Werbungskosten nur zur Hälfte zum Abzug zu. Im Klageverfahren berücksichtigte er weitere . . . DM an nachträglich geltend gemachten anteiligen Schuldzinsen und setzte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von . . . DM an.

Die Klage, mit der die Kläger über ihr ursprüngliches Begehren hinaus beantragten, für die Wohnung im Obergeschoß § 21 a Abs. 1 Satz 2 des Einkommesteuergesetzes (EStG) anzuwenden und im übrigen die für das gesamte Haus angefallenen Werbungskosten zur Hälfte abzuziehen, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) setzte negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von . . . DM fest. Der Nutzungswert der von den Klägern genutzten Wohnung sei nach § 21 a Abs. 1 Satz 2 EStG zu ermitteln. Es ergebe sich ein Nutzungswert von 0 DM, weil die auf die Wohnung der Kläger entfallenden Werbungskosten (Schuldzinsen) den Grundbetrag überschritten. Dagegen seien die anteiligen Aufwendungen für die von den Eltern des Klägers bewohnte Wohnung nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. November 1983 VIII R 183/83 (BFHE 140, 203, BStBl II 1984, 371) abziehbar.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung der §§ 9 und 21 a EStG.

Die Kläger stimmen der Revision darin zu, daß sie nach der neueren Rechtsprechung für die von den Nießbrauchern bewohnte Wohnung keine Werbungskosten geltend machen können. Sie halten aber für die von ihnen selbst bewohnte Wohnung die Ausnahmevorschrift des § 21 a Abs. 7 EStG nicht für anwendbar.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA einen - hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrages vorläufigen - geänderten Einkommensteuerbescheid erlassen. Darin sind die durch Art. 1 Nr. 18 des Steueränderungsgesetzes 1991 erhöhten Kinderfreibeträge berücksichtigt. Die Kläger haben diesen Bescheid nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Nach § 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO ist die Vorentscheidung aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

1. Die Vorentscheidung verletzt § 9 Abs. 1 EStG, soweit sie die anteiligen Aufwendungen für die von den Eltern des Klägers bewohnte Wohnung im Erdgeschoß als Werbungskosten zum Abzug zugelassen hat. Zwar ist das FG zutreffend davon ausgegangen, daß der Nutzungswert dieser mit einem Nießbrauch belasteten Wohnung nicht den Klägern, sondern nach § 21 Abs. 2 EStG den Eltern des Klägers als den Inhabern des Nießbrauchsrechts zuzurechnen ist. Die Kläger können für diese Wohnung aber entgegen der Auffassung des FG keine Werbungskosten geltend machen, weil sie insoweit keine Einkünfte erzielen (vgl. Urteile des BFH vom 16. Oktober 1984 IX R 81/82, BFHE 143, 310, BStBl II 1985, 390, und vom 13. Februar 1990 IX R 99/85, BFH/NV 1990, 628 m. w. N.). Die Grundsätze des von der Vorentscheidung herangezogenen BFH-Urteils in BFHE 140, 203, BStBl II 1984, 371 sind nach der neueren Rechtsprechung nicht mehr anwendbar (BFH-Urteile vom 30. Juli 1985 VIII R 71/81, BFHE 144, 376, 386, BStBl II 1986, 327, und BFH in BFH/NV 1990, 628 m. w. N.).

2. Entgegen der Auffassung der Revision hat das FG für die von den Klägern bewohnte Wohnung zutreffend den Nutzungswert nach § 21 a Abs. 1 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung ermittelt.

a) Nach dieser Vorschrift gilt die pauschale Nutzungswertbesteuerung auch bei einer Wohnung in einem eigenen Haus, das - wie das Zweifamilienhaus der Kläger - kein Einfamilienhaus ist. Die Anwendbarkeit der Pauschalierungsregelung wird im Streitfall nicht durch § 21 a Abs. 7 EStG ausgeschlossen. Nach der im Streitfall allein in Betracht zu ziehenden Regelung des § 21 a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 EStG ist § 21 a Abs. 1 Satz 2 EStG nicht bei einem Gebäude anzuwenden, das nach dem 29. Juli 1981 im Wege der Erbfolge erworben worden ist, wenn bei dem Rechtsvorgänger die Voraussetzungen der Nr. 1 der Vorschrift vorlagen. Diese Vorschrift betrifft ausdrücklich nur den Erwerb im Wege der Erbfolge. Sie ist nicht - auch nicht entsprechend - auf andere unentgeltliche Erwerbsvorgänge wie etwa die Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge anwendbar. Dies ergibt sich im einzelnen aus dem Urteil vom 5. Mai 1992 IX R 168/87, BStBl II 1992, 824, auf das insoweit verwiesen wird.

b) Im Streitfall handelte es sich um keinen Erwerb im Wege der Erbfolge. Die Vorentscheidung hat auch zutreffend einen Nutzungswert von 0 DM für die von den Klägern bewohnte Wohnung angesetzt. Nach den Feststellungen des FG, die von den Beteiligten nicht angegriffen und deshalb für den Senat bindend sind (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), übersteigen die auf die Wohnung entfallenden Schuldzinsen den Grundbetrag für den Nutzungswert.

3. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Einkommensteuer 1983 ist unter Ansatz von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 0 DM festzusetzen. Danach ergibt sich folgende Steuerberechnung: . . .

 

Fundstellen

Haufe-Index 418511

BFH/NV 1992, 738

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