Leitsatz (amtlich)

Als Mischfuttermittel im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB sind auch Mischungen anzusehen, die ganz oder überwiegend aus mineralischen Stoffen bestehen.

 

Normenkette

UStG § 4 Ziff. 4; UStDB 1951 § 29 Abs. 2 Ziff. 11

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtszuge.

Die Steuerpflichtige stellt Mineralstoffmischungen und eine Dorschlebertran-Emulsion her. Streitig ist, ob sie für die im vierten Kalendervierteljahre 1954 ausgeführten Großhandelslieferungen von Mineralstoffmischungen und von Dorschlebertran-Emulsion die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Ziff. 4 UStG in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB beanspruchen kann. Das Finanzamt hat dies verneint, weil zu den in § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB genannten Mischfuttermitteln nur die ausschließlich oder überwiegend aus organischen Futtermitteln zusammengesetzten Kraftfuttergemische zu rechnen seien. Es zog deshalb die auf die streitigen Futtermittel entfallenden Lieferungen zur Umsatzsteuer heran.

Auf die Sprungberufung verneinte das Finanzgericht die Steuerpflicht. Es nahm an, daß der in § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB verwendete Begriff "Mischfuttermittel" als Oberbegriff für alle Mischungen auch die ganz oder überwiegend aus mineralischen Stoffen bestehenden Mischungen umfasse.

Diese Entscheidung wurde auf die Rb. des Vorstehers des Finanzamts durch Urteil des Senats V 146/57 vom 22. Oktober 1959 aufgehoben. In diesem Urteil wurde in Übereinstimmung mit der Vorinstanz von den einschlägigen Vorschriften des Gesetzes über den Verkehr mit Futtermitteln (Futtermittelgesetz) vom 22. Dezember 1926 (RGBl I S. 525), der Verordnung zur Ausführung des Futtermittelgesetzes vom 21. Juli 1927 (RGBl I S. 225) und der Anordnung über Futtermittel, Mischfuttermittel und Mischungen (Futtermittelanordnung -- FMAO --) vom 24. Oktober 1951 (Bundesanzeiger 1951 Nr. 213 vom 2. November 1951) ausgegangen. Der Senat hatte jedoch wegen der Nichtverwendung bzw. ungleichmäßigen Verwendung des Wortes "Mischfuttermittel" im Futtermittelgesetz und in den beiden genannten Verordnungen Bedenken, diese allein zum Ausgangspunkt für die Auslegung des in § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB angeführten Begriffes zu machen. Es wurde aus diesem Grunde für erforderlich gehalten, auf die Entstehungsgeschichte der im Jahre 1951 eingeführten Vorschrift zurückzugreifen. Dem Finanzgericht wurde aufgegeben, die Unterlagen, die zum Erlaß der Vorschrift geführt haben, vom Bundesminister der Finanzen einzuholen. Würden die Unterlagen, insbesondere die vorausgegangenen Verhandlungen mit den in Betracht kommenden Wirtschaftsverbänden und dem für den Erlaß der FMAO zuständigen Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ergeben, daß der Verordnungsgeber bei dem Ausdruck "Mischfuttermittel" in § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB von dem in § 3 Abs. 2 des Futtermittelgesetzes bezeichneten Begriff "Mischfutter" ausgegangen ist, so sollte dementsprechend entschieden werden. Andernfalls sollte das Finanzgericht die beteiligten Wirtschaftskreise darüber hören, in welchem Sinne die Verkehrsauffassung den Ausdruck "Mischfuttermittel" im Zusammenhang mit den ernährungswirtschaftlich vorgesehenen Normen verwendet, und sodann den in § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB enthaltenen Ausdruck "Mischfuttermittel" entsprechend auslegen.

Das Finanzgericht gelangte auf Grund der vom Bundesminister der Finanzen übersandten Unterlagen zu der Auffassung, daß als "Mischfuttermittel" im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB nur solche Erzeugnisse angesehen werden sollten, die nicht ganz oder überwiegend aus mineralischen Stoffen bestehen. Es entnehme den Unterlagen insbesondere den Gedanken, daß der Fachverband A. und die Stellen, die ihn unterstützten, eine umsatzsteuerliche Gleichstellung der Mischfuttermittel mit den Einzelkomponenten erreichen wollten. Der Antrag des Verbandes vom 4. November 1950, der fast wörtlich übernommen worden sei, erwähne keine mineralischen Stoffe und hebe insbesondere den Gedanken der umsatzsteuerlichen Gleichstellung hervor. Einer solchen Gleichstellung habe es in bezug auf die mineralischen Mischungen nicht bedurft, da die Einzelkomponenten einer mineralischen Mischung als Futtermittel im allgemeinen umsatzsteuerlich nicht begünstigt seien. Man pflege Mineralstoffmischungen auch nicht als Leistungsfutter zu bezeichnen. Dieser Ausdruck sei aber wiederholt gebraucht worden. Bei dem Ausdruck "Kraftfuttergemisch" handele es sich nach dem Schreiben der Gesellschaft B. vom 19. Dezember 1960 um Futtermittel überwiegend organischer Natur, die den Energie-, Eiweiß- und teilweise auch Wirkstoffbedarf der Tiere decken, während unter Mineralstoffmischungen Futtermittelmischungen verstanden würden, die lediglich den Mineralstoffbedarf und bei Vitaminierung auch den Vitaminbedarf der Tiere befriedigen. Die Steuerpflichtige müsse deshalb die Mineralstoffmischungen versteuern.

Die gelieferte Dorschlebertran-Emulsion sei nach Ansicht des Finanzgerichts kein Futtermittel, das ganz oder überwiegend aus mineralischen Stoffen bestehe. Sie setze sich zu 40 % aus Dorschlebertran, zu 1 % aus Mineralsalzen, zu 1,2 % aus Bindemitteln und zum Rest aus Wasser zusammen. Wasser sei aber kein Mineralstoff. Es sei auch in § 17 der FMAO nicht genannt. Im übrigen seien Lebertran bei der Einfuhr nach § 4 Ziff. 2 UStG und Wasser allgemein nach § 4 Ziff. 5 a UStG steuerfrei. Den vorliegenden Unterlagen habe das Finanzgericht nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen können, daß Dorschlebertran-Emulsion nicht habe begünstigt werden sollen. Nach der Verkehrsauffassung sei Dorschlebertran-Emulsion als "Mischfuttermittel" anzusehen und daher begünstigt.

Gegen diese Entscheidung wurde von der Steuerpflichtigen und von dem Vorsteher des Finanzamts Rb. eingelegt.

Die Rb. der Steuerpflichtigen wird auf unrichtige Rechtsanwendung, Verletzung der allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätze und mangelnde Sachaufklärung gestützt. Unrichtig sei schon die These, daß für die Auslegung einer zweifelhaften Rechtsnorm die Entstehungsgeschichte herangezogen werden müsse. In seinem Urteil vom 21. Mai 1952 (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 1 S. 299) habe das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, daß der Entstehungsgeschichte einer Rechtsnorm für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zukomme, als sie die Richtigkeit einer nach den geltenden Grundsätzen gewonnenen Auslegung bestätige oder Zweifel behebe, die auf dem angegebenen Wege allein nicht ausgeräumt werden könnten. Es handele sich im vorliegenden Fall um die Auslegung des Begriffes "Mischfuttermittel" im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB. Den Unterlagen des Bundesministers der Finanzen könne hierfür eine Bedeutung nicht zukommen, weil diese Unterlagen den Normadressaten nicht zugänglich seien und die Änderungsverordnung von der Bundesregierung erlassen worden sei. Die Stellung des Bundesministers der Finanzen sei in diesem Zusammenhang zwiespältig. Er sei als Verwaltungsbehörde am Ausgange des Verfahrens interessiert. Es sei auch unzulässig, eine dem Wortlaut nach mögliche Auslegung der Durchführungsbestimmungen auf Grund der Entstehungsgeschichte in ihr Gegenteil zu verkehren. Fachressorts seien nicht berufen, authentische Interpretationen des Begriffes "Mischfuttermittel" zu geben. Aus den vom Bundesminister der Finanzen übersandten Unterlagen ergebe sich nicht, daß als "Mischfuttermittel" nur solche Mischungen angesehen werden sollten, die nicht ganz oder überwiegend aus mineralischen Stoffen bestehen, oder daß der Verordnungsgeber von dem Begriff "Mischfutter" im Sinne des § 3 Abs. 2 des Futtermittelgesetzes ausgegangen sei. Aus den Ausführungen über den Fortfall der Umsatzsteuer bei den Herstellerbetrieben und der Normentafel der FMAO ergebe sich eindeutig, daß alle "Mischfuttermittel" begünstigt werden sollten. Die Überlegung, daß der Fachverband die Gleichstellung der Mischfutter mit den Einzelfuttermitteln beantragt habe, sei nicht stichhaltig. Entscheidend sei die Beseitigung der Steuerbelastung der industriell be- und verarbeiteten Mischfuttermittel gewesen. Diese Belastung habe aber bei allen Mischfuttermitteln bestanden. Zum Sammelbegriff "Futtermittel" gehörten unbestreitbar auch die Mineralstoffmischungen. Wenn beim Be- und Verarbeitungsprivileg der Sammelbegriff "Futtermittel" vom Verordnungsgeber durch den Gattungsbegriff "Mischfuttermittel" ersetzt worden sei, so sei das mit Rücksicht auf die in der Befreiungsvorschrift erwähnten futtermittelrechtlichen Bestimmungen geschehen. Aus diesem Grunde komme der Normentafel mit ihrer Überschrift "Mischfuttermittel" eine besondere Bedeutung zu. Die Auffassung des Finanzgerichts, daß Mineralstoffmischungen kein Leistungsfutter seien, verkenne die ernährungsphysiologischen Zusammenhänge. Da in allen in Betracht kommenden Rechtsnormen der Begriff "Hauptfutter" nicht erscheine, finde die Auffassung, daß nur Hauptfutter von der Umsatzsteuer befreit sei, in den Durchführungsbestimmungen keine Stütze.

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts richtet sich gegen die Begünstigung der Dorschlebertran-Emulsion. Diese Entscheidung stehe in Widerspruch zu dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung. In dieser habe der Vorsitzende erklärt, daß es einer Erörterung der Verkehrsauffassung nicht mehr bedürfe. Das Finanzgericht habe insoweit den Verfahrensgrundsatz des § 279 Abs. 1 Satz 1 AO nicht beachtet. Der Begriff "Mischfuttermittel" habe nach dem Willen des Verordnungsgebers, den die Entstehungsgeschichte des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB eindeutig nachweise, nur die ganz oder überwiegend aus organischen Stoffen bestehenden Futtermittelmischungen erfassen wollen. Von den Bestandteilen der Dorschlebertran-Emulsion gehöre nur der Lebertran, der 40 % ausmache, zu den organischen Stoffen. Die negative Begriffsabgrenzung des Mischfuttermittelbegriffes habe es dem Finanzgericht ermöglicht, hinsichtlich der Dorschlebertran-Emulsion eine unklare Fassung der auszulegenden Vorschrift zu unterstellen. Hinzu komme der weitere Irrtum, daß Wasser kein Mineral sei. Die Bezeichnung der Dorschlebertran-Emulsion als Beifuttermischung in § 2 Abs. 3 der FMAO halte das Finanzgericht zu Unrecht nicht für erheblich, da das Erzeugnis auch in der Normentafel als Beifuttermischung bezeichnet werde. Die Steuerbefreiung der Lieferung von Wasser sei für die Auslegung des Mischfuttermittelbegriffes unbeachtlich. Die Entscheidung des Finanzgerichts lasse sich auch nicht auf die Verkehrsauffassung stützen. Den vom Finanzgericht angeführten Gutachten sei mit Ausnahme des Gutachtens der Gesellschaft B. nicht zu entnehmen, in welchem Sinne die Verkehrsauffassung den Ausdruck "Mischfuttermittel" im Zusammenhang mit den ernährungswirtschaftlichen Vorschriften und Normen verwende. Die Gesellschaft B. bringe aber deutlich zum Ausdruck, daß Dorschlebertran-Emulsionen nach der Verkehrsauffassung nicht zu den Kraftfuttermitteln zu rechnen seien, die nach dem Willen des Verordnungsgebers durch § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB begünstigt werden sollten. Wenn der Bundesminister der Finanzen in seinem Erlaß vom 5. Mai 1958 IV A z -- S 4138 e -- 4/58 (Umsatzsteuer-Rundschau 1958 S. 119) die vorher vertretene Auffassung, nach der nur sogenannte "Hauptfutter" als begünstigtes Futtermittel anzusehen gewesen seien, aufgehoben habe, so habe er damit nicht zum Ausdruck bringen wollen, daß nach Auffassung der Verwaltung nunmehr alle Mineralstoffmischungen und Lebertran-Emulsionen zu den Mischfuttermitteln im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB rechneten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Steuerpflichtigen führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Wie der Senat bereits in seinem Urteil V 146/57 vom 22. Oktober 1959 ausgeführt hat, wird das Wort "Mischfuttermittel" in den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen nicht oder nur ungleichmäßig verwendet. Im Futtermittelgesetz ist der Ausdruck "Mischfuttermittel" nicht enthalten. Es wird in diesem Gesetz nur von Futtermitteln, Mischfutter und Mischungen gesprochen. Auch in der Ausführungsverordnung zum Futtermittelgesetz wird der Ausdruck "Mischfuttermittel" nicht gebraucht. Erstmals in der FMAO kommt das Wort "Mischfuttermittel" vor. Der Ausdruck findet sich dort in einer Reihe von Vorschriften (§§ 1 bis 7, 13 der FMAO) neben den Ausdrücken "Futtermittel" und "Mischungen". In § 2 der FMAO wird ausdrücklich auf die Bestimmungen des Futtermittelgesetzes Bezug genommen. Ein sicherer Schluß, daß der Begriff "Mischfuttermittel" im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB dem Begriff "Mischfutter" im Sinne des § 3 Abs. 2 des Futtermittelgesetzes entspricht, läßt sich daraus schon deshalb nicht ziehen, weil beide Begriffe in der Wortfassung voneinander abweichen. Es kommt hinzu, daß die Ausdrücke "Mischfutter" und "Mischfuttermittel" in der FMAO auch noch als Oberbegriffe für alle Arten von Mischungen verwendet werden, wie sich aus den §§ 10 und 12 der FMAO und aus der Überschrift der Normentafel zu § 5 der FMAO ergibt. Auch in anderen, den Verkehr mit Futtermitteln betreffenden Gesetzen und Verordnungen wird der Ausdruck "Mischfuttermittel" als ein alle Mischungen von Futtermitteln umfassender Begriff gebraucht. Der Begriff "Mischfuttermittel" kann deshalb aus den einschlägigen Vorschriften über den Verkehr mit Futtermitteln nicht eindeutig ausgelegt werden. Der Senat hatte es deshalb für richtig gehalten, auch noch auf die Entstehungsgeschichte des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB zurückzugreifen, um daraus möglicherweise Aufschluß über den Inhalt dieser Vorschrift zu bekommen. Das Finanzgericht hat demgemäß die beim Bundesminister der Finanzen befindlichen Unterlagen beigezogen und geprüft. Es kam dabei zu dem Ergebnis, daß als "Mischfuttermittel" nur solche Mischungen begünstigt sein sollten, die nicht ganz oder überwiegend aus mineralischen Stoffen bestehen. Besondere Bedeutung hat das Finanzgericht bei seiner Beurteilung dem immer wiederkehrenden Gedanken beigemessen, daß der Fachverband A., der die Vorschrift formuliert hatte, und diejenigen Stellen, die dessen Antrag unterstützt hatten, eine umsatzsteuerliche Gleichbehandlung der Mischfuttermittel mit den Einzelkomponenten erreichen wollten, und daß bei den durchgeführten Verhandlungen und in den Eingaben vor allem eine Begünstigung der Kraftfuttermittel angestrebt worden sei.

Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsirrtum. Das Finanzgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß für die Ermittlung der Entstehungsgeschichte nur solche Unterlagen in Betracht kommen, die in der Zeit bis zum Ergehen der Vorschrift entstanden sind. Es hat deshalb seine Prüfung zu Recht auf diese Unterlagen beschränkt. Auch von diesen Unterlagen können für die Auslegung des Begriffes "Mischfuttermittel" im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB nur diejenigen von Bedeutung sein, die über diesen Begriff etwas aussagen. Es können deshalb von den Anträgen und Eingaben der verschiedenen Verbände und Vereinigungen sowie von den Stellungnahmen des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Niederschriften und Mitteilungen des Bundesministers der Finanzen nur solche in Betracht gezogen werden, die einen Hinweis darauf geben, was unter "Mischfuttermittel" verstanden werden sollte. Auf die Darlegungen, Wünsche und Vorstellungen der am Zustandekommen der Vorschrift beteiligten Organe als solche kann es nicht ankommen.

Der in § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB aufgenommene Begriff "Mischfuttermittel" erscheint erstmals in dem Schreiben der Gesellschaft B. vom 21. März 1950. Es wird dort ausgeführt, daß die steuerliche Schlechterstellung der Kraftfuttergemische gegenüber den unvermischten Futtermitteln eine wichtige Rolle spiele und daß diese Schlechterstellung nicht gerechtfertigt sei, da nach allen Erfahrungen der Wissenschaft die einseitige Verfütterung unvermischter Futtermittel nicht befürwortet werden könne, sondern erst eine vielseitige Fütterung sich gegenseitig ergänzender Futtermittel eine volle Ausnützung des Futters und Wirtschaftlichkeit der Fütterung gewährleiste. Im Interesse der Leistungssteigerung sei daher die Verwendung preiswerter Mischfuttermittel zu fördern. Dem stehe aber vielfach der durch eine zu hohe Umsatzsteuer belastete Preis dieser Mischungen entgegen. Es werde deshalb eine Senkung der Umsatzsteuer für Mischfuttermittel befürwortet und empfohlen, den von der Futtermittelindustrie gestellten Antrag auf steuerliche Gleichstellung der Kraftfuttergemische mit den übrigen Futtermitteln wohlwollend zu prüfen. Der Ausdruck "Mischfuttermittel" kommt dann erst wieder in einem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 22. Juli 1950 als Vorschlag für eine Fassung des § 28 Abs. 2 Ziff. 10 a UStDB 1938 vor. Danach sollten "Mischfuttermittel gemäß der Futtermittelanordnung vom 21. Juni 1949" begünstigt werden. Am 4. Dezember 1950 wurde schließlich vom Fachverband A. vorgeschlagen, in § 28 Abs. 2 UStDB 1938 die folgende neue Ziff. 10 a aufzunehmen:

"Mischfuttermittel, die den ernährungswirtschaftlich vorgeschriebenen Normen entsprechen und vorschriftsmäßig registriert, verpackt und gekennzeichnet sind, soweit sie zur Fütterung von Rindvieh, Pferden, Schweinen, Schafen und Hühnern bestimmt sind."

Das Schreiben des Fachverbandes trug den Betreff: "Antrag auf Umsatzsteuerbefreiung für Kraftfuttermittel." Zur Begründung wurde ausgeführt, daß es eine volkswirtschaftliche Aufgabe der Landwirtschaft sei, auf dem Gebiete der Viehwirtschaft Veredelungswirtschaft zu betreiben. Dazu bedürfe es der Verfütterung erheblicher Mengen hochwertiger Kraftfuttermittel. Beim Absatz solcher Kraftfuttermittel wirke sich die Umsatzsteuer erheblich aus. Unbearbeitete Futtermittel seien in der Regel im Großhandel umsatzsteuerfrei. Futterkartoffeln, Futtergetreide, Futtermehl, Futterschrot und Futterkleie könnten im Großhandel umsatzsteuerfrei geliefert werden. Hochwertige Futtermittel wie Ölkuchen, Extraktionsschrote, Tierkörpermehl usw. fielen unter die Umsatzsteuerfreiheit im Rahmen der verlängerten Einfuhr. Diese Rechtslage führe dazu, daß sich eine Steuerpflicht an die Lieferungen der genannten Futtermittel nur ausnahmsweise knüpfe. Die industriellen Futtermittel dagegen, deren Rohstoffe vornehmlich die genannten inländischen und ausländischen Futtermittel seien, unterlägen beim Hersteller dem Steuersatz von 3 % und in der Großhandelsstufe dem Steuersatz von 0,75 %. Im Durchschnitt werde man annehmen können, daß die Industriefuttermittel etwa einundeinhalbmal der Großhandelsbesteuerung mit 0,75 % unterlägen.

Die vom Fachverband vorgeschlagene Fassung wurde mit einer in diesem Zusammenhang nicht interessierenden geringfügigen Änderung in § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB übernommen. Was der Fachverband dabei unter "Mischfuttermittel" verstand, ist der Begründung nicht zu entnehmen. Es wird in der Begründung von Kraftfuttergemischen (Kraftfuttermitteln) und von industriellen Futtermitteln gesprochen. Da der Begriff "Mischfuttermittel" vom Begriff "Kraftfuttergemisch" schon dem Wortlaut nach abweicht, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß der Fachverband unter beiden Begriffen das gleiche verstand. Wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, ging es den Betroffenen hauptsächlich darum, die Kraftfuttergemische, die überwiegend aus organischen Stoffen bestehen, von der Umsatzsteuer zu befreien. Sie machen den überwiegenden Teil der Futtergemische aus und sollten vor allem begünstigt werden. Es ist auch richtig, daß in den Eingaben und Stellungnahmen zum Vergleich mit der steuerlichen Belastung der Einzelfuttermittel fast ausschließlich organische Stoffe genannt wurden. Dem antragstellenden Fachverband und den übrigen beteiligten Stellen kam es hiernach unbestreitbar darauf an, die Kraftfuttergemische, die überwiegend aus organischen Stoffen bestehen, von der Umsatzsteuer zu befreien. Dieser immer wiederkehrende Gedanke hat jedoch in § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB keinen Niederschlag gefunden. Es findet sich dort weder der Ausdruck "Kraftfuttergemisch" noch der Ausdruck "Mischfutter", wie er in § 3 Abs. 2 des Futtermittelgesetzes gebraucht wird. Der Verordnungsgeber hat vielmehr den vom Fachverband vorgeschlagenen Begriff "Mischfuttermittel" übernommen. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, ist weder in der Begründung des Fachverbandes noch in den Eingaben und Stellungnahmen der Beteiligten gesagt. Es ist unter den gegebenen Verhältnissen durchaus möglich, daß darunter die Futtergemische im weiteren Sinne verstanden werden sollten. Schon die Eingabe der Gesellschaft B. vom 21. März 1950, in der erstmals von Mischfuttermitteln gesprochen wurde, weist in ihren allgemeinen Ausführungen auf diese allgemeine Bedeutung hin. Auch die Eingaben des Fachverbandes gehen davon aus, daß sich die ungleiche Besteuerung insbesondere aus der Belastung der industriellen Futtermittelhersteller mit 3 % Umsatzsteuer ergebe. In der Begründung des zuletzt gestellten Antrages wird ausdrücklich bemerkt, daß sich die vorgeschlagene Umgrenzung der zu befreienden Gegenstände auf solche Futtermittel beschränke, deren Zusammensetzung auf die besonderen physiologischen Bedürfnisse der wichtigsten landwirtschaftlichen Tierarten ausgerichtet sei. Es erscheint deshalb nicht unwahrscheinlich, daß der Fachverband mit der von ihm vorgeschlagenen Fassung seinen Antrag nicht ohne weiteres auf die nur ganz oder überwiegend aus organischen Stoffen bestehenden Futtermittel beschränken wollte. Die Beteiligten waren sich auch im klaren, daß eine völlige steuerliche Gleichstellung der Futtergemische mit den Einzelfuttermitteln nicht durchführbar wäre. Damit bleibt aber die Frage, welchen Inhalt der Verordnungsgeber diesem Begriff geben wollte, auch seiner Entstehung nach ungeklärt. Die Vorentscheidung und der Steuerbescheid des Finanzamts waren deshalb aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Nach den vom Finanzgericht eingeholten Stellungnahmen einer Reihe von Zusammenschlüssen der beteiligten Wirtschaftskreise (Futtermittelhersteller, -händler und -verbraucher) ist nach der Verkehrsauffassung unter "Mischfuttermittel" ein gewerblich hergestelltes Futter zu verstehen, das sich mindestens aus zwei Einzelkomponenten zusammensetzt. Nach den Stellungnahmen kommt es nicht darauf an, ob die verwendeten Einzelfuttermittel organischen oder mineralischen Ursprungs sind. Der Senat trägt nach diesen Stellungnahmen keine Bedenken, ein "Mischfuttermittel" im Sinne des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB auch dann anzunehmen, wenn die Mischungen ganz oder überwiegend aus mineralischen Stoffen zusammengesetzt sind. Das Finanzgericht hat in seinen Anschreiben ausdrücklich auf § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB hingewiesen und die gestellten Fragen klar umrissen. Den angeschriebenen Stellen war deshalb bekannt, daß es sich darum handelte, in welchem Sinne die Verkehrsauffassung den Ausdruck "Mischfuttermittel" in Zusammenhang mit den ernährungswirtschaftlich vorgeschriebenen Normen verwendet. Auch die Gesellschaft B. hat in ihrer Stellungnahme etwas anderes nicht zum Ausdruck gebracht. Die Auslegung, die dadurch dem Begriff "Mischfuttermittel" gegeben wird, stimmt im übrigen mit § 1 Abs. 1 Satz 1 des Futtermittelgesetzes insofern überein, als der dort gebrauchte Begriff "Futtermittel" sowohl die Einzel futtermittel als auch die Misch futtermittel, die aus Mischungen organischer oder mineralischer Stoffe oder aus Mischungen organischer und mineralischer Stoffe bestehen, umfaßt. Der Rb. der Steuerpflichtigen war deshalb stattzugeben. Die Vorentscheidung und der Steuerbescheid waren insoweit aufzuheben.

Aus den gleichen Gründen ist die Rb. des Vorstehers des Finanzamts nicht begründet. Wenn unter "Mischfuttermittel" nach der Verkehrsauffassung ein Futter zu verstehen ist, das sich aus mindestens zwei Einzelkomponenten zusammensetzt, so ist auch Dorschlebertran-Emulsion als "Mischfuttermittel" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Der Beurteilung durch das Finanzgericht ist deshalb insoweit im Ergebnis zuzustimmen. Diese Beurteilung stimmt auch mit der Normentafel für die FMAO (Anlage zu § 5 der FMAO) überein. Auf die Unterscheidung zwischen Hauptfutter und Beifutter kann es dabei nicht ankommen. Da der Senat die Frage der Verkehrsauffassung als ausreichend geklärt ansieht und darüber selbst entscheiden kann, braucht auf die Rüge des Finanzamts, daß ihm keine Gelegenheit gegeben worden sei, sich zur Frage der Verkehrsauffassung zu äußern (§ 279 AO), nicht mehr eingegangen zu werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410452

BStBl III 1962, 431

BFHE 1963, 451

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