Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz als steuerpflichtiger Ertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Schadensersatz, den eine gewerblich tätige GbR von ihrem Steuerberater dafür erhält, daß bei anderer als der von ihm vorgeschlagenen steuerlichen Gestaltung keine Grunderwerbsteuer angefallen wäre, ist nicht als Minderung der Anschaffungskosten der Grundstücke, sondern als steuerpflichtiger Ertrag zu behandeln.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1; HGB § 255 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten bilden eine Grundstücksgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die gewerbliche Einkünfte aus der Verpachtung von Grundstücken erzielt. In den Jahren 1978 und 1979 wurden der GbR mehrere Grundstücke übertragen. Die dafür vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) in Höhe von 30 108,51 DM erhobene Grunderwerbsteuer aktivierte die GbR als Anschaffungsnebenkosten. Später stellte sich heraus, daß bei anderer Vertragsgestaltung keine Grunderwerbsteuer angefallen wäre. Daraufhin nahm die GbR ihren damaligen Steuerberater wegen eines Beratungsfehlers erfolgreich auf Schadensersatz in Anspruch. Die GbR behandelte die von der Berufshaftpflichtversicherung ihres Beraters im Jahre 1985 geleisteten 30 108,51 DM erfolgsneutral, indem sie die aktivierten Anschaffungskosten um diesen Betrag minderte.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung stellte sich das FA auf den Standpunkt, daß der geleistete Schadensersatz als laufende Betriebseinnahme zu erfassen sei und erhöhte den Gewinn entsprechend mit dem nach § 164 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Feststellungsbescheid vom 8.Januar 1988.

Die nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren erhobene Klage führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des angefochtenen Bescheides.

Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 5 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- i.V.m. § 255 Abs.1 Satz 3 des Handelsgesetzbuches --HGB--).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FG hat zu Unrecht angenommen, daß die Buchwerte der Grundstücke um die Zahlung zu mindern seien, die die GbR von der Berufshaftpflichtversicherung ihres damaligen Steuerberaters als Schadensersatz für die angefallene Grunderwerbsteuer erhalten hat. Für eine entsprechende erfolgsneutrale Behandlung gibt es keine gesetzliche Grundlage. Die Schadensersatzleistung stellt vielmehr steuerpflichtigen Ertrag dar.

1. Die GbR hat die im Zusammenhang mit dem Erwerb der Grundstücke angefallene Grunderwerbsteuer zu Recht als Bestandteil der Anschaffungskosten der Grundstücke aktiviert.

Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind nach § 6 Abs.1 Nr.1 und 2 EStG mit den Anschaffungskosten zu aktivieren. Dabei sind als Anschaffungskosten nicht allein die Aufwendungen aktivierungspflichtig, die an den Veräußerer des Wirtschaftsguts erbracht werden, sondern auch die sog. Anschaffungsnebenkosten. Dies ist handelsrechtlich nunmehr ausdrücklich in § 255 Abs.1 Satz 2 HGB geregelt. Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören sämtliche anläßlich des Erwerbs und im Zusammenhang mit ihm entstandenen Kosten bis zur Betriebsbereitschaft des angeschafften Gegenstandes (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.November 1985 IV R 170/83, BFHE 145, 67, BStBl II 1986, 60). Danach zählt im Streitfall auch die von der GbR entrichtete Grunderwerbsteuer zu den Anschaffungsnebenkosten. Die Zahlung der Grunderwerbsteuer war Voraussetzung für den Erwerb des Eigentums an den Grundstücken (§ 22 des Grunderwerbsteuergesetzes --GrEStG--).

2. Die GbR war nicht berechtigt, den von der Berufshaftpflichtversicherung ihres Beraters geleisteten Schadensersatz als eine nachträgliche Minderung der Anschaffungskosten zu behandeln.

Da ein Wirtschaftsgut mit seinen Anschaffungskosten zu bilanzieren ist, sind Minderungen der Aufwendungen für den Erwerb durch entsprechende Kürzung der Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Der Zweck des Anschaffungskostenprinzips besteht darin, die Erfolgsneutralität des Beschaffungsvorgangs zu gewährleisten. Daher dürfen Preisnachlässe nicht zu einem gewinnerhöhenden Ertrag, sondern lediglich zu einer Ermäßigung der Anschaffungskosten führen. Dies hat der Gesetzgeber in § 255 Abs.1 Satz 3 HGB für den Fall klargestellt, daß der vereinbarte Anschaffungspreis herabgesetzt wird. Wie der Senat mit Urteil vom 14.Juli 1988 IV R 78/85 (BFHE 154, 212, BStBl II 1989, 189 m.w.N.) entschieden hat, gilt nichts anderes, wenn Anschaffungsnebenkosten zurückgezahlt oder wenn darüber hinaus Anschaffungsausgaben durch Dritte erstattet oder vergütet werden, sofern hierin nicht ein Entgelt für eine Leistung des Empfängers liegt.

Aus dem vorgenannten Grundsatz läßt sich entgegen der Ansicht des FG jedoch nicht entnehmen, daß auch ein von Dritten für das Entstehen von Anschaffungsnebenkosten geleisteter Schadensersatz durch Minderung der Anschaffungskosten erfolgsneutral behandelt werden kann. Ob eine Minderung der Anschaffungskosten vorliegt, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Rechtsverhältnis, aufgrund dessen die als Anschaffungskosten zu beurteilenden Aufwendungen zu erbringen sind. Wenn die zu den Anschaffungskosten führende Zahlungsverpflichtung ganz oder teilweise rückgängig gemacht wird, z.B. durch Einräumung eines Preisnachlasses, durch erfolgreiche Geltendmachung von Wandelung, Minderung oder Schadensersatz, kommt eine Herabsetzung der Anschaffungskosten i.S. § 255 Abs.1 Satz 3 HGB in Betracht. Bleibt jedoch die Leistungspflicht des Erwerbers unberührt, liegt keine Anschaffungskostenminderung vor.

Dementsprechend führt der von einem Dritten für das an sich vermeidbare Entstehen bestimmter Anschaffungskosten geleistete Schadensersatz nicht zu einer Minderung der Anschaffungskosten. Die die Anschaffungskosten begründende Zahlungsverpflichtung wird durch das Entstehen eines solchen Schadensersatzanspruchs nicht rückgängig gemacht, vielmehr setzt die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs voraus, daß die zu den Anschaffungskosten führende Zahlungsverpflichtung unverrückbar besteht. Die Schadensersatzverpflichtung des Dritten beruht in diesem Falle auf einem rechtlich und wirtschaftlich eigenständigen Rechtsgrund. Dem ist bilanzsteuerrechtlich Rechnung zu tragen. Das zum Schadensersatz verpflichtende Verhalten des Dritten ist als ein neuer betrieblicher Geschäftsvorfall zu beurteilen. Das gilt auch, wenn ein Steuerberater wegen eines Beratungsfehlers aus dem Beratungsvertrag zum Ersatz der als Anschaffungsnebenkosten eines Grundstücks zu beurteilenden Grunderwerbsteuer verpflichtet ist. Die Schadensersatzverpflichtung des Steuerberaters hat auf die entstandene und rechtmäßig festgesetzte Grunderwerbsteuer keinen Einfluß. Vielmehr sind das die Anschaffungsnebenkosten begründende Steuerrechtsverhältnis und das zum Schadensersatz verpflichtende Verhalten des Dritten handelsbilanzrechtlich und damit auch bilanzsteuerrechtlich getrennt zu behandelnde Vorgänge. Dabei ist der geleistete Schadensersatz nach Wertung und Systematik des EStG als steuerpflichtiger Ertrag zu behandeln (§ 2 Abs.2 Nr.1, § 4 Abs.1 Satz 1, § 5 Abs.1 EStG).

Eine andere Beurteilung von Zahlungen Dritter ist nur möglich, wenn es sich um öffentliche oder private Investitionszuschüsse handelt, die von den Dritten aus Anlaß der Anschaffung von Wirtschaftsgütern gewährt werden. Dabei muß es sich allerdings um sog. echte Investitionszuschüsse handeln, d.h. sie dürfen nicht Entgeltcharakter haben. Allein in diesen Fällen ist es gerechtfertigt, Leistungen Dritter als anschaffungskostenmindernd zu berücksichtigen. Die Investitionszuschüsse stehen in einem so engen Zusammenhang mit dem Anschaffungsgeschäft, daß sie als Bestandteil des insgesamt gewinneutral zu behandelnden Anschaffungsvorgangs erscheinen. Auf solche einen Gewinnrealisierungstatbestand nicht erfüllenden Vorgänge ist der vom Senat in BFHE 154, 212, BStBl II 1989, 189 entwickelte Grundsatz zugeschnitten. Schadensersatz, der von Dritten zum Ausgleich für angefallenen Anschaffungsaufwand geleistet wird, bleibt unberührt.

Für den Streitfall bedeutet dies, daß der von dem Steuerberater unter Einschaltung seiner Berufshaftpflichtversicherung für die zu Recht angefallene Grunderwerbsteuer geleistete Schadensersatz von der GbR nicht von den Anschaffungskosten abgesetzt werden kann, sondern als gewinnerhöhender Ertrag angesetzt werden muß. Die Schadensersatzleistung kann nicht als privater Zuschuß behandelt werden. Die Zahlung diente nicht der Befriedigung eines eigenen wirtschaftlichen Interesses des Steuerberaters an einem bestimmten Verhalten der Klägerin (Zweckbindung), sondern der Erfüllung seiner Ersatzverpflichtung. Daher scheidet die Annahme eines privaten Zuschusses aus (vgl. BFH-Urteil vom 29.April 1982 IV R 177/78, BFHE 136, 90, BStBl II 1982, 591). Die Beurteilung der Zuwendung eines Dritten als privater Zuschuß setzt voraus, daß sie durch das Eigeninteresse des Leistenden veranlaßt ist. Daran fehlt es aber, wenn die Leistung in der Erfüllung einer Schadensersatzverpflichtung gegenüber dem Empfänger besteht. In einem solchen Fall besteht kein hinreichender Zusammenhang des Schadensersatzanspruchs mit dem Anschaffungsvorgang. Die schuldhafte Verletzung des Beratungsvertrages, die die Schadensersatzpflicht ausgelöst hat, ist ein eigenständiger, zur Gewinnrealisierung führender Vorgang. Folglich handelt es sich bei dem Schadensersatz um einen den Gewinn erhöhenden Wertzufluß und daher um eine Betriebseinnahme. Wie der Fall zu beurteilen ist, daß die Grunderwerbsteuer rechtsfehlerhaft festgesetzt wurde und im Wege des Schadensersatzes zurückgeholt wird, bleibt offen. Ein Fall dieser Art liegt nicht vor.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil der zum Schadensersatz Verpflichtete den Berechtigten regelmäßig vermögensmäßig so zu stellen hat, wie er stehen würde, wenn die schadensbegründende Handlung nicht vorgenommen worden wäre. Zwar führt im Streitfall die Behandlung der Schadensersatzleistung als Ertrag dazu, daß ein Teil der zum Schadensausgleich geleisteten Zahlung der GbR bzw. ihren Gesellschaftern durch den steuerlichen Zugriff entzogen wird. § 249 des Bürgerlichen Gesetzbuches enthält jedoch keine steuerrechtlich zu beachtende Zweckbestimmung. Die Vorschrift regelt allein die Bemessungsgrundlage für den zu leistenden Schadensersatz. In diese ist ggf. eine für die Schadensersatzleistung zu entrichtende Steuer mit einzubeziehen. Die Besteuerung knüpft an die Vorgänge des Rechts- und Wirtschaftslebens so an, wie sie sie vorfindet.

3. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die GbR im Anschaffungsjahr berechtigt gewesen wäre, in Höhe der aufgrund des Beratungsfehlers angefallenen Grunderwerbsteuer eine Teilwertabschreibung vorzunehmen. Im Streitjahr kommt eine Teilwertabschreibung nicht in Betracht. Es ist weder vorgetragen noch festgestellt, daß der Teilwert niedriger als der Buchwert war. Vielmehr ist mit den Beteiligten und dem FG davon auszugehen, daß dies infolge der allgemeinen Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt nicht der Fall war.

Eine etwaige Nachholung der unterbliebenen Teilwertabschreibung scheidet ebenfalls aus. Eine Bilanzberichtigung nach § 4 Abs.2 Satz 1 EStG kommt nicht in Betracht. Die Bilanz des Anschaffungsjahrs war nicht unrichtig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64199

BFH/NV 1993, 5

BStBl II 1993, 96

BFHE 169, 123

BFHE 1993, 123

BB 1992, 2471

BB 1992, 2471-2472 (LT)

DB 1993, 21-22 (LT)

DStR 1993, 89 (KT)

HFR 1993, 169 (LT)

StE 1992, 702 (K)

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