Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

1.Ein Anschaffungsgeschäft kann auch dann gegeben sein, wenn durch einen auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichteten Vertrag eine spätere Erbfolge vorweggenommen wird.

2.Der Senat hält an der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs fest, wonach unter Preis im Sinne des § 21 Ziff. 1 Kap VStG ein Barpreis, d. h. eine ziffernmäßig bestimmte Geldsumme, zu verstehen ist.

KapVStG §§ 18 und 21.

 

Normenkette

KVStG §§ 18, 21, 23

 

Tatbestand

Die Mutter des Beschwerdeführers (Bf. war mit einem Geschäftsanteil im Nennbetrag von 100.000 DM an einer GmbH beteiligt. Sie übertrug diesen Anteil und sieben Grundstücke in der notariellen Urkunde vom 28. Juli 1954 "unentgeltlich" dem Bf. in dem notariellen Vertrag verpflichtete sich der Bf., seine Mutter "nach Maßgabe eines besonders abzuschließenden Versorgungsrenten-Vertrages bis an ihr Lebensende angemessen zu versorgen". Er übernahm weiter eine persönliche Bankschuld seiner Mutter in der damals noch bestehenden Höhe von 36.000 DM "als Allein- und Selbstschuldner nunmehr ab sofort". Nach einem früher geschlossenen Erbvertrag (Vertrag vom 13. Februar 1952), auf den in der notariellen Urkunde Bezug genommen ist und dem der Vertrag vom 28. Juli 1954 entsprach, sollte der Bf. diese Schuld erst "für den Todesfall" seiner Mutter übernehmen.

Das Finanzamt sah die Übertragung des GmbH-Anteils der Mutter an den Bf. nicht als unentgeltlich an; es liege daher ein der Börsenumsatzsteuer unterliegendes Anschaffungsgeschäft nach §§ 17, 18 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG) vor. In Ermangelung eines Barpreises sei für die Berechnung der Börsenumsatzsteuer nach ß 21 Ziff. 3 KapVStG vom Werte des Anteils, nämlich von 128.000 DM, auszugehen. Demgemäß setzte es die Börsenumsatzsteuer in Höhe von 960 DM fest.

Der Einspruch des Bf. wurde vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht wies die Berufung des Bf. ebenfalls als unbegründet zurück.

 

Entscheidungsgründe

Auch die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist ohne Erfolg.

Unerheblich ist für die Beurteilung, daß vor dem Abschluß des Vertrages vom 28. Juli 1954 ein Erbvertrag geschlossen war und der Vertrag vom 28. Juli 1954 der im Erbvertrag vorgesehenen Teilungsanordnung entsprach. Der Übergang des GmbH-Anteils vollzog sich ausschließlich auf Grund des Vertrages vom 28. Juli 1954; lediglich auf Grund dieses Vertrages, durch den der Erbvertrag gegenstandslos geworden ist, erwarb der Bf. den Anteil. Es kommt daher für die Entscheidung nur auf diesen Vertrag, also nur darauf an, ob dieser Vertrag ein entgeltlicher Vertrag und damit ein Anschaffungsgeschäft im Sinne des § 18 KapVStG ist. Ist dies zu bejahen, dann ist es ohne Bedeutung, daß ein Erwerb des Anteils auf Grund des Erbvertrages beim Tode der Mutter keine Börsenumsatzsteuer ausgelöst haben würde.

Nach dem Vertrag vom 28. Juli 1954 überließ die Mutter des Bf. diesem außer sieben Grundstücken den Anteil an der GmbH, während sich der Bf. der Mutter gegenüber zur Übernahme der Bankschuld der Mutter und zur Zahlung einer monatlichen lebenslänglichen Versorgungsrente verpflichtete. Die Verpflichtung der Mutter zur Überlassung der Grundstücke und des Anteils und die Verpflichtungen des Bf. stehen im engsten Zusammenhang. Die eine Verpflichtung ist durch die andere bedingt. Es kann dem Bf. auch nicht darin gefolgt werden, daß die Versorgungsrente in keinem Zusammenhang mit der Leistung des Bf. stehe. Gerade deshalb, weil die Mutter bereits zu Lebzeiten ihr Vermögen auf die Kinder übertrug, ergab sich die Notwendigkeit der Gewährung einer Versorgungsrente; bei Nichtabschluß des Vertrages hätte keine Unterhaltspflicht des Bf. gegenüber seiner Mutter bestanden, worauf das Finanzgericht mit Recht hinweist. Da der Bf. also seinerseits Leistungen für die Leistung der Mutter an ihn zu erbringen hat, kann keine Rede davon sein, daß es sich bei der Überlassung der Grundstücke und des GmbH-Anteils um eine reine Schenkung handelt. Der Hinweis des Bf. auf das Urteil des Senats II 143/55 U vom 17. Juli 1957 (Slg. Bd. 65 S. 155 = Bundessteuerblatt 1957 III S. 294 = Steuerrechtsprechung in Karteiform, Kapitalverkehrsteuergesetz § 18 Rechtsspruch 4) geht fehl. In dem mit diesem Urteil entschiedenen Fall waren die Anteile unter dem Vorbehalt des lebenslänglichen Nießbrauchs auf den Erwerber übertragen worden. Der Senat hat in der formellen Bestellung des Nießbrauchs durch den Erwerber keine der Leistung des Übertragenden gegenüberstehende Gegenleistung des Erwerbers, also kein Entgelt, erblickt, sondern nur eine Übertragung der zeitweise um den Nießbrauch geminderten Anteile, also eine unentgeltliche Übertragung, als gegeben angesehen. Der vorliegende Fall ist grundsätzlich anders gelagert. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die Gewährung der Versorgungsrente an die Mutter für deren Lebensdauer durch den Bf. als Vorbehalt eines Teiles der Nutzungen aus dem übertragenen Anteil seitens der Mutter im Sinne des vorerwähnten Urteils darstellt, wogegen allerdings die Angabe des Bf. sprechen würde, daß der Anteil keinen Nutzen erbracht habe. Jedenfalls ist die Übernahme der Bankschuld eine echte Gegenleistung für die Überlassung der Grundstücke und des Anteils. Sie ist nicht etwa eine unmittelbare Leistung aus den erhaltenen Vermögenswerten (vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofs für die Britische Zone in Zivilsachen II ZS 16/48 vom 18. November 1948, Neue Juristische Wochenschrift 1949 S. 260), sondern eine Leistung für den Empfang dieser Vermögenswerte, die die Annahme einer gemischten Schenkung durch das Finanzgericht rechtfertigt. Nach Angabe des Bf. stellt zudem die Übernahme der Bankschuld einen Ausgleichsposten dar; die Bankschuld ist also zum Ausgleich dafür übernommen worden, daß der Bf. ein Mehr gegenüber seiner Schwester erhalten hatte. Diese Leistung war beiderseits gewollt. Damit kann keine Rede davon sein, daß der Vertragswille der Beteiligten auf ausschließlich unentgeltliche Übertragung der Vermögenswerte gerichtet war. Liegt aber eine gemischte Schenkung vor, dann ist der Erwerb des Anteils nicht mehr unentgeltlich, auch wenn die Leistung des Bf. zugleich eine Gegenleistung für die Überlassung der Grundstücke bildet.

Das Finanzgericht hat ferner mit Recht auch die Steuerberechnung nicht beanstandet. Nach § 21 KapVStG ist die Steuer nur dann nicht vom Wert des Anteils zu berechnen, wenn ein Preis vereinbart ist. Unter vereinbartem Preis in diesem Sinn ist nur ein Barpreis, d. h. ein ziffernmäßig bestimmter Geldbetrag, zu verstehen. Der Reichsfinanzhof hat in ständiger Rechtsprechung, der der Senat beitritt, zum Ausdruck gebracht, daß der Grundgedanke der gesetzlichen Vorschrift über die Berechnung der Börsenumsatzsteuer der ist, für die Steuerberechnung den Wert des der Steuer unterliegenden Anschaffungsgeschäfts maßgebend sein zu lassen, und daß der vereinbarte Preis nur aus Zweckmäßigkeitsgründen dem Werte vorangestellt sei. Diese Zweckmäßigkeitsgründe könnten nur in der für die Börsenumsatzsteuer besonders notwendigen möglichsten Vereinfachung der Steuerberechnung liegen, weshalb unter Preis nur ein im Vertrag als Gegenleistung ziffernmäßig bestimmter Geldbetrag verstanden werden könne. Auf das Urteil des ReichsfinanzhofsII A 151/30 vom 8. April 1930 (Reichssteuerblatt 1930 S. 355 = Mrozek-Kartei, Kapitalverkehrsteuergesetz - alt - § 50 Abs. 1 Rechtsspruch 9) wird Bezug genommen. Im Streitfall ist kein ziffernmäßig bestimmter Geldbetrag für den Erwerb des Anteils vereinbart.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409028

BStBl III 1958, 204

BFHE 1958, 530

BFHE 66, 530

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