Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollwertrechtliche Behandlung innergemeinschaftlicher Beförderungskosten bei Ostblockeinfuhren

 

Leitsatz (NV)

Ist neben dem Frei-Grenze-Preis aufgrund einer gesonderten Rechnung ein besonderer Betrag für ,,innergemeinschaftliche Beförderungskosten" zu zahlen, so umfaßt der Transaktionswert i. S. des Art. 3 Abs. 1 ZWVO 1980 nur den erstgenannten Preis.

 

Normenkette

EWGV 1224/80 (ZWVO 1980) Art. 3 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 Buchst. e, Art. 15 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte von Juli bis September 1980 28 Sendungen vorgekühlte Sauerkirschen in Fässern und eine Sendung tiefgefrorener Himbeeren aus Bulgarien ein und überführte sie auf Grund einer ihr erteilten Bewilligung durch Zollbehandlung ohne Abfertigung in den freien Verkehr. Verkäufer und Lieferer waren drei bulgarische Unternehmen. Für 27 Lieferungen liegen Schlußscheine vor, in denen ein bestimmter Preis für die Ware pro Tonne netto frachtfrei deutsche Grenze und daneben als deutsche Binnenfracht bzw. als Fracht deutsche Grenze bis zum Sitz der Klägerin (G.) für die Sauerkirschen 40 DM und für die Himbeeren 70 DM pro Tonne angegeben sind. Für die restlichen zwei Lieferungen liegen eine Verkaufsbestätigung und eine Rechnung bzw. nur eine Rechnung vor, die den Warenpreis pro Tonne netto frachtfrei deutsche Grenze wiedergeben. Die Lieferfirmen stellten der Klägerin für alle Lieferungen durch Belastungsnote Frachtkosten von 40 DM/t für die Sauerkirschen und von 70 DM/t für die Himbeeren in Rechnung.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA -) erhob zunächst die Eingangsabgaben nach Maßgabe eines Zollwerts auf der Grundlage der Rechnungspreise frei Grenze. Durch drei Bescheide vom 24. November 1984 änderte das HZA diese Festsetzungen und erhob insgesamt 3 217,70 DM Zoll nach. Zur Begründung führte es aus, daß die Frachtkosten von der Grenze bis nach G. vom Transaktionswert im Sinne des Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren - ZWVO 1980 - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - L 134/1, Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung - VSF - z 5001) umfaßt würden, weil sie, obwohl getrennt ausgewiesen, nicht nachprüfbar seien.

Auf die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hob das Finanzgericht (FG) die Änderungsbescheide vom 24. November 1980 und die Einspruchsentscheidung ersatzlos auf und ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus:

Die Einbeziehung der Beförderungskosten von der Grenze bis G. in den Zollwert hänge von der Erfüllung der in Art. 15 Abs. 1 ZWVO 1980 aufgestellten Bedingungen ab. Der nach Art. 15 Abs. 1 ZWVO 1980 vorausgesetzte getrennte Ausweis der innergemeinschaftlichen Beförderungskosten sei darin zu sehen, daß der Klägerin von den Lieferfirmen für diese Beförderungskosten eine besondere Rechnung erteilt worden sei. Aus dieser Bestimmung könne aber nicht abgeleitet werden, daß der Käufer nachprüfbare Unterlagen über die tatsächliche, vom Beförderer in Rechnung gestellte Fracht vorlegen müsse. Art. 15 Abs. 2 Buchst. a ZWVO 1980 finde keine Anwendung.

Daß im vorliegenden Fall die in Art. 15 Abs. 1 ZWVO 1980 aufgestellte Voraussetzung erfüllt sei, bedeute aber nicht, daß die Höhe dieser Kosten unbesehen der Besteuerung zugrunde zu legen sei. Es komme darauf an, ob das FG die Überzeugung gewinne, daß die der Klägerin von ihren Lieferern berechneten Frachtkosten das tatsächliche Entgelt für die Beförderung der Waren von der deutsch-österreichischen Grenze bis G. bildeten (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Dabei sei nationales Prozeßrecht anzuwenden. Nach der Überzeugung des FG entsprächen die von den Lieferern für die Beförderung der eingeführten Ware von der deutschen Grenze bis G. berechneten Frachtkosten den von der Klägerin tatsächlich dafür geschuldeten und bezahlten Entgelten. Nach der vom FG eingeholten Auskunft der Industrie- und Handelskammer (IHK) seien nämlich im Sommer 1980 für Kühlguttransporte von Sofia in den Raum G. unabhängig von der Warenart und dem Gewicht der Ladung Preise zwischen 5 000 und 5 500 DM gezahlt worden. Da die Entfernung zwischen Sofia und der deutsch-österreichischen Grenze ca. 1 250 km und von dort bis G. ca. 430 km betrage, ergäben sich daraus bei Anwendung des Aufteilungsmaßstabes des Art. 15 Abs. 2 Buchst. a ZWVO 1980 übliche Frachtkosten für die Strecke zwischen der deutsch-österreichischen Grenze und G. zwischen 1 300 DM und 1 400 DM. Demgegenüber lägen die zwischen der Klägerin und ihren Lieferern für diese Strecke vereinbarten Frachtkosten nur bei 622,40 bis 790,40 DM je Ladung. Unter diesen Umständen sehe das FG keine Notwendigkeit, Maßnahmen zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zu ergreifen.

Das HZA legte Revision ein. Mit Schriftsatz vom 10. August 1983 ist der Bundesminister der Finanzen (BMF) dem Verfahren beigetreten.

Auf Vorabentscheidungsersuchen des Senats (Beschluß vom 30. Oktober 1984 VII R 134/82, BFHE 142, 190) entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mit Urteil vom 10. Dezember 1985 Rs. 290/84 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1986, 547), daß der Transaktionswert im Sinne des Art. 3 Abs. 1 ZWVO 1980 in einem Fall, in dem der inländische Käufer dem ausländischen Verkäufer neben dem Preis der Ware auf Grund einer gesonderten Rechnung einen besonderen Betrag für ,,innergemeinschaftliche Frachtkosten" zahle, nur den Preis der Ware umfasse; die zuständigen Zolldienststellen könnten jedoch dann, wenn die Umstände es rechtfertigten, die Rechnung über die betreffenden Kosten prüfen, um zu kontrollieren, ob es sich nicht um fiktive Kosten handle.

Die Beteiligten nehmen zu diesem Urteil im wesentlichen wie folgt Stellung:

Das HZA führt aus: Für den vorliegenden Fall und die zahlreichen Vergleichsfälle stelle sich die Frage, wann Umstände eine Überprüfung des als innergemeinschaftliche Frachtkosten bezeichneten Betrages rechtfertigten. Eine Überprüfung sei zumindest immer dann nötig und gerechtfertigt, wenn die vom Verkäufer in Rechnung gestellten innergemeinschaftlichen Frachtkosten die Erfahrungswerte der Zollverwaltung (vgl. VSF Z 5314 Abs. 6 Unterabs. 2) überstiegen. Lägen Umstände vor, die eine Überprüfung rechtfertigten, so ergebe sich die weitere Frage, auf welche Weise die Überprüfung vorgenommen werden solle. Die Zollverwaltung sei auf die Mitwirkung des Zollwertanmelders angewiesen (§ 90 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Soweit nicht besondere Umstände offensichtlich seien, die höhere Beförderungskosten rechtfertigten, werde die Zollverwaltung daher die die Vergleichskosten übersteigenden Beträge nur dann anerkennen können, wenn der Zollwertanmelder sie durch nachprüfbare Unterlagen belege. Das HZA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Der BMF trägt u. a. vor: Aus den Feststellungen des FG ergebe sich, daß ein Frei-Haus-Preis vereinbart worden sei. Zumindest aber seien die Feststellungen der Vorinstanz insoweit widersprüchlich. Der Senat sei daher durch die Vorentscheidung und die Vorabentscheidung des EuGH nicht gehalten, von einem Frei-Grenze-Preis auszugehen. Bei einem Frei-Haus-Preis seien die innergemeinschaftlichen Beförderungskosten nur herauszurechnen, wenn diese Kosten getrennt ausgewiesen würden (Art. 15 Abs. 1 ZWVO 1980). Ausweisen bedeute: durch nachprüfbare Unterlagen nachweisen. Das HZA habe die Klägerin aufgefordert, solche Nachweise vorzulegen (vgl. Art. 10 ZWVO 1980; § 90 AO 1977). Das sei aber nicht geschehen. Das FG sei zur Aufklärung verpflichtet gewesen. Es habe auch aufgeklärt; ihm seien aber bei der Auswertung rechtliche Fehler unterlaufen. Es hätte nicht auf die üblichen Kosten abstellen dürfen.

Die Klägerin trägt vor: Das FG habe festgestellt, daß Frei-Grenze-Preise vereinbart worden seien. Daran sei der Senat gebunden. Nach der Vorabentscheidung des EuGH habe das FG den Zolländerungsbescheid zu Recht aufgehoben. Seine Begründung sei allerdings eine andere als die des EuGH. Die Frage, wann Umstände vorlägen, die es rechtfertigten, die Rechnung über die Beförderungskosten zu prüfen, und welche Beweisregeln und Beweisgrundsätze für die Überprüfung gälten, sei im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Beförderungsentgelte könnten frei vereinbart werden. Bei der Überprüfung dieser Entgelte durch die Zollverwaltung gälten die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. auch Art. 8 Abs. 2 ZWVO 1980). Davon sei das FG ausgegangen. Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat die angefochtenen Nachforderungsbescheide zu Recht aufgehoben. Diese Nachforderungsbescheide sind unrechtmäßig, weil das HZA die von den Verkäufern der Klägerin in Rechnung gestellten innergemeinschaftlichen Beförderungskosten in den Zollwert einbezogen hat, obwohl es bei der Sachlage, die sich aus den Feststellungen des FG ergibt, an einer Rechtsgrundlage dafür fehlt.

1. Das FG hat im Gegensatz zur Auffassung des BMF ausdrücklich festgestellt, daß die Klägerin mit den bulgarischen Verkäufern der eingeführten Waren Frei-Grenze-Preise vereinbart hat (S. 16 der Vorentscheidung), d. h. in diesem Falle Preise, die die Beförderungs- und anderen in Art. 8 Abs. 1 Buchst. e ZWVO 1980 genannten Kosten umfaßten. Diese Feststellung ist für den erkennenden Senat bindend, da sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustandegekommen und nicht mit Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen unvereinbar ist; es genügt, daß sie möglich ist, zwingend muß sie nicht sein (§ 118 Abs. 2 FGO; ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 118 Anm. 10 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Verfahrensrügen hat das HZA innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nicht erhoben. Mit dem Vorbringen, die Feststellungen des FG seien widersprüchlich, will der BMF offenbar geltend machen, das FG habe Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt. Das ist aber nicht der Fall. Widersprüche liegen nicht vor. Zwar hat das FG auch festgestellt, nach den Bedingungen der maßgebenden Kaufgeschäfte hätten die Verkäufer die Waren der Klägerin an deren Sitz in G. zu liefern gehabt. Eine solche (zusätzliche) Bedingung über den innergemeinschaftlichen Transport der Waren im Rahmen des Kaufvertragsabschlusses schließt aber denkgesetzlich nicht aus, daß die Kaufvertragsparteien im Kaufvertrag einen Frei-Grenze-Preis vereinbart haben. Es gibt auch nicht etwa einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß beim Abschluß von Vereinbarungen wie jenen zwischen der Klägerin und den bulgarischen Verkäufern die Willenserklärung der Vertragsparteien in Wahrheit auf den Abschluß eines Kaufvertrages mit Frei-Haus-Klausel gerichtet sei. Die Vertragsparteien waren frei, einen Kaufvertrag mit Frei-Grenze-Klausel zusammen mit einer Vereinbarung zu schließen, die den Transport der Waren von der Grenze bis zum Sitz der Klägerin in der Gemeinschaft betraf.

Der Senat ist auch entgegen der Auffassung des BMF in seinem Vorabentscheidungsersuchen (BFHE 142, 190) von einer entsprechenden Feststellung des FG ausgegangen. Dem widerspricht nicht die Fragestellung des Senats, ob der Transaktionswert im Sinne des Art. 3 Abs. 1 ZWVO 1980 auch den gesondert in Rechnung gestellten Betrag für ,,innergemeinschaftliche Beförderungskosten" umfasse, ebenso nicht die Stellungnahme des Senats dazu in der Begründung, daß diese Frage zu bejahen sein dürfte, da es sich hier um Zahlungen an den Verkäufer aufgrund des Kaufvertrages für die eingeführten Waren handle. Eine Würdigung der Nebenabsprache über den innergemeinschaftlichen Transport als Vereinbarung im Rahmen des Kaufvertrages schließt, wie oben ausgeführt, denkgesetzlich nicht aus, daß die Kaufvertragsparteien einen Kaufpreis unter Einschluß nur der Beförderungskosten für die außergemeinschaftliche Strecke vereinbart haben. Davon ist offensichtlich auch der EuGH in seiner Vorabentscheidung (HFR 1986, 547) ausgegangen; im Falle des Vorliegens einer Klausel ,,Lieferung frei Haus" hätte der EuGH nämlich kaum zum Ergebnis gelangen können, die Zahlung für die innergemeinschaftliche Beförderungsstrecke gehöre nicht zum Transaktionswert. Überdies ist auch die Kommission, wie ihre in der Vorabentscheidung des EuGH wiedergegebene Stellungnahme besagt, vom Vorliegen eines Frei-Grenze-Preises ausgegangen.

2. Nach den Feststellungen des FG hatte die Klägerin neben dem Preis der eingeführten Ware (= Frei-Grenze-Preis) aufgrund einer gesonderten Rechnung einen besonderen Betrag für ,,innergemeinschaftliche Frachtkosten" zu zahlen. Der EuGH hat in seiner - für den Senat verbindlichen - Vorabentscheidung (HFR 1986, 547) entschieden, daß in einem solchen Fall der Transaktionswert im Sinne von Art. 3 Abs. 1 ZWVO 1980 nur den erstgenannten Preis umfaßt. Damit gehört nur dieser Preis zum Zollwert der eingeführten Waren, während der für die innergemeinschaftlichen Frachtkosten zu zahlende Betrag außer Betracht zu bleiben hat. Damit ist aber auch kein Raum für die Anwendung des Art. 15 Abs. 1 ZWVO 1980. Diese Vorschrift ist auf Fälle nicht anwendbar, in denen es sich um Beträge für innergemeinschaftliche Beförderungskosten handelt, die der Transaktionswert von vornherein nicht umfaßt. Der Senat hat daher auch nicht darüber zu entscheiden, ob nach Art. 15 Abs. 1 ZWVO 1980 innergemeinschaftliche Beförderungskosten nur dann unberücksichtigt bleiben können, wenn sie durch nachprüfbare Unterlagen belegt wurden (vgl. dazu die Vorabentscheidung des EuGH in HFR 1986, 547, Absatz 25 der Gründe).

3. Danach hat das HZA die als ,,innergemeinschaftliche Beförderungskosten" in Rechnung gestellten Beträge grundsätzlich zu Unrecht in den Zollwert einbezogen. Dennoch könnte die Vorentscheidung keinen Bestand haben, wenn das FG festgestellt (oder rechtsfehlerhaft entsprechende Feststellungen unterlassen) hätte, daß der angemeldete Transaktionswert (Frei-Grenze-Preis) wenigstens teilweise ,,fiktiv" und der nach der ZWVO 1980 zugrunde zu legende Zollwert der Frei-Grenze-Preis zuzüglich der angeblichen innergemeinschaftlichen Kosten wäre. Das wäre z. B. dann der Fall, wenn das FG festgestellt (oder in fehlerhafter Weise nicht festgestellt) hätte, daß, wie das HZA vermutet, der angemeldete Frei-Grenze-Preis nicht alle außergemeinschaftlichen Beförderungskosten enthalte (vgl. Art. 8 Abs. 1 Buchst. e ZWVO 1980), sondern diese Kosten ganz oder teilweise in die gesondert in Rechnung gestellten, als innergemeinschaftliche Kosten bezeichneten Beträge ,,verschoben" worden wären.

Das FG hat entsprechende Feststellungen nicht getroffen. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob der Mangel entsprechender Feststellungen darauf beruht, daß das FG seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO). Denn eine Verletzung dieser Pflicht hätte durch das HZA innerhalb der Revisionsbegründungsfrist gerügt werden müssen (§ 118 Abs. 2, § 120 Abs. 2 FGO). An einer solchen Rüge fehlt es hier.

Das HZA hat innerhalb der Revisionsbegründungsfrist lediglich gerügt, die Sachaufklärung des FG verstoße gegen die bei der Auswertung von Beweismaterial zu beachtenden Grundsätze und somit gegen Denkgesetze. Diese Rüge kann jedoch keinen Erfolg haben. Der Umstand allein, daß die Verkäufer im vorliegenden Fall von anderen Berechnungsgrundlagen ausgingen (40 bzw. 80 DM/t für die Strecke ab deutsch-österreichischer Grenze bis zum Sitz der Klägerin) als die nach dem vom FG eingeholten Gutachten der IHK von dieser befragten Spediteure, belegt noch nicht, daß das FG das Beweismaterial, d. h. die Auskunft der IHK, unzutreffend gewürdigt oder gar Denkfehler begangen habe. Es gibt weder ein Denkgesetz noch einen Erfahrungssatz, wonach der Umstand, daß der Verkäufer einem Käufer die Waren und die innergemeinschaftlichen Beförderungskosten nach dem gleichen Maßstab berechnet (DM/t), zwangsläufig zur Folgerung führen müsse, daß, wie das HZA meint, die in Rechnung gestellten Frachtbeträge ein abgespaltener Teil der in Wirklichkeit frei Bestimmungsort kalkulierten Preise seien und keine Aussage über die tatsächlichen Beförderungskosten enthielten. Überdies hat das HZA weder geltend gemacht, es habe im finanzgerichtlichen Verfahren Beweisanträge gestellt, denen das FG nicht gefolgt sei, noch dargelegt, daß es Ausführungen gemacht habe, aufgrund deren sich dem FG weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen.

Das FG hat festgestellt, daß die von den Verkäufern für die Beförderung der eingeführten Ware von der deutschen Grenze bis zum Sitz der Klägerin berechneten Frachtkosten den von der Klägerin tatsächlich dafür geschuldeten und bezahlten Entgelten entsprechen. Es hat dies damit begründet, daß die berechneten Frachtkosten mit den getroffenen Vereinbarungen übereinstimmten und es keine Anhaltspunkte dafür gebe, daß das Beförderungsentgelt nicht nach dem tatsächlichen Wert der Leistung, sondern willkürlich bemessen worden sei; gegen eine solche Annahme spreche insbesondere, daß sich das Entgelt im Rahmen der damals im Straßengüterverkehr zwischen Bulgarien und der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) üblichen Beförderungsentgelte halte. Zu Unrecht wendet das HZA dagegen ein, daß es nicht auf die üblichen, sondern nur auf die tatsächlich entstandenen Beförderungskosten ankommen könne. Es verkennt die Argumentation des FG. Dieses hat lediglich überprüft, ob die für die innergemeinschaftliche Beförderung in Rechnung gestellten Beträge willkürlich zu hoch angesetzt waren (was ein Indiz dafür hätte sein können, daß der angemeldete Frei-Grenze-Preis willkürlich oder fiktiv war). Das FG hat dies verneint und dabei den im Straßenverkehr zwischen Bulgarien und der Bundesrepublik üblichen Beförderungskosten indizielle Bedeutung beigemessen. Damit hielt sich das FG im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Es hat keine Aussage zur Frage gemacht, ob beim Abzug innergemeinschaftlicher Beförderungskosten von den tatsächlich entstandenen auszugehen ist (zum Problem vgl. z. B. Urteil des Senats vom 31. Juli 1984 VII R 108/81, BFHE 142, 77, 80, das noch zur ZWVO 1968 ergangen ist).

Die Vorentscheidung weist nach allem keinen Rechtsfehler auf. Ihre Aufhebung kommt daher nicht in Betracht. Es bedarf infolgedessen keines Eingehens auf die Frage, welche Umstände es im Sinne der Vorabentscheidung des EuGH rechtfertigen, die Rechnung über die innergemeinschaftlichen Frachtkosten zu prüfen, um zu kontrollieren, ob es sich nicht um fiktive Kosten handelt, und wie eine solche Überprüfung ggf. durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall hat das FG jedenfalls eine solche Überprüfung vorgenommen und ist zu der - von der Verwaltung mit durchgreifenden Revisionsrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden - tatsächlichen Feststellung gelangt, es handle sich bei den gesondert in Rechnung gestellten Frachtkosten um von der Klägerin tatsächlich dafür geschuldete und bezahlte Entgelte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414884

BFH/NV 1987, 608

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