Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Aussteuern können als im Heiratsjahr gewährt steuerlich berücksichtigt werden, selbst wenn die Aussteuersachen bereits in früheren Jahren eingekauft und bezahlt sind.

 

Normenkette

EStG §§ 33, 11/2/1

 

Tatbestand

Der Bf. hat insgesamt Aussteueraufwendungen in Höhe von 4.237,94 DM geltend gemacht. Davon sind Rechnungen in Höhe von 1.800 DM im Jahre 1959 bezahlt worden. Der Aufwand von 1.800 DM im Jahre 1959 ist als außergewöhnliche Belastung des Jahres 1959 anerkannt worden. Die Aussteuereinkäufe in den Vorjahren 1957 und 1958 sind wegen Fristablaufs (Lohnsteuerjahresausgleich) auch in den Vorjahren nicht berücksichtigt worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Nach den Akten hat sich die 1936 geborene Tochter des Bf. am 16. Juli 1957 verlobt. Die bürgerliche Ehe ist am 18. Juni 1959 geschlossen worden, die kirchliche Trauung fand am 19. September 1959 statt. Das Finanzgericht hat rechtsirrig bereits die Leistung der Aussteuer in Teilbeträgen jeweils in den Jahren als erfolgt angesehen, in denen der Bf. die Aussteuersachen eingekauft und bezahlt hat.

Eltern können bei der Beschaffung von Aussteuern verschiedene Wege wählen. Sie können wie im Streitfall vorgehen, sie können aber auch so verfahren, daß sie zunächst Gelder ansparen und den angesparten Betrag im Heiratsjahre für den Ankauf von Aussteuersachen verwenden. Wenn z. B. in früheren Jahren erworbene Aussteuersachen der Tochter erst im Heiratsjahr zu Eigentum übertragen werden, so ist bürgerlich-rechtlich und steuerrechtlich die Aussteuer erst im Heiratsjahr gewährt. Denn erst mit der Eigentumsübertragung haben die Eltern die mit den Einkäufen erlangten Gegenwerte aus der Hand gegeben und sich dadurch mit Aufwendungen im Sinne von § 33 EStG 1958 belastet. Diese Erwägungen berechtigen dazu, den gesamten Aussteueraufwand im Heiratsjahr als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, und zwar unabhängig davon, ob Aussteuersachen in den Vorjahren oder erst im Heiratsjahr von den Eltern angeschafft und bezahlt sind. Damit entfällt für die Finanzämter die kaum durchzuführende Nachprüfung, ob den Töchtern das Heiratsgut im Heiratsjahr oder bereits vorher übereignet ist.

Steht eine Eheschließung in sicherer Aussicht, so kann das Verfahren der Finanzämter gebilligt werden, eine Aussteuerbeschaffung im Jahr vor der Heirat bereits als gewährte Aussteuer anzuerkennen. Diese Anerkennung kann nach der ganzen Sachlage als vorläufig erfolgt beurteilt werden, wenn die vorausgesetzte Heirat nicht nachfolgt. Ein ausreichender zeitlicher Zusammenhang zwischen Heirat und Aussteueraufwendungen wird im allgemeinen auch dann noch gegeben sein, wenn die Aussteuer den Töchtern innerhalb von zwei Jahren nach der Heirat gewährt wird. In Sonderfällen (z. B. bei erfolgloser Wohnungssuche) kann auch ein längerer aber begrenzter Zeitspielraum noch als unschädlich angesehen werden.

Im Streitfall kann daher der gesamte Aussteueraufwand im Jahre 1959 berücksichtigt werden, soweit die in den Entscheidungen des Senats VI 7/59 U vom 7. August 1959, BStBl 1959 III S. 383, Slg. Bd. 69 S. 324, und VI 141/59 S vom 7. August 1959, BStBl 1959 III S. 385, Slg. Bd. 59 S. 330, aufgestellten Voraussetzungen vorliegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409877

BStBl III 1961, 76

BFHE 1961, 199

BFHE 72, 199

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