Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Hat jemand ein Grundstück gekauft und veranlaßt er den Verkäufer, den Kaufvertrag aufzuheben und das Grundstück an einen Dritten zu verkaufen, so liegt in der Regel eine die Steuererstattung aus § 17 Abs. 1 Ziff. 1 GrEStG ausschließende Steuerumgehung vor, wenn es ihm im Ergebnis nicht darauf ankommt, von dem Vertrage frei zu kommen, ihm vielmehr an der Weitergabe des Grundstücks an den Dritten gelegen ist.

 

Normenkette

GrEStG § 17 Abs. 1 Nr. 1; StAnpG § 6 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) kaufte durch Vertrag vom 17. Mai 1951 ein Grundstück. Die Eintragung als Eigentümer im Grundbuch unterblieb.

Der Kaufvertrag wurde durch Vertrag vom 7. Dezember 1951 aufgehoben. In diesem Vertrag verkaufte der Eigentümer das Grundstück an die inzwischen errichtete GmbH X. zu den gleichen Bedingungen, zu denen der erste Vertrag abgeschlossen war.

Der Bf. beantragte Erstattung der zu dem ersten Vertrag entrichteten Grunderwerbsteuer, in dem er vortrug, er habe von vornherein beabsichtigt, das Grundstück für die in der Entstehung begriffene GmbH, deren Geschäftsführer er sei, zu erwerben. Die Vorinstanzen lehnten den Antrag ab. Auch die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 17 Abs. 1 Ziff. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) wird die Steuer auf Antrag erstattet, wenn ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, und wenn die Aufhebung durch Vereinbarung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld stattfindet. Die Steuer wird jedoch nach feststehender Rechtsprechung nicht erstattet, wenn der Erwerbsvorgang zum Zwecke der Steuerumgehung aufgehoben wird. Eine Steuerumgehung (ß 6 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes) liegt vor, wenn die Beteiligten aus Steuerersparnisgründen einen der Sachlage nicht entsprechenden, ungewöhnlichen Weg zur Erreichung ihrer Ziele wählen. Ob § 6 Abs. 1 a. a. O. erfüllt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Der Reichsfinanzhof hat zwar in dem Urteil II A 113/23 vom 12. Juni 1923, Mrozek-Kartei, Reichsabgabenordnung - AO - 1919 § 5 Abs. 1 Rechtsspruch 14, in einem gleichliegenden Fall die Annahme einer Steuerumgehung abgelehnt. Dem Finanzgericht ist jedoch darin beizupflichten, daß es diesem Urteil - auch angesichts der späteren Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs - nicht folgt. Wie der Reichsfinanzhof in dem Urteil II A 521/26 vom 2. November 1926, Mrozek-Kartei, GrEStG 1919 § 5 Abs. 4 Nr. 3 Rechtsspruch 4, ausführt, ist eine Steuerumgehung zu bejahen, wenn der erste Käufer trotz der Vertragsaufhebung gar nicht von dem Vertrage frei sein will, sondern ihm nur an dem Eigentumsübergang an einen Dritten gelegen ist, also z. B. wenn der erste Käufer die Aufhebung des Vertrags von dem Abschluß eines Vertrags mit dem anderen Käufer abhängig macht. Das Finanzgericht konnte sich auch auf die Ausführungen in dem Urteil II A 140/26 vom 30. März 1926, Mrozek-Kartei, AO 1919 § 5 Rechtsspruch 21 berufen, in dem es der Reichsfinanzhof maßgebend sein läßt, daß den Zweck der vorgenommenen Rechtsakte die Durchführung der Absicht der Beschwerdeführerin bildete, das Grundstück statt an sich an die Aktiengesellschaft zu übertragen. Denn das Ziel der Beschwerdeführerin sei nicht etwa dahin gegangen, die wirtschaftlichen Folgen des von ihr abgeschlossenen Kaufvertrags wieder aufzuheben, sondern sie dazu zu benutzen, das Eigentum auf ihre Tochtergesellschaft zu übertragen. Dieses Ziel werde gewöhnlich durch den Abschluß zweier Veräußerungsverträge erreicht; seine Erreichung durch Aufhebung des ersten Vertrags bei gleichzeitigem Abschluß des wesentlich gleichlautenden zweiten Vertrags steht nicht im Einklang mit dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin trotz Aufhebung des von ihr geschlossenen Vertrags ihre Mitwirkung an dem weiteren Schicksal des Grundstücks nicht aufgab.

Der Bf. weist zutreffend darauf hin, daß in dem Fall der vorstehend herangezogenen Entscheidung die Beschwerdeführerin erst nach dem Abschluß des ersten Vertrags die Absicht gefaßt habe, den Erwerb durch die Aktiengesellschaft tätigen zu lassen, während er selbst von vornherein beabsichtigte, das Grundstück der in der Entstehung begriffenen GmbH zuzuführen. Der Senat vermag diesem Unterschied keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Auch der Bf. führte das Ziel durch, das Grundstück der GmbH zuzuführen, und gab es nicht dem Verkäufer zu beliebiger Verwendung, d. h. gegebenenfalls zu einer Veräußerung an einen anderen Dritten, frei. Er war, nachdem er das Grundstück gekauft hatte, selbst in der Lage, seine Rechte auf die GmbH zu übertragen. Wenn er hierzu den Umweg über den Veräußerer wählte, so war dies ein ungewöhnlicher Weg.

Das Finanzgericht sieht das Interesse, das der Bf. in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer und beherrschender Gesellschafter an der übertragung des Grundstücks auf die GmbH hatte, als geeignet an, dem zweiten Geschäft den Charakter einer Weiterveräußerung zu geben. Nach der Auffassung des Senats sind aber besondere Merkmale der Weiterveräußerung nicht Voraussetzung der Annahme eines außergewöhnlichen Weges. Deshalb vermag der Senat auch dem Umstand, daß sich der Bf. bei dem Kauf von dem Gedanken hat leiten lassen, den Verkäufer bis zur Entstehung der GmbH zu binden, einen Einfluß auf die vorstehende Beurteilung nicht beizumessen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407811

BStBl III 1954, 21

BFHE 1954, 279

BFHE 58, 279

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