Leitsatz (amtlich)

§ 34 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG Baden-Württemberg (= § 17 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG 1940) setzt nicht voraus, daß der vorangegangene der Grunderwerbsteuer unterliegende Erwerbsvorgang aufgehoben wird, sondern findet auch im Falle des Rückkaufs innerhalb der Zweijahresfrist Anwendung (Anschluß an Urteil vom 6.12.1978 II R 81/73, BFHE 127, 65, BStBl II 1979, 249).

 

Normenkette

GrEStG Baden-Württemberg § 34 Abs. 2 Nr. 1; GrEStG 1940 § 17 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 3. Mai 1971 erwarb der Kläger von den Eheleuten D. ein Grundstück in X. Als Gegenleistung hatte der Kläger sämtliche auf dem Grundstück ruhenden dinglichen Belastungen zur persönlichen und dinglichen Haftung zu übernehmen. Zu den eingetragenen Lasten gehörte auch eine Grundschuld zugunsten der Veräußerer über 260 000 DM. Diese Grundschuld war anläßlich eines früheren Verkaufs durch die Eheleute D. bestellt worden. In jenem Kaufvertrag hatten sich die Käufer zur Entrichtung eines Gesamtkaufpreises von 800 000 DM verpflichtet, wovon 540 000 DM in bar zu erbringen waren. Es war vorgesehen, nach Fertigstellung des von den Käufern zu errichtenden Gebäudes Wohnungs- und Teileigentum zu begründen und den Eheleuten D. Teileigentum an im Erdgeschoß befindlichen Räumen für eine Apotheke mit Lager im Keller zu übertragen. Durch diese Übertragung sollte die Restkaufpreisschuld als getilgt gelten. Dieser Vertrag war rückgängig gemacht worden. Der Kläger und nunmehrige Erwerber des Grundstücks hatte für die vorhergehenden Käufer Architektenleistungen erbracht. Auch er war gehalten, Teileigentum an einer im Erdgeschoß einzurichtenden Apotheke mit Lager im Keller an die Eheleute D. zu übertragen, wodurch die Grundschuld getilgt werden sollte. Von dem Betrag von 260 000 DM sollten 180 000 DM auf die Baukosten und 80 000 DM auf die Einrichtung entfallen. Die notarielle Beurkundung der Verpflichtung zur Übertragung von 71,2/1000 Miteigentumsanteilen an dem Grundstück verbunden mit dem Teileigentum wurde am 13. Juli 1971 vorgenommen.

Mit vorläufigem Bescheid vom 22. Mai 1973 setzte das Finanzamt (FA) gegen den Kläger Grunderwerbsteuer einschließlich des Aufgeldes nach § 11 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Baden-Württemberg wegen Aufgabe des begünstigten Zwecks (Bebauung mit einem steuerbegünstigten Gebäude) in Höhe von 96 432 DM fest.

Mit der nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobenen Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Steuerfestsetzung unter Freistellung nach § 25 GrEStG Baden-Württemberg, hilfsweise eine um 180 000 DM geringere Gegenleistung der Steuer zugrunde zu legen, weil sich die Forderung der Eheleute D. mit dem Baufortschritt um diesen Betrag gemindert habe. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Mit der Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Urteils, der Einspruchsentscheidung und des Grunderwerbsteuerbescheides. Er rügt Verletzung materiellen Rechts.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Zutreffend hat das FG das Vorliegen der Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte Steuerbefreiung nach § 25 GrEStG Baden-Württemberg verneint. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift ist der Erwerb eines Grundstücks durch einen Grundpfandgläubiger zur Rettung seines Pfandrechts in der Zwangsversteigerung unter bestimmten näher bezeichneten Voraussetzungen steuerfrei. Die Befreiung wird nach Absatz 3 der Vorschrift entsprechend gewährt für den Fall, daß der Grundpfandgläubiger zur Rettung seines Rechts das mit dem Pfandrecht belastete Grundstück durch Kaufvertrag erwirbt. Grundpfandgläubiger sind diejenigen, denen ein Grundpfandrecht (Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast) zusteht (§ 25 Abs. 4 und Abs. 5 Satz 1 GrEStG Baden-Württemberg). § 25 Abs. 5 Satz 2 des Gesetzes stellt den Grundpfandgläubigern diejenigen gleich, die ein Grundpfandrecht sicherheitshalber abgetreten, ein Pfandrecht an einem Grundpfandrecht oder eine Bürgschaft für eine einem Grundpfandrecht zugrunde liegende Verbindlichkeit übernommen haben.

Der Kläger ist nicht Grundpfandgläubiger. Er steht auch nicht einem Grundpfandgläubiger gleich. Gemeinsames Merkmal für die Gleichstellung mit einem Grundpfandgläubiger ist, daß der ihm Gleichstehende unter Eintritt gewisser Voraussetzungen selbst Grundpfandgläubiger wird. In allen Fällen ist also das Bestehen eines Grundpfandrechtes bzw. eine darauf gerichtete dingliche Rechtsposition unabdingbare Voraussetzung. Der Umstand allein, daß der Gläubiger einer nicht durch Grundpfandrechte gesicherten Forderung die Bestellung bzw. kraft Gesetzes die Eintragung eines Grundpfandrechtes und damit das Entstehen eines solchen Rechtes bzw. eine entsprechende dinglich geschützte Position erreichen könnte, reicht für sich nicht aus.

2. Zu Recht hat das FG auch dem Hilfsantrag des Klägers nicht aus dessen Begründung heraus stattgegeben. Nach den insoweit eindeutigen Vereinbarungen erlosch die Forderung der Eheleute D. nicht durch den Baufortschritt, sondern erst dadurch, daß ihnen - wie vereinbart - Teileigentum an Erfüllungs Statt übertragen wurde.

3. Dem Kläger könnte aber ein Anspruch auf Nichterhebung der Steuer insoweit zustehen, als die Verkäufer das Eigentum an dem an ihn verkauften Grundstück zurückerwarben, nämlich im Ausmaß von 72,1/1000 Miteigentumsanteilen. Nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG Baden-Württemberg wird bei Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstück durch den Veräußerer die Steuer auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang nicht erhoben oder erstattet, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Die Vorschrift setzt nicht voraus, daß der vorangegangene Erwerbsvorgang aufgehoben wird und deshalb ein Rückerwerb erfolgt; sie betrifft in gleicher Weise den schlichten Rückkauf. Soweit der Bundesfinanzhof (BFH) in den Urteilen vom 6. Mai 1969 II 87/64 (BFHE 96, 197, BStBl II 1969, 556) und II 141/64 (BFHE 96, 326, BStBl II 1969, 630) die Aufhebung der Übereignungspflicht aus dem vorausgegangenen Erwerbsvorgang gefordert hat, ist der Senat für den Fall des Rückkaufs bereits in der Entscheidung vom 6. Dezember 1978 II R 81/73 (BFHE 127, 65, BStBl II 1979, 249) von dieser Rechtsprechung für den Fall, daß das Grundstück aufgrund Rückkaufs in die freie Verfügung des ehemaligen Verkäufers zurückgelangt ist, abgerückt.

4. Da keine Feststellungen darüber getroffen sind, ob die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Anspruches auf Erstattung bzw. Nichterhebung, nämlich die Vollendung der Eigentumsrückübertragung (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1974 II R 67/68, BFHE 114, 281, BStBl II 1975, 245), vorliegen, ist dem BFH mangels Spruchreife eine Entscheidung in der Sache selbst verwehrt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73392

BStBl II 1980, 129

BFHE 1980, 203

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