Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Sonstiges Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit eines Werbeberaters ist im allgemeinen gewerblich.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; EStDV § 38; GewStG § 2/1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beschwerdeführer (Bf.) als Werbeberater einen freien Beruf im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausübt und darum Anspruch auf den Betriebsausgaben-Pauschbetrag nach § 38 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1950 hat.

Das Finanzamt und das Finanzgericht haben den Bf. als Gewerbetreibenden angesehen, und zwar das Finanzgericht mit folgender Begründung: Der Beruf als Werbeberater sei in den in § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG erwähnten freien Berufen nicht aufgeführt. Er sei auch kein "ähnlicher Beruf" im Sinne dieser Vorschrift. Der Bf. unterstütze durch ideelle, textliche und graphische Beratung die Unternehmer in ihrer Werbung. Seine Tätigkeit beruhe auf genauer Kenntnis der Betriebe sowie auf eingehender Erkundung des Marktes und der Absatzmethoden. Die von ihm verwendeten Ideen seien auch eigene Gedanken, aber nicht künstlerische Eingebungen. Die Werbeerzeugnisse würden nicht um ihrer selbst willen hergestellt, sondern in erster Linie für Gebrauchszwecke zum Nutzen der Lieferanten. Der Bf. überlasse die Einzelgestaltung der von ihm entworfenen Zeichnungen weitgehend einem Graphiker. Er übe deshalb keine künstlerische Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG aus. Seine Tätigkeit sei auch nicht schriftstellerisch. Die Werbeberatertätigkeit stehe im Vordergrund.

Mit der Rechtsbeschwerde rügt der Bf. unrichtige Auslegung des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG. Er trägt im einzelnen vor: In der Wirtschaft hätten sich aus dem Kreis der Werbevermittler die "qualifizierten Werbeberater" herausgehoben, die zu den "ähnlichen Berufen" im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG gerechnet werden müßten. Ihre Zahl sei nur gering. Sie nähmen in der Gruppe der Werbeschaffenden dieselbe Stellung ein wie der Architekt, insbesondere der Innenarchitekt, im Kreis der Bauschaffenden. Sie planten, entwürfen, gestalteten und überwachten die Arbeiten bis zu ihrer Fertigstellung. Sie müßten viel künstlerisches Verständnis haben, um die ihnen vorgelegten graphischen Arbeiten von Künstlern beurteilen zu können. Wenn man den Werbeberater auch nicht als Künstler oder Schriftsteller ansehen könne, so übe er doch einen ähnlichen Beruf aus. Als qualifizierte Werbeberater kämen nach seiner Auffassung nur solche Werbeberater in Betracht, die eine entsprechende berufliche Ausbildung nachweisen könnten, von ihrer Berufsorganisation als qualifizierte Werbeberater anerkannt würden und deren Einkünfte überwiegend aus geistig-schöpferischer Arbeit stammten. Werbekaufleute, Werbevermittler, Werbeagenturen und ähnliche Einrichtungen gehörten nicht zu den freien Berufen, auch wenn sie sich gelegentlich werbeberatend betätigten. Denn ihre Einnahmen rührten überwiegend aus Provisionen von Zeitungsverlagen, der Herstellung von Vervielfältigungen oder Druckarbeiten oder der Lieferung von Werbemitteln her. Die Wirtschaftsvereinigung Werbung könne als zuständige Berufsorganisation eingeschaltet werden, damit der Kreis der qualifizierten Werbeberater abgegrenzt werde.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

Zutreffend geht die Vorentscheidung davon aus, daß nach ständiger Rechtsprechung eine Tätigkeit als freiberuflich anerkannt wird, wenn die Berufsträger einen der in der Vorschrift einzeln aufgeführten Berufe oder einen "ähnlichen Beruf" ausüben. ähnlich ist ein Beruf nur, wenn die ähnlichkeit mit einem der im Gesetz aufgezählten Berufe gegeben ist. Es ist nicht möglich, die ähnlichkeit auf alle aufgeführten freien Berufe zu beziehen und dadurch der Aufzählung der freien Berufe in § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG einen allgemeinen Grundsatz oder allgemeine Merkmale für die Abgrenzung der freiberuflichen von der gewerblichen Tätigkeit entnehmen zu wollen. Der Senat hat noch letzthin im Urteil I 237/54 U vom 16. August 1955 (Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 295) darauf hingewiesen, daß seit Jahrzehnten versucht wird, für die Abgrenzung der freiberuflichen Tätigkeit feste allgemeine Merkmale herauszuarbeiten. Die Erfahrung zeige, daß zwar für die Mehrzahl der Fälle in übereinstimmung mit der Verkehrsanschauung jeweils solche Merkmale gefunden werden könnten, daß aber gerade die Grenzfälle stets Schwierigkeiten machten.

Die Rechtsprechung hat sich mehrfach mit Werbeberatern befaßt. Im Urteil des Reichsfinanzhof V 335/37 vom 9. Dezember 1938 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1939 S. 373) war zu entscheiden, ob ein Werbeberater als Künstler oder Schriftsteller im Sinne des § 4 Ziff. 13 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1934 angesehen werden könne, wenn er Werbetexte verfaßt und Künstler oder Photographen mit der Darstellung ihm gewordener bildlicher Einfälle beauftragt. Die Entscheidung verneinte die Frage. Das Urteil des Reichsfinanzhofs VI 405/40 vom 13. November 1940 (Slg. Bd. 49 S. 295, RStBl. 1941 S. 179) behandelte die Gewerbesteuerpflicht eines Werbeberaters, der sich damit befaßte, Unternehmer auf dem Gebiet der Kundenwerbung zu beraten, Zeitungsanzeigen, Kataloge und ähnliche Werbemittel zu entwerfen und zu gestalten, zum Teil in dichterischer oder bildzeichnerischer Form, und der sich außerdem gelegentlich auch schriftstellerisch betätigte. In der Entscheidung ist ausgeführt, die Tätigkeit eines Werbeberaters könne nur in Ausnahmefällen als freiberuflich anerkannt werden, insbesondere, wenn nach der tatsächlichen Art der Berufsausübung eine rein künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeit vorliege, also der Berufsträger Werbekünstler oder Werbeschriftsteller sei. Das Urteil des Reichsfinanzhofs VI 420/41 vom 10. Dezember 1941 (RStBl. 1942 S. 78) bestätigte diese Auffassung und bemerkte ergänzend, der Text für Werbeschriften könne nicht dem selbstschöpferischen Erzeugnis eines Schriftstellers gleichgestellt werden. Im Urteil IV 65/49 vom 28. Februar 1950 (Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen - MinBlFin. - 1949/1950 S. 345; Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK - Rechtsspruch 11 zu § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -) blieb der Oberste Finanzgerichtshof bei der bisherigen Rechtsprechung und führte aus, Hauptzweck der Tätigkeit eines Werbeberaters sei die Kundenwerbung zum Nutzen des Auftraggebers; dieses müsse bei der Beurteilung der Tätigkeit den Ausschlag geben.

Der Senat nimmt nach erneuter überprüfung ebenfalls an, daß Werbeberater in der Regel nicht eine freiberufliche Tätigkeit, sondern ein Gewerbe ausüben. Bei Werbekaufleuten, Werbevermittlern, Inhabern von Werbeagenturen und ähnlichen Berufen, die sich mit der Vermittlung, Herstellung oder dem Vertrieb von Werbemitteln befassen, besteht kein Zweifel an der Gewerblichkeit der Bestätigung. Das gilt auch, wenn im Rahmen dieser Tätigkeiten nebenher mehr oder weniger echte Werbeberatung ausgeübt wird. Zweifel können nur bei Steuerpflichtigen entstehen, die sich nach beruflicher Ausbildung ausschließlich mit der Werbeberatung befassen, also solchen, die der Bf. als "qualifizierte Werbeberater" bezeichnet. Der Senat nimmt aber auch für diese Fälle im Anschluß an die bisherige Rechtsprechung an, daß die Tätigkeit grundsätzlich gewerblich sei.

Der Senat ist sich bewußt, daß viele Werbeberater eine wissenschaftliche oder akademische Vorbildung haben. Trotzdem ist ihre Tätigkeit nicht wissenschaftlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG. Die moderne Werbeberatung setzt mannigfache Kenntnisse voraus. So muß der Werbeberater bestimmte volkswirtschaftliche Kenntnisse haben, um die Marktlage und die voraussichtliche Konjunkturentwicklung beurteilen zu können. Er muß, um die Werbeerzeugnisse wirksam gestalten zu können, mit den Grundsätzen der Massenpsychologie vertraut sein. Er muß ferner betriebswirtschaftliche Kenntnisse über die Organisation, die Produktion und den Vertrieb sowie über die besonderen Branchenverhältnisse der beratenen Unternehmen haben, um im Einzelfall geeignete Werbevorschläge machen zu können. Die Rechtsprechung hat den Begriff Wissenschaft nicht eng gefaßt. Im Urteil des Bundesfinanzhofs IV 73/52 U vom 30. April 1952 (Slg. Bd. 56 S. 425, BStBl. III S. 165) wird eine Tätigkeit als wissenschaftliche bezeichnet, wenn für ihre Ausübung wissenschaftliche Kenntnisse vorausgesetzt werden und eine hochstehende, qualifizierte Tätigkeit entfaltet wird, die der Forschertätigkeit vergleichbar ist. Es muß eine schwierige Aufgabe nach wissenschaftlichen Grundsätzen, d. h. nach sachlichen und objektiven Gesichtspunkten, zu lösen versucht werden. Nach der Verkehrsauffassung wird eine Tätigkeit aber nicht als wissenschaftlich angesehen, wenn sie Teil einer kaufmännischen Tätigkeit ist. Es gelten ähnliche Grundsätze, wie sie im Urteil des Bundesfinanzhofs IV 608/53 U vom 26. Mai 1955 (BStBl. III S. 225) für die künstlerische Tätigkeit eines Schaufenstergestalters entwickelt worden sind. Vertrieb von Waren durch Kundenwerbung ist eine typisch kaufmännische Aufgabe. Der Werbeberater ersetzt oder erweitert durch fachmännische Beratung auf diesem Spezialgebiet die kaufmännische Tätigkeit. Wenn er sich dabei auch wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden bedient, so ist doch von ihrem Zweck her die Arbeit vorwiegend kaufmännisch, also nicht wissenschaftlich.

Der Bf. gibt zu, daß seine Arbeit nicht unmittelbar die eines Künstlers oder Schriftstellers sei, glaubt aber, daß sie diesen Tätigkeiten ähnlich sei. In den angeführten früheren Entscheidungen ist auf die Unterschiede zwischen den Arbeiten eines Werbeberaters und eines Künstlers bzw. Schriftstellers hingewiesen worden. Der Senat tritt diesen Ausführungen bei. Die Proben seines Schaffens, die der Bf. vorgelegt hat, liegen im üblichen Rahmen der Arbeit eines Werbeberaters. Der Bf. beansprucht selbst nicht, als typischer Werbekünstler oder Werbeschriftsteller im Sinne der angeführten Rechtsprechung angesehen zu werden.

Der Bf. beruft sich vor allem auch darauf, daß die Arbeit eines qualifizierten Werbeberaters der eines Anwalts, Wirtschaftsprüfers oder Buchsachverständigen ähnlich sei. Die Vertreter dieser Berufe unterstützen ebenfalls auf ihren Spezialgebieten den Kaufmann. Nach Auffassung des Senats sind gewisse übereinstimmungen in der Tätigkeit der erwähnten Berufe und des Werbeberaters unverkennbar. Trotzdem fällt gegen die ähnlichkeit entscheidend ins Gewicht, daß die erwähnten Berufe nicht in die typisch kaufmännische Aufgabe des Vertriebs und des Warenumsatzes einbezogen sind. Außerdem läßt sich die Tätigkeit dieser Berufe einigermaßen zuverlässig abgrenzen, während sich für den Berufsstand der Werbeberater solche Grenzen noch nicht herausgebildet haben. Eine zuverlässige Grenzziehung zwischen der reinen Werbeberatung und der Werbevermittlung ist also nicht möglich.

Der Nebentätigkeit des Bf. als Fachlehrer und Sachverständiger hat das Finanzgericht für die Beurteilung der Gesamttätigkeit mit Recht keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 608/53 U a. a. O. am Schluß).

Dem Antrag des Bf., die Berufsvereinigung über seine Qualifikation zu hören, kann der Senat nicht stattgeben. über die Frage, ob eine Tätigkeit freiberuflich oder gewerblich ist, müssen die Finanzbehörden entscheiden. Aus dem gleichen Grund kann auch der Auffassung in dem vom Bf. vorgelegten Gutachten von Herrn Professor B. keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden. Auf die vom Bf. angezogene Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts IV 496 - 497/52 vom 27. Februar 1953 kann der Senat in diesem Verfahren nicht eingehen, da der genaue Sachverhalt nicht bekannt ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408302

BStBl III 1955, 386

BFHE 1956, 484

BFHE 61, 484

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