Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifbegünstigung einer Entnahme anläßlich einer Einbringung zu Buchwerten

 

Leitsatz (NV)

Der Gewinn aus einer zeitlich und wirtschaftlich mit der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft zusammenhängenden Entnahme ist auch dann nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG 1977 i. V. m. § 34 EStG tarifbegünstigt, wenn die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt.

 

Normenkette

UmwStG 1977 § 20 Abs. 5; EStG § 34

 

Tatbestand

Die . . . KG (KG), deren Gesellschafter die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren, wurde gemäß §§ 46 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) in die . . . GmbH (GmbH) umgewandelt. Mit Ausnahme einer von dem Gesellschafter entnommenen Eigentumswohnung, die keine wesentliche Betriebsgrundlage darstellte, wurde das Betriebsvermögen der KG zu Buchwerten gegen die Gewährung neuer Anteile in die GmbH eingebracht.

Im Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr (1977) rechnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Gewinn aus der Entnahme der Eigentumswohnung dem laufenden Gewinn des Streitjahres zu. Die Einsprüche der Kläger und die Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieben erfolglos.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger sinngemäß die Verletzung des § 20 Abs. 5 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und entsprechend dem Antrag der Kläger zu erkennen (§ 126 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der streitige Entnahmegewinn ist als tarifbegünstigt i. S. des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG anzusehen. Darüber ist im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zu entscheiden (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. November 1975 I R 44/74, BFHE 117, 539, BStBl II 1976, 304, und vom 24. März 1983 IV R 138/80, BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233).

1. Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder werden Mitunternehmeranteile in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach den §§ 20 ff. UmwStG.

Im Streitfall ist nach den tatsächlichen Feststellungen des FG davon auszugehen, daß im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 49 Abs. 2 Satz 2 UmwG) die wesentlichen Grundlagen des Betriebs der KG auf die GmbH übergingen. Der Anwendung des § 20 UmwStG steht nicht entgegen, daß im zeitlichen Zusammenhang mit der Einbringung eine Eigentumswohnung aus dem Betriebsvermögen der (ehemaligen) KG entnommen wurde, da sie nach den Feststellungen des FG nicht zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebs gehörte (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1987 IV R 93/85, BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374, und Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl. 1991, § 16 Anm. 13 m. w. N.).

2. Der Gewinn aus der Entnahme der nicht miteingebrachten Eigentumswohnung ist nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG i. V. m. § 34 EStG tarifbegünstigt, da es sich um einen ,,bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles im Wege der Sacheinlage gemäß § 20 UmwStG erzielten Gewinn" handelt (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EstG und BFH-Urteile vom 30. April 1975 I R 41/73, BFHE 116, 118, BStBl II 1975, 706, und in BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233). In diesem Sinn ist der Wortlaut des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG zu verstehen, der zwar an sich von einem ,,bei der Sacheinlage entstehenden Veräußerungsgewinn" spricht, jedoch damit lediglich den Bezug zum Grundtatbestand des § 16 Abs. 1 EStG herstellt. Der Wortlaut des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG schließt somit einen Entnahmegewinn nicht von vornherein von der Begünstigung aus.

a) Die Einbringung der Mitunternehmeranteile der Kläger im Wege der Sacheinlage in die GmbH stellt auch dann eine Veräußerung i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar, wenn die Kapitalgesellschaft gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt; das Entgelt besteht in der Gewährung von Gesellschaftsrechten (vgl. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG und BFH-Urteile in BFHE 116, 118, BStBl II 1975, 706, und in BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233).

Zu der Betriebsveräußerung i. S. des § 16 Abs. 1 EStG werden alle Geschäftsvorfälle gerechnet, die mit der Veräußerung zeitlich zusammenhängen und wirtschaftlich durch sie bedingt sind (BFH-Urteile vom 18. April 1973 I R 57/71, BFHE 109, 505, BStBl II 1973, 700, und vom 24. Juli 1962 I 280/61 U, BFHE 75, 414, BStBl III 1962, 418). In diesem Sinn versteht der Senat die tatsächlichen Feststellungen des FG.

Das Gesetz stellt nämlich nicht auf den Gewinn ab, der durch die Sacheinlage entsteht - den durch Gegenüberstellung des Wertes, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt (§ 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG) und des Buchwerts der Sacheinlage enstehenden Gewinn -, sondern auf den bei, d. h. anläßlich, der Sacheinlage entstehenden Gewinn.

Der Gewinn aus einer zeitlich und wirtschaftlich mit der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft zusammenhängenden Entnahme ist deshalb auch dann nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG i. V. m. § 34 EStG tarifbegünstigt, wenn die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt (Schmidt, a. a. O., 10. Aufl. 1991, § 16 Anm. 13 und 38; Hübl in Herrmann / Heuer / Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 20 UmwStG, Rdnr. 154 und 171; Glade / Steinfeld, Umwandlungs-Steuergesetz 1977, Kommentar, 3. Aufl., Rdnr. 972 und 1100; Widmann / Mayer, Umwandlungsrecht, Rdnr. 7256 m. w. N.).

b) Zwar lag der ursprüngliche Grund der Steuervergünstigungen nach § 20 Abs. 5 UmwStG i. V. m. § 16 Abs. 4, § 34 EStG darin, die zusammengeballte Auflösung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven mit ihren typischen steuererhöhenden Auswirkungen infolge der Tarifprogression zu mildern (vgl. BFH-Urteil in BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374, und BTDrucks. V/3186, S. 8 und 16 - Regierungsentwurf des UmwStG 1969 -). Zu einer solchen zusammengeballten Auflösung kommt es aufgrund der Regelung des § 20 Abs. 4 UmwStG nicht, wenn die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt. In diesem Fall entsteht kein Veräußerungsgewinn i. S. des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG. Indes gebietet die Bestimmung die Anwendung der Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 1 EStG gleichermaßen für Veräußerungsgewinne, die bei Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens mit Zwischenwerten (zwischen Teilwert und Buchwert) entstehen. Das Gesetz begünstigt folglich auch Veräußerungsgewinne aus der Auflösung lediglich eines (möglicherweise geringen) Teils der stillen Reserven. Nur die Anwendung des § 16 Abs. 4 EStG wird in § 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG ausdrücklich vom Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens mit dem Teilwert abhängig gemacht. Damit kommt zum Ausdruck, daß die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG - anders als im Fall der Betriebsveräußerung nach § 16 EStG im übrigen (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 1. Februar 1989 VIII R 33/85, BFHE 156, 158, BStBl II 1989, 458) - nicht von der Auflösung sämtlicher stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens abhängen soll und deshalb auch bei einer nur geringfügigen Auflösung stiller Reserven zu gewähren ist (Widmann / Mayer, a. a. O., Rdnr. 7254). Dann aber kann es keinen Unterschied machen, ob stille Reserven (beim Ansatz zu Zwischenwerten) nur mit einem symbolischen Betrag oder (beim Ansatz zu Buchwerten) überhaupt nicht realisiert werden. Auch in diesem Fall müssen Entnahmegewinne anläßlich der Veräußerung begünstigt sein. Ohnehin könnte der Steuerpflichtige mit dem Ansatz eines geringen Zwischenwertes die Steuerbegünstigung eines zugleich anfallenden (hohen) Entnahmegewinns jederzeit erreichen.

Zudem trägt das Gesetz dem Sinn und Zweck der Tarifbegünstigung des § 34 EStG nicht konsequent Rechnung, da es diese Begünstigung gleichermaßen den Steuerpflichtigen gewährt, die beständig dem Spitzensteuersatz unterliegen und daher allein aus der Zusammenballung stiller Reserven durch eine Betriebsveräußerung keinen Nachteil erleiden. Mit Urteil vom 24. August 1989 IV R 67/86 (BFHE 158, 329, BStBl II 1990, 132) hat der BFH erkannt, daß ein Entnahmegewinn anläßlich der Veräußerung eines Bruchteils des Mitunternehmeranteils nach § 34 EStG steuerbegünstigt ist. Dies zeigt ebenfalls die lediglich subsidiäre Bedeutung des Sinns und Zwecks der Tarifbegünstigung.

Im Urteil in BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374 hat der IV. Senat entschieden, daß ein anläßlich der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG) entstehender Entnahmegewinn nicht tarifbegünstigt ist. In seiner Entscheidung vom 19. Februar 1981 IV R 116/77 (BFHE 133, 176, BStBl II 1981, 566) hat der IV. Senat einer Entnahme anläßlich einer unentgeltlichen Betriebsübertragung die Tarifbegünstigung versagt. Von beiden Entscheidungen weicht der erkennende Senat angesichts der besonderen Bestimmung des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG (Tarifbegünstigung des Ansatzes zu Zwischenwerten) nicht ab.

c) Nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG ist auf einen bei einer Sacheinlage entstehenden Veräußerungsgewinn § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden, wenn der Einbringende eine natürliche Person ist. Diese Voraussetzung ist im Streitfall ebenfalls erfüllt, da an der einbringenden Mitunternehmerschaft ausschließlich natürliche Personen beteiligt waren (vgl. Hübl in Herrmann / Heuer / Raupach, a. a. O., § 20 UmwStG Rdnr. 170; Widmann / Mayer, a. a. O., Rdnr. 7257).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418029

BFH/NV 1992, 469

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