Leitsatz (amtlich)

Schulgeld, das Eltern an den Trägerverein einer Privatschule für die Unterrichtung ihrer Kinder zahlen, ist nicht --auch nicht teilweise-- als Spende abziehbar.

 

Orientierungssatz

1. Die Spendenbescheinigung nach § 48 Abs. 3 Nr. 2 EStDV ist eine unverzichtbare sachliche Voraussetzung des Spendenabzugs (Anschluß an BFH-Rechtsprechung; Literatur). § 48 Abs. 3 Nr. 2 EStDV stellt, obwohl er nicht auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung beruht, eine sinnvolle Auslegung des Gesetzes dar und entspricht insofern dem geltenden Recht.

2. Eine Billigkeitsmaßnahme kann im finanzgerichtlichen Verfahren über die Änderung der Steuerfestsetzung nicht berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 28.11.1980 VI R 226/77).

 

Normenkette

EStG § 10b Abs. 1; EStDV § 48 Abs. 3 Nr. 2; AO 1977 § 227

 

Verfahrensgang

Hessisches FG (Entscheidung vom 14.11.1984; Aktenzeichen 10 K 107/84)

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die bei der Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Ihre Tochter besuchte in den Streitjahren 1979 bis 1982 die F. International School e.V. (FIS), wofür sie Schulgeld zahlten.

Nach Unanfechtbarkeit der Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre beantragten die Kläger beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--), die Bescheide zu ändern und das Schulgeld teilweise als Spende zu berücksichtigen. Eine Bescheinigung der FIS über die Höhe der Schuldgeldzahlungen fügten sie bei. Zur Begründung des Antrags verwiesen sie auf ein Schreiben der Oberfinanzdirektion (OFD) an die steuerlichen Berater der FIS. In dem Schreiben teilt die OFD mit, eine Besprechung der Einkommensteuerreferenten der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder habe ergeben, daß keine Bedenken dagegen bestünden, auch in den Fällen, in denen die direkten Schulbetriebskosten überwiegend von den Eltern getragen werden, die laufenden Beiträge in ein Leistungsentgelt und einen Spendenanteil aufzuteilen und die über die Deckung der unmittelbaren Schulbetriebskosten hinausgehenden Elternbeiträge als Spenden anzuerkennen. Eine Prüfung der Betriebskostenrechnung der FIS habe ergeben, daß für 1979 ein Schulgeldanteil von 19 v.H. und für die Veranlagungszeiträume ab 1980 ein Anteil von 14 v.H. als Zuwendungen i.S. des § 10b des Einkommensteuergesetzes (EStG) angesehen werden könne.

Das FA, dem bei den Einkommensteuerfestsetzungen für 1979 bis 1982 der Schulbesuch der Tochter der Kläger nicht bekannt war, lehnte den Änderungsantrag ab. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 154 veröffentlicht ist, wies die Klage ab.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger unrichtige Anwendung der §§ 173 und 175 der Abgabenordnung (AO 1977).

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre zu ändern. Das Begehren der Kläger kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Schulgeldzahlungen nicht --auch nicht teilweise-- als Spenden abziehbar sind.

1. Ausgaben zur Förderung der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke sind in der im Gesetz näher bestimmten Höhe als Sonderausgaben abziehbar (§ 10b Abs.1 Satz 1 EStG). Zu den als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecken gehört auch die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung (Nr.5 des Verzeichnisses der allgemein als besonders förderungswürdig i.S. des § 10b Abs.1 EStG anerkannten Zwecke, Anl.7 zu Abschn.111 Abs.1 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR--). Zuwendungen an einen eingetragenen Verein, der Träger einer gemeinnützigen Privatschule ist, können danach abziehbare Spenden sein, wenn die übrigen Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gilt das jedoch nicht für Schul- und Internatsgeldzahlungen, die Eltern von Schülern für die Unterrichtung ihrer Kinder an private Trägervereine zahlen. Solche Schuldgeldzahlungen sind auch nicht teilweise als Spende abziehbar, weil die Eltern eine Gegenleistung erhalten. Das einheitliche Leistungsentgelt kann nicht in einen abziehbaren und einen nichtabziehbaren Teil aufgespalten werden (BFH-Urteile vom 13.Juni 1958 VI 212/57 U, BFHE 67, 165, BStBl III 1958, 335, und vom 1.April 1960 VI 134/58 U, BFHE 70, 621, BStBl III 1960, 231; zustimmend Vangerow, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1960, Spalte 645; Fichtelmann in Frotscher, Einkommensteuergesetz, § 10b Anm.4; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 10b EStG Anm.4; Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 14.Aufl., § 10b Rdnr.5; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 6.Aufl., § 10b Anm.3). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Das Gesamtentgelt kann schon deshalb nicht in einen abziehbaren und einen nichtabziehbaren Teil aufgeteilt werden, weil es an einem geeigneten Aufteilungsmaßstab fehlt. Es ist nicht gerechtfertigt, nur die Beiträge der Eltern zu den "unmittelbaren" Betriebskosten als nichtabziehbar zu behandeln. Zu der Gegenleistung, für die die Eltern das Schulgeld entrichten, gehören sämtliche Leistungen der Schule. Bei einer Aufteilung des Schulgeldes nach festen Vomhundertsätzen bleibt unberücksichtigt, daß die Höhe des Schulgeldes von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann, z.B. wenn soziale Gesichtspunkte bei der Schulgeldbemessung eine Rolle spielen (vgl. dazu den Sachverhalt des Urteils in BFHE 70, 621, BStBl III 1960, 231). Je nach der Höhe der Schulgeldzahlung für das einzelne Kind müßte der abziehbare Anteil, wenn man als Aufteilungsmaßstab die unmittelbaren Betriebskosten heranzieht, unterschiedlich hoch sein.

2. a) Der anteilige Abzug des Schulgeldes als Spende ist zudem deshalb ausgeschlossen, weil die Kläger keine Spendenbescheinigung vorgelegt haben. Nach § 48 Abs.3 Nr.2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) sind Zuwendungen an eine in § 5 Abs.1 Nr.9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bezeichnete Körperschaft nur dann abziehbar, wenn die Körperschaft bestätigt, daß sie den zugewendeten Betrag nur für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwendet. Diese Bestätigung (Spendenbescheinigung) ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH eine unverzichtbare sachliche Voraussetzung des Spendenabzugs (Urteile vom 27.November 1961 I 303/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1964, 382 zu § 25 Abs.3 der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung --KStDV-- a.F.; vom 25.Juli 1969 VI R 269/67, BFHE 96, 471, BStBl II 1969, 681; vom 19.März 1976 VI R 72/73, BFHE 118, 224, BStBl II 1976, 338). Diesen Entscheidungen ist das Schrifttum überwiegend gefolgt (Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 12.Aufl., § 10b Anm.31; Frotscher, a.a.O., § 10b Rdnr.11; Littmann/Bitz/Meincke, a.a.O., § 10b Rdnr.12; Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10b EStG Anm.10 a). Nur vereinzelt wird die Auffassung vertreten, die Spendenzahlung könne auch auf andere Weise nachgewiesen werden; die Spendenbescheinigung nach § 48 Abs.3 Nr.2 EStDV habe lediglich die Bedeutung eines vorläufigen Verwendungsnachweises (Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 10b Anm.10 a). Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des I. und VI.Senats des BFH an. Ohne die Bestätigung des Empfängers, daß er den zugewendeten Betrag nur für einen satzungsmäßigen Zweck verwendet hat, ist ein Spendenabzug regelmäßig ausgeschlossen. § 48 Abs.3 Nr.2 EStDV beruht zwar, wie der BFH im Urteil in BFHE 118, 224, BStBl II 1976, 338 ausgeführt hat, nicht auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Die Vorschrift stellt jedoch eine sinnvolle Auslegung des Gesetzes dar und entspricht insofern dem geltenden Recht. Nur durch die Bestätigung i.S. des § 48 Abs.3 Nr.2 EStDV kann der Steuerpflichtige nachweisen, daß der Empfänger die Spende nur für seinen satzungsmäßigen förderungswürdigen Zweck verwendet.

b) Die Kläger haben keine Bestätigung vorgelegt, die den Anforderungen des § 48 Abs.3 Nr.2 EStDV genügt. Aus der Bescheinigung der FIS ergibt sich lediglich, daß diese die dort aufgeführten Beträge als Schulgeldzahlung erhalten hat. Es fehlt eine Bestätigung, daß das Schulgeld nur zu satzungsmäßigen Zwecken verwendet wird und daß der Empfänger zu dem in § 48 Abs.3 Nr.2 EStDV genannten Personenkreis gehört. Eine Nachholung der Bestätigung im Revisionsverfahren ist nicht möglich (§ 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

c) Auch wenn man der vereinzelt vertretenen Ansicht folgt, die Spendenbescheinigung nach § 48 Abs.3 Nr.2 EStDV habe nur die Bedeutung eines vorläufigen Verwendungsnachweises und die Spendenzahlung könne auch auf andere Weise nachgewiesen werden (Schmidt/Heinicke, a.a.O.), kann die Revision keinen Erfolg haben. Die Kläger haben nicht auf andere Weise nachgewiesen, daß der Empfänger die Schulgeldzahlungen, soweit sie als Spenden abgezogen werden sollen, nur zu satzungsmäßigen Zwecken verwendet hat. Das ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben der OFD. Aus ihm läßt sich nicht entnehmen, daß die FIS das Schulgeld nur zu satzungsmäßigen Zwecken verwendet hat und welche besonders förderungswürdigen gemeinnützigen Zwecke die FIS verfolgt.

3. Da die Revision schon deshalb keinen Erfolg hat, weil die Schulgeldzahlungen auch nicht anteilig als Spenden abziehbar sind, kann dahinstehen, auf welchen Zeitpunkt es für die rechtliche Beurteilung einer nachträglich bekanntgewordenen Tatsache i.S. des § 173 Abs.1 Nr.2 AO 1977 ankommt (dazu Vorlagebeschluß des VI.Senats vom 7.Mai 1986 VI R 172/82, BFHE 146, 496, BStBl II 1986, 707). Offenbleiben kann auch, ob es sich bei der Anweisung der OFD, Schulgeldzahlungen an die FIS teilweise als Spenden abzuziehen, um eine Billigkeitsmaßnahme handelt. Eine solche Billigkeitsmaßnahme könnte im finanzgerichtlichen Verfahren über die Änderung der Steuerfestsetzung nicht berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 28.November 1980 VI R 226/77, BFHE 132, 264, BStBl II 1981, 319, 321).

 

Fundstellen

BStBl II 1987, 850

BFHE 151, 39

BFHE 1988, 39

DB 1987, 2616-2617 (ST)

WPg 1988, 107-107

FR 1987, 622-623 (ST)

FamRZ 1988, 163-163

RdJB 1988, 242(S1)

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