Leitsatz (amtlich)

Der erhöhte Betriebsausgabenpauschsatz von 90 v. H. nach § 4 Abs. 1 Forstschäden-Ausgleichsgesetz bezieht sich auf die ordentlichen und die außerordentlichen Holznutzungen.

 

Normenkette

Forstschäden-Ausgleichsgesetz vom 29. August 1969 (BGBl I, 1533) § 1; Forstschäden-Ausgleichsgesetz vom 29. August 1969 (BGBl I, 1533) § 4

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist nichtbuchführender Land- und Forstwirt. Aufgrund des schweren Sturms vom 13. November 1972, der auch für Niedersachsen zu einer Beschränkung des ordentlichen Holzeinschlags in der Forstwirtschaft durch die Rechtsverordnung vom 7. Dezember 1972 (BGBl I, 2308) führte, erzielte der Kläger im Wirtschaftsjahr 1972/73 (1. Juli 1972 bis 30. Juni 1973) Erlöse für Sturmholz in Höhe von 48 839 DM. Im außergerichtlichen Vorverfahren beantragte der Kläger, von diesen Einnahmen den Pauschsatz von 90 v. H. nach § 4 Abs. 1 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes vom 29. August 1969 (BGBl I, 1533) als Betriebsausgabe anzuerkennen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte jedoch lediglich den Pauschsatz von 65 v. H. nach § 51 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) als Betriebsausgabe, und zwar mit der Begründung, § 4 Abs. 1 Forstschäden-Ausgleichsgesetz lasse die höhere Betriebsausgabenpauschale nur für die Einnahmen aus ordentlicher Holznutzung zu.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Klage und trug vor, schon aus der Überschrift des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes ergebe sich, daß die Schäden aus einer Kalamitätsnutzung für den Forstwirt gemildert werden sollten. Die höhere Betriebsausgabenpauschale von 90 v. H. trage gerade dem Umstand Rechnung, daß die Kosten für die Aufarbeitung von Sturmholz bei ca. 95 v. H. der Einnahmen lägen und häufig sogar die Aufwendungen die Erlöse überstiegen, während bei ordentlicher Holznutzung die Betriebsausgaben ca. 65 v. H. der Einnahmen ausmachten.

Der Kläger beantragte, bei den Einkünften aus Forstwirtschaft 90 v. H. der Erlöse von 48 839 DM für Sturmholz, das sind 43 955 DM, als Betriebsausgaben anzuerkennen.

Die Klage hatte Erfolg. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1981, 175 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 4 Abs. 1 Forstschäden-Ausgleichsgesetz. Das FA trägt vor, nach der Gesetzesbegründung zu § 4 Forstschäden-Ausgleichsgesetz solle im Falle einer Einschlagsbeschränkung die Einkommensteuer für den betroffenen Personenkreis dadurch ermäßigt werden, daß das eingeschränkte, nach Abzug der Steuer noch verfügbare Einkommen etwa dem Einkommen entspräche, das sich ohne Einschlagsbeschränkung ergeben würde. Das werde durch einen auf 90 v. H. erhöhten Betriebsausgabenpauschsatz erreicht. § 4 Forstschäden-Ausgleichsgesetz unterstelle also, daß im Wirtschaftsjahr einer Einschlagsbeschränkung entsprechend geringere Einnahmen aus Holznutzungen anfielen als in Normaljahren. Das sei in der Regel jedoch nicht der Fall, wenn erhebliche Einnahmen aus Holznutzungen infolge höherer Gewalt im Wirtschaftsjahr der Einschlagsbeschränkung erzielt würden.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet.

Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. V/4070) verfolgt das Forstschäden-Ausgleichsgesetz zwei Ziele:

"1. Ein nicht konjunkturbedingtes Absinken der Rohholzpreise bei Großkalamitäten zu verhindern, ohne dabei die Rohholzversorgung der Holzwirtschaft zu gefährden;

2. Schäden infolge besonderer Naturereignisse für die Forstbetriebe wirtschaftlich tragbarer zu machen."

Dem ersten Ziel dient § 1 Forstschäden-Ausgleichsgesetz; nach ihm ist der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML) ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft (BMWi) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den ordentlichen Holzeinschlag der Forstwirtschaft für einzelne Holzartengruppen bis zu 80 v. H. des Nutzungssatzes i. S. des § 34b Abs. 4 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu beschränken. Von dieser Ermächtigung hat der BML durch die Verordnung über die Beschränkung des ordentlichen Holzeinschlags der Forstwirtschaft vom 7. Dezember 1972 (BGBl I, 2308), geändert durch die Änderungsverordnung vom 29. Mai 1973 (BGBl I, 495) Gebrauch gemacht.

Dem zweiten Ziel dient bei nichtbuchführenden Forstwirten § 4 Forstschäden-Ausgleichsgesetz; nach ihm können Steuerpflichtige, die Einkünfte aus dem Betrieb von Forstwirtschaft i. S. des § 13 EStG beziehen und die nicht zur Buchführung verpflichtet sind und den Gewinn nicht nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln, im Wirtschaftsjahr einer Einschlagsbeschränkung nach § 1 des Gesetzes zur Abgeltung der Betriebsausgaben "einen Pauschsatz von 90 v. H. der Einnahmen aus den Holznutzungen absetzen. Der Pauschsatz zur Abgeltung der Betriebsausgaben beträgt 65 v. H., soweit das Holz auf dem Stamm verkauft wird."

Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung gilt der Betriebsausgabenpauschsatz von 90 v. H. (bzw. 65 v. H.) ohne Beschränkung für die Einnahmen aus allen Holznutzungen, d. h. also aus den ordentlichen und den außerordentlichen Holznutzungen (Kalamitätsnutzungen). Obwohl der erhöhte Pauschsatz nur in Wirtschaftsjahren einer Einschlagsbeschränkung beansprucht werden kann, ist der Senat mit dem FG der Auffassung, daß keine durchschlagenden Gründe dafür sprechen, die Bestimmung gegen ihren Wortlaut so auszulegen, daß der Pauschsatz nur auf die Betriebsausgaben anzuwenden ist, die bei den Einnahmen aus den beschränkten ordentlichen Holznutzungen anfallen.

Für den Senat sind es folgende Gesichtspunkte, die für eine wortgetreue Auslegung sprechen:

a) § 4 Abs. 1 Forstschäden-Ausgleichsgesetz ist offensichtlich § 51 EStDV nachgebildet. Nach dieser Vorschrift können Forstwirte, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind und den Gewinn nicht nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln, zur Abgeltung der Betriebsausgaben auf Antrag einen Pauschsatz von 65 v. H. der Einnahmen aus der Holznutzung abziehen. Der Pauschsatz zur Abgeltung der Betriebsausgaben beträgt 40 v. H., soweit das Holz auf dem Stamm verkauft wird. Es ist unstreitig, daß sich der Betriebsausgabenpauschsatz des § 51 EStDV auf alle Holznutzungen bezieht. Da auch in der Gesetzesbegründung zu § 4 (vgl. BT-Drucks. V/4070) ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß sich der Pauschsatz von 65 v. H. des § 51 EStDV auf 90 v. H. erhöht, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß er den auf 90 v. H. erhöhten Pauschsatz trotz derselben allgemeinen Formulierung nur auf die ordentlichen Holznutzungen beziehen will. Der Hinweis auf den normalen Pauschsatz des § 51 EStDV wäre sonst nicht verständlich.

b) Das Forstschäden-Ausgleichsgesetz unterscheidet -- ebenso wie § 34b EStG -- schon von den eingangs erwähnten beiden Zielen des Gesetzes her zwischen ordentlichen und außerordentlichen Holznutzungen (vgl. § 1 Forstschäden-Ausgleichsgesetz). Die Gegenüberstellung der beiden Nutzungsarten ist eine der Grundlagen des Gesetzes. Es kann daher dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß er in dem wichtigen § 4 Abs. 1 des kurzen Gesetzes ebenfalls von dieser Unterscheidung ausgehen wollte, aber vergessen hat, die gemeinte Holznutzungsart zu benennen.

c) Auch der Sinn und Zweck des erhöhten Betriebsausgabenpauschsatzes, wie er in der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 1 Forstschäden-Ausgleichsgesetz zum Ausdruck kommt, spricht dafür, daß er alle Holznutzungen erfassen soll (vgl. BT-Drucks. V/4070). Die Begründung lautet: "Für nichtbuchführende Forstwirte entfällt, wenn sie nicht einem Zusammenschluß angehören, die Möglichkeit der Bildung eines steuerbegünstigten betrieblichen Ausgleichsfonds. Im Falle einer Einschlagsbeschränkung soll daher nach Abs. 1 die Einkommensteuer für diesen Personenkreis dadurch ermäßigt werden, daß das eingeschränkte, nach Abzug der Steuern noch verfügbare Einkommen etwa dem Einkommen entspricht, das sich ohne Einschlagsbeschränkung ergeben würde. Das wird durch einen auf 90 v. H. erhöhten Betriebsausgabenpausch satz (in Normaljahren beträgt der Pauschsatz nach § 51 EStDV 65 v. H. der Einnahmen) erreicht. Der Ansatz eines Pauschsatzes ist zudem auch gerechtfertigt, weil sich die festen Kosten eines Forstbetriebes bei einer Einschlagsbeschränkung nicht verringern."

Demnach sind es zwei verschiedene Gesichtspunkte, die den Gesetzgeber zu der erhöhten Betriebsausgabenpauschale veranlaßt haben. Einerseits will er durch die erhöhte Pauschale die Forstwirte entschädigen, die durch die Einschlagsbeschränkung geringere Einnahmen erzielen; andererseits will er dem Umstand Rechnung tragen, daß sich infolge der Einschlagsbeschränkung der Vomhundertsatz der Betriebsausgaben infolge der gleichbleibenden festen Kosten eines Forstbetriebes erhöht. Die beiden angeführten Gründe sind nicht aufeinander abgestimmt, weil sie von unterschiedlichen Folgen der Einschlagsbeschränkung ausgehen. Auf der einen Seite wird angenommen, daß die Erhöhung der Betriebsausgabenpauschale zu überhöhten Betriebsausgaben führt und dadurch ein Ausgleich für die verminderten Einnahmen herbeigeführt wird; auf der anderen Seite aber wird gesagt, daß die Erhöhung der Betriebsausgabenpauschale erforderlich ist, um. die tatsächlich eingetretenen überhöhten Betriebsausgaben auszugleichen.

Welcher der beiden Gründe im Einzelfall auch zutreffen mag, sie werden in jedem Fall erfolgreicher dann verwirklicht, wenn sich die erhöhte Pauschale auch auf die außerordentlichen Holznutzungen bezieht. Vor allem der zweite angeführte Gesichtspunkt für die Erhöhung der Pauschale gilt in gleicher Weise für die ordentlichen wie für die außerordentlichen Holznutzungen, die ja auch -- wenn auch in unterschiedlichem Ausmaße -- fast jährlich anfallen, Es ist unstreitig, daß gerade bei den Kalamitätsnutzungen die Gewinne verhältnismäßig geringer sind, weil die Betriebsausgaben im Verhältnis zu den Einnahmen wesentlich höher liegen (erhöhte Kosten beim Holzeinschlag und für die Schadenbeseitigung; so Gesetzesbegründung in Abschn. I Zielsetzung des Entwurfs).

d) Würde sich schließlich die erhöhte Betriebsausgabenpauschale des § 4 Forstschäden-Ausgleichsgesetz nur auf die ordentlichen Holznutzungen beziehen, so würde das eingangs erwähnte zweite Ziel des Gesetzes, "Schäden infolge besonderer Naturereignisse für die Forstbetriebe wirtschaftlich tragbarer zu machen", nicht erreicht. Auch die Bezeichnung des Gesetzes als Gesetz zum Ausgleich von Schäden infolge besonderer Naturereignisse in der Forstwirtschaft wäre kaum verständlich.

Die Revision des FA war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74759

BStBl II 1983, 757

BFHE 1984, 197

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