Leitsatz (amtlich)

Ein als Kommandist aufgenommenes Kind wird nicht Mitunternehmer, wenn es bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres von der Verwaltung seiner Kommanditbeteiligung ausgeschlossen ist (Anschluß an die ständige Rechtsprechung). Ob die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Übertragung dieser Verwaltungsrechte auf den Vater zivilrechtlich wirksam ist, hat dafür keine Bedeutung. Ebenso ist unerheblich, daß dem Vater die elterliche Vermögenssorge zustand; hieraus hätte er keine gleichartigen Verwaltungsrechte erlangt.

 

Normenkette

EStG § 15 (Abs. 1) Nr. 2, § 15 Nr. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Zwischen A und B bestand eine OHG, die sich mit grafischen Arbeiten beschäfigte. Im Jahre 1966 wurden zwei minderjährige Kinder jedes Gesellschalters als Kommanditisten aufgenommen. Im Gesellschaftsvertrag der KG behielten sich die persönlich haftenden Gesellschafter die Verwaltung der Einlagen und der Gewinnanteile ihrer Kinder bis zur Vollendung ihres 28. Lebensjahres vor. Die Kommanditisten waren am Gewinn, nicht aber am Verlust der KG beteiligt.

Anläßlich der einheitlichen Gewinnfeststellungen für die Streitjahre, 1968 und, 1969 vertrat das FA die Ansicht, die Kommanditisten seien nicht Mitunternehmer geworden; es rechnete den Gesellschaftsgewinn den persönlich haftenden Gesellschaftern zu. Das FG wies die Klage ab.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Wie das FG zutreffend erkannt hat, waren die Kommanditisten nicht mit steuerlicher Wirkung am Gewinn der KG beteiligt.

1. Nach § 15 (Abs. 1) Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haben Gesellschafter von Personengesellschaften nur dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn sie auch Mitunternehmer sind. Das gilt auch für die Gesellschafter einer KG. Einem Kommanditisten kommt nach ständiger Rechtsprechung die Eigenschaft eines Mitunternehmers nur dann zu, wenn er annähernd die Rechte erlangt hat, die einem Kommanditisten nach der Regelung des HGB zustehen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Februar 1979 IV R 163/76, BFHE 127, 188, BStBl II 1979, 405; vom 6. April 1979 I R 116/77, BFHE 128, 202, BStBl II 1979, 620; vom 5. Juli 1979 IV R 27/76, BFHE 128, 375, BStBl II 1979, 670). Nur in diesem FalI kann er Unternehmerinitiative entfalten und trägt er Unternehmerrisiko.

Nach dem Gesellschaftsvertrag der KG sollten den Kindern der Komplementäre die Rechte eines Kommanditisten bis zur Vollendung ihres 28. Lebensjahres und damit auch in den Streitjahren vorenthalten bleiben. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich die persönlich haftenden Gesellschafter die Verwaltung der Kommanditanteile vorbehalten. Das bedeutete für die Kinder den Ausschluß von allen Mitwirkungsrechten, die das Gesetz auch für den Kommanditisten vorsieht und durch die er Unternehmerinitiative ausüben kann. Nachdem der Gesellschaftsvertrag ihnen bereits das Widerspruchsrecht gegen Maßnahmen der Geschäftsführung § 164 HGB) genommen hatte, bedeutete die Übertragung der Verwaltungsrechte auch den Verzicht auf die Wahrnehmung der einem Kommanditisten nach § 166 HGB zustehenden Kontrollrechte sowie auf die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und auf die Ausübung des Stimmrechts (§§ 161 Abs 2, 119 HGB). Auch die Vermögensrechte eines Kommanditisten waren ihnen entzogen, weil die persönlich haftenden Gesellschafter kraft ihres Verwaltungsrechts über die Höhe der Entnahmen (§ 169 HGB) bestimmten und ihnen auch die Möglichkeit verblieb, die Gesellschaft zu kündigen und mittels der Abfindung den Vermögenswert der Beteiligung zu realisieren. Wie mehrfach entschieden, ist ein in solcher Weise in seinen Rechten beschränkter Kommanditist nicht Mitunternehmer (BFH-Urteile vom 4. August 1971 I R 209/69, BFHE 103, 156, BStBl II 1972, 10; vom 29. Januar 1976 IV R 102/73, BFHE 118, 181, BStBl II 1976, 328; BFHE 127, 188, BStBl II 1979, 405).

Der Senat braucht nicht zu erörtern, ob die Übertragung der Verwaltungsrechte auf die persönlich haftenden Gesellschafter, insbesondere die Abtretung des mit der Gesellschaftsbeteiligung verbundenen Stimmrechts, zivilrechtlich wirksam ist. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) geht davon aus, daß eine Abspaltung von Verwaltungsrechten von der Gesellschaftsbeteiligung rechtlich nicht möglich ist und allenfalls vereinbart werden kann, daß das Stimmrecht des einen Gesellschafters ausgeschlossen sein, dasjenige des anderen Gesellschafters erhöht werden soll (Urteile vom 10. November 1951 II ZR 111/50, BGHZ 3, 354; vom 14. Mai 1956 II ZR 229/54, BGHZ 20, 363). Hieraus kann im Streitfall nicht gefolgert werden, die Kommanditisten seien mangels wirksamer Übertragung ihrer Verwaltungsrechte Mitunternehmer geworden. Die Kommanditisten haben die Beschränkung im Verhältnis zu ihren Vätern auf sich genommen. Insoweit regelt der Gesellschaftsvertrag Beziehungen zwischen einander nahestehenden Personen. Solche Regelungen müssen klar und eindeutig sein. Rechtspositionen, die ungewiß sind und von den Kommanditisten u. U. erst im Prozeßwege durchgesetzt werden müßten, können dabei nicht berücksichtigt werden (BFHE 118, 181, BStBl II 1976, 328). Die Väter der Kommanditisten wollten den Gesellschaftsvertrag nur in der abgeschlossenen Form, also unter Verweigerung von Mitunternehmerrechten gegenüber ihren Kindern, durchführen.

Zusätzlich spricht im Streitfall gegen die Mitunternehmerschaft der Kinder, daß sie nur am Gewinn, nicht aber an Verlusten der KG teilhaben sollten. Durch eine solche Absprache wird das Unternehmerrisiko eines Gesellschafters wesentlich verringert; sie hindert zumindest in Verbindung mit anderen Umständen die Mitunternehmerschaft (BFH-Urteile vom 9. September 1954 IV 574/53 U, BFHE 59, 275, BStBl III 1954, 317; vom 9. Oktober 1969 IV 294/64, BFHE 98, 21, BStBl II 1970, 320; vom 5. Juli 1978 I R 22/75, BFHE 125, 545, BStBl II 1978, 644).

2. Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.

Der Entscheidung des FG kann nicht entgegengehalten werden, sie wende fälschlich Rehtsgrundsätze für Familiengesellschaften an, obwohl im Streitfall eine Gesellschaft zwischen zwei Gesellschafterstämmen mit unterschiedlichen Interessen vorliege. Ob ein Gesellschafter Mitunternehmer geworden ist, beurteilt sich für alle Personengesellschaften nach gleichen Maßstäben, für die Gesellschafter von Famillengesellschaften bestehen darin keine besonderen Anforderungen. Im übrigen kann jedoch berücksichtigt werden, daß die Gesellschafterstämme mit gleichen Rechten ausgestattet sind und daß es sich bei der Aufteilung der Rechte innerhalb der Gesellschafterstämme um Regelungen unter nahen Angehörigen ohne widerstreitende Interessen handelt.

Nicht entscheidungserheblich ist auch der Hinweis, daß die Beteiligungen der Kommanditisten auch ohne Abtretung der Verwaltungsrechte der elterlichen Vermögenssorge (§ 1626 Abs. 2 BGB) und damit der Verwaltung durch die persönlich haftenden Gesellschafter unterlegen hätten, dies aber der Mitunternehmerschaft der Kinder nicht hinderlich sei. Verwaltungsrechte aufgrund des elterlichen Sorgerechts hätten beiden Eltern gemeinsam zugestanden und der Inhalt der Gesellschafterrechte des Kindes nicht verändert. Im Streitfall stand für die persönlich haftenden Gesellschafter bei der Verwaltung nicht das elterliche Sorgerecht, sondern die ihnen durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumte Befugnis im Vordergrund, die ihnen auch gegenüber dem volljährigen Kind zustand und von ihnen als eigenes Recht ausgeübt werden sollte. Wie weit sie hierbei die Interessen der Kommanditisten zu beachten hatten, kann dahinstehen; auch ein dahingehender schuldrechtlicher Anspruch der Kommanditisten würde nichts daran ändern, daß sie sich aufgrund des Gesellschaftsvertrags nicht als Gesellschafter betätigen konnten und deshalb nicht Mitunternehmer waren. Die Rechte von Mitunternehmern und insbesondere die Verfügungsgewalt über den Gewinn standen allein den persönlich haftenden Gesellschaftern zu; nur ihnen ist daher das Gesellschaftsergebnis zuzurechnen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413672

BStBl II 1981, 779

BFHE 1981, 12

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